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Feindstrafrecht - Eine kritische Analyse

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Morguet, G. (2009). Feindstrafrecht - Eine kritische Analyse. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52795-3
Morguet, Geraldine Louisa. Feindstrafrecht - Eine kritische Analyse. Duncker & Humblot, 2009. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52795-3
Morguet, G (2009): Feindstrafrecht - Eine kritische Analyse, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52795-3

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Feindstrafrecht - Eine kritische Analyse

Morguet, Geraldine Louisa

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 204

(2009)

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Abstract

Der auf Günther Jakobs zurückgehende Begriff des Feindstrafrechts hat in den letzten Jahren zunehmend an Aktualität gewonnen und ist aus der Debatte um die Gewichtung von sich widersprechenden Sicherheits- und Freiheitsinteressen im Rahmen laufender Gesetzgebungsverfahren kaum noch wegzudenken, gerade wenn brisante und medienwirksame Bereiche wie die Anti-Terror-Gesetzgebung oder das Sexualstrafrecht betroffen sind.

Geraldine Morguet analysiert zunächst den Begriff des Feindstrafrechts, indem das zugrunde liegende Theorienmodell und die äußeren Merkmale herausgearbeitet werden. In einem zweiten Schritt wird das geltende Strafrecht (auch anhand von Beispielen aus Kriminalpolitik und Rechtsprechung) auf übereinstimmende Eigenschaften untersucht. Dabei belegt nicht zuletzt der anschließende Vergleich mit ausländischen Rechtssetzungsentwicklungen (v. a. Kolumbien, GB), dass sich der Strafgesetzgeber auch zukünftig kaum der Einbeziehung tendenziell "feindstrafrechtlicher" Maßnahmen verwehren wird. Schließlich wird herausgestellt, dass Feindstrafrecht z. T. durchaus zweckerfüllend, also geeignet und erforderlich sein kann, bestimmte Kriminalitätsbereiche effektiv zu bekämpfen. Dagegen richtet sich die nachfolgende Prüfung der Verhältnismäßigkeit selbstverständlich nach den Schranken, die das Grundgesetz dem strafrechtlichen Regelungsinstrumentarium vorgibt. Daraus folgt nicht nur die Unvereinbarkeit des Feindstrafrechts mit grundlegenden Verfassungsprinzipien, sondern auch, dass die Jakobssche Konstruktion, soweit sie über die bei ihm benannten Merkmale hinausgeht, sich nicht mit dem tatsächlich praktizierden Recht deckt. Damit bleibt das Modell eben im Wesentlichen theoretisch, auch wenn es sonst durchaus geeignet ist, die mit der gegenwärtigen Maschinerie von Bekämpfungs- und Sicherheitsgesetzgebung einhergehenden Gefahren eindringlich vor Augen zu führen.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 17
Kapitel 1: Das Feindstrafrecht 20
A. Der Begriff des Feindstrafrechts in der Prägung Jakobs und seiner Schüler 20
I. Die Differenzierung zwischen Bürger- und Feindstrafrecht 20
1. Die Grundlagen des Bürgerstrafrechts 20
a) Der Begriff des Bürgers 21
b) Die freiheitliche Selbstverwaltung des Bürgers 22
c) Der Strafzweck im Bürgerstrafrecht 23
aa) Modifizierung der positiven Generalprävention 25
bb) Die Strafe als zwangsweise Reaktion auf die Tat eines Bürgers 26
2. Die Grundlagen des Feindstrafrechts 28
a) Der Begriff des Feindes 29
aa) Rechtsphilosophische Grundlagen 29
(1) Die Entpersonalisierung des Feindes 31
(2) Distanzierung vom Feindbegriff bei Carl Schmitt 32
bb) Weiterführung der Grundlagen 33
(1) Fehlende kognitive Mindestgarantie 33
(2) Konkretisierung und Fallgruppenbildung 34
b) Die Fremdverwaltung des Feindes 35
