Der angemessene Handlungsrahmen der Zielverwaltung in der Übernahmesituation
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Der angemessene Handlungsrahmen der Zielverwaltung in der Übernahmesituation
Eine rechtsvergleichende Analyse vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen zur Corporate Governance
Schriften zum Wirtschaftsrecht, Vol. 218
(2009)
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Abstract
Olaf Weiß untersucht den Handlungsrahmen der Verwaltungsorgane einer Aktiengesellschaft, die Ziel eines feindlichen Übernahmeangebots geworden ist, sowohl in normativer als auch deskriptiver Hinsicht.Die normative Fragestellung wird auf Grundlage unternehmenstheoretischer Überlegungen, durch Untersuchung des US-amerikanischen und britischen Übernahmerechts rechtsvergleichend und schließlich empirisch behandelt. Der Autor legt dar, dass ein weitreichender, autonomer Handlungsspielraum zur Abwehr feindlicher Übernahmeangebote einer Neutralitätspflicht vorzuziehen ist, weil der Vorstand hierdurch in die Lage versetzt wird, eine stakeholder-orientierte Unternehmenspolitik zu verfolgen. Der vom WpÜG-Gesetzgeber intendierte weite Handlungsrahmen der Verwaltungsorgane ist daher zu begrüßen. Dieser wird jedoch von der herrschenden Rechtslehre insgesamt zu restriktiv ausgelegt, was - wie gezeigt wird - auch unter juristischen Gesichtspunkten nicht zu überzeugen vermag.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 17 | ||
Gang der Darstellung | 18 | ||
A. Übernahmerechtliche Pflichtenbindung der Zielverwaltung und die ökonomischen Grundlagen der Corporate Governance | 19 | ||
I. Erklärungsansätze für feindliche Übernahmen: Unterschiedliche Grundannahmen hinsichtlich der Rolle der Unternehmensleitung in der Corporate Governance | 19 | ||
1. Die Kontrollmarkt-These: Feindliche Übernahmen als Mittel zur Disziplinierung eines eigennützig handelnden Managements | 19 | ||
a) Interessenkonflikte zwischen Unternehmensleitung und Anteilseignern in der Aktiengesellschaft | 19 | ||
b) Kontrolldefizite aufgrund kollektiver Handlungsprobleme der Aktionäre | 21 | ||
c) Der „Markt für Unternehmenskontrolle“ als Mittel zur Disziplinierung des Managements | 22 | ||
2. Die breach of trust-These: Übernahmegewinne durch Negierung impliziter Stakeholder-Ansprüche | 23 | ||
3. Weitere Erklärungsansätze für Übernahmen | 24 | ||
4. Die angemessene Leitmaxime unternehmerischen Handelns als Grundfrage der Corporate Governance | 26 | ||
II. Ableitungen aus der Theorie der Unternehmung für die Corporate Governance: shareholder primacy oder stakeholder-orientierte Unternehmensführung? | 28 | ||
1. Unternehmen versus Markt: Die Begründung der modernen Unternehmenstheorie durch Coase | 28 | ||
2. Die vertragstheoretische Sicht der Unternehmung | 29 | ||
a) Das „Messproblem“ in der Teamproduktion (Alchian/Demsetz 1972) | 29 | ||
b) Die Prinzipal-Agenten-Sicht der Unternehmung (Jensen/Meckling 1976) und die Abkehr vom Eigentümerbegriff (Fama 1980) | 31 | ||
3. Die Transaktionskosten-Theorie und die Verfügungsrechtsanalyse (property rights-approach) | 33 | ||
a) Das Unternehmen als governance structure zur Minimierung von Transaktionskosten (Williamson 1985) | 33 | ||
b) Die Verfügungsrechtsanalyse: Eigentum als residuales Entscheidungsrecht (Grossmann/Hart 1986, Hart/Moore 1990) | 34 | ||
4. Unterschiede und Implikationen der betrachteten Theorien für die Leitmaxime unternehmerischen Handelns | 36 | ||
a) Die organisatorische Grundlage der Teamproduktion: Autorität oder Konsens? | 36 | ||
b) Der Faktor „Arbeit“ in der Teamproduktion und die Natur des „Messproblems“ | 37 | ||
c) Die Fundierung der shareholder primacy-Leitmaxime in der vertragstheoretischen Sicht der Unternehmung | 38 | ||
d) Transaktionskosten-Theorie und Stakeholder-Ansatz | 40 | ||
5. Zwischenergebnis: Aussagekraft der vorgestellten Theorieansätze für die betrachtete Fragestellung | 41 | ||
III. Neuere unternehmenstheoretische Ansätze zur Ableitung expliziter Aussagen für die Corporate Governance | 42 | ||
1. Zuweisung der residualen Entscheidungsrechte an die Aktionäre als „Third Party“ (Rajan/Zingales 1998) | 42 | ||
