Sonde 1957
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Sonde 1957
Ein Jahr als symbolische Zäsur für Wandlungsprozesse im geteilten Deutschland
Editors: Gallus, Alexander | Müller, Werner
Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung, Vol. 98
(2010)
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Werner Müller: Geboren 1946, Studium der Zeitgeschichte, Politischen Wissenschaft, des Öffentlichen Rechts und der Philosophie, Promotion 1976 in Bonn. Habilitation 1986 in Mannheim, seit 1994 Professor für Zeitgeschichte an der Universität Rostock.Abstract
Ein "aufregendes" Jahr war 1957 auf den ersten Blick nicht. Das Vorjahr hatte mit Chruschtschows Entstalinisierungs-Rede und den Aufständen in Polen und Ungarn die schwerste Krise der kommunistischen Welt in der Nachkriegszeit erlebt. Deren Folgen waren im östlichen Teil Deutschlands freilich noch nicht ausgestanden, wie die Verfolgung von Schriftstellern und Intellektuellen in der DDR zeigte. Die Bundesrepublik schien im Zeichen des "Wirtschaftswunders" Anschluss an das Lebensniveau der westeuropäischen Nachbarn gefunden zu haben: Der Satz "Keine Experimente" verkörperte auch den Zeitgeist."Sputnik-Schock", die Römischen Verträge, der Vorabend der zweiten großen Berlin-Krise, die Einmaligkeit einer absoluten Mehrheit bei einer Bundestagswahl, Reformdruck in der Gesellschaft, ein Beginn sichtbaren Generations- und Mentalitätswandels im Westen prägten dieses Jahr. Andere Herausforderungen kennzeichneten die DDR: Das Ministerium für Staatssicherheit richtete sich neu aus und misstraute zuerst dem eigenen Volk. Die Wirtschaft sollte sich nach den Plänen der SED-Führung beschleunigt entwickeln, für die stagnierende Landwirtschaft suchten Experten nach neuen Konzepten. Schriftsteller und Wissenschaftler gerieten zwischen alle Fronten.Eine breite Palette politischer, wirtschaftlicher, gesellschafts-, mentalitäts- und ideengeschichtlicher Probleme in Ost und West gerät in den Blick. Der Band will dabei keine Chronik des Jahres 1957 vorlegen, sondern vielmehr Vorgänge dieses Jahres zum Ausgangspunkt für eine weitere Betrachtung nehmen. Es stellt sich die leitende Frage, inwiefern 1957 in beiden deutschen Staaten ein Wendejahr oder wenigstens eine "weiche", eine symbolische Zäsur für Wandlungsprozesse ab dem Ausgang der 1950er Jahre bildete. Nicht nur der "Sputnik", das gesamte Jahr 1957 dient als Sonde, um ausgehend von einzelnen Beobachtungen, Ereignissen und Vorgängen die späten fünfziger Jahre zu erkunden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
I. Überblick | 11 | ||
Alexander Gallus: Scharnierzeit zwischen Konsolidierung und Demokratisierung. Die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1957 | 13 | ||
I. Einleitung | 13 | ||
II. Außen- und Deutschlandpolitik | 16 | ||
III. Sozial- und Wirtschaftspolitik | 20 | ||
IV. Politische Kultur und intellektuelle Debatte | 23 | ||
V. Fazit: Teilstaat zwischen erster und zweiter Gründung | 26 | ||
Hermann Weber: Eine Zeit der Probleme und des Übergangs. Die DDR im Jahr 1957 | 29 | ||
I. Die Neutralisierung der Bevölkerung | 34 | ||
II. Die SED-Ideologie: Die Partei hat immer Recht | 38 | ||
III. Terror gegen „Abweichler“ | 41 | ||
IV. MfS-Analysen | 44 | ||
V. Führungskämpfe | 46 | ||
VI. Unterstützung im Westen? | 47 | ||
VII. Problemjahr 1957 | 50 | ||
VIII. Fazit | 52 | ||
II. Zwischen Sputnik-Start, „deutscher Frage“ und europäischer Einigung – der Blick nach außen | 55 | ||
Rainer Gries: Vorwärts in die Neue Zeit. Die Metaphorik des Aufbruchs aus generationengeschichtlicher Perspektive | 57 | ||
I. Der Anbruch einer neuen Epoche: „Das Zeitalter des siegenden Sozialismus“ | 57 | ||
II. Bemächtigung der Vergangenheit – Ermächtigung zur Zukunft | 58 | ||
1. Zehn Jahre DDR: 1949 bis 1959 | 59 | ||
2. Einholen und Überholen: 1958 bis 1961 | 60 | ||
3. Der Sieg des Sozialismus: 1958 bis 1965 | 62 | ||
