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Roth, C. (2009). Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52953-7
Roth, Christian Tobias. Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat. Duncker & Humblot, 2009. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52953-7
Roth, C (2009): Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52953-7

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Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat

Roth, Christian Tobias

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1125

(2009)

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Abstract

"Ermessen" ist ein Rechtsbegriff, dessen Herkunft und primäres Anwendungsgebiet im Verwaltungsrecht liegt. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Terminus in einigen bedeutenden Urteilen, um seine Nachprüfungskompetenz gegenüber den staatsleitenden Regierungsorganen abzugrenzen. Diese Begriffsübertragung markiert eine besondere Schnittstelle zwischen Verwaltungs- und Verfassungsrecht, die es zu hinterfragen gilt: Ob und unter welchen Voraussetzungen eignet sich Ermessen zur Erfassung von Entscheidungsspielräumen der Bundesregierung und des Bundeskanzlers? Und wie verhält sich ein "Bundeskanzlerermessen" zu der Vielzahl anderer Begriffe - Gestaltungsspielraum, Einschätzungsprärogative oder Beurteilungsspielraum -, welche die Grenzen der Rechtsbindung von Verfassungsorganen umschreiben?

Christian Tobias Roth untersucht zunächst verschiedene Formen von Injustiziabilität im Regierungsbereich und grenzt sie gegenüber dem Ermessen ab. Eine Auswertung höchstrichterlicher Urteile erschließt sodann die Funktion und den abstrakten Bedeutungsgehalt der in der Rechtsprechung anzutreffenden Begriffe. Ausgehend vom Verwaltungsrecht erörtert der Autor die Struktur von Ermessen und identifiziert es als eine von Normenhierarchie und Entscheidungsträger unabhängige Beschränkung richterlicher Kontrolle. Dieser Befund erlaubt nicht nur seine Transformation in das Verfassungsrecht; verfassungsrechtlich erscheint sie sogar geboten. Ermessen kann hier dazu beitragen, die Sphären des Rechts und der Politik in weiten Teilen kommensurabel zu gestalten. Gleichwohl verbietet sich eine Gleichsetzung mit einer lediglich durch den Verfassungsrahmen negativ begrenzten politischen Gestaltungsfreiheit. Am Beispiel der Art. 64, 65 und 68 GG untersucht der Autor die verschiedenen Entscheidungskategorien anhand konkreter Normen und praktisch relevanter Konstellationen. Die Frage nach einem gubernativen oder einem "Bundeskanzlerermessen" ist zugleich die Frage nach den Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit. Sie wird im letzten Kapitel unter Einbeziehung der gewonnenen Erkenntnisse beleuchtet.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung 15
B. Historische Einordnung und inhaltliche Abgrenzung politischen Ermessens 19
I. Die Theorien von den Regierungsakten und politisches Ermessen aus historischer Perspektive 19
II. Faktische und prozessuale Injustiziabilitäten − Abgrenzung zum Ermessen 26
1. Unterlassen einer Klage aus politischen Gründen 27
2. Verfahrensrechtliche Injustiziabilität 27
a) § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO 27
b) Art. 93 Abs. 1 GG 29
c) Gesetzliche Ausnahmen 31
III. Ausschluss des Rechtswegs und Ausgestaltung der Rechtsbindung 32
C. Gubernative Entscheidungsspielräume in der Rechtsprechung 34
I. Einteilung nach Sachbereichen 35
II. Einteilung nach Entscheidungsspielräumen 37
1. Politisches Ermessen 37
a) Außenpolitischer Initiativbereich der Regierung 37
b) Verteidigungspolitik 38
c) Verfassungsrechtliche Gebote 39
d) Verfassungsrechtliche Schutzpflichten 39
e) Staatsorganisationsrecht 40
f) Ergebnis 41
2. Gestaltungsspielraum 42
3. Einschätzungsprärogative 43
a) Außen- und Verteidigungspolitik 43
b) Risikoentscheidungen im innenpolitischen Bereich 44
c) Ergebnis 45
4. Beurteilungsspielraum 46
III. Typisierung der Entscheidungsspielräume 47
IV. Entscheidungsäquivalenz zwischen Legislative und Gubernative 50
V. Entscheidungsspielräume als objektiv-rechtliche Kompetenzgrenzen 51
VI. Kontrollmaßstäbe und Kontrolldichte 51
1. Rechtsbindung der politischen Organe 51
2. Rechtsbindung der Judikative 52
3. Politische Kontrolle als Surrogat gerichtlicher Kontrolle 56
VII. Ergebnis 57
D. Ermessen im Allgemeinen Verwaltungsrecht 58
I. Verfassungsrechtliche Fragen des Ermessens 58
II. Voraussetzungen und Inhalt des Ermessens 59
III. Rechtliche Bindungen der Ermessensentscheidung 61
IV. Folgerungen für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen 63
V. Ansätze und Kritik einer Kategorisierung administrativer Letztentscheidungsrechte 65
1. Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff 65
2. Weitere Kategorisierungsansätze 68
a) Planungsermessen 68
b) Gestaltende Verwaltung 70
3. Einheitstheorien 72
VI. Zugrunde gelegte verwaltungsrechtliche Begriffsbedeutungen 73
1. Beurteilungsspielraum 73
2. Ermessen 74
3. Gestaltungsfreiheit 74
E. Verwaltungsrechtliche Entscheidungskategorien im Verfassungsrecht? 75