2. Stellungnahme | 44 | ||
3. Die Unternehmensführung als Mediator zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen (Blair/Stout 1999) | 48 | ||
4. Stellungnahme | 49 | ||
a) Die Rolle von Agenturkosten im mediating hierarchy-Ansatz | 50 | ||
b) Der board of directors als Mediator eines heterogenen Teams | 52 | ||
5. Director primacy zur Maximierung der Aktionärsinteressen (Bainbridge 2002) | 55 | ||
6. Stellungnahme | 56 | ||
7. Unternehmenstheoretische Überlegungen und die Grenzen von individualvertraglichen Vereinbarungen | 58 | ||
IV. Arbeitsökonomische Erkenntnisse | 61 | ||
1. Die Humankapital-Theorie: Anreize zur Aneignung unternehmensspezifischer Qualifikationen durch ein shared investment | 61 | ||
2. Die Minimierung von shirking durch strategische Lohnsetzung | 63 | ||
a) Die Theorie der nachgelagerten Entlohnung | 64 | ||
b) Die Theorie des Effizienzlohnes | 64 | ||
c) Bewertung | 65 | ||
3. Implikationen der Lohntheorien für die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen in der Unternehmenspolitik | 66 | ||
4. Erkenntnisse der empirischen Arbeitsmarkt- und Berufsforschung | 66 | ||
a) Positive Korrelation von Betriebsseniorität und Arbeitslohn | 66 | ||
b) Aussagewert des festgestellten Zusammenhangs | 68 | ||
c) Tradeoff zwischen Überwachungsintensität und Senioritätsentlohnung | 70 | ||
d) Sektorale Lohnunterschiede als Indiz für Effizienzlöhne? | 71 | ||
e) Tradeoff zwischen Überwachungsintensität und Lohnhöhe? | 72 | ||
V. Bewertung | 74 | ||
1. Die Existenz spezifischer Investitionen der Arbeitnehmer | 74 | ||
2. Implikationen für die Leitmaxime unternehmerischen Handelns | 76 | ||
3. Zwischenergebnis: Die Vorzugswürdigkeit einer interessenpluralistischen Leitmaxime | 77 | ||
B. Der Handlungsrahmen der Zielverwaltung nach deutschem Recht | 79 | ||
I. Die Fortgeltung der interessenpluralistischen Leitmaxime in der Übernahmesituation | 79 | ||
II. Übernahmespezifische Verhaltensanforderungen aus dem Aktiengesetz? | 84 | ||
1. Reduktion des Leitungsermessens bei Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises? | 86 | ||
2. Neutralitätspflicht für den Vorstand aufgrund seiner Treuhänderstellung? | 88 | ||
3. Neutralitätspflicht aufgrund des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes? | 89 | ||
4. „Holzmüller“-Kompetenz für die Hauptversammlung? | 90 | ||
5. Neutralitätspflicht zur Sicherstellung eines funktionsfähigen „Markts für Unternehmenskontrolle“? | 91 | ||
6. Zwischenergebnis: Keine übernahmespezifischen Verhaltensanforderungen für Verwaltungsorgane aus dem Aktiengesetz | 92 | ||
III. Der Handlungsrahmen der Zielverwaltung gemäß § 33 WpÜG | 92 | ||
1. Der Norminhalt im Überblick | 92 | ||
2. Vereitelungsverbot für den Aufsichtsrat bei initiativem Verwaltungshandeln? | 94 | ||
3. Der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 WpÜG | 96 | ||
4. Die Reichweite des Leitungsermessens in der Übernahmesituation: Versagung der „ARAG/Garmenbeck“-Grundsätze? | 100 | ||
5. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 3 WpÜG | 104 | ||
a) Abwehrmaßnahmen als Eingriff in verfassungsmäßige Aktionärsrechte? | 105 | ||
b) Verfassungsrechtliches Gebot zur Delegation der „Abwehrkompetenz“ an die Aktionäre? | 106 | ||
6. Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG auf originäre Vorstandskompetenzen? | 108 | ||
7. Der Umfang der Ermächtigungsbefugnis nach § 33 Abs. 2 WpÜG | 112 | ||
8. Zusammenfassung | 117 | ||
IV. Der Handlungsrahmen der Zielverwaltung nach der EG-Übernahmerichtlinie und deren Umsetzung ins deutsche Recht | 118 | ||
1. Striktes Vereitelungsverbot (Neutralitätspflicht) für die Zielverwaltung als Regelfall (Art. 9 Ü-RiLi) | 118 | ||
2. Die „Durchbrechungsregel“ des Art. 11 Ü-RiLi | 120 | ||
3. Möglichkeit der Mitgliedsstaaten zum opt out vom Vereitelungsverbot und der Durchbrechungsregel (Art. 12 Ü-RiLi) | 122 | ||
4. Änderungsbedarf im WpÜG | 122 | ||
5. Das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz | 124 | ||
C. Der Handlungsrahmen der Zielverwaltung nach US-amerikanischem und britischem Recht | 125 | ||
I. Recht des US-Bundesstaates Delaware | 125 | ||