c) Der Strafzweck im Feindstrafrecht 35
aa) Die Bemessung der Strafe als Zwangsmittel gegen den Feind 36
bb) Der Unterschied zur Zwangswirkung im Bürgerstrafrecht 37
II. Das Verhältnis von Bürger- und Feindstrafrecht 37
1. Fehlende Verankerung des Rechtsgüterschutzes im Bürgerstrafrecht 38
2. Bürger- und Feindstrafrecht als Idealtypen 39
B. Materielle und prozessuale Inhalte des Feindstrafrechts 40
I. Grenzen und Inhalte des Bürgerstrafrechts 41
1. Tatstrafrecht und Manifestation der Tat 42
2. Proportionalität von Tatbestand und Strafmaß 43
3. Repressivität des Bürgerstrafrechts 45
4. Verfahrensgarantien 45
II. Beschaffenheitsmerkmale des Feindstrafrechts 49
1. Interna berücksichtigende Vorverlagerung der Strafbarkeit 49
2. Fehlende Proportionalität der Strafe zur Tatschuld 54
3. Übergang zur präventiven Bekämpfungsgesetzgebung 55
4. Einschränkung prozessualer Garantien 58
C. Die Abspaltung feindstrafrechtlicher Regelungen vom Bürgerstrafrecht 62
I. Die Verwendungsebenen des Feindstrafrechtsbegriffes bei Jakobs 64
1. Deskriptive und affirmative Ebene bei Jakobs 66
2. Verbleibende Zweifel 70
3. Feindstrafrecht als systemimmanente Kritik an der vorherrschenden Rechtsgutslehre 72
4. Fazit 73
II. Ebenen des Feindstrafrechts bei Lesch und Pawlik 74
1. Das Feindstrafrecht bei Lesch 74
2. Das Feindstrafrecht bei Pawlik 76
III. Feindstrafrecht als Strafrecht im Begründungsmodell von Jakobs 77
1. Die Bezeichnung „Feindstrafrecht“ 77
2. Feindstrafrecht als Recht im Begründungsmodell Jakobs 79
D. Die Rezeption des Feindstrafrechts durch die Rechtswissenschaft 81
I. Erste Reaktionen auf das Feindstrafrecht nach Jakobs 81
II. Vertiefung der kritischen Diskussion durch die Rechtswissenschaft 83
1. Die (straf-)rechtliche Qualität des Feindstrafrechts 84
2. Strafverfahrensrecht 87
3. Materielles Strafrecht 88
4. Verfassungsrecht 89
Kapitel 2: Überprüfung der deskriptiven Ebene bei Jakobs 92
A. Einführung 92
B. Überprüfung der deskriptiven Ebene – Übereinstimmungen des Feindstrafrechts mit der Entwicklung der Strafgesetzgebung 93
I. Feindstrafrechtliche Vorverlagerungen im materiellen Recht 94
1. Vorverlagerungen im Rahmen der Wirtschaftsdelikte 94
2. Vorverlagerungen im Betäubungsmittelstrafrecht 95
3. Vorverlagerungen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität 96
4. Vorverlagerungen im Rahmen von Sexualdelinquenz 97
5. Vorverlagerungen zur Bekämpfung des Terrorismus 98
II. Fehlende Proportionalität von Strafe und Tatschuld 100
1. Unverhältnismäßige Strafschärfungen im Wirtschaftsstrafrecht 100
2. Feindstrafrechtliche Strafschärfungen in Form der Vermögensstrafe und des erweiterten Verfalls 102
3. Sonstige zur Tatschuld unproportionale Strafschärfungen 103
III. Der Erlass von Bekämpfungsgesetzen 104
1. Gesetzgeberisches Bekämpfungsvokabular 105
2. Gesetzesgeberische Bekämpfungsbegründungen 106
3. Gesetzgeberische Bekämpfungsrechtsentwicklung am Beispiel der Sicherungsverwahrung 109
IV. Einschränkung prozessualer Garantien 110
1. Prozessuale Einschränkungen mit Bezug zur Betäubungsmittel- und Organisierten Kriminalität 111
2. „Feindstrafrechtlicher Zwang“ im Rahmen der Sexualdelinquenz 112
3. Prozessuale Einschränkungen mit Bezug zur Terrorismusbekämpfung 114
4. Weitere prozessuale Einschränkungen 117
5. Prozessuale Vorverlagerungen aufgrund materieller Vorfeldkriminalisierung 119
V. Tatsächliche Kommunikation von Feindbildern als Merkmal des Feindstrafrechts 121
1. Überprüfung der gesellschaftlichen Kommunikation über den „Feind“ in den von Jakobs benannten Täterbereichen 122
