Menschenrechte und Souveränität
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Menschenrechte und Souveränität
Diskutiert anhand der internationalen Strafrechtspflege
(2009)
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Abstract
Ein effektiver Menschenrechtsschutz ist ohne Erodierung staatlicher Souveränität nicht möglich. Zugleich ist das Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten ein Grundprinzip des Friedensrechts und damit des Menschenrechtsschutzes. Dieser Konflikt ist im internationalen Strafrecht besonders virulent: Es liegt im Interesse des Menschenrechtsschutzes, der Straffreiheit der Täter völkerstrafrechtlicher Verbrechen ein Ende zu setzen. Zugleich besteht die Gefahr, dass nur Staatsangehörige schwacher Staaten vor fremde Gerichte gestellt werden, während entsprechende Eingriffe in die Souveränität mächtiger Staaten faktisch ausgeschlossen bleiben. Die Gefahr der Selektivität und der Schaffung von Doppelstandards für reiche und arme Staaten ist das stärkste Argument gegen die internationale Strafrechtspflege.Anne Kindt diskutiert diese Problematik unter Berücksichtigung vieler aktueller Fälle anhand der noch immer unklaren Konzepte des Weltrechtsprinzips und des Komplementaritätsprinzips. Im Zentrum ihrer Untersuchung steht die Frage, wann nationale Gerichte und der ICC ihre Strafgewalt über extraterritoriale Fälle von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ausüben sollten. Im Ergebnis plädiert sie für eine vorsichtige, respektvolle Ausübung internationaler Strafgewalt, da eine konsequente Anwendung des Prinzips der individuellen strafrechtlichen Verantwortung (noch) nicht real ist.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 12 | ||
A. Einleitung | 15 | ||
B. Der internationale Schutz der Menschenrechte und das internationale Strafrecht contra das Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten | 19 | ||
I. Der Grundsatz der souveränen Gleichheit von Staaten | 25 | ||
1. Die souveräne Gleichheit von Staaten und das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung | 25 | ||
a) Das Volk als Souverän und sein Recht auf Selbstbestimmung | 26 | ||
b) Die Reichweite des modernen Konzepts souveräner Gleichheit | 28 | ||
c) Zusammenfassung | 29 | ||
2. Die Grenzen staatlicher Souveränität | 30 | ||
II. Individuen als Subjekte des Völkerrechts | 32 | ||
1. Das Individuum als Träger völkerrechtlicher Rechte | 33 | ||
2. Das Individuum als Adressat völkerrechtlicher Pflichten | 34 | ||
3. Das Konzept der partiellen Völkerrechtssubjektivität | 35 | ||
III. Konzeption und Geschichte des internationalen Rechts der Menschenrechte | 36 | ||
1. Die Bestimmung des Konzepts der Menschenrechte | 37 | ||
a) Die europäisch-christliche Sicht der Mensche | 37 | ||
b) Vom ,Rederecht‘ zum allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts | 38 | ||
2. Die historische Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes | 40 | ||
a) Die Wurzeln des modernen Menschenrechtsschutzes | 41 | ||
b) Die Entfaltung des internationalen Menschenrechtsschutzes im System der Vereinten Nationen | 42 | ||
aa) Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte | 43 | ||
bb) Die völkervertragsrechtliche Sicherung der Menschenrechte | 45 | ||
cc) Die Entwicklungen im Völkergewohnheitsrecht | 46 | ||
dd) Menschenrechtsverletzungen als Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit im Sinne von Art. 39 UN-Charta | 47 | ||
IV. Definition und Entstehungsgeschichte des Internationalen Strafrechts | 50 | ||
1. Eine Definition des internationalen Strafrechts | 50 | ||
a) Das Spannungsfeld zwischen nationalem Strafrecht und Völkerrecht | 51 | ||
