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Verfassungsrechtliche Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung

Cite JOURNAL ARTICLE

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Michael, L. Verfassungsrechtliche Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung. Der Staat, 54(3), 349-373. https://doi.org/10.3790/staa.54.3.349
Michael, Lothar "Verfassungsrechtliche Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung" Der Staat 54.3, , 349-373. https://doi.org/10.3790/staa.54.3.349
Michael, Lothar: Verfassungsrechtliche Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung, in: Der Staat, vol. 54, iss. 3, 349-373, [online] https://doi.org/10.3790/staa.54.3.349

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Verfassungsrechtliche Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung

Michael, Lothar

Der Staat, Vol. 54 (2015), Iss. 3 : pp. 349–373

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Prof. Dr. Lothar Michael, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Juristische Fakultät, Professur für Öffentliches Recht, Universitätsstraße 1, 40225 Düsseldorf

Abstract

Der Beitrag stellt einmal mehr die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen richtlinienkonformer Rechtsfortbildung und zeigt diese exemplarisch an zwei Urteilen des BGH zum Versicherungsvertragsrecht (Urt. v. 7.5.2014, IV ZR 76/11 und Urt. v. 17.12.2014, IV ZR 260/11) auf. Diese Entscheidungen werfen neue Fragen auf und sprengen alle bisher angenommenen Grenzen. Auch wenn man die bisherige Diskussion darüber, ob eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung ihren Ausgangspunkt im subjektiven Umsetzungswillen des nationalen Gesetzgebers haben muss, für verengt hält, gilt es nunmehr klarzustellen: Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung darf nicht mit den Folgen des Anwendungsvorrangs von Richtlinien in den Konstellationen, in denen Richtlinien ausnahmsweise unmittelbar wirken und die Anwendung nationalen Rechts verdrängen, verwechselt werden. Wenn dieser Mechanismus nicht greift, bleiben die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung zu beachten. Diese Fragen stellen sich, wenn sich der BGH über einen explizit entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, wenn er gesetzliche Lücken ex tunc annimmt, wo diese durch den Gesetzgeber ex nunc geschlossen wurden und wenn er eine nationale Gesetzesnorm per Rechtsfortbildung derogiert, d. h. ihren Anwendungsbereich auf Null reduziert. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Rechtsfortbildung sind letztlich in einer Gesamtabwägung zu ziehen, die auch materielle Kriterien berücksichtigen kann. Danach können einerseits grundrechtliche Schutzpflichten für eine Rechtsfortbildung streiten, andererseits aber auch subjektiver Vertrauensschutz und objektive Rechtssicherheit zusätzliche Argumente gegen eine rückwirkende Reduktion von Normen darstellen.