4. „Utopie? Nein Sozialismus“: 1960 – 1980 – 2000 | 64 | ||
III. Zeitenwende und Zukunftshorizonte aus der Perspektive generationeller Zusammenhänge | 67 | ||
1. Die misstrauischen Patriarchen | 67 | ||
2. Die Aufbaugeneration | 69 | ||
3. Die funktionierende Generation | 71 | ||
IV. Die Indienstnahme der Zukunft | 73 | ||
Wilfried Loth: Adenauer und die DDR am Vorabend der Berlin-Krise | 75 | ||
I. | 75 | ||
II. | 78 | ||
III. | 80 | ||
IV. | 84 | ||
V. | 86 | ||
Hans-Georg Golz: Hammer und Zirkel an der Themse | 87 | ||
I. „Immer bessere Kontakte mit England“ | 88 | ||
II. Anerkennungsquerelen 1957 | 94 | ||
III. Ernüchterung | 99 | ||
IV. Fazit | 101 | ||
Beate Neuss: Die Bundesrepublik und Europa im Jahr der „Römischen Verträge“ | 103 | ||
I. Einleitung: 1957 – eine Zäsur für die deutsche und europäische Politik | 103 | ||
II. Einbindung und Selbsteinbindung – die Bundesrepublik und die europäische Integration | 105 | ||
III. Die Verknüpfung diametral entgegengesetzter Interessen | 108 | ||
IV. Internationale Herausforderungen und Krisen als Triebkräfte | 112 | ||
V. Das Jahr 1957: Der Beginn der Transformation der europäischen Politik | 114 | ||
VI. Fazit: Weichenstellung für einen eingehegten Aufstieg der Bundesrepublik | 117 | ||
III. Zwischen „Wahlwunder“, „dritten Wegen“ und Repression – der Blick nach innen | 121 | ||
Eckhard Jesse: Das „Wahlwunder“ 1957 | 123 | ||
I. Einleitung | 123 | ||
II. Bundestagswahl 1957 | 124 | ||
III. Wahlen und Parteiensystem im Kaiserreich und der Weimarer Republik | 126 | ||
IV. Wahlen und Parteiensystem bis zur deutschen Einheit | 129 | ||
V. Wahlen und Parteiensystem seit der deutschen Einheit | 133 | ||
VI. Schlussbetrachtung | 136 | ||
Christoph Meyer: Niederlage und Neubeginn. Herbert Wehner und die SPD 1957 | 139 | ||
I. Einleitung | 139 | ||
II. Ausgangsposition: Außenpolitische Auseinandersetzung mit Adenauer | 141 | ||
III. Wehners Politik der kleinen Schritte | 143 | ||
IV. Wehner als Staatsfeind? – Die Dagens-Nyheter-Kampagne | 146 | ||
V. Wehner im Wahlkampf: Für die Sammlung der Bedrohten | 152 | ||
VI. Nach der Niederlage: Neubeginn | 154 | ||
VII. Schlussbetrachtung | 157 | ||
Wolfgang Schmidt: „Der Sozialdemokrat von morgen“. Die Wahl Willy Brandts zum Regierenden Bürgermeister von Berlin und sein politischer Aufstieg | 161 | ||
I. „Der Erbe Reuters“ im Kampf um die Führung der Berliner SPD | 162 | ||
II. Bundespolitische Ambitionen und die Unterstützung der Medien | 164 | ||
III. Für die Sicherung und Verbesserung des Berlin-Status | 166 | ||
IV. Plädoyer für eine neue Deutschland- und Ostpolitik | 169 | ||
V. Freund Amerikas und Gegenspieler Herbert Wehners | 172 | ||
VI. Fazit | 175 | ||
Guntolf Herzberg: Die stärkere Alternative – Fragen an das Jahr der Abrechnung | 177 | ||
I. | 178 | ||
II. | 183 | ||
III. | 186 | ||
IV. | 188 | ||
V. | 190 | ||
Gerd Dietrich: Johannes R. Becher: Politische Demontage und poetische Selbstbehauptung | 191 | ||
I. „Glücksfall“ als Minister | 193 | ||
II. Grundirrtum des Lebens | 194 | ||
III. Verlust der Macht | 196 | ||
IV. Ritual der Unterwerfung | 198 | ||
V. Weg der Dichtung | 200 | ||
Roger Engelmann: Wechsel an der Spitze der Staatssicherheit. Die Neuausrichtung der DDR-Geheimpolizei im Jahr 1957 | 203 | ||
IV. Zwischen Rentenreform, Reformdruck und Geschlechteremanzipation – der Blick auf Wirtschaft und Gesellschaft | 219 | ||
Werner Bührer: Ludwig Erhards „Wohlstand für Alle“ und die westdeutsche Wirtschaft 1957 | 221 | ||
I. | 221 | ||
II. | 223 | ||
III. | 231 | ||
Winfried Schmähl: Von der statischen zur „dynamischen“ Rente. Die Rentenreform des Jahres 1957 in der Bundesrepublik als Zäsur der deutschen Alterssicherungspolitik | 233 | ||
I. Einleitung | 233 | ||
II. Wichtige Gründe für eine Rentenreform – die bestehende Rentenformel und ihre Folgen | 234 | ||
III. Konzeptioneller Wechsel, veränderte Zielvorstellung und die neue Rentenformel | 236 | ||
