Die Willensbetätigung, das andere Rechtsgeschäft
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Die Willensbetätigung, das andere Rechtsgeschäft
Eine Untersuchung zur Rechtsnatur der §§ 144, 151, 959, 1943, 2255 BGB
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 389
(2009)
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Abstract
Der BGH erachtet seit einem Urteil vom 18. Dezember 1985 (NJW-RR 1986, 415) in ständiger Rechtsprechung die Vertragsannahme nach § 151 BGB nicht als eine herkömmliche Willenserklärung, sondern wertet sie als eine Willensbetätigung. Damit verbindet der BGH zugleich Besonderheiten in der Rechtsanwendung. So stellt er für die Frage, in welchen Handlungen eine genügende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, mangels Erklärungsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§ 157 BGB) ab. Vielmehr komme es darauf an, ob vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus das Verhalten des Angebotsempfängers aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen (§ 133 BGB) schließen lasse. Erforderlich sei weiterhin, dass der Angebotsempfänger bei Vornahme der nach objektiven Gesichtspunkten als Annahme anzusehenden Handlung das so genannte Erklärungsbewusstsein habe, ihm also bewusst sei, dass sein Verhalten als Ausdruck eines Annahmewillens gedeutet werden könnte. Überdies sei die Frage, inwieweit eine Irrtumsanfechtung im Rahmen des § 151 BGB überhaupt in Betracht komme, strittig.Nicht zuletzt diese höchstrichterliche Rechtsprechung war für Jan Vytlacil Anlass, dem ungewohnten Rechtsgeschäft der Willensbetätigung auf den Grund zu gehen. Im Zuge der Befassung mit dem Thema stieß er auf eine von Alfred Manigk Anfang des 20. Jahrhunderts umfassend entwickelte Theorie, die sich jedoch seit Anbeginn mit der herrschenden Willenserklärungslehre konfrontiert sah. So schenkt das heutige Schrifttum der Willensbetätigung kaum noch Beachtung und proklamiert bisweilen sogar ihren Abschied aus der Zivilrechtsdogmatik. Indessen kommt Jan Vytlacil zu dem Ergebnis, dass § 151 BGB keineswegs die einzige Bastion der Willensbetätigung ist, sondern die §§ 144, 959, 1943, 2255 BGB ebenso Willensbetätigungen darstellen. Dabei erweist sich immer wieder der fehlende Kundgebungszweck als das prägende Unterscheidungsmerkmal sowohl gegenüber der schlüssigen als auch der nichtempfangsbedürftigen Willenserklärung. Dies hat auch entscheidende Auswirkung auf die Rechtsanwendung.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
I. Einführung | 11 | ||
II. Merkmale der Willensbetätigung | 20 | ||
1. Kein ausdrückliches, sondern nur schlüssiges Handeln | 20 | ||
a) § 144 BGB | 20 | ||
b) § 151 BGB | 20 | ||
c) § 959 BGB | 21 | ||
d) § 1943 BGB | 22 | ||
e) § 2255 BGB | 23 | ||
aa) Ungültigkeitsvermerke | 23 | ||
(1) Vermerk auf dem Text | 24 | ||
(2) Vermerk am Rand | 25 | ||
(3) Überprüfung der Differenzierung | 26 | ||
bb) Ungültigkeitsvermerke kein ausdrückliches Handeln | 27 | ||
f) Zusammenfassung | 28 | ||
2. Einsamer Akt ohne Kundgebungszweck | 28 | ||
a) § 144 BGB, schlüssige Bestätigung | 28 | ||
aa) Bestätigungshandlungen | 28 | ||
bb) Schlüssige Bestätigungserklärung | 29 | ||
b) § 151 BGB | 30 | ||
aa) Aneignungshandlungen | 31 | ||
bb) Erfüllungshandlungen | 33 | ||
cc) Schlüssige Annahmeerklärung | 33 | ||
c) § 959 BGB | 39 | ||
aa) Besitzaufgabe | 39 | ||
bb) Schlüssige Übereignungserklärung | 39 | ||
d) § 1943 BGB, pro herede gestio | 42 | ||
aa) Annahmehandlungen | 42 | ||
bb) Schlüssige Annahmeerklärung | 43 | ||
e) § 2255 BGB, Vernichtung und Veränderung | 45 | ||
f) Zusammenfassung | 47 | ||