2. Überprüfung der deskriptiven Adressatenkorrektheit feindstrafrechtlicher Regelungen 125
3. Konsequenz: Deskriptive Untauglichkeit des Feindstrafrechts? 129
a) Tauglichkeit des Kriteriums des physischen Zwangs zur Adressatendifferenzierung im Prozessrecht 130
b) Erforderliche Konkretisierung des prozessualen Feindstrafrechts im Theorienmodell von Jakobs 133
VI. Ergebnis der Überprüfung der deskriptiven Ebene 136
C. Übereinstimmungen des Feindstrafrechts mit der Entwicklung in Kriminalpolitik und Rechtsprechung 137
I. Feindstrafrechtliche Tendenzen in der Kriminalpolitik 137
1. Präventivhaft, Filterprogramme gegen Bombenbauanleitungen und weitere Vorschläge zur Bekämpfung des Terrorismus 138
2. Erweiterung der Aufzeichnung und Übermittlung biometrischer Daten 141
3. Folter und deren Androhung 142
a) Exkurs: Die Folterdebatte in den USA 144
b) Die Folterlegitimierung nach Dershowitz in Parallele zum Feindstrafrecht nach Jakobs 147
4. Der Abschuss „fliegender Bomben“ 148
5. Fazit 150
II. Feindstrafrechtliche Tendenzen in der deutschen Rechtsprechung 151
1. Zum Feindstrafrecht divergierende beziehungsweise legislatives Feindstrafrecht abschwächende Rechtsprechung 152
a) Der Fall Motassadeq 152
b) Der „Große Lauschangriff“ 155
c) Die Vermögensstrafe 157
2. Tendenz offen gelassen 158
a) Das Urteil im Fall Daschner 159
b) Die Nichtigkeitsbegründung des § 14 Abs. 3 LuftSiG 161
3. Tendenziell feindstrafrechtliche Rechtsprechung 164
a) Die Auslegung des Begriffs „Handeltreiben“ im Betäubungsmittel-, Kriegswaffenkontroll- und Waffengesetz 164
b) Die Rechtsprechung zum „agent provocateur“ 167
c) Die Vernehmung von V-Leuten insbesondere in Fällen der Organisierten Kriminalität 169
d) Der Vernehmungsrichter als Zeuge vom Hörensagen insbesondere in Fällen von Sexualdelinquenz und Organisierter Kriminalität 171
4. Fazit 173
D. Exkurs: Feindstrafrecht in ausländischen Strafrechtsordnungen 175
I. Feindstrafrecht in Kolumbien nach Aponte 180
1. Staatliche Problemlage als Nährboden des Feindstrafrechts 180
2. Das Statut zur Verteidigung der Justiz als kolumbianisches Feindstrafrecht 181
II. Feindstrafrecht in Großbritannien 183
1. Die britischen Anti-Terror-Gesetze 185
2. Jakobs Feindstrafrecht und Garlands Culture of Control 187
III. Fazit 189
E. Ausblick: Zukünftiges Feindstrafrecht – Die prognostische Ebene bei Jakobs 189
Kapitel 3: Zweck- und Verhältnismäßigkeit des Feindstrafrechts 196
A. Einführung 196
B. Die Zweckmäßigkeit des Feindstrafrechts 197
I. Ziele des Feindstrafrechts 197
1. Persönliche Gütersicherheit durch Feindbekämpfung 197
2. Staatliche Stabilisierung 198
a) Stabilisierung durch tatsächliche Effektivität feindstrafrechtlicher Maßnahmen 199
b) Stabilisierung durch Symbolwirkung feindstrafrechtlicher Maßnahmen 199
II. Potentielle Geeignetheit des Feindstrafrechts 200
1. Geeignetheit in Hinsicht auf die persönliche Gütersicherheit durch Feindbekämpfung 201
a) Geeignetheit materieller Vorverlagerungen zur Gütersicherheit 202
aa) Kritik an der Effizienz materieller Vorverlagerungen am Beispiel des „Schläfers“ 202
(1) Kriminalität bei sonstiger sozialer Unauffälligkeit 204
(2) Übertragung der Überlegungen zur Kriminalität bei sonstiger sozialer Unauffälligkeit auf den Schläfer 205
(3) Effizienzprobleme mangels Kenntnis der Täterinterna 205
bb) Effizienzüberprüfung 206
b) Geeignetheit von zur Tatschuld unproportionaler Strafrahmen zur Gütersicherheit 207
c) Geeignetheit prozessualer Einschränkungen zur Gütersicherheit 209
aa) Ineffizienzüberlegungen am Beispiel von Datenabgleich und -überwachung 210
bb) Gegenüberlegungen 212