IV. Auswirkungen der Rentenreform und insbesondere der neuen Rentenformel auf der Leistungsseite | 242 | ||
V. Steigender Finanzbedarf durch die Rentenreform und seine Deckung | 243 | ||
VI. Die Diskussion über das Finanzierungsverfahren: Umlageverfahren statt Kapitalfundierung | 245 | ||
VII. Diskussionen über Rentenreformen Mitte der 1950er Jahre vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts | 247 | ||
1. Bundesrepublikanische Diskussion mit Blick auf die DDR und die Wiedervereinigung | 248 | ||
2. Diskussionen über eine Reform des Rentensystems in der DDR Mitte der 1950er Jahre | 249 | ||
VIII. Zur Beurteilung der westdeutschen Rentenreform des Jahres 1957 – damals und heute | 251 | ||
Marcel Boldorf: Reformdruck und Reformpläne der DDR-Wirtschaft 1957 | 259 | ||
I. Einleitung | 259 | ||
II. Sputnik-Revolution und Wirtschaftseuphorie | 260 | ||
III. Reformversuche zur Beseitigung von Dysfunktionalitäten | 264 | ||
IV. Proklamierung und Durchführung der „ökonomischen Hauptaufgabe“ | 267 | ||
V. Von der Planungseuphorie zur Mauerkrise | 271 | ||
VI. Schlussbilanz | 273 | ||
Kyra T. Inachin: Der zweite Weg zum Sozialismus. Das Agrarprogramm Kurt Viewegs und Marga Langendorfs und die Krisenanalyse im Jahr 1957 | 275 | ||
I. Einleitung | 275 | ||
II. Das Neue Agrarprogramm | 279 | ||
III. „Ich habe das für die Partei gemacht“ – die Agrarpolitiker Vieweg und Langendorf | 282 | ||
IV. „Der zweite Weg zum Sozialismus“ – Der Parteiausschluss | 290 | ||
V. Fazit | 297 | ||
Till van Rahden: Das Lächeln der Verfassungsrichterin. Das Ende des väterlichen „Stichentscheids“ und die Suche nach der Demokratie in der frühen Bundesrepublik | 301 | ||
I. | 301 | ||
II. | 306 | ||
III. | 311 | ||
IV | 325 | ||
V. Zwischen „skeptischer Generation“, empfundener „Restauration“ und intellektuellen Aufbrüchen – der Blick auf Literatur und Wissenschaft | 327 | ||
Jens Hacke: Helmut Schelskys skeptische Jugend. Die mythische Geburtsstunde einer bundesrepublikanischen Generation | 329 | ||
I. Helmut Schelsky als Soziologe der frühen Bundesrepublik | 329 | ||
II. Die skeptische Generation | 332 | ||
III. Folgenreiches Nachleben | 337 | ||
IV. Resümee | 340 | ||
Dominik Geppert: „Kreuzwegqual zwischen Politik und Literatur“ Der Umbruch Ende der 1950er Jahre als Zäsur in der Geschichte der Gruppe 47 | 343 | ||
I. Der Grünwalder Kreis | 346 | ||
II. Das Münchener Komitee gegen Atomrüstung | 351 | ||
III. Verbindungslinien zwischen Grünwalder Kreis und Münchener Komitee | 355 | ||
IV. Resümee | 361 | ||
Manfred Riedel: Philosoph des „anderen Deutschland“? Ernst Bloch in Leipzig | 363 | ||
I. Deutschland-Utopie? Vorprägung durch Simmel, Lukács, Bloch | 363 | ||
II. Doppelfrage: Ob der Zweck die Mittel heilige und philosophische Diskussionen Einverständnis im Politischen voraussetzen | 365 | ||
III. Eine „Idee von 1914“? | 367 | ||
IV. George in der Erstfassung des „Geistes der Utopie“ und das Verschwinden des George-Kreises aus Blochs Traditionsbild | 370 | ||
V. Emigrationsideen? Zwischen Brecht und Thomas Mann | 371 | ||
VI. Nationale Perspektive für die geteilte Nation | 375 | ||
Olaf Bartz: Die Gründung des Wissenschaftsrates als Zäsur für die Wissenschaftspolitik in der Bundesrepublik? | 379 | ||
I. Die Gründung des Wissenschaftsrates 1956/57 | 380 | ||
II. Die „Blaue Bibel“ 1960: Restauration statt Wendepunkt | 391 | ||
III. Fazit: 1964 statt 1957 | 393 | ||
VI. Statt eines Resümees | 395 | ||
Werner Müller: Probleme von Bundesregierung und SED-Politbüro im Jahr 1957 | 397 | ||
I. Die Nachwirkungen des Krieges | 397 | ||
II. Wirtschaft und Lebensverhältnisse | 399 | ||
III. Innerdeutsche Beziehungen | 403 | ||
IV. Opposition und Meinungsvielfalt | 407 | ||
V. Fazit | 411 | ||
VII. Dokumentation | 413 | ||
Gustav Just: Erinnerungen an die DDR um das Jahr 1957 – zwei Zeitzeugenberichte | 415 | ||
Autorinnen und Autoren | 431 |