III. Eigenständigkeit der Willensbetätigung | 50 | ||
1. Meinungsstand | 50 | ||
a) Willensbetätigungstheorie | 50 | ||
b) Willenserklärungslehre | 51 | ||
c) Kein Abschied von der Willensbetätigung | 53 | ||
2. Systematische Möglichkeit der Eigenständigkeit der Willensbetätigung | 54 | ||
a) Grundsatz der Willensäußerung | 54 | ||
b) Ist eine Willenserklärung jede Willensäußerung und ist jedes Rechtsgeschäft eine Willenserklärung? | 56 | ||
aa) Willensbetätigungstheorie | 57 | ||
bb) Willenserklärungslehre | 59 | ||
(1) Willenserklärung ist Willensäußerung | 61 | ||
(2) Rechtsgeschäft ist Willenserklärung | 63 | ||
(3) Beweis aus den Materialien | 63 | ||
c) Keine Regelung der Willensbetätigung im BGB | 66 | ||
d) Kein Erklärungsbewusstsein bei der Willenserklärung | 68 | ||
aa) Erklärungsbewusstsein ist Kundgebungszweck | 73 | ||
(1) Definitionen | 73 | ||
(2) § 118 BGB | 74 | ||
(3) Gleichstellung der Begriffe | 75 | ||
bb) Unbewusste Willenserklärung ist keine Willensbetätigung | 76 | ||
(1) Subjektiver Tatbestand | 76 | ||
(2) Objektiver Tatbestand | 77 | ||
(a) Unbewusste Willenserklärung | 77 | ||
(b) Willensbetätigung | 79 | ||
(c) Objektive Grenze | 80 | ||
3. Ergibt die Auslegung der §§ 144, 151, 959, 1943, 2255 BGB die Eigenständigkeit der Willensbetätigung? | 82 | ||
a) § 144 BGB, schlüssige Bestätigung | 82 | ||
aa) Wortlaut | 82 | ||
bb) Systematischer Zusammenhang zu § 143 I BGB | 82 | ||
cc) Entstehungsgeschichte | 83 | ||
b) § 151 BGB | 84 | ||
aa) Wortlaut | 84 | ||
(1) Hauptsatz | 84 | ||
(2) Gesamtregelung | 85 | ||
bb) Zweck | 87 | ||
cc) Entstehungsgeschichte | 88 | ||
(1) Vorentwurf | 88 | ||
(2) Erster Entwurf | 89 | ||
(a) Entstehung | 89 | ||
(b) Zitelmanns Kritik | 90 | ||
(c) Vorkommission | 90 | ||
(d) Zweite Kommission | 91 | ||
(3) Zusammenfassung | 94 | ||
c) § 959 BGB | 94 | ||
aa) Wortlaut | 94 | ||
bb) Systematischer Zusammenhang zu § 928 BGB | 95 | ||
cc) Entstehungsgeschichte | 96 | ||
d) § 1943 BGB, pro herede gestio | 97 | ||
aa) Wortlaut | 97 | ||
bb) Systematischer Zusammenhang | 97 | ||
(1) § 1945 I 1. HS. BGB | 97 | ||
(2) § 1949 I BGB | 98 | ||
cc) Entstehungsgeschichte | 99 | ||
(1) Vorentwurf | 99 | ||
(2) Erster Entwurf | 100 | ||
(3) Zweiter Entwurf | 101 | ||
(4) Zusammenfassung | 103 | ||
e) § 2255 BGB | 103 | ||
aa) Wortlaut | 103 | ||
bb) Systematischer Zusammenhang zu § 2254 BGB | 104 | ||
cc) Entstehungsgeschichte | 105 | ||
4. Unterschiede zwischen der Willenserklärung und der Willensbetätigung | 106 | ||
a) Semantik von (Willens-)Erklärung | 107 | ||
b) Bildung des Begriffs der Willenserklärung | 109 | ||
c) Protokolle II 4 S. 471 f. | 111 | ||
d) Einordnung der geschäftsähnlichen Handlung | 113 | ||
e) Unterschied zwischen der nichtempfangsbedürftigen Willenserklärung und der Willensbetätigung | 117 | ||
aa) Willenserklärung, „die nicht einem anderen gegenüber abzugeben ist“ | 119 | ||
(1) Nichtempfangsbedürftigkeit gemäß herrschender Willenserklärungslehre | 119 | ||
(a) Negation der Empfangsbedürftigkeit | 119 | ||
(b) Willensbetätigung als nichtempfangsbedürftige Willenserklärung | 120 | ||
(2) Kundgebungszweck der Willenserklärung, „die nicht einem anderen gegenüber abzugeben ist“ | 121 | ||
(a) Testament | 122 | ||
(b) Auslobung | 123 | ||
(c) Nichtempfangsbedürftige Willenserklärung | 124 | ||
(d) Nichtempfangsbedürftigkeit heißt Nichtzugangsbedürftigkeit | 126 | ||
(e) Nichtempfangsbedürftigkeit heißt nicht, dass „nicht einem anderen gegenüber abzugeben ist“ | 127 | ||
(3) Widersprüchlichkeit der Willenserklärungslehre | 128 | ||
(4) Konsequenz der Willensbetätigungstheorie | 130 | ||
bb) Willenserklärung „an alle Rechtsgenossen“ | 132 | ||
