Konstitutiven von Konstitutionen
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Konstitutiven von Konstitutionen
Der Staat, Vol. 52 (2013), Iss. 4 : pp. 503–533
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Professor Dr. Rolf Grawert, Aloysiusstraße 28, 44795 Bochum.
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Als Verfassungsstaaten definieren die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich durch die Güte ihrer Verfassungen, von denen der Unionsvertrag bestimmte hyperkonstitutionelle Kerninhalte erwartet. Wie stabil sind die Fundamente dieser Verfassungen? Der europaweite Verfassungsvergleich zeigt: Die normative Geltungskraft resultiert in erster Linie aus der selbstverständlichen oder positivierten Suprematie des Verfassungsrechts und deren Gewährleistung durch Verfassungsgerichte – und damit auf der Legitimation und Disziplin kompetenter Richter. Die meisten Konstitutionen positivieren dazu einen Kanon kompetenz- und verfahrensrechtlicher Stabilitätsmechanismen, die voreilige Verfassungsänderungen hemmen sollen. Gewisse abstrakte Unantastbarkeiten stabilisieren diese Hürden substantiell und ergeben so eine Art Kernverfassung. Darüber thronen nicht selten hyperkonstitutionelle Autoritäten wie Gott, Nation, Volk oder eine weitläufige Geschichte, Autoritäten, die zu überwinden, verfassungsunmoralisch erscheinen soll. Gleichwohl bleibt die Frage, ob und wie derartige Vorkehrungen einen Verfassungswandel in absehbaren Grenzen halten können, der durch soziale Veränderungen bedingt oder durch innovative Interpretationen bewirkt wird.