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Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts

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Schaper, T. (2009). Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts. Eine Untersuchung am Beispiel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53126-4
Schaper, Tim. Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts: Eine Untersuchung am Beispiel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl. Duncker & Humblot, 2009. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53126-4
Schaper, T (2009): Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts: Eine Untersuchung am Beispiel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-53126-4

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Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts

Eine Untersuchung am Beispiel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl

Schaper, Tim

Schriften zum Europäischen Recht, Vol. 144

(2009)

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Abstract

Tim Schaper widmet sich - am Beispiel des Europäischen Haftbefehls - der Frage der Verfassungsmäßigkeit der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Europäischen Union.

Anlass für die Untersuchung bietet die zunehmende Vergemeinschaftung der vertraglich ursprünglich intergouvernemental organisierten Dritten Säule der Europäischen Union. Im Fall des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl wird die Vergemeinschaftung in zweifacher Hinsicht deutlich: Sie offenbart sich zum einen in der partiellen Verankerung des aus dem Binnenmarktrecht bekannten Prinzips der gegenseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher Entscheidungen im Auslieferungsrecht. Zum anderen zeigt sie sich in der vorgegebenen weitreichenden innerstaatlichen Wirkung unionsrechtlicher Rahmenbeschlüsse zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Pupino im Jahr 2005.

Der Autor veranschaulicht, dass mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl Hoheitsrechtsübertragungen verbunden sind und erörtert, inwieweit diese den Anforderungen des Grundgesetzes gerecht werden. Verfassungsrechtliche Probleme ergäben sich insbesondere infolge des Fehlens der notwendigen umfassenden demokratischen Legitimation im grundrechtssensiblen strafrechtlichen Bereich und angesichts verschiedener Aspekte des Rechtsstaats- und Subsidiaritätsprinzips. Es würde erkennbar, dass sich der Gesetzgeber wie auch das Bundesverfassungsgericht bei der Umsetzung der Vorgaben und deren gerichtlicher Überprüfung in einem Zwiespalt zwischen Verfassungs- und Unionstreue befunden hätten.

