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Lebensschutz am Lebensende

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Rixen, S. (1999). Lebensschutz am Lebensende. Das Grundrecht auf Leben und die Hirntodkonzeption. Zugleich ein Beitrag zur Autonomie rechtlicher Begriffsbildung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49727-0
Rixen, Stephan. Lebensschutz am Lebensende: Das Grundrecht auf Leben und die Hirntodkonzeption. Zugleich ein Beitrag zur Autonomie rechtlicher Begriffsbildung. Duncker & Humblot, 1999. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49727-0
Rixen, S (1999): Lebensschutz am Lebensende: Das Grundrecht auf Leben und die Hirntodkonzeption. Zugleich ein Beitrag zur Autonomie rechtlicher Begriffsbildung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49727-0

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Lebensschutz am Lebensende

Das Grundrecht auf Leben und die Hirntodkonzeption. Zugleich ein Beitrag zur Autonomie rechtlicher Begriffsbildung

Rixen, Stephan

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 795

(1999)

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Abstract

Der Streit um die Tragfähigkeit der sogenannten Hirntodkonzeption, der in der Behauptung "Der Hirntod ist der Tod des Menschen" kulminierte, hat die Entstehung des Transplantationsgesetzes (TPG) stark beeinflußt. Auch nach Erlaß des TPG, das den hirntoten Menschen der Leiche gleichstellt, verstummen die Einwände gegen die von Medizin, Arzt- und Strafrechtslehre seit etwa dreißig Jahren favorisierte Hirntodkonzeption nicht. Mit den normativen Vorgaben des Lebensgrundrechts (Art. 2 II 1 GG) ist die Hirntodkonzeption unvereinbar. Sie widerspricht dem "offenen Menschenbild des Grundgesetzes", das die Reduktion menschlichen Lebens auf Kognitivität (Geistigkeitstheorie) oder Zerebralität (biologisch-zerebrale Theorie) verbietet. Dem trägt ein reformulierter Todesbegriff Rechnung. Die Gleichsetzung von Tod und Hirntod im TPG ist danach verfassungswidrig. Sie ist auch für das (Arzt-)Strafrecht abzulehnen. Dies gebietet die aus Art. 2 II 1 GG folgende grundrechtliche Schutzpflicht. Die Entnahme lebenswichtiger Organe bleibt gleichwohl möglich, wenn auch nur unter den strengen Voraussetzungen einer (grundrechtlich geschützten) Vorausverfügung über das Lebensende. Diese Erwägung ist für die grundrechtliche Bewertung anderer Problemlagen am Ende menschlichen Lebens folgenreich.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
1. Kapitel: Thema und Gang der Untersuchung 13
A. Was ist der Tod? Ein grundrechtliches Thema im strafrechtlichen Gewand 13
B. Aktuelle Problematisierung der Hirntodkonzeption 20
I. Die Hirntodkonzeption 20
II. Zunehmende Kritik an der Hirntodkonzeption 23
C. Die dogmatische Diskussion als Deutungskampf 25
D. Die Rechtswissenschaft als „eigentliche Rechtsquelle" des rechtlichen Todesbegriffs 29
E. Die Frage nach Leben und Tod als Problem des geltenden Rechts 32
F. Eine Untersuchung auf der Grenze – Zur einheitsstiftenden Kraft eines integrativen öffentlichrechtlichen Zugriffs 34
I. Das Strafrecht als Grenze ärztlicher Handlungsfreiheit 35
II. Das Recht als Grenze der Ethik: Autonomie rechtlicher Begriffsbildung 36
III. Auf der Grenze von Grund- und Strafrechtslehre: Arzt(straf)recht als juristisch-interdisziplinäres Unternehmen 46
IV. Interpretatorische Grenzverschiebungen als Normalfall juristischer Textbearbeitung 48
V. Auf der Grenze von Rechtsdogmatik und Rechtsmethodologie 50
G. Gang der Untersuchung 52
2. Kapitel: Die Rezeption des Hirntodkonzepts durch die Straf- und Grundrechtslehre 55
A. Die Rezeption des Hirntodkonzepts – Versuch einer Rekonstruktion 55
I. Die Rezeption des Hirntodkonzepts im Spiegel zweier Auslegungsgeschichten 55
II. Zur Bedeutung geschichtlicher Betrachtung bei der Gewinnung geltenden Rechts 60
III. Modus und Probleme der Rekonstruktion 63
1. Zum Begriff der „Rezeption" 63
2. Rekonstruktion als theoriegeleitete Konstruktion 64
3. Zu den Modalitäten rechtswissenschaftlicher Meinungsbildung 65