I. Übertragbarkeit des Ermessensbegriffs 75
1. Kritik und Ablehnung einer Begriffsübertragung 75
2. Anerkennung des Ermessens als verfassungsrechtliche Entscheidungsform 77
3. Politisches Ermessen als Unterfall eines einheitlichen Ermessensbegriffs 80
II. Voraussetzungen und Grenzen einer Begriffsübertragung 82
1. Die Stufentheorie des Rechts und ihre Rezeption in der zeitgenössischen Rechtswissenschaft 82
2. Differenzierende Konzeptionen 86
a) Freie und gebundene Staatstätigkeit 87
b) Diskussion unter Geltung des Grundgesetzes 89
c) Entscheidungskategorien nach den differenzierenden Ansätzen 91
F. Systematisierung öffentlich-rechtlicher Entscheidungsspielräume am Beispiel der Regierung 95
I. Unterscheidung zwischen Entscheidungsspielräumen und Organfunktion 95
II. Rechtsbindung der Regierung 96
III. Die Verfassung des Grundgesetzes als Rahmenordnung 97
IV. Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Determination staatlicher Entscheidungen 101
1. Differenzierung zwischen formellen und materiellen Maßstäben 101
2. Materiell-rechtliche Doppelfunktion der Verfassung 102
3. Folgerungen für das Verhältnis von Recht und Politik 105
V. Korrelation der Entscheidungsstruktur mit der Qualität der Rechtsbindung 107
1. Abgrenzung und Exklusivität zwischen Vollzug und Zwecksetzung 108
2. Relativierung der Abgrenzung unter dem Aspekt der Allgemeinwohlverpflichtung? 113
3. Zuordnung des Ermessens nach den entwickelten Kriterien 115
VI. Ergebnis: Abgrenzung zwischen Gestaltungsfreiheit und Ermessen 116
VII. Voraussetzungen und Erscheinungsformen von Gestaltungsfreiheit 117
1. Legislative und gubernative Gestaltungsfreiheit 117
2. Der Vorbehalt des Gesetzes und seine Grenzen 119
3. Grenzen des parlamentarischen Zugriffsrechts 121
4. Strukturelle Äquivalenz legislativer und gubernativer Entscheidungen 124
5. Administrative Gestaltungsfreiheit? 128
G. Verfassungsrechtliche Determination gubernativer Entscheidungen 132
I. Normspezifische Betrachtung 132
1. Art. 64 Abs. 1 GG 132
a) Materielles Kabinettsbildungsrecht 132
aa) Mitsprache des Bundespräsidenten bei der Ministerernennung? 132
(1) Rechtliches Prüfungsrecht 133
(2) Politisches Prüfungsrecht 133
bb) Umfang des rechtlichen Prüfungsrechts 137
(1) Wählbarkeits- und Inkompatibilitätsvorschriften 138
(2) Verfassungstreue des Kandidaten? 138
(3) Keine Geltung des Art. 33 Abs. 2 GG 139
cc) Politisches Ermessen 140
dd) Entlassung 141
b) Organisationsgewalt 143
c) Politische Grenzen bei Kabinettsbildung und Kabinettsorganisation 146
2. Art. 65 GG 147
a) Richtlinienkompetenz 147
aa) Tatbestandsmerkmal „Richtlinien“ 148
bb) Beurteilungsspielraum 149
cc) Richtlinienkompetenz und Ressortprinzip 150
dd) Richtlinienkompetenz und Kabinettsprinzip 151
ee) Politische Funktion der Richtlinienkompetenz 153
ff) Politische Grenzen der Richtlinienkompetenz 154
b) Regelungsgegenstand der Richtlinienkompetenz 156
aa) Politik und Staatsleitung 156
bb) Regierungskompetenz zur Staatsleitung 157
cc) Spezielle und allgemeine Regierungskompetenz zur Staatsleitung 158
dd) Anwendungsbereich des Art. 65 GG 160
c) Ergebnis: Entscheidungsstruktur staatsleitender Entscheidungen 161
aa) Richtlinienermessen 161
bb) Gestaltungsfreiheit 161
3. Art. 68 GG 163
a) Normativer Gehalt des Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG 163
aa) Wortlaut 164
bb) Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG als reine Verfahrensvorschrift? 166
cc) Anerkennung eines materiellen Tatbestandsmerkmals in Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG 168
(1) Entstehungsgeschichte 168
(2) Systematik 170
(3) Teleologie 172
b) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 173
aa) Bindung an den Normzweck 173
bb) Anforderungen an eine materielle Auflösungslage 175
cc) Kontrollrechtliche Probleme und Kritik 175
c) Die Stellung des Bundespräsidenten im Auflösungsverfahren 177
d) Konkretisierung der erforderlichen Krisenlage 179
e) Ergebnis 182
II. Grundgesetzliche Systematik 182
1. Grundrechte 183
2. Staatsziele 183
3. Grundrechtliche Schutzpflichten 184
4. Spezialfall: Auslandsschutz 186
5. Ergebnis 188
H. Politische Entscheidungsspielräume als Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit 189
I. Das Bundesverfassungsgericht als Gericht 189
II. Die politischen Organe 191
III. Folgerungen für das Verhältnis zwischen Judikative und Politik 191
IV. Kontrollmaßstab, Kontrolldichte und Kontrollkompetenz 194
V. Fehlender Kontrollmaßstab für die politische Zweckmäßigkeit 196
VI. Die politische Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit 197
VII. Versuch einer Kompetenzabgrenzung 200
1. Kombination materiell-rechtlicher und funktionell-rechtlicher Kriterien 200
2. Verpflichtung auf eine juristische Methode 202
3. Konkretisierungskompetenz der politischen Organe 204
4. Ergebnis 210
VIII. Reichweite der Nachprüfung 211
1. Formelle Rechtmäßigkeitsprüfung 211
2. Tatsachenfeststellung/Einschätzungsprärogative 211
3. Politisches Ermessen 213
4. Gestaltungsfreiheit 214
I. Schluss 215
Literaturverzeichnis 219
Sachwortverzeichnis 246