Die Arbeit wird abgeschlossen mit einer Bewertung der auch im Bereich der strafrechtlichen justiziellen Zusammenarbeit zu erwartenden Änderungen durch den Vertrag von Lissabon.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 14
Einführung 19
A. Gegenstand der Untersuchung 19
B. Gang der Untersuchung 25
Kapitel 1: Historische Entwicklung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Europäischen Union 27
A. Anfänge der Zusammenarbeit 27
B. Die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) als Beginn der Zusammenarbeit 29
C. Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) 30
D. Der Vertrag von Maastricht 31
E. Die Zeit zwischen Maastricht und Amsterdam 32
F. Der Vertrag von Amsterdam und die Vertragsrevision von Nizza 33
I. Neuerungen rund um den Vertrag von Amsterdam 33
II. Neuerungen durch den Vertrag von Nizza 34
G. Intensivierung der Zusammenarbeit durch die Einführung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung 35
H. Anstrengungen für eine Neuordnung der primärrechtlichen Grundlagen nach der gescheiterten Annahme des Vertrages über eine Verfassung für Europa 36
I. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa 37
II. Die Vertragsrevision durch den Vertrag von Lissabon 38
Kapitel 2: Gegenwärtige primärrechtliche Ausgestaltung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen 40
A. Grundsatz der vertieften intergouvernementalen Zusammenarbeit 40
I. Rolle der Organe im Rechtsetzungsverfahren im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen 43
II. Handlungsformen der Europäischen Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen 45
1. Gemeinsame Standpunkte, Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. a) EU 45
2. Rahmenbeschlüsse, Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. b) EU 46
3. Beschlüsse, Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. c) EU 48
4. Übereinkommen, Art. 34 Abs. 2 S. 2 lit. d) EU 48
B. Vergemeinschaftungstendenzen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen: Zur innerstaatlichen Wirkung von Rahmenbeschlüssen 49
I. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Pupino 50
1. Die Vorlagefrage 50
2. Die Urteilsgründe 50
II. Besprechung des Urteils in der Literatur 52
1. Vereinbarkeit der Pflicht zur rahmenbeschlusskonformen Auslegung mit dem Verbot der unmittelbaren Wirksamkeit 53
2. Untrennbarkeit der Rechtskategorien „rahmenbeschlusskonforme Auslegung“ und „unmittelbare Wirksamkeit“ 55
III. Bewertung 57
1. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Verhältnis der Kategorien „Konformauslegung“ und „unmittelbare Wirksamkeit“ im Gemeinschaftsrecht 58
2. Übertragung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprechung durch das Pupino-Urteil auf den Bereich der dritten Säule der Europäischen Union 60
3. Fortführung der Pupino-Rechtsprechung durch den Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache Advocaten voor de Wereld VZW 63
C. Ausblick auf die künftige primärrechtliche Ausgestaltung der strafrechtlichen justiziellen Zusammenarbeit 64
Kapitel 3: Der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl – Partielle Verankerung des Anerkennungsprinzips im Auslieferungsrecht 67
A. Ursprung und Hintergründe zur Einführung des Europäischen Haftbefehls 67
I. Der völkerrechtlich geprägte Ursprung des europäischen Auslieferungsrechts 68
II. Neuausrichtung des europäischen Auslieferungsrechts durch die Annahme des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl 70
III. Das Anerkennungsprinzip als Grundlage der Zusammenarbeit 72
1. Gemeinschaftsrechtliches Binnenmarktrecht als Ursprungsort des Anerkennungsprinzips 73
2. Verwaltungskooperation auf der Grundlage des transnationalen Verwaltungsaktes als Anwendungsfall des Anerkennungsprinzips 74
B. Mit dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl verbundene Änderungen des Auslieferungsrechts 77
I. Verfahrensrechtliche Änderungen durch die Einführung des Anerkennungsprinzips: Abschaffung des Bewilligungsverfahrens 77
II. Materiellrechtliche Änderungen durch die Einführung des Anerkennungsprinzips 79
1. Partielle Abkehr von der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit 79
2. Abschaffung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit 82
3. Möglichkeit des generellen Verzichts auf den Spezialitätsschutz 83
4. Einschränkung der Ablehnungs- bzw. Vorbehaltsgründe für eine Auslieferung 85
a) Aufhebung der generellen Vorbehaltsmöglichkeit für die Auslieferung eigener Staatsangehöriger 85
b) Keine Vollstreckungsverweigerung auf der Grundlage eines nationalen ordre public-Vorbehalts 87
c) Weitere Einschränkungen bzw. Aufhebungen von Gründen für eine Vollstreckungsverweigerung 87
5. Erweiterung des Verbots der Doppelbestrafung 89
III. Bewertung der Übertragung des Anerkennungsprinzips auf den Bereich des Auslieferungsrechts 91
C. Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl in Deutschland 93
I. Das erste Europäische Haftbefehlsgesetz 93
1. Verabschiedung des Gesetzes 93
2. Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht am 18. Juli 2005 95
II. Das zweite Europäische Haftbefehlsgesetz 97
III. Bewertung der Neufassung vor dem Hintergrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts 99
Kapitel 4: Übertragung von Hoheitsrechten im Fall des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl 102
A. Allgemeine verfassungsrechtliche Grundlagen im Grundgesetz für die Übertragung von Hoheitsrechten 103
I. Der Auftrag der offenen Staatlichkeit im Grundgesetz 103
II. Art. 23 GG und Art. 24 GG als Ermächtigungsgrundlagen für die Übertragung von Hoheitsrechten 104
B. Merkmale der Übertragung von Hoheitsrechten 106
I. Durchgriffswirkung 106
II. Geltungsgrund für die Durchgriffswirkung im innerstaatlichen Recht 107
1. Innerstaatlicher Rechtsanwendungsbefehl als Geltungsgrund 107
2. Völkerrechtlicher Vertrag als Geltungsgrund 108
3. Bewertung 109
C. Formen von Hoheitsrechtsübertragungen 110
I. Vertikale Hoheitsrechtsübertragung auf zwischenstaatliche Einrichtungen 110
II. Horizontale Hoheitsrechtsübertragungen auf andere Staaten 112
D. Übertragung der Grundsätze auf den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl 114
I. Hoheitsrechtsübertragung in vertikaler Hinsicht 114