4. Zur Verschränkung der juristischen Rezeption mit nichtrechtswissenschaftlichen Rezeptionsvorgängen 68
5. Grenzen der Literaturanalyse 69
IV. Zum Gang von Rekonstruktion und Kritik 71
B. Rezeption des Hirntodkonzepts in der Straf- und Grundrechtslehre 72
I. Die Rezeption des Hirntodkonzepts in der Strafrechtslehre 72
1. Der unproblematische Tod 73
2. Der unproblematische Hirntod 79
a) Der publizistische Durchbruch zur Etablierung des Hirntodkonzepts 82
aa) Die Kommentar- und Lehrbuchliteratur 82
(1) Der Kommentar von Schwarz/Dreher/Tröndle 82
(2) Der Kommentar von Lackner/Maassen 83
(3) Der Kommentar von Schönke/Schröder 84
(4) Das Lehrbuch von Krey 85
(5) Das Lehrbuch von Wessels 86
(6) Das Lehrbuch von Maurach 87
(7) Das Lehrbuch von Welzel und die Dissertation von G. Jakobs 88
bb) Die übrige Literatur 89
(1) Karl Engisch 89
(2) Paul Bockelmann 90
(3) Hans Lüttger 92
(4) Ernst-Walter Hanack 92
(5) Claus Roxin 93
(6) Günter Stratenwerth 94
(7) Günther Kaiser 95
(8) Weitere Äußerungen aus der Frühzeit der Rezeption des Hirntodkonzepts 96
b) Der Transplantationsgesetzgebungsversuch in den 70er Jahren als Exempel der erfolgten Etablierung 98
c) Die Fraglosigkeit des Hirntodkonzepts vor dem publizistischen Umbruch 103
II. Die Rezeption des Hirntodkonzepts in der Grundrechtslehre 108
1. Einleitung 108
2. Die Auslegung des Art. 2 II 1 Var. 1 GG durch Günter Dürig 109
3. Die Vorbildwirkung der Dürig'schen Kommentierung 111
4. Die Stellungnahmen der Grundrechtslehre vor dem Hintergrund der Transplantationspraxis 113
5. Schlußbemerkung 124
III. Die Rezeption des Hirntodkonzepts durch das (Straf-)Recht der DDR 124
1. Zur positivrechtlichen Verortung der Rezeptionsfrage 124
2. Die Medizin als Initiatorin und Protagonistin der Rezeption 126
a) Anfänge der Rezeption 126
b) Stabilisierung der Rezeption des Hirntodkonzepts 137
c) Ein medizinisches Resümee am „Vorabend" der Deutschen Einheit 141
3. (Straf-)Rechtliche Stellungnahmen als Appendix der medizinischen Debatte 143
4. Fazit 144
IV. Die Rezeption des Hirntodkonzepts in der Krise: der problematische Hirntod 145
1. Der „Erlanger Fall" 145
2. Der neuerliche Transplantationsgesetzgebungsversuch als aktueller Anlaß der Kritik des Hirntodkonzepts 147
3. Frühere Ansätze der Kritik 152
a) Gerd Geilen 152
b) Herbert Tröndle 162
c) Willi Geiger 164
d) Werner Böhmer 165
4. Die Hirntodkonzeption in der Krise: Versuche, die Kritik zu ignorieren 166
C. Das Hirntodkonzept im Spiegel nichtrechtswissenschafilicher Äußerungen 170
I. Das Hirntodkonzept im Spiegel ethischer, insbesondere theologischer Stellungnahmen 170
1. Katholisch-theologische Stellungnahmen 170
2. Evangelisch-theologische Stellungnahmen 180
3. Weitere Stellungnahmen, insbesondere die Kritik Hans Jonas' 186
II. Das Hirntodkonzept im Spiegel medizinischer Stellungnahmen 188
1. Die „Entdeckung" (Erstbeschreibung) des Hirntodes (coma dépassé) im Kontext der Debatte um die Grenzen der Behandlungspflicht 188
2. Die Lage in den späten sechziger und den siebziger Jahren 197
3. Die Lage in den späten siebziger, den achtziger und den neunziger Jahren 199
4. Versuche der Etablierung des großhirnzentrierten Teilhirntodkonzeptes 202
5. Medizininterne Kritik des (Ganz-)Hirntodkonzepts 205
III. Die Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer 208
D. Kennzeichen der Rezeptionsgeschichte des Hirntodkonzepts 214
I. Kritik als produktive Reproduktion und produzierende Kritik 214
II. Kennzeichen der Rezeptionsgeschichte 216
1. Zu den Begründungen der Hirntodkonzeption 216
2. Zu Dichte und Gehalt der Begründungen 220
3. Der Grad der Berücksichtigung medizinisch-biologischer Daten 222
4. Dreifach vermittelter Begriffsimport: Zur Vorreiter-Rolle der Medizin 227
5. Das Kontinuitätsargument 236
6. Die Medizin als „neue konkrete Ordnung" 238
7. Die frühe und die neue Kritik der Hirntodkonzeption 243
3. Kapitel: Grundrechtliche Kritik der Hirntodkonzeption 247
A. Hinfuhrung 247
I. Zum Inhalt des Kapitels 247
II. Zu den Argumenten der „antikritischen Hirntodapologie" 248
