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Dietz, A. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Traditionspflege der Bundeswehr. Der Staat, 57(2), 195-226. https://doi.org/10.3790/staa.57.2.195
Dietz, Andreas "Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Traditionspflege der Bundeswehr" Der Staat 57.2, , 195-226. https://doi.org/10.3790/staa.57.2.195
Dietz, Andreas: Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Traditionspflege der Bundeswehr, in: Der Staat, vol. 57, iss. 2, 195-226, [online] https://doi.org/10.3790/staa.57.2.195

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Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Traditionspflege der Bundeswehr

Dietz, Andreas

Der Staat, Vol. 57 (2018), Iss. 2 : pp. 195–226

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Apl. Prof. Dr. Andreas Dietz, Bayrisches Verwaltungsgericht Augsburg, Kornhausgas se 4, 86152 Augsburg

Abstract

Die Bundeswehr ist als Armee auf eine Traditionspflege angewiesen. Allerdings unterliegt sie darin verfassungsrechtlichen Vorgaben, die sich aus ihrer besonderen Stellung im Vergleich zu Vorläuferarmeen ergeben. Daher darf sie sich nur in diesem Rahmen an historischen Vorläufern orientieren.

Institutionell kann die Bundeswehr an keine ihrer Vorläuferarmeen anschließen, die in ganz anderen Staatsformen existierten und einer weit geringeren parlamentarischen Kontrolle und rechtlichen Bindung unterlagen als die Bundeswehr als “Parlamentsarmee“ nach Art. 87a GG: Weder die Armee des Kaiserreichs, noch die Reichswehr der Weimarer Republik, gar die Wehrmacht des “Dritten Reichs“ oder die Nationale Volksarmee der DDR sind deswegen als Organisation vorbildgebend.

Strategisch, operativ und taktisch kann sie in begrenztem Umfang an historische Vorbilder anknüpfen, soweit ihre Vorläuferarmeen nicht einen der Bundeswehr nach Art. 26 GG verbotenen Angriffskrieg führten: So war die Kriegsführung der Wehrmacht gegen Polen 1939 und erst recht gegen die Sowjetunion 1941 ein mit genozidalen politischen Zielen geführter Angriffskrieg. Einzelne militärische Aktionen z.B. der Wehrmacht könnten allenfalls losgelöst vom politischen Charakter der Kriegsführung als vorbildlich betrachtet werden. Nach Clausewitz' Dogma der politischen Zielsetzung jeder Kriegsführung aber muss diese in die Betrachtung einbezogen werden und mindert den Vorbildwert im Einzelfall erheblich.

Individuell kann die Bundeswehr – auch bei der Benennung von Kasernen – an einzelne Soldaten ihrer Vorläuferarmeen nur anknüpfen, soweit deren Verhalten erstens soldatisch vorbildgebend war, z.B. durch ethisch herausragende Ritterlichkeit gegenüber dem Gegner oder Unbeteiligten. Zweitens darf der Soldat nicht aktiver Parteigänger bzw. Propagandist des damaligen Staats gewesen sein. Drittens darf sich die Person keiner vorwerfbaren Verstöße gegen das Kriegs- bzw. Völkerrecht schuldig gemacht haben. Viertens muss sich die Person, sollte sie die Bundesrepublik noch erlebt haben, von der früheren Staatsform ausdrücklich distanziert und zur heutigen Staatsform bekannt haben.

Letztlich ist die Bundeswehr darauf angewiesen, mit der geplanten Neufassung des Traditionserlasses eine Traditionspflege mit Augenmaß und vor allem eigene Traditionslinien aus ihrer sechzigjährigen Geschichte zu entwickeln. Die Grundlage bietet nun der Traditionserlass 2018.