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Erinnerungsstrafrecht

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Matuschek, M. (2012). Erinnerungsstrafrecht. Eine Neubegründung des Verbots der Holocaustleugnung auf rechtsvergleichender und sozialphilosophischer Grundlage. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53733-4
Matuschek, Milosz. Erinnerungsstrafrecht: Eine Neubegründung des Verbots der Holocaustleugnung auf rechtsvergleichender und sozialphilosophischer Grundlage. Duncker & Humblot, 2012. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53733-4
Matuschek, M (2012): Erinnerungsstrafrecht: Eine Neubegründung des Verbots der Holocaustleugnung auf rechtsvergleichender und sozialphilosophischer Grundlage, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-53733-4

Format

Erinnerungsstrafrecht

Eine Neubegründung des Verbots der Holocaustleugnung auf rechtsvergleichender und sozialphilosophischer Grundlage

Matuschek, Milosz

Schriften zum Strafrecht, Vol. 231

(2012)

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About The Author

Milosz Matuschek wurde 1980 in Bytom/Polen geboren. Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften in München, Paris und Regensburg. 2007 Erste juristischen Prüfung und Erwerb der »Maîtrise en droit« (Université Panthéon-Assas). Von 2007 bis 2011 Promotion mit Stipendium der »Fondation pour la Mémoire de la Shoah« (Paris). Forschungsaufenthalte am MPI für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg/Breisgau sowie in Krakau, Paris und Berlin. Seit 2010 Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin.

