Macht und Ohnmacht des Grundgesetzes
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Macht und Ohnmacht des Grundgesetzes
Sechs Würzburger Vorträge zu 60 Jahren Verfassung
Editors: Dreier, Horst
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, Vol. 57
(2009)
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Abstract
Der Band dokumentiert eine Vortragsveranstaltung, die die Autoren als Vertreter des Öffentlichen Rechts der Universität Würzburg aus Anlaß des 60. Geburtstages des Grundgesetzes in der Würzburger Neubaukirche gestalteten. Der erfreulich große Zuspruch gerade von studentischer Seite ermunterte sie dazu, ihre Referate zur Druckreife zu bringen und gemeinsam in einem Band vorzulegen.Bei aller Heterogenität der Beiträge zeigt sich deutlich, welch enorme Wirkkraft und Gestaltungsmacht das Grundgesetz für die politische Ordnung und die Identität der Bundesrepublik Deutschland entfaltet. Bei zahlreichen Jubiläumsfeiern ist das zu Recht immer wieder betont worden. Das sollte aber unseren Blick nicht dafür trüben, daß die so verstandene "Macht" keine grenzenlose ist. Gewisse Schattenseiten des Grundgesetzes sind möglicherweise als nichtintendierte Folgen mancher für sich genommen wertvoller und wichtiger Entscheidungen des Parlamentarischen Rates zu begreifen und vermutlich nur in sehr beschränktem Umfang vermeidbar. Auch kann die Verfassung ihre eigene Auslegung nur begrenzt steuern, wie Reflexionen auf das Verhältnis von Methodenlehre und Grundgesetz im allgemeinen, Fallanalysen zur kommunalen Selbstverwaltung und zum Auslandseinsatz der Bundeswehr im besonderen zeigen. Vor allem die umstrittene Entsendung deutscher Streitkräfte führt einmal mehr die zentrale Rolle des Bundesverfassungsgerichts vor Augen, dessen einschlägige Leitentscheidung die eher restriktiven Aussagen des Grundgesetzes stark strapaziert und nach dem Urteil mancher dabei die Grenze zur Verfassungsänderung überschritten hat. Schließlich läßt sich am Beispiel der europäischen Integration und Art. 146 demonstrieren, daß das Grundgesetz seinen Geltungs- und Gestaltungsanspruch keineswegs absolut setzt, sondern weitreichende Einbindungen in höherstufige politische Verbände ebenso kennt wie die Möglichkeit eines vollständigen "Identitätswechsels" der Bundesrepublik Deutschland. Um den Weg zu einem europäischen Bundesstaat zu ebnen, müßte es sich allerdings selbst zur Disposition stellen. Ob das einmal geschehen wird, vermag heute niemand sicher vorauszusagen. Sicher aber ist, daß das Grundgesetz auch 60 Jahre nach Verkündung in seiner Entwicklung weiter voranschreitet.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Helmuth Schulze-Fielitz: Schattenseiten des Grundgesetzes | 9 | ||
I. Problemstellung: „Schattenseiten“ des Grundgesetzes? | 9 | ||
II. In-Sich-Konflikteder rechtsstaatlichen Demokratie | 11 | ||
1. Problembeschreibung | 11 | ||
a) Die starke Stellungdes Bundesverfassungsgerichts | 11 | ||
b) Die starke Stellung der Judikative | 15 | ||
c) Die schwache Stellung des Volkes | 17 | ||
2. Erklärungen | 18 | ||
3. Folgeprobleme und Gefahren | 20 | ||
a) Die Entmachtung des parlamentarischen Gesetzgebers | 21 | ||
b) Der übertriebene Legalismus | 24 | ||
c) Politische Eliten als Volksersatz? | 25 | ||
4. Zusammenfassung | 27 | ||
III. Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien | 28 | ||
1. Der normative Tatbestand | 28 | ||
2. Erklärungen | 30 | ||
3. Folgeprobleme und Gefahren | 32 | ||
a) Ämterpatronage? | 33 | ||
b) Verluste der Fähigkeit zu demokratischer Responsivität? | 35 | ||
4. Zusammenfassung | 37 | ||
IV. Die verfassungsrechtliche Labilität des Bundesstaates | 38 | ||
1. Die verfassungsrechtliche Lage des deutschen Bundesstaats | 38 | ||
2. Erklärungen | 42 | ||
3. Folgeprobleme und Gefahren | 44 | ||
a) Zunehmende Bundesratsblockaden? | 45 | ||
b) Verflechtungsprobleme | 46 | ||
c) Die Intransparenz politischer Verantwortlichkeit | 48 | ||
4. Zusammenfassung | 49 | ||
V. Ausblick: Die Kenntnis der Schwächen als Voraussetzung von Stärken | 50 | ||
Ralf P. Schenke: Methodenlehre und Grundgesetz | 51 | ||
I. Einleitung | 51 | ||
II. Die Konstitutionalisierung der Rechtsordnung | 53 | ||