b) Internationale Verbrechen | 52 | ||
2. Wichtige Etappen in der Entstehung des internationalen Strafrechts | 55 | ||
a) Erste Versuche: Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg | 56 | ||
b) Internationales Strafrecht in der Praxis: Nürnberg, Tokio und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg | 57 | ||
c) Aktuelle Entwicklungen: Die Zeit nach dem Kalten Krieg | 59 | ||
d) Anmerkungen zu den Entwicklungsetappen und dem aktuellen Stand des ICCs in Kürze | 60 | ||
3. Das Problem der Selektivität und die Missbrauchsgefahrim internationalen Strafrecht | 65 | ||
a) Die Militärtribunale von Nürnberg und Tokio | 65 | ||
b) Die Internationalen Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda | 67 | ||
c) Aktuelle Bedenken gegen das internationale Strafrecht | 68 | ||
V. Abschließende Bemerkungen | 70 | ||
C. Die Problematik des Weltrechtsprinzips | 74 | ||
I. International anerkannte Jurisdiktionsprinzipien | 75 | ||
1. Das Territorialitätsprinzip | 76 | ||
2. Das Personalitätsprinzip | 76 | ||
3. Das Schutzprinzip | 78 | ||
4. Das Weltrechtsprinzip | 78 | ||
II. Der Anwendungsbereich des Weltrechtsprinzips | 80 | ||
1. Völkergewohnheitsrecht | 80 | ||
2. Internationales Völkervertragsrecht und das Prinzip aut dedere aut judicare | 83 | ||
III. Absolutes und bedingtes Weltrechtsprinzip | 85 | ||
1. Absolutes und bedingtes Weltrechtsprinzip im nationalen Recht | 86 | ||
a) Die Regelung des Weltrechtsprinzips im nationalen Recht | 86 | ||
aa) Die Regelung des absoluten Weltrechtsprinzips im nationalen Rechtr | 87 | ||
(1) Das absolute Weltrechtsprinzip in Deutschland | 87 | ||
(2) Der belgische „Verzicht“ auf das (absolute) Weltrechtsprinzip | 89 | ||
(3) Erste Anzeichen für eine Abwendung vom absoluten Weltrechtsprinzip in Spanienr | 90 | ||
bb) Das bedingte Weltrechtsprinzip im nationalen Recht | 91 | ||
b) Einzelne Anwendungsfälle des Weltrechtsprinzips | 92 | ||
aa) Erste Anfänge: Das Verfahren gegen Adolf Eichmann in Israel | 92 | ||
bb) Die (bedeutenden) aktuellen „europäischen“ Verfahren | 93 | ||
(1) Das Verfahren gegen Abdoulaye Yerodia Ndombasi in Belgien | 94 | ||
(2) Das Verfahren gegen Pinochet in Spanien und Großbritannien | 95 | ||
(3) Die akzeptierteren Anwendungsfälle des Weltrechtsprinzips in Europa | 97 | ||
cc) Verfahren in nicht-europäischen Gerichten | 99 | ||
(1) Das Verfahren gegen Imre Finta in Kanada | 100 | ||
(2) Das Verfahren gegen Hissène Habré im Senegal | 100 | ||
c) Schlussbemerkungen | 102 | ||
2. Absolutes und bedingtes Weltrechtsprinzip im Völker(vertrags)rechtr | 104 | ||
3. Vorzüge und Schwächen des absoluten Weltrechtsprinzips | 105 | ||
a) Strafverfahren in absentia und das Menschenrecht des Angeklagten auf ein faires Verfahren | 106 | ||
b) Die Gefahr des forum shopping und der gesteigerten Ungleichheit zwischen Staaten | 108 | ||
c) Die Gefahr politisch beeinflusster Richter | 112 | ||
d) Anmerkungen zur prozessualen Ausgestaltung des absoluten Weltrechtsprinzips in Deutschland | 114 | ||
aa) Die prozessuale Einbettung des Weltrechtsprinzips in Deutschland | 114 | ||
bb) Letzte Bemerkungen zur Einstellung der Verfahren gegen Donald Rumsfeld u. a. durch die Bundesanwaltschaft | 117 | ||
cc) Abschließende Stellungnahme zur deutschen Einstellungslösung | 118 | ||
e) Schlussbemerkungen | 119 | ||
IV. Einwände gegen das (bedingte) Weltrechtsprinzip | 120 | ||
1. Der Einwand der Intervention in interne Angelegenheiten | 121 | ||
2. Der Grundsatz ne bis in idem (double jeopardy) | 124 | ||
V. Der Einfluss des Rom-Statuts auf das Weltrechtsprinzip | 127 | ||
