Solidarität und soziales Schutzprinzip in der gesetzlichen Unfallversicherung
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Solidarität und soziales Schutzprinzip in der gesetzlichen Unfallversicherung
Die Anwendbarkeit des Europarechts auf mitgliedstaatliche Systeme der sozialen Sicherung am Beispiel der Berufsgenossenschaften
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 267
(2008)
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Abstract
Die gesetzliche Unfallversicherung gehört zu den traditionellen Zweigen der deutschen Sozialversicherung und begegnet zugleich immer wieder Kritik wegen ihres Charakters als Zwangsversicherung. Seit einem Urteil des EuGH zur italienischen Unfallversicherung wird gleichwohl zumeist davon ausgegangen, auch die deutsche Unfallversicherung sei "europarechtsfest", da sie kein Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts sei. Die Autorin zeichnet die Kriterien nach, die an ein System sozialer Sicherung gelegt werden müssen, damit es Sozialversicherung im verfassungsrechtlichen Sinne ist. Am Beispiel der gesetzlichen Unfallversicherung geht es dabei um eine Schärfung der Begriffe, insbesondere derjenigen der Solidarität und des sozialen Ausgleichs. Der Begriff der Solidarität ist auch für soziale Sicherungssysteme im europäischen Wettbewerbsrecht ein entscheidender, wenn es um die Unternehmenseigenschaft eines solchen Systems geht. Die deutsche gesetzliche Unfallversicherung wird man als Unternehmen einordnen müssen, jedoch kann sie sich auf eine Ausnahme vom Wettbewerbsrecht berufen und ist auch nur teilweise an der Dienstleistungsfreiheit zu messen.Die Arbeit wurde mit dem Ehrhardt-Imelmann-Preis der Universität zu Köln 2007 ausgezeichnet.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einleitung und Gang der Untersuchung | 17 | ||
1. Teil: rDas System der gesetzlichen Unfallversicherung | 20 | ||
I. Geschichtliche Entwicklung | 20 | ||
1. Historische Grundlagen | 20 | ||
2. System des ersten Unfallversicherungsgesetzes | 22 | ||
3. Neuerungen und Konstanten | 23 | ||
a) Personelle Ebene | 24 | ||
b) Sachliche Ebene | 24 | ||
c) Leistungsebene | 25 | ||
d) Träger | 27 | ||
II. Die gesetzliche Unfallversicherung als Zweig der Sozialversicherung | 28 | ||
1. (Sozial-)Versicherung | 29 | ||
a) Begriff der Versicherung | 29 | ||
aa) Versicherungsvertragsrecht und Wirtschaftswissenschaften | 30 | ||
bb) Sozialversicherungsrecht | 32 | ||
b) Begriff der Sozialversicherung im verfassungsrechtlichen Kontext | 33 | ||
c) Versicherung als Prinzip | 34 | ||
2. Sozialer Ausgleich | 35 | ||
a) Prinzip des sozialen Schutzes | 36 | ||
b) Prinzip des sozialen Ausgleichs in der Abgrenzung zum Risikoausgleich | 40 | ||
aa) Das Adjektiv „sozial“ | 42 | ||
bb) Das Adjektiv „solidarisch“ | 43 | ||
cc) Sozialer Ausgleich als Ausgleich sozialer Risiken | 44 | ||
dd) Mittel des sozialen Ausgleichs | 47 | ||
c) Praktische Umsetzung in der Sozialversicherung | 48 | ||
3. Sozialversicherung als Konstrukt eigener Art | 49 | ||
4. Typisches und Abweichendes in der gesetzlichen Unfallversicherung | 50 | ||
a) Versicherung | 51 | ||
aa) Versicherungstechnik in der Unfallversicherung | 51 | ||
bb) Äquivalenz in der Finanzierung | 53 | ||
cc) Versichertes Risiko | 55 | ||
b) Soziales Schutzprinzip und Haftungsersetzung | 58 | ||
aa) Haftungsersetzung als Begründung der Beitragspflicht | 59 | ||
(1) Qualifizierung des Beitrags | 59 | ||
(2) Schutz des Betriebsfriedens | 60 | ||
(3) Ausschluss aller Ersatzansprüche | 61 | ||
bb) Hypothetische Haftung des Unternehmers als Wertentscheidung | 64 | ||
c) Sozialer Ausgleich | 65 | ||
aa) Sozialer Ausgleich auf der Beitragsebene | 66 | ||
