Die Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende
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Die Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende
Eine rechtsdogmatische Untersuchung der Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 JGG und zugleich ein Beitrag zur rechtspolitischen Diskussion um die strafrechtliche Behandlung Heranwachsender »de lege ferenda«
Schriften zum Strafrecht, Vol. 367
(2021)
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Erik Weiss studierte von 2010 bis 2015 Rechtswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dort war er von 2015 bis 2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Strafrecht und Strafprozessrecht von Prof. Dr. Horst Schlehofer. Sein Referendariat absolvierte er von 2019 bis 2021 am Kammergericht Berlin, u.a. mit Stationen im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und in der Kanzlei WidmaierNorouzi Rechtsanwälte. Seit 2019 ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und Neuere Rechtsgeschichte von Prof. Dr. Martin Heger an der Humboldt-Universität zu Berlin beschäftigt.Abstract
Achtzehn- bis einschließlich Zwanzigjährige nehmen als Heranwachsende eine besondere Stellung im deutschen Strafrecht ein. Denn ihre Taten können sowohl nach Jugend- als auch nach allgemeinem Strafrecht abgeurteilt werden. Doch um den adäquaten strafrechtlichen Umgang mit Heranwachsenden werden seit Langem kontroverse rechtsdogmatische und rechtspolitische Debatten geführt. Erik Weiss entwickelt eine methodisch stringente Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen des § 105 Abs. 1 JGG. Er zeichnet die rechtspolitische Diskussion nach und zeigt auf, dass sowohl aus rechtsdogmatischer als auch rechtstatsächlicher Perspektive allein die vollständige Einbeziehung in das Jugendstrafrecht zu überzeugen vermag. Diese lässt sich durch eine Reform des dritten Teils des JGG erreichen.»Applicability of Juvenile Criminal Law to Adolescents«As adolescents, 18- to 20-year-olds are treated exceptionally in German criminal law, as they can be sentenced under both juvenile and general criminal law. Yet, the adequate regime for treating adolescent criminal acts has been a long-standing subject of scholarly and legal policy debates alike. Erik Weiss takes a look at the conditions for the application of § 105 (1) JGG, offering a methodologically sound interpretation. He shows that from both dogmatic as well as factual viewpoints, full integration into juvenile criminal law is solely convincing, a goal to be achieved by reform of the third part of the JGG.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 13 | ||
A. Themeneingrenzung | 13 | ||
B. Gang der Untersuchung | 14 | ||
Erster Teil: Historie: Entwicklung hin zu § 105 JGG und die sie begleitende Diskussion | 16 | ||
A. Das Jugendgerichtsgesetz von 1923 | 16 | ||
B. Das Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943 | 18 | ||
C. Das Jugendgerichtsgesetz von 1953 | 20 | ||
D. Diskussion um die strafrechtliche Sonderbehandlung Heranwachsender ab 1953 | 22 | ||
I. Standpunkt der mit dem Jugendstrafrecht befassten Vereinigungen und Verbandstreffen | 22 | ||
1. Der Deutsche Jugendgerichtstag | 22 | ||
2. Die DVJJ | 24 | ||
3. Der Deutsche Juristentag | 26 | ||
4. Zusammenfassung der Ergebnisse | 27 | ||
II. Meinungsstand in der Wissenschaft | 27 | ||
III. Forderungen politischer Akteure | 28 | ||
IV. Zwischenergebnis | 30 | ||
E. Zusammenfassung der Ergebnisse der historischen Untersuchung | 30 | ||
Zweiter Teil: Die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 JGG | 32 | ||
A. Gemeinsame Voraussetzungen der Nr. 1 und Nr. 2 | 32 | ||
I. Heranwachsender | 32 | ||
II. Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist | 32 | ||
B. Spezielle Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG: Das Einem-Jugendlichen-Gleichstehen in der sittlich-geistigen Entwicklung | 33 | ||
I. Wortlautauslegung | 33 | ||
1. Bezugnahme auf die Legaldefinition in § 1 Abs. 2 JGG | 34 | ||
2. Allgemeinsprachliche Bedeutung des Begriffs „Jugendlicher“ | 36 | ||
3. Gesetzesformulierung: „[…] nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand[…]“ | 38 | ||
4. Zwischenergebnis: „Ungefestigter, noch prägbarer Mensch, bei dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam sind“ | 38 | ||
5. Präzisierung des Merkmals „Ungefestigt“ | 39 | ||
II. Systematische Auslegung | 40 | ||
1. Bezugnahme auf § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG | 40 | ||
2. Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 JGG | 41 | ||
a) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kriteriums des „ungefestigten Menschen“ | 42 | ||
b) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kriteriums der „Prägbarkeit“ | 44 | ||
c) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kriteriums des „Wirkens von Entwicklungskräften in größerem Umfang“ | 45 | ||
3. Ausgestaltung des § 105 JGG als Privilegierung für geminderte Schuld | 47 | ||
a) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kriteriums des „Wirkens von Entwicklungskräften in größerem Umfang“ | 48 | ||
b) Maßgeblichkeit des Kriteriums „entwicklungsbedingt verminderte Schuldfähigkeit, die mit der eines Jugendlichen vergleichbar ist“? | 49 | ||
c) Maßgeblichkeit des Kriteriums „entwicklungsbedingt verminderte Schuldfähigkeit, die noch nicht der eines schuldfähigen 21-Jährigen entspricht“? | 50 | ||
d) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kriteriums des „ungefestigten Menschen“ | 53 | ||
4. Zwischenergebnis: „Ungefestigter, noch prägbarer Mensch“ | 54 | ||
III. Historische Auslegung | 54 | ||
1. Schlussfolgerungen aus der Entstehungsgeschichte des § 105 JGG hinsichtlich des Kriteriums des „ungefestigten, noch prägbaren Menschen“ | 55 | ||
2. Schlussfolgerungen aus der Entstehungsgeschichte des § 105 JGG hinsichtlich des Kriteriums des „Wirkens von Entwicklungskräften in größerem Umfang“ | 58 | ||
3. Zwischenergebnis: „Ungefestigter, noch prägbarer Mensch“ | 59 | ||
IV. Teleologische Auslegung – Abwägung bei Entscheidungsspielräumen innerhalb der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Auslegungskriterien | 59 | ||
V. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zu den Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG | 60 | ||
VI. Nachweisbarkeit des Kriteriums des „ungefestigten, noch prägbaren Menschen“ | 61 | ||
1. Kriterienkatalog der Marburger Richtlinien | 61 | ||
a) Die Kriterien im Einzelnen | 62 | ||
b) Aussagekraft des Kriterienkatalogs | 63 | ||
2. Kriterienkatalog der Bonner-Delphi-Studie | 65 | ||
3. Zusammenfassung | 66 | ||
C. Spezielle Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG: Die Jugendverfehlung | 67 | ||
I. Bedeutungsgehalt | 67 | ||
1. Konkretisierungsansatz der Rechtsprechung | 68 | ||
2. Konkretisierungsansätze in der Literatur | 68 | ||
3. Kategorisierung der Kasuistik unter Bezugnahme auf die Marburger Richtlinien und die Bonner Delphi-Studie | 69 | ||
II. Legitimation der von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Konkretisierungskasuistik | 70 | ||
1. Ausgangspunkt der Untersuchung | 70 | ||
2. Relevanz der Kriterien „Konsistente, berechenbare Stimmungslage“ und „Eigenständigkeit im Verhältnis zu Eltern und Gleichaltrigen/Partnern“ innerhalb der Marburger Richtlinien | 71 | ||
3. Relevanz der Algorithmen „Emotionalität und Impulsivität“ und „Soziale Autonomie und Autonomie in der Lebensführung“ innerhalb der Bonner Delphi-Studie | 72 | ||
4. Ergebnis der Untersuchung | 73 | ||
III. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG | 74 | ||
D. Das Verhältnis zwischen § 105 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 JGG | 75 | ||
Dritter Teil: Die strafrechtliche Behandlung Heranwachsender de lege ferenda | 77 | ||
A. Vollständige Einbeziehung in das allgemeine Strafrecht | 78 | ||
I. Regionale Anwendungsunterschiede | 79 | ||
II. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstreckung des Erziehungsgedankens auf Heranwachsende | 81 | ||
III. Einheit der Rechtsordnung | 83 | ||
IV. Durchschnittlicher Entwicklungsstand der Personengruppe der Heranwachsenden | 86 | ||
V. Vergleich mit anderen europäischen Rechtsordnungen | 89 | ||
VI. Besondere Gewichtung der Strafzwecke des Schuldausgleichs und der Generalprävention | 91 | ||
B. Regel-Ausnahmeverhältnis zugunsten des allgemeinen Strafrechts | 94 | ||
I. Argumente, die die Befürworter einer vollständigen Einbeziehung in das allgemeine Strafrecht ebenfalls anführen | 94 | ||
II. Wille des Gesetzgebers des JGG von 1953 | 95 | ||
III. Besondere Gewichtung der Strafzwecke des Schuldausgleichs und der Generalprävention | 96 | ||
C. Beibehaltung des § 105 Abs. 1 JGG | 97 | ||
D. Vollständige Einbeziehung in das Jugendstrafrecht | 98 | ||
I. Argumente aus der Auseinandersetzung mit den bisher vorgestellten Reformmodellen | 99 | ||
II. Kriminologische Erkenntnisse | 100 | ||
III. Anforderungen an die Gesetzestechnik der „materiellen Typisierung“ | 101 | ||
E. Einbeziehung der 21- bis 24-Jährigen in das Jugendstrafrecht/ Einführung eines gesonderten Jungtäterrechts | 103 | ||
F. Ergebnis der Untersuchung | 106 | ||
G. Konkreter Änderungsvorschlag de lege ferenda | 106 | ||
I. Zu § 105 JGG | 107 | ||
1. Zu Absatz 1 | 107 | ||
2. Zu Absatz 2 | 107 | ||
3. Zu Absatz 3 | 109 | ||
II. Zu § 106 JGG | 109 | ||
III. Zu § 107 JGG | 110 | ||
IV. Zu § 108 JGG | 110 | ||
V. Zu § 109 JGG | 110 | ||
VI. Zu § 110 JGG | 112 | ||
VII. Zu § 111 JGG | 112 | ||
VIII. Zu § 112 JGG | 112 | ||
IX. Gesamtschau der Änderungsvorschläge | 112 | ||
Literaturverzeichnis | 114 | ||
Stichwortverzeichnis | 121 |