PRIVATE GESETZGEBUNGSHELFER – GESETZGEBUNGSOUTSOURCING ALS PRIVATISIERTES REGULIERUNGSMANAGEMENT IN DER KANZLEIENDEMOKRATIE
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PRIVATE GESETZGEBUNGSHELFER – GESETZGEBUNGSOUTSOURCING ALS PRIVATISIERTES REGULIERUNGSMANAGEMENT IN DER KANZLEIENDEMOKRATIE
Der Staat, Vol. 51 (2012), Iss. 3 : pp. 387–415
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Prof. Dr. Klaus Meßerschmidt, Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, c/o Prof. Dr. Michael Kloepfer, Hausvogteiplatz 5–7, 10099 Berlin/Hynspergstraße 29, 60322 Frankfurt a. M..
Cited By
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Conceptions and Misconceptions of Legislation
Special Interest Legislation and Legislative Capture
Meßerschmidt, Klaus
2019
https://doi.org/10.1007/978-3-030-12068-9_10 [Citations: 7] -
Comparative Multidisciplinary Perspectives on Omnibus Legislation
Omnibus Legislation in Germany: A Widespread Yet Understudied Lawmaking Practice
Meßerschmidt, Klaus
2021
https://doi.org/10.1007/978-3-030-72748-2_6 [Citations: 1]
Abstract
Die Einschaltung von Rechtsanwaltskanzleien in die Erarbeitung von Gesetzentwürfen anstelle oder in Ergänzung der traditionell mit der Gesetzgebungsarbeit befassten Ministerialbürokratie nimmt Züge eines Gesetzgebungsoutsourcings an. Dieser Vorgang ist nicht nur politisch umstritten, sondern stellt auch das klassische Demokratie- und Staatsverständnis, wie es dem Grundgesetz zugrunde liegt, in Frage. In dem Beitrag werden verfassungsrechtliche Kriterien für zulässige private Gesetzgebungshilfen unter Berücksichtigung politikwissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt. Die weitgehende Einschaltung Privater in die Vorbereitung staatlicher Gesetzgebung verstößt zwar nicht gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG, sprengt aber den Rahmen sachverständiger Beratung der Politik, trägt zu einer Erosion institutionellen Wissens des Staates bei und bildet ein Einfallstor für Interessenteneinflüsse, soweit Kanzleien nicht ausschließlich staatlichen Auftraggebern zuarbeiten. Die mögliche faktische Vorausbindung durch Gesetzesvorbereitung trägt zu einer weiteren Entparlamentarisierung der Gesetzgebung bei, die sich nicht auf die Approbation externer Entscheidungen beschränken darf. Aufgrund ihrer Entstehensbedingungen werden Anwaltsentwürfe dem Charakter der Gesetzgebung als pluralistischer Aushandlungsprozess und deren politischen Kompromisscharakter kaum gerecht. Je nach Umständen des Einzelfalls können auch Verstöße gegen das Ressortprinzip des Art. 65 Satz 2 GG und gegen haushaltsrechtliche Vergabegrundsätze vorliegen. Die verfassungsrechtliche Antwort auf die Risiken des “Gesetzgebungsoutsourcings“ kann allerdings nicht in einem Totalverbot bestehen, sondern mündet in die Forderung, durch Beachtung des Transparenzgebots die Integrität des demokratischen Entscheidungsprozesses zu wahren und einem Abgleiten in die postdemokratische Konstellation einer “Kanzleiendemokratie“ vorzubeugen.