B. Die rechtserkenntnistheoretisch grundlegende Unterscheidung von Todesbegriff, Todeskriterium und Todesfeststellung 254
C. Zur Normativität des Lebensgrundrechts (Art. 2 II 1 GG) – Prinzipielle Probleme der Grundrechtskonkretisierung (Grundrechtsauslegung) 260
D. Kritik der Hirntodkonzeption aus grundrechtlicher Sicht 269
I. Die „trügerische Sicherheit" des (möglichen) Wortsinns von Art. 2 II 1 Var. 1 GG 271
II. Zum (möglichen) Wortsinn des Normtextes von Art. 2 II 1 Var. 1 GG 273
1. Befund 273
a) „Jeder" = jeder lebende Mensch 273
b) „hat ein Recht auf" 274
c) „Leben" 275
2. Zeichen des (biologischen) Lebens beim hirntoten Menschen 276
3. Fazit 279
III. Das Bundesverfassungsgericht und der Lebensbegriff des Art. 2 II 1 Var. 1 GG 279
1. Befund 279
2. Fazit 282
IV. Art. 2 II 1 Var. 1 GG im Spiegel von Entstehungsgeschichte und Regelungsabsicht des Verfassunggebers 283
1. Befund 284
2. Fazit 286
V. Das offene Menschenbild des Grundgesetzes und der hirntote Mensch 288
1. Das offene Menschenbild als Interpretament des Lebensgrundrechts 288
2. „Kriteriologischer Biologismus" als Folge des offenen Menschenbildes 296
3. Ablehnung der Geistigkeitstheorie und des Teilhirntodkonzepts 297
4. Ablehnung der biologisch-zerebralen Begründung des (Ganz-)Hirntodkonzepts 302
a) Das Gehirn (der Hirnstamm) und der Organismus als funktionelle Ganzheit 302
b) Der Einwand der „Künstlichkeit" 307
c) Der Einwand der „dauerhaften Künstlichkeit" 308
d) Ergebnis 309
VI. Zur Unbeachtlichkeit europarechtlicher, rechtsvergleichender und gewohnheitsrechtlicherArgumente 312
1. Zur Unbeachtlichkeit europarechtlicher Argumente 312
a) Europäische Menschenrechtskonvention 312
b) EG-Recht 313
2. Zur Unbeachtlichkeit rechtsvergleichender Argumente 315
3. Zur Unbeachtlichkeit gewohnheitsrechtlicher Argumente 317
VII. Ergebnis der grundrechtlichen Kritik der Hirntodkonzeption 321
E. Die Maßstäblichkeit der grundrechtlichen Kritik der Hirntodkonzeption für den Strafrechtsschutz am Ende menschlichen Lebens 322
I. Zum problematischen Verhältnis von Verfassungsrecht und Strafgesetz 322
II. Die strafgesetzlichen Bestimmungen über die Tötungsdelikte als „Maßnahmen normativer Art" zur Verwirklichung der grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 II 1 Var. 1 GG: Zur schutzbereichskongruenten Auslegung des Tatbestandsmerkmals „töten" 327
III. Die grundrechtsorientierte Auslegung des Tatbestandsmerkmals „töten" als Beispiel mittelbaren „Verfassungsstrafrechts" 337
IV. Ergebnis 342
F. Lebensgrundrechtlich angemessene Todeskriterien im Strafrecht 343
I. Angemessene Todeskriterien 343
II. Todeszeitbestimmung 348
III. Todeszeichen und Wesentlichkeitsprinzip 350
IV. Ergebnis 352
G. Grundrechtsorientierte Auslegung der §§ 212 I, 216 StGB – die Entnahme lebenswichtiger Organe zu Transplantationszwecken beim lebenden Hirntoten 353
I. Das Hauptproblem: Entnahme lebenswichtiger Organe zu Transplantationszwecken – Tötung (auf Verlangen)? 353
1. Hinführung 353
2. Die tatsächlichen Umstände der Entnahme lebenswichtiger Organe am Beispiel der Herzexplantation 355
II. Grundrechtsorientierte Auslegung der §§ 212 I, 216 I StGB mit Blick auf die Herzexplantation zu Transplantationszwecken 358
1. Zur Doppeldeutigkeit des Wortes „Tötung" 358
2. Wortlaut und Kausalität 359
3. Kausalität als schutzzweckbezogene Kausalität 361
4. Rechtssystematisch-teleologische, insbesondere grundrechtliche Überlegungen 363
a) Art. 2 II 1 Var. 1 GG als besonderes Selbstbestimmungsgrundrecht für den Bereich des Lebens: Überlegungen zum Problemkreis „Grundrechtsverzicht" 364
aa) Die grundrechtliche Befugnis zum Verzicht auf den Schutz des Lebens zwischen Art. 2 II 1 Var. 1 und Art. 2 I GG 365
bb) „Grundrechtsverzicht" als Verzicht auf den Schutz gegen Eingriffe bzw. Übergriffe 368
b) Auslegung der §§ 212 1, 2161 StGB im Lichte des Art. 2 II 1 Var.l GG 370
c) Ergebnis 376
III. Behandlungsabbruch beim hirntoten Patienten 381
IV. Die grundrechtliche Kritik der Hirntodkonzeption und das Transplantationsgesetz 382
4. Kapitel: Zusammenfassung und Ausblick 389
Literaturverzeichnis 399
Sachregister 469