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Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen

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Rehse, B. (2008). Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen. Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52591-1
Rehse, Birgit. Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen: Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Duncker & Humblot, 2008. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52591-1
Rehse, B (2008): Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen: Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797), Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52591-1

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Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen

Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797)

Rehse, Birgit

Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Vol. 35

(2008)

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Abstract

Wie funktioniert Herrschaft in der Frühen Neuzeit? Diese Frage steht im Mittelpunkt dieser Studie. Birgit Rehse untersucht hierzu rund 1.000 Gnadenverfahren strafrechtlich Verurteilter in der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. Im Gnadenbitten und Gnadegewähren sieht sie eine Form direkter Kommunikation zwischen Untertanen und Obrigkeit sowie zwischen Angeklagten bzw. Verurteilten und Supplikanten. Die Autorin fragt nach den Akteuren und ihren Interessen, Handlungsspielräumen, Strategien und dem jeweils zugrunde liegenden Gnadenverständnis. Untertanen wie Obrigkeit werden dabei gleichermaßen in den Blick genommen.

Im Ergebnis legt die Autorin ein komplexes Geflecht von Machtverhältnissen frei, welches Rückschlüsse auf die Funktionsweise und Legitimation von Herrschaft Ende des 18. Jahrhunderts zulässt. Das Gnadenbitten entpuppt sich als eine Machttechnik, die zur Vergrößerung des Handlungsspielraums der Supplikanten beitrug, unabhängig davon, ob die erbetene Gnade gewährt wurde oder nicht. Auf obrigkeitlicher Seite bestand eine Diskrepanz zwischen Herrschaftsanspruch und -wirklichkeit, bedingt durch Bürokratisierung und Rationalisierung des Gnadenwesens sowie durch die Selbstbindung an die Idee einer gerechten Justiz. Damit verlor die Gnade den Charakter einer persönlichen und keinem Begründungszwang unterliegenden Entscheidung des Monarchen.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Danksagung 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 14
Einleitung 17
I. Fragestellung, Grundannahmen, methodischer Zugang und Aufbau der Arbeit 17
Fragestellung 17
Grundannahmen 20
Methodischer Zugang 24
Aufbau der Arbeit 32
II. Die Forschung zur Geschichte der Gnade und des Supplizierens 35
III. Quellengrundlage: Autopsie der Akten, Bestandsgeschichte und Quellenauswahl 52
Autopsie der Akten 52
Bestandsgeschichte 57
Quellenauswahl 58
IV. Quellenkritische Überlegungen 64
A. „Der Krone ihr schönstes Vorrecht“ – Gnade und Supplizieren in Brandenburg-Preußen 72
I. Die kulturgeschichtliche Dimension: Begriffsklärung und ideengeschichtliche Kontexte 72
1. „Gnade vor Recht“ – Gnadenverständnisse in theologischen und philosophischen Diskursen 72
a) Zum Begriff Gnade 72
b) Gnadenverständnis(se) in theologischen Diskursen 74
c) Gnade als Machtinstrument 76
d) Gnadenverständnis(se) im 18. Jahrhundert 79
2. Supplizieren – Begrifflichkeit und Praktiken im Wandel der Zeit 84
a) Klärung des Begriffsfeldes 84
b) Zur Geschichte des Supplizierens 88
II. Die rechts- und verwaltungsgeschichtliche Dimension: Das Gnaden- und Supplikationswesen in Brandenburg-Preußen im Spiegel der Edikte und Verordnungen im Kontext des Normativitätsdiskurses 94
1. Das Supplizieren und Begnadigen im Spannungsfeld von Herrschaftsinstrument und Missbrauch (15.– 17./18. Jahrhundert) 94
2. Supplikation und Gnade im Rahmen der Verwaltungsreformen unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. im Kontext des Bestätigungsrechts und des Machtspruchs 100
3. Das Supplikations- und Gnadenwesen unter Friedrich Wilhelm II. 109
4. Supplizieren, Gnade und Machtspruch an der Wende zum 19. Jahrhundert 121
