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Börgers, N. (2008). Studien zum Gefahrurteil im Strafrecht. Ein Abschied vom objektiven Dritten. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52738-0
Börgers, Niclas. Studien zum Gefahrurteil im Strafrecht: Ein Abschied vom objektiven Dritten. Duncker & Humblot, 2008. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52738-0
Börgers, N (2008): Studien zum Gefahrurteil im Strafrecht: Ein Abschied vom objektiven Dritten, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52738-0

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Studien zum Gefahrurteil im Strafrecht

Ein Abschied vom objektiven Dritten

Börgers, Niclas

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 201

(2008)

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Abstract

Der objektive Tatbestand eines Erfolgsdeliktes ist nur dann verwirklicht, wenn der Täter durch sein Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr des Eintritts eines tatbestandlichen Erfolges geschaffen und sich diese Gefahr im Erfolg realisiert hat. Spiegelbildlich dazu kann das Unrecht einer Tatbestandsverwirklichung nach Notwehr- oder Notstandsregeln ausgeschlossen sein, weil er zugleich die einem anderen Rechtsgut drohende Gefahr abgewendet hat. Der Verfasser stellt sich die Frage, auf welcher Tatsachengrundlage das Vorliegen solcher Gefahren zu ermitteln ist.

Für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes soll es der herrschenden Meinung zufolge darauf ankommen, dass die Handlung des Täters nach dem einem gedachten objektiven Dritten erkennbaren Sachverhalt (objektiv ex ante) gefährlich ist. Im Rahmen der Rechtfertigung wird überwiegend darauf abgestellt, ob in Wirklichkeit (objektiv ex post) eine Gefahr für ein Rechtsgut bestand. Dem Urteil des objektiven Dritten wird hier nur im Bereich der hoheitlichen Gefahrenabwehr sowie in einigen Sonderfällen, insbesondere bei so genannten Scheinangriffen Bedeutung beigemessen. Der Autor unterzieht diese herrschende Meinung einer grundlegenden Kritik, deren zentrales Anliegen im Untertitel zum Ausdruck kommt. Es geht ihm um den Nachweis, dass die Probleme des strafrechtlichen Gefahrbegriffs besser und einfacher ohne Rückgriff auf das Wissen des objektiven Dritten zu lösen sind.