(1) Anknüpfung an das Arbeitsentgelt | 69 | ||
(2) Anknüpfung an Tarifstellen und Gefahrklassen | 71 | ||
(3) Festlegung des Beobachtungszeitraums | 74 | ||
(4) Versicherung der Wie-Beschäftigten | 75 | ||
(5) Wegeunfälle | 76 | ||
(6) Zwischenergebnis | 79 | ||
bb) Sozialer Ausgleich auf der Leistungsebene | 80 | ||
(1) Mindest- und Höchstrenten | 81 | ||
(2) Leistungen an Hinterbliebene | 83 | ||
(3) Funktion der Rente | 86 | ||
(4) Versicherungsschutz unabhängig von der Beitragszahlung | 87 | ||
(5) Leistung unabhängig vom Verschulden | 88 | ||
(6) Versicherung der Wie-Beschäftigten | 89 | ||
(7) Wegeunfälle | 91 | ||
(8) Zwischenergebnis | 91 | ||
cc) Sozialer Ausgleich durch das Lastenausgleichsverfahren | 92 | ||
dd) Ergebnis | 97 | ||
d) Versicherungsverhältnis und Mitgliedschaft | 98 | ||
e) Präventionsauftrag | 100 | ||
aa) Historische Entwicklung | 102 | ||
bb) Rechtsgrundlage und Verfassungsmäßigkeit | 103 | ||
cc) Bedeutung innerhalb des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung | 107 | ||
f) Grundsatz der Wirtschaftlichkeit | 108 | ||
III. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung als Zwangsversicherung | 112 | ||
1. Typisches und Abweichendes in der gesetzlichen Unfallversicherung | 112 | ||
a) Art und Weise der organisatorischen Bewältigung | 113 | ||
b) Versicherung und sozialer Ausgleich | 114 | ||
c) Extensive Inanspruchnahme der Kompetenz | 115 | ||
2. Wahrung von Grundrechten | 116 | ||
a) Negative Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG | 116 | ||
b) Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG | 119 | ||
aa) Berufsfreiheit der beitragspflichtigen Unternehmer | 119 | ||
(1) Schutzbereich: Beruf und berufsspezifische Handlungen | 119 | ||
(2) Eingriff: Berufsregelnde Tendenz | 120 | ||
(3) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung | 121 | ||
(a) Unfallverhütungsvorschriften | 121 | ||
(b) Beitragspflicht | 122 | ||
(4) Zwischenergebnis | 128 | ||
bb) Berufsfreiheit privater Versicherungsunternehmer | 128 | ||
c) Allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG | 130 | ||
d) Allgemeiner Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG | 131 | ||
3. Ergebnis | 132 | ||
IV. Zusammenfassung 1. Teil | 133 | ||
2. Teil: rEuroparechtliche Zulässigkeit des deutschen Systems | 135 | ||
I. Wettbewerbsrecht | 137 | ||
1. Die Bedeutung des Wettbewerbsrechts in der Europäischen Union | 137 | ||
2. System der Wettbewerbsregeln in §§ 81 ff. EG | 138 | ||
3. Anwendbarkeit auf nationale Systeme der sozialen Sicherheit | 139 | ||
4. Der Begriff des Unternehmens | 141 | ||
a) Funktionaler und relativer Unternehmensbegriff | 141 | ||
b) Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH im Bereich der Sozialversicherung | 143 | ||
aa) Rechtssache Höfner und Elser | 143 | ||
bb) Rechtssachen Poucet und Pistre | 143 | ||
cc) Rechtssache Fédération française des sociétés d’assurance /CCMSA | 145 | ||
dd) Rechtssache Brentjens’ Handelsonderneming BV u. a. | 146 | ||
ee) Rechtssache Pavlov | 148 | ||
ff) Rechtssache Cisal / INAIL | 149 | ||
gg) Rechtssachen AOK-Bundesverband und FENIN | 155 | ||
5. Die gesetzliche Unfallversicherung als Unternehmen im Sinne der Art. 81 ff. EG | 159 | ||
a) Einzelne Funktionen der gesetzlichen Unfallversicherung | 159 | ||
aa) „Haftpflichtversicherung“ der Unternehmer | 160 | ||
bb) Versicherung der Beschäftigten gegen das Risiko Arbeitsunfall und Berufskrankheit | 163 | ||
cc) Nachfragetätigkeit für die Leistungserbringung | 164 | ||
dd) Unfallverhütung | 166 | ||
b) Kriterien des EuGH für die Unternehmenseigenschaft einer gesetzlichen Unfallversicherung | 168 | ||