1. Keine Verpflichtung zur Festschreibung des Weltrechtsprinzips | 128 | ||
2. Der umfassende Vorrang nationaler Strafgewalt | 129 | ||
VI. Abschließende Bemerkungen | 130 | ||
D. Das Komplementaritätsprinzip des Rom-Statuts | 133 | ||
I. Komplementarität vs. Vorrang: Die Statute der Ad-hoc-Tribunale vs. das Rom-Statut | 134 | ||
1. Die vorrangige Zuständigkeit der Ad-hoc-Tribunale | 134 | ||
2. Die Entscheidung für Komplementarität und gegen Vorrang im Rom-Statut | 136 | ||
II. Begriffsbestimmung | 137 | ||
1. Komplementarität und Subsidiarität | 137 | ||
2. Der Komplementaritätskompromiss | 139 | ||
3. Das Komplementaritätsprinzip des Rom-Statuts | 140 | ||
III. Die Unzuständigkeitsgründe des Art. 17 Rom-Statutund ihre Ausnahmen | 142 | ||
1. Laufende staatliche Ermittlungen oder ein laufendes Strafverfahren, Art. 17 Abs. 1a) Rom-Statut | 143 | ||
2. Abgeschlossene staatliche Ermittlungen und die Entscheidung, die betreffende Person nicht strafrechtlich zu verfolgen, Art. 17 Abs. 1b) Rom-Statut | 143 | ||
3. Ne bis in idem, Art. 17 Abs. 1c) Rom-Statut | 144 | ||
4. Mangelnde Schwere, Art. 17 Abs. 1d) Rom-Statut | 145 | ||
IV. Der mangelnde Wille und das Unvermögen eines Staates Ermittlungen oder ein Strafverfahren ernsthaft durchzuführen | 149 | ||
1. Die Feststellung des mangelnden Willens (unwillingness) | 150 | ||
a) Scheinverfahren, Art. 17 Abs. 2a) Rom-Statut | 151 | ||
b) Nicht gerechtfertigte Verfahrensverzögerung, Art. 17 Abs. 2b) Rom-Statut | 152 | ||
c) Kein unparteiisches und unabhängiges Verfahren, Art. 17 Abs. 2c) Rom-Statut | 153 | ||
d) Die Bewertung staatlicher Ermittlungen und Strafverfahren durch den ICC | 155 | ||
2. Der Begriff des Unvermögens (inability) | 156 | ||
a) Der völlige oder weitgehende Zusammenbruch des innerstaatlichen Justizsystems | 157 | ||
b) Die mangelnde Verfügbarkeit des innerstaatlichen Justizsystems | 159 | ||
c) Staatliches Unvermögen in der Praxis des ICCs | 162 | ||
3. Der Begriff des genuine trial (ernsthaftes Verfahren) | 164 | ||
a) Begriffsfindung auf der Rom-Konferenz | 165 | ||
b) Die Voraussetzungen einer ernsthaften (genuine) Strafverfolgung | 166 | ||
V. Die Kompetenz-Kompetenz des ICCs | 169 | ||
1. Die der Kompetenz-Kompetenz innewohnende Kontrollfunktion | 170 | ||
2. Einwände gegen die Kontrollfunktion des ICCs | 171 | ||
a) Das Recht auf und die Notwendigkeit von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen | 174 | ||
b) Die Problematik und Legitimität staatlicher Amnestien | 177 | ||
aa) Begriffs- und Inhaltsbestimmung | 177 | ||
bb) Die Frage der Anerkennung staatlicher Amnestiende jure durch den ICC | 179 | ||
(1) Der Fall Norduganda vor dem ICC | 179 | ||
(2) Abschließende Diskussion der Amnestieproblematik | 183 | ||
c) Strafverfahren in Nichtvertragsstaaten | 185 | ||
d) Die Glaubwürdigkeit des Anklägers und der ICC-Richter | 186 | ||
3. Zur Schwierigkeit fairer, unabhängiger Strafverfahren im Tatortstaat: Das Dujail-Verfahren gegen Saddam Hussein vor dem Iraqi High Tribunalr | 188 | ||
a) Hintergründe, Grundlagen und Ablauf des Strafverfahrens | 188 | ||
aa) Vom Staatspräsidenten zum Angeklagten | 189 | ||
bb) Das Iraqi High Tribunal | 189 | ||
cc) Der Ablauf des Prozesses von der Eröffnung der Hauptverhandlung bis zur Vollstreckung der Todesstrafer | 192 | ||
b) Reaktionen auf das Verfahren und die Hinrichtung | 194 | ||
c) Ein Fiasko mit guten Ansätzen oder ein völkerstrafrechtliches Verbrechen?r | 196 | ||
VI. Jurisdiktionsverzicht zugunsten des ICCs? | 202 | ||
VII. Abschließende Bemerkungen | 204 | ||
E. Schlusswort | 208 | ||
Literaturverzeichnis | 213 | ||
Personen- und Sachverzeichnis | 221 |