Abstract

Das Verbot der Holocaustleugnung besteht seit Jahren in vielen europäischen Ländern und sollte 2008 durch einen Rahmenbeschluss auf alle EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet werden. Trotz ihrer Verbreitung steht diese Vorschrift seit jeher in der Kritik. Rechtlich wurden insbesondere das wenig griffige Schutzgut sowie der Eingriff in die Meinungs- und Forschungsfreiheit moniert. Die Regelung historischer Vorgänge durch Gesetze legt zudem den Schluss auf ein Sonder- und Feindstrafrecht nahe. In dieser Studie werden die Argumente gegen die Vorschrift auf ihre Tragfähigkeit untersucht und ein neues Begründungsmuster vorgestellt. Unter Vergleichung der Rechtslage in Deutschland, Frankreich, Polen und England/USA wird der Schutz der Erinnerung als Zweck der Vorschrift ausgemacht. Ausgehend von den sozialwissenschaftlichen Erinnerungskonzeptionen Maurice Halbwachs' und Jan Assmanns werden die Konturen eines neuen Rechtsguts der »kollektiven Erinnerung« vorgestellt. Eine Analyse sozialphilosophischer Denkmuster von Hobbes über Durkheim bis zu den Kommunitaristen zeigt, dass der Schutz kollektiver Überzeugungen durch das Strafrecht kein Fremdkörper in modernen Strafrechtsordnungen sein muss und zudem vor dem Hintergrund des Schutzes der Meinungsfreiheit gerechtfertigt sein kann.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 9
Inhaltsübersicht 11
Inhaltsverzeichnis 13
Abkürzungsverzeichnis 21
Einführung 29
I. Zielsetzung und thematische Einbettung 29
II. Der Gang der Untersuchung 30
III. Zitierweise 32
Erster Teil: Was schützt das Verbot der Holocaustleugnung? 33
1. Kapitel: Negationismus als Straftat 33
A. Was ist Negationismus? 33
B. Geschichtliche und methodische Aspekte des Negationismus 36
I. Der Ursprung des Negationismus 36
II. Die Methoden der Negationisten 39
C. Der Begriff lois mémorielles – Erinnerungsgesetze 41
I. Was sind Erinnerungsgesetze? 41
II. Klassifizierung 43
III. Eingrenzung des Begriffs Erinnerungsgesetz 44
2. Kapitel: Das Verbot der Holocaustleugnung in der rechtspolitischen Diskussion 46
A. Deutschland: § 130 Abs. 3 StGB 46
I. Gesellschaftlicher Kontext 46
II. Initiative 47
III. Verlauf der parlamentarischen Debatte 48
1. Pro-Argumente 48
2. Contra-Argumente 50
IV. Rechtspolitische Stellungnahmen 51
1. Stellungnahmen aus der Gesellschaft 51
a) Positive Kommentare 51
b) Kritische Kommentare 52
2. Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft 53
a) Positive Kommentare 53
b) Kritische Kommentare 54
B. Frankreich: Art. 24bis frz. PresseG 55
I. Gesellschaftlicher Kontext 55
II. Initiative 56
III. Verlauf der Debatte in der Assemblée Nationale und im Senat 57
1. Pro-Argumente 57
2. Contra-Argumente 60
IV. Rechtspolitische Stellungnahmen 61
1. Stellungnahmen aus der Gesellschaft 62
a) Positive Kommentare 62
b) Kritische Kommentare 63
2. Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft 65
a) Positive Kommentare 65
b) Kritische Kommentare 67
C. Polen: Art. 55 i.V.m. Art. 1 IPN-G 68
I. Gesellschaftlicher Hintergrund 68
II. Initiative 70
III. Verlauf der Debatte im Sejm und im Senat 71
1. Pro-Argumente 71
2. Contra-Argumente 72
IV. Rechtspolitische Stellungnahmen zu Art. 55 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 IPN-G 73
1. Stellungnahmen aus der Gesellschaft 73
a) Positive Kommentare 73
b) Kritische Kommentare 74
2. Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft 75
a) Positive Kommentare 75
b) Kritische Kommentare 76
D. England 77
I. Gesellschaftlicher Kontext und Initiative 77
II. Pro- und Contra-Argumente in Gesellschaft und Rechtswissenschaft 78
E. Kritische Stellungnahme zur rechtspolitischen Diskussion 79
I. Deontologische Argumente 79
1. Das Totalitarismusargument 79
2. Das Übermaßargument 81
3. Das Ausnahmegesetzargument 82