Die Arbeit wurde mit dem Preis der Goethe-Buchhandlung für die "Beste Dissertation des Jahres 2007 der Juristischen Fakultät" der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ausgezeichnet.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 14
Einleitung 19
Kapitel 1: Allgemeine Diskussion des Risikobegriffs 27
A. Darstellung und Analyse der objektiven ex ante-Betrachtung 27
I. Das Gefahrurteil im Deliktsaufbau der herrschenden Meinung 28
1. Die Verhaltensgefährlichkeit als Differenzurteil 29
2. Verhaltensgefährlichkeit als Merkmal des Erfolgsdeliktstatbestandes 32
a) Die Sachverhaltsbasis des ex ante-Urteils im objektiven Tatbestand 34
aa) Irrtümer der Maßstabsperson: Korrekturen bei Risikobegriff oder Erfolgszurechnung 38
bb) Der Einfluss des Sonderwissens 41
cc) Die dogmatische Verortung der Sonderfähigkeiten 43
b) Der Gefährdungsvorsatz 44
c) Individuelle Gefährdungserkennbarkeit als Merkmal der Fahrlässigkeitsschuld 45
3. Die Eignung zur Gefahrabwendung als Verhaltensmerkmal des Rechtfertigungstatbestandes 46
a) Die Sachverhaltsbasis des ex ante-Urteils im objektiven Rechtfertigungstatbestand 46
b) Der Vorsatz hinsichtlich der Ungeeignetheit zur Gefahrabwendung analog § 16 I 1 48
c) Individuelle Erkennbarkeit der Ungeeignetheit zur Gefahrabwendung als Fahrlässigkeitsschuldmerkmal 49
II. Analyse und Folgerungen 50
1. Objektive ex ante-Betrachtung als objektive Erkennbarkeit 50
a) Friktionen bei ausschließlicher ex post-Korrektur der Risikorealisierung 51
b) Erkennbarkeit des tatbestandsmäßigen Verhaltens 52
c) Erkennbarkeit des Fehlens rechtfertigender Umstände 53
2. Fehlender Einfluss auf die Strafbarkeit 54
3. Die Abhängigkeit der objektiven ex ante- von einer vorherigen ex post-Gefahrbeurteilung 55
B. Das objektive ex post-Gefahrurteil 56
I. Das Verwertungsverbot für später eingetretene Tatsachen 57
1. Der Trugschluss von der Verletzung auf die Verhaltensgefährlichkeit 60
2. Die Zeitlosigkeit des Gefährdungserfolges als Voraussetzung seiner Bestimmung anhand einer späteren Verletzung 62
3. Zur beschränkten Transformierbarkeit von nachträglich eingetretenen Tatsachen in einen Erfahrungssatz 63
II. Die Irrelevanz der als determiniert angesehenen Kausalverläufe 65
1. Das Verhältnis von Notwendigkeits- und Gefahrurteil 66
2. Die praktische Unmöglichkeit der Formulierung strikter Erfahrungssätze und ihre Konsequenzen 68
III. Formalitäten 69
1. Einbeziehung sicherer zukünftiger Tatsachen in die ontologische Urteilsbasis? 70
2. Unterscheidung zwischen Naturgesetzen und Erfahrungssätzen mit beschränkter zeitlicher Gültigkeit? 71
IV. Zusammenfassung 72
C. Die Problematik einer objektiven ex ante-Prüfung von Tatbestands- und Rechtfertigungsmerkmalen 73
I. Unbestimmtheit des Wissens eines künstlichen Beobachters 74
II. Verwirrungen zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven 76
1. Der Systembruch 76
2. Die formale Ordnungsfunktion der Trennung zwischen objektiv und subjektiv als Diskussionsgrundlage 78
3. Wertungswidersprüche als Konsequenz der perspektivischen objektiven ex ante-Prüfung: Notwehr gegen Notwehr 81
4. Inhaltliche Funktion des objektiven Unrechtstatbestandes: Kennzeichnung notrechtsauslösenden Verhaltens 83
D. Ein Konkurrenzmodell zur objektiven ex ante-Gefahrbeurteilung 85
I. Die objektive ex post-Feststellung der Verhaltensgefährlichkeit im Erfolgsdelikts- und Rechtfertigungstatbestand 86
II. Ex ante-Prüfung im subjektiven (Unrechts-)Tatbestand des vollendeten Delikts 87
1. Der Vorsatz 87
2. Die Fahrlässigkeit 88
E. Einwände gegen das Konkurrenzmodell? 90
I. Maßgeblichkeit des Verhaltensnormverstoßes für die objektive oder subjektive ex ante-Betrachtung im (Unrechts-)Tatbestand? 91
II. Rechtsfolgenkontrolle 98
1. Maßregeln und Vollrauschtatbestand 98
a) Retrograder Relevanzzusammenhang: Keine Bestrafung wegen Schuldunfähigkeit 100
b) Anterograder Relevanzzusammenhang: Erwartung rechtswidriger Taten infolge der Schuldunfähigkeit 101
c) Konsequenz: Untauglichkeit von Vollrauschtatbestand und Maßregelrecht zur Rechtsfolgenkontrolle 102