1. Vertikale Durchgriffswirkung aufgrund faktischer unmittelbarer Wirksamkeit von Rahmenbeschlüssen 114
2. Fehlende nationale Zustimmung zum Vorliegen einer vertikalen Durchgriffswirkung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl 115
a) Kein Rechtsanwendungsbefehl zu einer vertikalen Durchgriffswirkung durch das nationale Europäische Haftbefehlsgesetz 115
b) Kein antizipierter Rechtsanwendungsbefehl durch das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Amsterdam 117
II. Hoheitsrechtsübertragung in horizontaler Hinsicht 120
1. Horizontale Durchgriffswirkung in Form des transnationalen Hoheitsaktes 121
2. Innerstaatlicher Rechtsanwendungsbefehl in Gestalt des zweiten Europäischen Haftbefehlsgesetzes 122
Kapitel 5: Grundgesetzliche Grundlagen, Anforderungen und Schranken für horizontale Hoheitsrechtsübertragungen 124
A. Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG als Ermächtigungsgrundlage für horizontale Hoheitsrechtsübertragungen im Rahmen der Europäischen Union 124
I. Die Diskussion über die Möglichkeit horizontaler Hoheitsrechtsübertragungen auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 GG 125
II. Horizontale Hoheitsrechtsübertragung vor dem Hintergrund des Normzwecks von Art. 23 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG 127
B. Strukturvorgaben für die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an der Entwicklung der Europäischen Union 129
I. Die Elemente der Struktursicherungsklausel in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG 130
1. Pflicht zur Wahrung demokratischer Grundsätze 131
2. Pflicht zur Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze 133
3. Pflicht zur Wahrung sozialer Grundsätze 135
4. Pflicht zur Wahrung föderativer Grundsätze 135
5. Pflicht zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität 136
6. Pflicht zur Gewährleistung eines dem Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutzes 139
II. Prüfungsmaßstab 142
C. Schranken für verfassungsändernde Hoheitsrechtsübertragungen im Rahmen der Europäischen Union 144
I. Der Anwendungsbereich des Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG 145
II. Die von der „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätze 148
1. Schutz der bundesstaatlichen Ordnung 148
a) Gliederung des Bundes in Länder 149
b) Grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung 150
2. Schutz vor Verlust der Staatlichkeit 151
3. Schutz der elementaren in den Artikeln 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze 154
a) Menschenwürdeschutz 154
b) Republik- und Demokratiegebot 158
c) Gebot der Sozialstaatlichkeit 161
d) Zentrale Gebote der Rechtsstaatlichkeit 162
4. Zusammenfassender Überblick über die nach Art. 79 Abs. 3 GG unantastbaren Verfassungsgrundsätze 165
III. Prüfungsmaßstab 166
D. Verhältnis der Struktursicherungsklausel zur Verfassungsbestandsklausel 170
Kapitel 6: Verfassungsverstöße durch die Übertragung von Hoheitsrechten im Fall des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl 173
A. Generelle Anwendbarkeit der Verfassungsbestandsklausel auf die mit dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl verbundene Hoheitsrechtsübertragung 173
B. Zu den einzelnen in Betracht kommenden Verfassungsverstößen 175
I. Verstoß gegen das Demokratiegebot und den damit verbundenen Grundsatz der Gewaltenteilung 176
1. Unzulänglichkeit gubernativer Rechtsetzung bei der Einführung des Anerkennungsprinzips im strafrechtlichen Bereich 177
2. Keine Nachholbarkeit mangelnder demokratischer Legitimation durch den nationalen Umsetzungsakt 181
a) Beschränkter parlamentarischer Gestaltungsspielraum 182
b) Fehlende Möglichkeit zur Umsetzungsverweigerung 187
3. Verstoß gegen das Erfordernis maximaler demokratischer Legitimation von Rechtsetzungsakten im strafrechtlichen Bereich 188
II. Verstoß gegen den Menschenwürdeschutz 191
III. Verstoß gegen den Grundsatz der demokratischen Selbstbestimmung des deutschen Volkes und das Verbot der Entstaatlichung 193
IV. Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz als Ausprägung des Rechtsstaatsgebots 197
V. Verstoß gegen den Subsidiaritätsgrundsatz 203
1. Verletzung der mitgliedstaatlichen Identität durch die Anmaßung einer europäischen Strafrechtskompetenz? 206
2. Beeinträchtigung der mitgliedstaatlichen Identität durch die Art der Kompetenzausübung? 208
VI. Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährleistung eines im Wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutzes 214
1. Pflicht zur Gewährleistung eines generell vergleichbaren Grundrechtsschutzes 215
2. Pflicht zur Gewährleistung eines effektiven Individualrechtsschutzes 219
C. Folge der festgestellten Verfassungsverstöße 221
Kapitel 7: Konsequenzen für den Umgang mit dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl 225
A. Vorlage des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl beim Europäischen Gerichtshof 226
B. Überprüfbarkeit des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl durch das Bundesverfassungsgericht 227
I. Bestandsaufnahme zur Diskussion in der Literatur 227
1. Ablehnung einer Prüfungskompetenz 227
2. Annahme einer vollumfänglichen Prüfungskompetenz 228
3. Annahme einer eingeschränkten Prüfungskompetenz 229
II. Grundsätzliche Haltung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zur Überprüfung gemeinschaftsrechtlicher Rechtsakte durch nationale Gerichte 230
1. Der europarechtliche Ansatz des Europäischen Gerichtshofs 230
2. Der verfassungsrechtliche Ansatz des Bundesverfassungsgerichts 231
a) Entwicklung der Rechtsprechung bis zum Maastricht-Urteil 231
b) Eckpfeiler seit dem Maastricht-Urteil: Kooperationsverhältnis und Souveränitätsvorbehalt 233
III. Überprüfbarkeit von Richtlinien als umsetzungsbedürftige Gemeinschaftsrechtsakte durch das Bundesverfassungsgericht 235
1. Vollumfängliche Überprüfbarkeit des nicht determinierten Bereichs des Umsetzungsaktes 236
2. Beschränkte Überprüfbarkeit des determinierten Bereichs 236
IV. Übertragung der für Richtlinien eingeschlagenen Vorgehensweise auf unionsrechtliche Rahmenbeschlüsse 238
C. Möglichkeiten der Streitbeilegung 240
Kapitel 8: Resümee und Ausblick 242
A. Resümee 242
B. Ausblick: Neuregelung auf der Grundlage des Vertrages von Lissabon 247
Thesenartige Zusammenfassung 250
Anhang 253
Literaturverzeichnis 273
Sachverzeichnis 303