aa) Bezugnahme durch das Bundessozialgericht | 168 | ||
(1) Automatische Leistungsgewährung | 172 | ||
(2) Umverteilende Wirkung durch eingeschränkte Proportionalität von Beitrag und Leistung | 172 | ||
(3) Lastenausgleichsverfahren | 175 | ||
(4) Bewertung | 179 | ||
bb) Herkömmlichkeit, Sozialer Zweck und staatliche Aufsicht | 182 | ||
cc) Solidarausgleich | 186 | ||
c) Kriterium der Finanzierung | 191 | ||
d) Kriterium der Substituierbarkeit | 193 | ||
aa) Pflicht zum Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung | 194 | ||
bb) Pflicht zum Abschluss einer privaten Unfall- und Krankenversicherung auf fremde Rechnung | 195 | ||
(1) Zu versichernde Risiken | 196 | ||
(2) Zu gewährende Leistungen | 196 | ||
(3) Sonstige Aufgaben | 201 | ||
(4) Bewertung | 202 | ||
e) Zwischenergebnis: Unternehmenseigenschaft der gesetzlichen Unfallversicherung | 205 | ||
aa) Als Versicherer | 205 | ||
bb) Als Nachfrager | 205 | ||
6. Möglicher Verstoß gegen Art. 81, 82 EG | 208 | ||
7. Ausnahme gemäß Art. 86 Abs. 2 EG | 211 | ||
a) Die Haltung der Literatur im Hinblick auf Systeme der sozialen Sicherung | 213 | ||
b) Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse | 217 | ||
aa) Dienstleistung | 217 | ||
bb) Allgemeines wirtschaftliches Interesse | 218 | ||
cc) Betrauung | 221 | ||
c) Verhinderungsmaßstab und verhältnismäßige Handelsbeeinträchtigung | 222 | ||
aa) Verhinderung der besonderen Aufgabe | 222 | ||
(1) Beschreibung der besonderen Aufgabe der Berufsgenossenschaften | 222 | ||
(2) Verhinderung der Aufgabenerfüllung | 225 | ||
bb) Beeinträchtigung der Entwicklung des Handelsverkehrs | 230 | ||
d) Zwischenergebnis | 232 | ||
8. Ergebnis | 232 | ||
II. Dienstleistungsfreiheit | 234 | ||
1. Bedeutung der Art. 49 ff. EG im Kontext der Grundfreiheiten | 234 | ||
2. Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch die Zwangsversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung | 235 | ||
a) Beschränkende Maßnahme | 235 | ||
b) Bereichsausnahme für Sozialversicherungen? | 237 | ||
c) Ausnahme gemäß Art. 86 Abs. 2 EG | 239 | ||
d) Zwischenergebnis | 240 | ||
3. Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch den Präventionsauftrag | 241 | ||
4. Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das Leistungserbringungsrecht | 241 | ||
a) Die Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit in der Leistungserbringung | 242 | ||
b) Spannungsverhältnis zwischen mitgliedstaatlicher Primärzuständigkeit und Bindung an das Gemeinschaftsrecht | 243 | ||
c) Beschränkende Maßnahme im Unfallversicherungsrecht | 245 | ||
d) Keine Ausnahme gemäß Art. 86 Abs. 2 EG | 247 | ||
e) Anforderungen an eine beschränkende Maßnahme | 248 | ||
f) Zwischenergebnis | 249 | ||
5. Ergebnis | 249 | ||
III. Zusammenfassung 2. Teil | 250 | ||
3. Teil: rEinfluss des Europäischen Sozialrechts | 252 | ||
I. Bisherige Entwicklung des Gemeinschaftsrechts | 253 | ||
1. Der Ausgangspunkt der Europäischen Union als Wirtschaftsgemeinschaft | 253 | ||
2. Kompetenzen der Gemeinschaft | 254 | ||
a) Sozialpolitik gemäß Art. 136 ff. EG | 254 | ||
b) Koordinierungskompetenz aus den Vorschriften über die Grundfreiheiten | 255 | ||
3. Entwicklung des Europäischen Sozialrechts durch den Europäischen Gerichtshoft | 257 | ||
II. Zukunft des Europäischen Sozialrechts | 258 | ||
1. Konvergenz als Kompromiss für gemeinsame Sozialpolitik | 258 | ||
2. Lissabon-Strategie und Offene Methode der Koordinierung | 259 | ||
3. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa | 262 | ||
4. Soziale Wertegemeinschaft EU? | 265 | ||
4. Teil: rGesamtergebnis | 266 | ||
Literaturverzeichnis | 275 | ||
Sachverzeichnis | 283 |