1. Die grundlegende Verteilung der Entscheidungsrechte im Gesellschaftsrecht von Delaware | 125 | ||
a) Der weite Gestaltungsspielraum im Gesellschaftsrecht von Delaware | 125 | ||
b) Treuepflichtbindung der Unternehmensleitung und die Business Judgment Rule | 127 | ||
c) Die Bedeutung des Aktionärsstimmrechts (Blasius-Rechtsprechung) | 129 | ||
2. Die poison pill als zentrales Abwehrinstrument des board | 131 | ||
a) Erscheinungsformen und Wirkungsweise der poison pill | 131 | ||
b) Die Moran-Entscheidung des Delaware Supreme Court | 134 | ||
3. Der gerichtliche Überprüfungsmaßstab für Abwehrmaßnahmen (standard of judicial review) | 136 | ||
a) „Unocal“ contra „Revlon“: Die unterschiedlichen Pflichtenstandards und ihre Anwendungsbereiche | 136 | ||
aa) Die Unocal-Entscheidung des Delaware Supreme Courts | 136 | ||
bb) Die Revlon-Entscheidung: Die Zielverwaltung als Auktionator im Aktionärsinteresse | 139 | ||
cc) Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Unocal- und Revlon-Maßstabs | 142 | ||
b) Die Weiterentwicklung des Unocal-Maßstabs in der Unitrin-Entscheidung | 145 | ||
c) Das Spannungsverhältnis zwischen dem Leitbild einer Aktionärsdemokratie und der Abwehrkompetenz der Zielverwaltung in der Rechtsprechung Delawares | 148 | ||
aa) Die Rolle des Blasius-Standards in der Unitrin-Entscheidung und der jüngeren Rechtsprechung des Chancery Court | 148 | ||
bb) Die Rechtsprechung zu dead hand- und slow hand-pills | 150 | ||
d) Zulässige Abwehrziele | 154 | ||
aa) Von der Abwehr zweistufiger Angebote zur Anerkennung „substantiellen Zwangs“ (board knows best-Doktrin) | 154 | ||
bb) Abwehrmaßnahmen zum Schutz von Stakeholder-Interessen? | 159 | ||
4. Ausblick: Neujustierung der Machtbalance zwischen Unternehmensleitung und Aktionären durch shareholder rights bylaws? | 161 | ||
a) Zulässige Regelungsgegenstände von aktionärsseitig initiierten bylaws | 163 | ||
b) Sperrwirkung von shareholder rights bylaws in Bezug auf entgegenstehende Beschlüsse des board? | 165 | ||
5. Zusammenfassende Bewertung des Übernahmerechts von Delaware: Die Zielverwaltung als Verteidigerin der Gesellschaft | 167 | ||
a) Das Verhältnis zwischen Unternehmensleitung und Anteilseignern: Die unterschiedlichen Sichtweisen in der Rechtsprechung Delawares | 167 | ||
b) Die untergeordnete Bedeutung des Kontrollmarkt-Konzepts in der Rechtsprechung des Delaware Supreme Court | 170 | ||
c) Trendwende zu mehr shareholder choice in der jüngeren Rechtsprechung des Delaware Supreme Court? | 173 | ||
II. Der Handlungsrahmen der Zielverwaltung nach britischem Recht | 176 | ||
1. Verbandsrechtliche Vorgaben | 176 | ||
2. Das britische Übernahmerecht | 179 | ||
III. Vergleich der übernahmerechtlichen Pflichtenstellung von Zielverwaltungen nach deutschem, britischem und US-amerikanischem Recht | 181 | ||
D. Rechtspolitische Überlegungen | 185 | ||
I. Ergebnisse und Aussagekraft empirischer Studien zu Unternehmensübernahmen | 185 | ||
1. Abwehrmöglichkeiten der Unternehmensleitung: Abschottung vom Markt für Unternehmenskontrolle oder Verhandlungsmacht im Aktionärsinteresse? | 186 | ||
a) Ergebnisse und Aussagekraft von pill studies | 187 | ||
b) shark repellents als Untersuchungsgegenstand | 188 | ||
c) Unternehmensverfassung und Abwehrmöglichkeiten des board zum Zeitpunkt des Börsengangs (IPO-Studien) | 192 | ||
2. Zusammenfassende Bewertung | 194 | ||
3. Die Auswirkungen von feindlichen Übernahmen auf implizite Arbeitnehmeransprüche | 195 | ||
a) US-amerikanische Untersuchungen | 195 | ||
b) Britische und kontinentaleuropäische Untersuchungen | 199 | ||
4. Zusammenfassende Bewertung | 202 | ||
II. Schlussfolgerungen für den angemessenen Handlungsrahmen der Zielverwaltung | 205 | ||
1. Die Übernahmeauseinandersetzung als ein „Wettbewerb der Unternehmenskonzepte“? | 205 | ||
2. Abwehrermessen der Zielverwaltung und die Pflicht zur Wahrung des Unternehmensinteresses | 207 | ||
3. Die EG-Übernahmerichtlinie und deren Umsetzung in deutsches Recht | 211 | ||
4. Änderungsvorschläge zum WpÜG | 212 | ||
E. Ergebnis der Arbeit | 215 | ||
Literaturverzeichnis | 217 | ||
Sachverzeichnis | 232 |