f) Ausdrückliche Willenserklärung | 135 | ||
g) Geltungserklärung und Sozialakt | 136 | ||
aa) Doppelnatur der Geltungserklärung | 136 | ||
(1) Konstitutives, emotionales Element | 136 | ||
(2) Deklaratorisches, kognitives Element | 137 | ||
(3) Willensbetätigung keine Geltungserklärung | 138 | ||
bb) Sozialakt zwischenmenschlicher Kommunikation | 139 | ||
h) Vertrauenstatbestand der Willenserklärung | 140 | ||
aa) Willenserklärung als Vertrauenstatbestand | 140 | ||
(1) Begründung | 140 | ||
(2) Abstrakter Vertrauenstatbestand | 141 | ||
bb) Willensbetätigung als Vertrauenstatbestand | 142 | ||
(1) Problem | 142 | ||
(2) Voraussetzungen für Vertrauenstatbestand | 145 | ||
(3) Objektive Mehrdeutigkeit der Willensbetätigung | 145 | ||
(a) § 144 BGB, schlüssige Bestätigung | 145 | ||
(b) § 151 BGB | 147 | ||
(c) § 959 BGB | 149 | ||
(d) § 1943 BGB, pro herede gestio | 149 | ||
(e) § 2255 BGB | 150 | ||
(f) Willensbetätigung als bloßes Willensindiz | 151 | ||
(4) Willensbetätigung aufgrund objektiver Mehrdeutigkeit kein Vertrauenstatbestand | 152 | ||
(5) Willenserklärung aufgrund Kundgebungszwecks Vertrauenstatbestand | 153 | ||
5. Unanwendbarkeit der Normen für die Willenserklärung auf die Willensbetätigung | 154 | ||
a) Extraktion des legalen Begriffs der Willenserklärung | 154 | ||
aa) Methode | 154 | ||
bb) Stoff | 155 | ||
(1) §§ 116 ff. BGB | 155 | ||
(2) §§ 133, 157 BGB | 156 | ||
(3) § 130 BGB | 156 | ||
b) §§ 116 ff. BGB, Willensmängel | 159 | ||
aa) §§ 116 bis 118 BGB | 159 | ||
(1) Bei Willenserklärung | 159 | ||
(a) § 116 BGB | 159 | ||
(b) § 117 I BGB | 161 | ||
(c) § 118 BGB | 162 | ||
(2) Bei Willensbetätigung | 163 | ||
(3) Zusammenfassung | 164 | ||
bb) §§ 119, 120 BGB | 165 | ||
(1) Bei Willenserklärung | 165 | ||
(a) § 119 I BGB | 165 | ||
(b) § 120 BGB | 165 | ||
(2) Bei Willensbetätigung | 166 | ||
(3) Zusammenfassung | 166 | ||
c) § 130 BGB, Abgabe | 166 | ||
aa) Bei Willenserklärung | 166 | ||
(1) Empfangsbedürftige Willenserklärung | 166 | ||
(2) Nichtempfangsbedürftige Willenserklärung | 169 | ||
(a) Bloße Äußerung | 169 | ||
(b) Entäußerung in Richtung auf Adressaten | 170 | ||
(3) Zusammenfassung | 176 | ||
bb) Bei Willensbetätigung | 176 | ||
d) §§ 133, 157 BGB, Auslegung | 177 | ||
aa) Bei Willenserklärung | 177 | ||
(1) Empfangsbedürftige Willenserklärung | 177 | ||
(2) Nichtempfangsbedürftige Willenserklärung | 179 | ||
(a) Auslobung | 180 | ||
(b) Testament | 181 | ||
(c) Zusammenfassung | 183 | ||
bb) Bei Willensbetätigung | 184 | ||
(1) Objektive Auslegung vom Empfängerhorizont | 184 | ||
(2) Objektive Auslegung vom Standpunkt eines dritten Beobachters | 186 | ||
(3) Subjektive Auslegung | 189 | ||
(a) Unbewusste Willensmängel | 193 | ||
(b) Bewusste Willensmängel | 197 | ||
(c) Konsequenzen | 202 | ||
(d) Unterschied zur Testamentserklärung | 205 | ||
e) Legaler Begriff der Willenserklärung | 205 | ||
f) Aussonderung der Willensbetätigung | 207 | ||
6. Gesamtergebnis | 208 | ||
IV. Sonderfragen der Rechtsanwendung | 210 | ||
1. §§ 104 ff. BGB, Geschäftsfähigkeit | 210 | ||
2. §§ 119 II, 123 BGB, Willensbildungsfehler | 211 | ||
a) Anfechtbarkeit | 213 | ||
b) Nichtigkeit | 213 | ||
aa) § 119 II BGB, Eigenschaftsirrtum | 214 | ||
bb) § 123 BGB, Täuschung und Drohung | 215 | ||
c) § 2078 II BGB, Motivirrtum | 216 | ||
3. § 122 BGB, Schadensersatzpflicht | 219 | ||
4. §§ 164 ff. BGB, Stellvertretung | 219 | ||
5. „Genehmigungen“ bei §§ 959, 2255 BGB | 222 | ||
a) § 959 BGB | 222 | ||
b) § 2255 BGB | 224 | ||
c) Stellungnahme | 227 | ||
d) Zusammenfassung | 231 | ||
Literaturverzeichnis | 233 | ||
Sachverzeichnis | 241 |