2. Notstands- und Notwehrprobe 102
a) Aggressiv- und Defensivnotstand 103
b) Notwehr 106
c) Rechtsfolgenkontrolle am Beispiel 109
3. Ingerenz 111
III. Zusammenfassung 114
F. Beispielhafte Absicherung des doppelfunktionalen Gebotes der Trennung von objektiven und subjektiven Unrechtsmerkmalen 116
I. Möglichkeiten einer scharfen Trennung 117
1. Die Auslegung der gesetzlichen Tatbestände 117
2. Die systematisierende Funktion des Koinzidenzprinzips 118
a) dolus antecedens 120
b) dolus subsequens 121
3. Unvollkommen zweiaktige Rechtfertigungsgründe? 123
a) Festnahmerecht, § 127 I StPO 124
b) Recht zur Privatkopie, § 53 I 1 UrhG 126
II. Konturen insbesondere des riskanten menschlichen Verhaltens 126
1. Der rechtswidrige Angriff gemäß § 32 II als Ausgangspunkt einer Beschreibung des riskanten Verhaltens 127
2. Objektive und subjektive Seite des Verhaltens 133
Kapitel 2: Der Risikobegriff im Kontext staatlicher Gefahrenabwehr 135
A. Zur Notwendigkeit der objektiven ex ante-Betrachtung bei hoheitlichen Eingriffen 137
B. Behördenkenntnis als Wissen eines sachkundigen Amtswalters 141
C. Die Einheit von Gegenstand und Kontext als Voraussetzung der Übertragung von rechtlichen Wertungsmaximen 143
I. Kontexttrennung am Beispiel der Notrechtsvorbehalte 144
II. Behördliche Eingriffsbefugnis und abgeleitete Rechtfertigung des Amtsträgers als Kontextüberschneidung 148
D. Ex ante-Prüfung der objektiven Rechtfertigung ohne Widerspruch zur inhaltlichen Funktion des objektiven Unrechtstatbestandes 151
Kapitel 3: Riskante Äußerungen 153
A. Ex ante-Prüfung einzelner Notrechtsmerkmale zur Verlagerung des Irrtumsrisikos auf seinen Verursacher 153
I. Zur Diskussion des Scheinwaffenproblems und vergleichbarer Konstellationen 154
II. Analyse der Alternativmodelle zum ex post-Urteil 157
III. Ungereimtheiten und Begründungsdefizite 160
B. Beschränkung der zivilen Notrechte auf den erforderlichen Schutz primärer Rechtsgüter 163
I. DieWillensfreiheit: Rechtsgut oder (notrechtsunfähige) Freiwilligkeit der Verfügung über ein Rechtsgut? 163
II. Der Ausschluss von sekundären Rechtsgütern 171
III. Zwischenergebnis 176
C. Einwilligungsfiktion bei fahrlässiger Täuschung über ein Risiko 177
I. Die Maxime „venire contra factum proprium nulli conceditur“ im zivilrechtlichen Kontext 178
II. Venire contra factum proprium im Strafrecht 181
III. Einwilligung? 186
IV. Einwilligungsfiktion aufgrund Willenserklärung 190
1. Einwilligungsfiktion als dogmatische Option 190
2. Der innere Tatbestand als Kernproblem der Willenserklärung im Straf- und Zivilrecht 194
3. Praktische Konkordanz zwischen den Prinzipien Verkehrsschutz und Selbstbestimmung 198
4. Zwischenergebnis 202
V. Ausdehnung der Einwilligungsfiktion auf die riskanten Äußerungen 203
1. Einwilligungsfiktion nach Maßgabe der Notrechte 204
2. Einwilligungsfiktion auch bei schwerer oder lebensgefährlicher Körperverletzung? 207
a) Erste Konkretisierung der noch sittengemäßen Höchstgefährdung der körperlichen Unversehrtheit 208
b) Erweiterung durch den Vertrauensgrundsatz 211
c) Verankerung des Vertrauensgrundsatzes im Konzept der Sittenwidrigkeit 213
3. Irrtumserregung durch Täuschung im Kontext von Betrug (§ 263 I StGB) und riskanten Äußerungen 216
a) Die notwendige Einwirkung auf das Vorstellungsbild 217
b) Objektive Eignung zur Irrtumserregung? 218
c) Die Grundstruktur der normativen Irrtumszurechnung 224
aa) Zur Notwendigkeit einer Normativierung des Täuschungsbegriffs 225
bb) Die strukturelle Vereinheitlichung der Erfolgs- und Irrtumszurechnung 227
cc) Täuschung als Verletzung einer (un-)bedingten Wahrheitspflicht 230
dd) Der Zurechnungszusammenhang 234
D. Schlussbetrachtung 236
Ergebnisse 239
I. Objektive ex post- und subjektive ex ante-Gefahrurteile 239
II. Formelle und inhaltliche Komponente der Trennung zwischen objektiven und subjektiven Unrechtsmerkmalen 240
III. Der Risikobegriff im Kontext staatlicher Gefahrenabwehr 243
IV. Riskante Äußerungen 244
Literaturverzeichnis 250
Sachwortverzeichnis 277