III. Die Dimension der Praxis: Das Gnadenbitten unter Friedrich Wilhelm II. 129
1. Die Entstehung von Suppliken: Ratgeben, Konzipieren und Ausfertigen 129
a) Fachkundige Schreiber 129
b) Eine Frage der Perspektive: Hilfe aus dem sozialen Umfeld oder Winkelschriftstellerei 135
c) Suppliken von eigener Hand 139
d) Amtlich protokollierte Gnadenbitten 141
e) Motivation und Einflussnahme der Schreiber 144
f) Die Bedeutung der Supplikation 149
2. Die Physis der Suppliken: Form, Stil, Aufbau und narrative Muster 150
a) Stempelpapier 151
b) Formaler Aufbau der Suppliken und narrative Muster 157
c) Resümee 173
3. Die inhaltliche Zielsetzung von Gnadenbitten: Von der Abolition bis zur Hafterleichterung 174
a) Nicht näher spezifizierte Bitten um Gnade 175
b) Bitte um Beschleunigung des Prozesses 176
c) Bitte um Freilassung während des Untersuchungsarrestes 177
d) Bitte um Revision bzw. um Zulassung zur Appellation 177
e) Bitte um Niederschlagung des Prozesses 178
f) Bitte um Freispruch 179
g) Bitte um gänzlichen Straferlass 180
h) Bitte um Strafverkürzung bzw. Freilassung von zu lebenslanger Haft Verurteilten 181
i) Bitte um Umwandlung einer Festungs- bzw. Zuchthausstrafe in eine Gefängnisstrafe 184
j) Bitte um Umwandlung einer Festungsstrafe in eine Zuchthausstrafe 185
k) Bitte um Umwandlung einer Gefängnisstrafe in eine Geldbuße 185
l) Bitte um Strafaufschub bzw. Aussetzung der Strafe 186
m) Deliktspezifische Bitte: Heiratserlaubnis 188
n) Deliktspezifische Bitte: Wiederherstellung der Ehre 189
o) Deliktspezifische Bitte: Strafverschärfung 189
p) Bitte um Stundung oder um Niederschlagung der Kosten 189
q) Bitte um Aufhebung der Landesverweisung 191
r) Resümee 191
4. Die Zeitläufe des Supplizierens: Zeitpunkte und Häufungen 193
a) Zeitpunkte 193
aa) Krönung 193
bb) Jahrestag der Krönung 197
cc) Huldigungstag 197
dd) Geburtstag des Herrschers 197
ee) Geburt eines Thronerben 199
ff) Rückkehr aus dem Krieg 199
gg) Religiöse Feste 200
hh) Resümee 201
b) Häufungen 201
aa) Die Quote des Gnadenbittens 201
bb) Strategien bei häufigem Supplizieren 205
cc) Hartnäckiges Supplizieren und der Umgang der Obrigkeit damit 208
dd) Resümee 213
B. „Allerunterthänigster Knecht“ und „gehorsamste Magd“ – Supplikanten und Supplikantinnen im sozialen Kräftefeld 215
I. Versuch einer Typologisierung der Supplikantengruppen sowie ihrer Argumente und Motive 215
1. Gnadenbitten in eigener Sache 217
Resümee 229
2. Gnadenbitten von Eheleuten 231
Resümee 250
3. Gnadenbitten von Eltern 252
Resümee 261
4. Gnadenbitten von Kindern 262
Resümee 272
5. Gnadenbitten von Geschwistern 273
Resümee 287
6. Gnadenbitten von Anverwandten 288
Resümee 294
7. Gnadenbitten der Brotherrschaft 295
Resümee 306
8. Gnadenbitten aus der Nachbarschaft und dem Arbeitsumfeld 308
Resümee 316
9. „Ich als Obrigkeit“ – Gnadenbitten der lokalen Obrigkeit und des Militärs 317
a) Lokale Obrigkeit 318
b) Militär 331
Resümee 335
10. Fürbitten aus dem Haus der Hohenzollern 336
Resümee 342
II. Zwischenbilanz 343
1. Zwischenbilanz zu Supplikationsmustern 343
a) Supplikationsmuster im Hinblick auf die Beziehungsstruktur zwischen Supplizierenden und Nutznießern 343
b) Supplikationsmuster im Hinblick auf soziale Herkunft 346
c) Supplikationsmuster in generativer Hinsicht 349
d) Supplikationsmuster in geschlechterspezifischer Hinsicht 351
2. Zwischenbilanz zu Motiven und Interessenlagen des Supplizierens 357
a) Supplizieren in der Funktion als außer- bzw. nachgerichtliche Verteidigung 357
b) Faktor Interesse: Supplizieren mit dem Wirtschaftsargument als Mittel zur Verhinderung des wirtschaftlichen Ruins 359
c) Faktor Interesse: Supplizieren als Mittel zur Sicherung von Entscheidungskompetenz und Mitsprachemöglichkeiten 362
d) Faktor Interesse: Supplizieren als Mittel zur Klärung von Erbfragen 364
e) Faktor Interesse: Supplizieren als Mittel zur Ehrenrettung 366
f) Faktor Emotion: Supplizieren mit dem Topos Mitleid als Mittel zur Authentifizierung 368
g) Faktor Pflicht: Supplizieren als Mittel zur Pflichterfüllung 370
h) Explizite und implizite Motive und die gesellschaftliche Funktion des Supplizierens 373