cc) Ergebnis zur Geeignetheit feindstrafprozessualer Maßnahmen 213
d) Geeignetheit der Bekämpfungsgesetzgebung zur Gütersicherheit 215
aa) Statistik als Eignungskriterium 215
bb) Optimalität als Eignungskriterium 217
cc) Maßnahmenbündelung als Eignungskriterium 218
e) Geeignetheit der Maßnahmen zur Feindbekämpfung 219
aa) Adressatenmängel 219
bb) Konsequenz in Bezug auf die Eignung zur Feindbekämpfung 221
f) Ergebnis zur Geeignetheit in Hinsicht auf die individuelle Gütersicherheit durch Feindbekämpfung 223
2. Geeignetheit zur staatlichen Stabilisierung 223
a) Stabilisierung durch tatsächliche Effektivität feindstrafrechtlicher Maßnahmen 223
aa) Ineffizienz des kolumbianischen Feindstrafrechts 224
bb) Übertragbarkeit auf die generelle Geeignetheit zur Stabilisierung 226
cc) Historischer Nachweis der potentiellen Geeignetheit zur Stabilisierung 228
(1) Feindstrafrecht in der Deutschen Demokratischen Republik 229
(2) Bewirkte Stabilisierung 232
dd) Ergebnis zur Geeignetheit des Feindstrafrechts zur Stabilisierung des Staates durch tatsächliche Effektivität 233
b) Stabilisierung durch Symbolwirkung feindstrafrechtlicher Maßnahmen 233
aa) Staatliche Stabilisation infolge der Abgrenzungsfunktion des Feindstrafrechts 234
(1) Der Feindbegriff als geeignetes Abgrenzungskriterium 236
(2) Ergebnis zur symbolischen Abgrenzungsfunktion des Feindstrafrechts 238
bb) Staatliche Stabilisation infolge der Vereinfachungs- und Publizitätsfunktion des Feindstrafrechts 238
(1) Stabilisation durch penal populism 239
(2) Schlussfolgerungen für das Feindstrafrecht 240
cc) Staatliche Stabilisation infolge der Sicherheitsfiktionsfunktion des Feindstrafrechts 240
(1) Sicherheitsfiktion als Wahlsteuerung 242
(2) Einfluss der Wahlsteuerung auf die Geeignetheit zur Sicherheitsfiktion 243
dd) Verhältnis der Symbolik zu den anderen Zwecken des Feindstrafrechts 243
3. Gesamtergebnis zur Geeignetheit 244
III. Die Erforderlichkeit des Feindstrafrechts 245
1. Erforderlichkeit der einzelnen Merkmale des Feindstrafrechts 247
a) Interna berücksichtigende Strafbarkeitsvorverlagerungen 247
b) Zur Tatschuld unproportionale Strafrahmen 249
d) Bekämpfungsgesetzgebung 251
2. Erforderlichkeit eines dualistischen Strafrechtssystems 252
a) Theoretische Notwendigkeit des Dualismus von Bürger- und Feindstrafrecht bei Jakobs 252
b) Praktische Notwendigkeit eines Dualismus von Bürger- und Feindstrafrecht 253
3. Ergebnis zur generellen Erforderlichkeit des Feindstrafrechts 255
C. Verfassungsmäßigkeit des Feindstrafrechts 256
I. Wesentliche Verfassungsverstöße eines vom Bürgerstrafrecht abgespalteten, idealtypischen Feindstrafrechts 257
1. Der Verstoß gegen die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG 259
a) Die Exklusion des Feindes 262
aa) Die Exklusion von Feinden im Nationalsozialismus 265
(1) Sonderstrafrecht gegen Juden 266
(2) Ergänzendes Sonderstrafrecht gegen „Gewohnheitsverbrecher“, „Volksschädlinge“ und „Gemeinschaftsfremde“ 268
(3) Sonderstrafrecht gegen Polen 269
bb) Ergebnis zur Exklusion im Nationalsozialismus 270
b) Konsequenz der Exklusionswirkung 271
2. Der Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Art. 103 Abs. 2 GG 272
a) Unbestimmheit des Jakobsschen Feindbegriffs 273
b) Mangelnde Objektivierbarkeit des Feindbegriffs 275
c) Fehlende Abgrenzungsinstrumentarien 276
II. Verfassungsmäßigkeit eines in das Bürgerstrafrecht integrierten, tendenziellen Feindstrafrechts 278
III. Verfassungsmäßigkeit der von Jakobs benannten Normmerkmale 279
Schlussbetrachtung 283
Literaturverzeichnis 286
Sachverzeichnis 322