II. Konsequentialistische Argumente 83
1. Das Märtyrerargument 83
2. Das Aufmerksamkeitsargument 84
3. Das Dammbruchargument 85
3. Kapitel: Das Schutzgut des Verbots der Holocaustleugnung 86
A. Deutschland 86
I. Der öffentliche Friede 87
1. Definitionsansätze des öffentlichen Friedens 87
2. Die Anwendung auf das Verbot der Holocaustleugnung 89
II. Individualschützende Rechtsgüter jenseits des öffentlichen Friedens 91
1. Die Menschenwürde 91
2. Die Ehre 92
III. Strafgründe jenseits etablierter Rechtsgutskategorien 93
B. Frankreich 94
I. Die kollektive Erinnerung 95
II. Der ordre public 98
III. Die Menschenwürde 99
IV. Das demokratische Gemeinwesen 100
C. Polen 100
I. Die Erinnerung und die historische Wahrheit 101
II. Die Ehre und die Menschenwürde 102
Ergebnis 102
Zweiter Teil: Das Verbot der Holocaustleugnung als Erinnerungsgesetz 105
4. Kapitel: Die Erinnerung an den Holocaust als sozialer Zustand 105
A. Soziale Bindung im modernen Staat 105
I. Keine Gemeinschaft ohne Identität 105
II. Überholte staatliche Bindungselemente: Religion, Rasse und Abstammung 107
III. Die moderne Nation als politische Glaubensgemeinschaft 109
IV. Die moderne Nation als Erinnerungsgemeinschaft 111
B. Die Erinnerungskultur an den Holocaust als Identifikationselement 113
I. Die Entwicklung der Erinnerungskultur an den Holocaust 113
II. Die Offizialisierung der Erinnerungskultur an den Holocaust 115
III. Die Erinnerung als soziale Tatsache (Durkheim) 117
5. Kapitel: Die Erinnerung an den Holocaust als rechtliches Postulat 118
A. Soziale Integration durch Recht 118
B. Erinnerung und Öffentliches Recht 120
I. Die Präambel zum Grundgesetz 120
II. Die Übergangsvorschrift des Art. 139 GG 121
III. Die wehrhafte Demokratie 122
IV. Der Begriff der öffentlichen Ordnung 124
C. Erinnerung und Strafrecht 126
I. Der Vergangenheitsbezug in den Straftheorien 126
II. Kollektive Erinnerung durch Strafverfahren 127
III. Materielle Grundentscheidungen für die Erinnerung 128
6. Kapitel: Die kollektive Erinnerung als strafrechtliches Schutzgut 130
A. Der Begriff der kollektiven Erinnerung 130
B. Konzeptionen der kollektiven Erinnerung 131
I. Die kollektive Erinnerung bei Halbwachs 131
II. Die kollektive Erinnerung bei J. Assmann 132
C. Das Rechtsgut der kollektiven Erinnerung 133
I. Die Erinnerung als werthafter Bewusstseinszustand 133
II. Die kollektive Erinnerung als Gemeinrechtsgut 135
D. Die Schutzbedürftigkeit der kollektiven Erinnerung 137
I. Der Einsatz des Strafrechts als Ultima ratio 137
II. Die Notwendigkeit des Verbots der Holocaustleugnung 138
1. Die natürliche Erosionsanfälligkeit der kollektiven Erinnerung 138
2. Das personale Defizit in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung 139
3. Das strukturelle Defizit in der kommunikativen Auseinandersetzung 140
E. Erinnerungsstrafrecht als Identitätsstrafrecht 143
I. Was ist Identitätsstrafrecht? 143
II. Die drei Ebenen des Identitätsstrafrechts 144
III. Die hybride Struktur des modernen Strafrechts 145
Ergebnis 146
Dritter Teil: Sind Erinnerungsgesetze ideengeschichtlich vertretbar? 149
7. Kapitel: Gemeinschaftliche Elemente in der neuzeitlichen Sozialphilosophie 149
A. Welcher Staat? Eine sozialphilosophische Gefühlslage 149
B. Der Holismus in der Staatsphilosophie 152
I. Die Staatsgründung aus atomistischer Sicht 152
II. Die Staatsgründung aus holistischer Sicht 153
C. Der Kollektivismus in der Staatsphilosophie 157
I. Der Gesellschaftsvertrag als individualistisches Paradigma 157
II. Die Entdeckung der Gemeinschaft 159
8. Kapitel: Gemeinschaftliche Elemente in der neuzeitlichen Strafrechtsphilosophie 164
A. Hobbes: Strafrecht zum Schutz der Gemeinschaft 164
B. Locke: Strafrecht als Individual- und Kollektivschutz 166
C. Montesquieu: Das Strafrecht als Ausdruck eines esprit de nation 167