C. „Will Ich die gebetene Gnade angedeihen laßen“ – Obrigkeitliche Handlungsmuster 376
I. Supplikationen und Fürsprachen – Der Weg durch die Behörden 376
1. Das Prüfen von Supplikationen 376
a) Das Verhältnis zwischen dem Geheimen Rat und dem Justizdepartement 376
b) Eingangsbearbeitung der Suppliken in der Kanzlei 378
c) Die Justizminister 379
d) Bearbeitung von Mediatsupplikationen 380
e) Bearbeitung von Immediatsupplikationen 386
f) Der Kontext: Die Bestätigung des Urteils 390
g) Resümee 394
2. „Zu dieser Gnade wird empfohlen“ – Fürsprachen aus dem Justizapparat 395
a) Fürsprachen der Justizminister 397
b) Fürsprachen des Ober-Appellationssenats 403
c) Fürsprachen der Kriminaldeputation des Instruktionssenats 406
d) Fürsprachen der Stadtgerichte 413
e) Fürsprachen der Justizämter 416
f) Fürsprache einer Strafvollzugsanstalt 418
g) Resümee 421
II. Der Erfolg des Gnadenbittens – Begnadigungsformen und Gnadenbegründungen 424
1. „Gäntzliche Begnadigung verdient“ – Verzicht auf Bestrafung 428
a) General-Pardon 429
b) Vergebung der Geschädigten 431
c) Mangel an Beweisen 434
d) Fehlender Vorsatz und Fahrlässigkeit 435
e) Kritischer Gesundheitszustand 438
f) Resümee 439
2. „Gnade für Recht“ – Begnadigung von zum Tode Verurteilten 440
a) Verzicht auf Waffengebrauch 441
b) Fehlender Vorsatz, Motivlosigkeit und Unzurechnungsfähigkeit 442
c) Indizien für moralische Besserung 446
d) Resümee 448
3. „Loßlassung“ von zu lebenslanger Haft Verurteilten 450
a) Geänderte Gesetzesgrundlage zum Kindsmord 450
b) Indizien für moralische Besserung 453
c) Allerhöchste Vergebung im Fall von Majestätsbeleidigung und Herrschaftskritik 456
d) Resümee 460
4. „Die noch übrige Straf-Zeit erlassen“ – Strafverkürzung 461
a) General-Pardon 462
b) Mangel an Beweisen 463
c) Fehlender Vorsatz und Fahrlässigkeit 465
d) Verzicht auf Waffengebrauch 466
e) Jugendlichkeit 467
f) Ermittlungsdauer 469
g) Geänderte Gesetzesgrundlage zum Kindsmord 470
h) „Conservation“ der Wirtschaft 471
i) Resümee 475
5. „In via gratia“ – Umwandlung in eine mildere Strafform 476
a) Gefängnis anstelle Festung bzw. Zuchthaus 477
aa) Umgang mit „boshaften verderbten Mißethätern“ 478
bb) Kritischer Gesundheitszustand 482
cc) Schutz des neugeborenen Lebens 482
dd) Schutz der Familienehre 484
ee) Erhalt der Wirtschaft 485
ff) Resümee 491
b) Geldbuße anstelle Gefängnis 492
aa) Unverhältnismäßigkeit zwischen persönlicher Schuld und Strafmaß 493
bb) Unschuld und Unwissenheit 493
cc) Erhalt der Wirtschaft 495
dd) Resümee 499
c) Sonstige Strafumwandlungen 500
d) Resümee 503
6. Aufschub des Strafantritts und vorübergehende Aussetzung der Strafe 503
a) Erhalt der Wirtschaft 504
b) Schutz des neugeborenen Lebens und Versorgung der Kinder 513
c) Kritischer Gesundheitszustand 518
d) Resümee 523
7. Sonstige Strafmilderungen und Verfahrenserleichterungen 524
a) Aufhebung der Landesverweisung 524
Resümee 529
b) Entlassung aus dem Arbeitshaus 529
Resümee 533
c) Niederschlagung der Kosten 533
Resümee 537
d) Beschleunigung des Prozesses 538
Resümee 540
III. Zwischenbilanz 542
1. Zwischenbilanz zur Gnadenquote und zur Typologie der Begnadigungsformen 542
a) Gnadenquote 542
b) Typologie der Begnadigungsformen 544
2. Zwischenbilanz zu den Gründen für eine Begnadigung und den damit verbundenen Motiven der Obrigkeit 552
a) Neubewertung der im Verfahren angewandten Rechtsnormen im Sinne einer Selbstkorrektur der Rechtsanwendung 553
b) Neubewertung des Verhältnisses zwischen Tat und Schuld 555
c) Folgen und Wirkungen des Strafvollzugs 559
d) Bewertung der moralischen Gnadenwürdigkeit der verurteilten Person 562
e) General-Pardon 565
f) Begründungszwang 569
3. Zwischenbilanz zu den Akteuren: Die obrigkeitlichen Entscheidungsträger, die Begnadigten und ihre Supplikanten 571
a) Die obrigkeitlichen Entscheidungsträger und ihre Zuständigkeit 571
b) Die begnadigten Männer und Frauen 575
c) Die Supplikanten und Supplikantinnen der Begnadigten 582
Ergebnisse und Schlussfolgerungen 587
I. Zur Supplikationspraxis 588
II. Zur Gnadenpraxis 601
Ausblick 612
Quellen- und Literaturverzeichnis 615
Quellenverzeichnis 615
Ungedruckte Quellen 615
Gedruckte Quellen 615
Literaturverzeichnis 618
Anhang 650
Register 661