III. Die zwei Phasen der verfassungsrechtlichen Überformung der Methodenlehre | 55 | ||
1. Konstitutionalisierung der Methodenlehre als Garant der Sicherung des Verfassungsvorrangs | 56 | ||
a) DasWohnungsbau-Urteil (BVerfGE 1, 299 ff.) | 56 | ||
b) Das Lüth-Urteil (BVerfGE 7, 198 ff.) | 59 | ||
c) Die Soraya-Entscheidung (BVerfGE 34, 269 ff.) | 60 | ||
d) Zwischenfazit | 60 | ||
2. Konstitutionalisierung als Abwehrstrategiege gegenüber einem „Verfassungstotalitarismus“ | 62 | ||
a) Horst Ehmkes Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Kompetenzordnung und Methodenlehre | 62 | ||
b) Verfassungsrecht als Grenze der verfassungsrechtlichen Rechtsfortbildung des einfachen Recht | 64 | ||
c) Die Sozialplanentscheidung (BVerfGE 65, 182 ff.) | 65 | ||
IV. Bewertung und Kritik der Konstitutionalisierung der Methodenlehre | 67 | ||
1. Offenlegung des funktionell - rechtlichen und des politischen Charakters der juristischen Methodenlehre | 67 | ||
2. Isolierung von den erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Nachbardisziplinen | 68 | ||
3. Verengung auf das öffentliche Recht | 69 | ||
4. Der Rahmencharakter der Verfassung und die Wertungsabhängigkeit des Methodenverfassungsrechts | 71 | ||
V. Schlussbetrachtung und Ausblick: Demokratisierung der Methodenlehre durch Methodengesetzgebung | 73 | ||
Joachim Suerbaum: Die Wirkmächtigkeit der grundgesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der kommunalen Selbstverwaltung | 75 | ||
I. Einführung | 75 | ||
II. Die grundgesetzlichen Bestimmungen zum Schutz kommunaler Selbstverwaltung im Überblick | 77 | ||
III. Der Gehalt des Art. 28 Abs. 2 GG nach 60 Jahren GG | 80 | ||
1. Dogmatische Grundlagen | 80 | ||
2. Rechtssubjektsgarantie | 85 | ||
3. Rechtsinstitutionsgarantie | 86 | ||
a) Aufgabengarantie | 87 | ||
b) Eigenverantwortlichkeit | 91 | ||
4. Rechtsstellungsgarantie | 98 | ||
a) Zuerkennung subjektiver Rechte | 99 | ||
b) Rechtsschutz | 100 | ||
IV. Resümee | 104 | ||
Stefanie Schmahl: Der Einsatz deutscher Streitkräfte unter der Ägide des Grundgesetzes. Vom demilitarisierten Deutschland zum Einsatz der Bundesmarine im Golf von Aden | 107 | ||
I. Problemstellung | 107 | ||
II. Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung | 111 | ||
III. Einsatz der Streitkräfte zu anderen Zwecken als der Verteidigung | 114 | ||
1. Einsatz der Streitkräfte im Innern | 114 | ||
2. Einsatz der Streitkräfte im Ausland | 115 | ||
a) Grundsätzliche Zulässigkeit | 118 | ||
b) Einsatz der Streitkräfte unter dem Mandat der Vereinten Nationen | 122 | ||
c) Einsatz der Streitkräfte ohne Mandat der Vereinten Nationen | 123 | ||
d) Unilaterale Auslandseinsätze der Streitkräfte | 124 | ||
e) Wehrverfassungsrechtlicher Parlamentsvorbehalt | 126 | ||
f) Fortentwicklung von Bündnisverträgen | 129 | ||
IV. Schlussbemerkung | 134 | ||
Eckhard Pache: Grundgesetz und Europa: Verfassungsrechtliche Vorgaben und Grenzen der Mitwirkung Deutschlands an der europäischen Integration | 137 | ||
I. Einführung | 137 | ||
II. Die europabezogenen Bestimmungen des Grundgesetzes | 140 | ||
1. Präambel | 140 | ||
2. Art. 24 GG | 142 | ||
3. Art. 23 GG | 144 | ||
III. Grundgesetz und europäisches Primärrecht | 147 | ||
IV. Grundgesetz und europäisches Sekundärrecht | 151 | ||
V. Die unionsverfassungsrechtliche Bedeutung des Grundgesetzes | 155 | ||
VI. Bewertung | 157 | ||
Horst Dreier: Das Grundgesetz unter Ablösungsvorbehalt? Zu Deutung und Bedeutung des Art. 146 GG | 159 | ||
I. Ausgangspunkt: Das Grundgesetz als Provisorium | 159 | ||
II. Wendepunkt: Das Grundgesetz im Prozeß der deutschen Wiedervereinigung | 167 | ||
III. Nullpunkt oder Fluchtpunkt? Zur kontroversen Deutung des Art. 146 GG | 172 | ||
1. Ein Kampf ums Grundgesetz | 172 | ||
2. Fortbestand ohne Regelungskraft? | 174 | ||
3. Fortgeltung mit unveränderter Regelungsoption | 177 | ||
a) Wiedervereinigungsfrage und Verfassungsfrage | 177 | ||
b) Zur Auslegung von Art. 146 n. F. GG | 180 | ||
c) Verfassungsablösung und Verfassungsneuschöpfung | 183 | ||
IV. Schlußpunkt: Offene Verfassungszukunft | 187 | ||
Autorenverzeichnis | 191 | ||
Sachverzeichnis | 193 |