D. Rousseau: Das Verbrechen als Bruch des Gesellschaftsvertrages 169
E. Beccaria: Gesellschaftsschutz vor Individualschutz 170
F. Kant: Die Lüge als Verbrechen gegen den Urvertrag 173
G. Hegel: Die Strafe als Mittel zur Bewahrung des Allgemeinen 176
H. Durkheim: Verbrechen als Verletzung eines Kollektivbewusstseins 178
Ergebnis 181
Vierter Teil: Sind Erinnerungsgesetze strafrechtsdogmatisch integrierbar? 183
9. Kapitel: Verbrechensbegriff und Gemeinschaftsinteressen 183
A. Der materielle Verbrechensbegriff in Deutschland 183
I. Der Begriff des Rechtsguts 183
II. Die Funktion des Rechtsguts 186
1. Das Rechtsgut als Begrenzungskriterium des Strafrechts 186
2. Das Rechtsgut als Auffangform für alle legitimen Interessen 187
3. Stellungnahme 188
III. Gemeinschaftsbelange in der Strafrechtsdogmatik 189
B. Der materielle Verbrechensbegriff in Frankreich 190
I. Die Definition des Verbrechens 190
II. Die Funktion der Verbrechensdefinition 192
III. Die Rolle des intérêt protégé oder bien juridique 193
C. Der materielle Verbrechensbegriff in Polen 195
I. Von der Gesellschaftsgefährlichkeit zur Gesellschaftsschädlichkeit 195
II. Der Begriff der Gesellschaftsschädlichkeit in Art. 1 § 2 poln. StGB von 1997 198
1. Die Ausklammerung aus der materiellen Verbrechensdefinition 199
2. Die Integration in die materielle Verbrechensdefinition 200
III. Die Verbrechensdefinition 201
IV. Die Funktion des Rechtsguts (dobro prawne) 203
D. Der materielle Verbrechensbegriff in England 205
I. Begriff und Funktion des Harm Principle 205
II. Der Stellenwert von Gemeinschaftsinteressen und Wertvorstellungen 207
1. Die Disintegration Thesis (Devlin) 207
2. Der Störungsgrundsatz und das schadlose Unrecht (Feinberg) 210
3. Die Verhinderung des Allgemeinwohls als Schaden (Raz) 212
4. Ideelle Schäden (MacKinnon, Delgado, Tsesis) 213
10. Kapitel: Die Integration der kollektiven Erinnerung in die Strafrechtsdogmatik 214
A. Deutschland: Die Erinnerung als abstrakt-ideelles Gemeinrechtsgut 214
B. Frankreich: Die Erinnerung als valeur sociale 216
C. Polen: Die Erinnerung als geschützter gesellschaftlicher Wert 216
D. England: Die Verletzung der Erinnerung als harm? 217
Ergebnis 218
Fünfter Teil: Sind Erinnerungsgesetze verfassungsrechtlich rechtfertigbar? 220
11. Kapitel: Grund und Grenzen der Meinungsfreiheit 220
A. Die Begründungsarten der Meinungsfreiheit 220
B. Das Truth Principle und die Holocaustleugnung 223
I. Das Truth Principle (Milton, Mill) 223
II. Der Marketplace of Ideas (Wendell-Holmes) 225
III. Wahrheitssuche und Holocaustleugnung 226
1. Das Wissensargument 226
2. Das Unfehlbarkeitsargument 228
3. Das Vitalitätsargument 229
12. Kapitel: Das Verbot der Holocaustleugnung in der Verfassungsrechtsprechung 230
A. Die Holocaustleugnung und das Grundrecht der Meinungsfreiheit 230
I. Die kontinentaleuropäische Verfassungsrechtsprechung 230
II. Die Verfassungsrechtsprechung im angelsächsischen Rechtskreis 233
B. Die kollektive Erinnerung als abwägungsrelevante Größe 235
Ergebnis 237
Sechster Teil: Europas Erinnerungsgesetz? 238
13. Kapitel: Der EU-Rahmenbeschluss (2008/913/JI) v. 28.11.2008 238
A. Der Inhalt des Rahmenbeschlusses 238
I. Die Genese 238
II. Die Straftatbestände des Rahmenbeschlusses 239
B. Die Konsequenzen für den deutschen Gesetzgeber 240
I. Die Pflicht zur Umsetzung 240
II. Die Art der Umsetzung 241
III. Der Umfang der Umsetzung 242
IV. Problemfelder bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 242
1. Der Umfang des Art. 1 Abs. 1 Buchstabe c) 243
2. Die Wahrscheinlichkeit der Aufstachelung zu Gewalt und Hass 244
3. Der Konflikt zwischen Justiz und Geschichtswissenschaft 245
V. Die Lösung des deutschen Gesetzgebers 246
C. Stellungnahme 246
Ergebnis 247
Schluss 249
Literaturverzeichnis 252
Sachwortregister 290