Wie viel Staat vertragen Eltern?
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Wie viel Staat vertragen Eltern?
Systematische Entfaltung eines gestuften Maßnahmenkonzepts vor dem Hintergrund des Elterngrundrechts
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1160
(2010)
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About The Author
Dr. Pamela Hölbling, LL.M., arbeitet als Syndikus bei der Entsorgung Dortmund GmbH. Zuvor war sie in einer größeren Wirtschaftskanzlei in Düsseldorf im dortigen Dezernat für Umwelt- und Planungsrecht als Rechtsanwältin tätig. Frau Hölbling hat ihre Dissertation zur Neuausrichtung des grundrechtlichen Elternrechts, während ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Öffentliches Recht an der Ruhr-Universität Bochum bei Herrn Prof. Dr. Martin Burgi, geschrieben. Im Anschluss hat Frau Hölbling ein Postgraduiertenstudium an der University of Nottingham, England mit Schwerpunkt im europäischen Wirtschafts- und Vergaberecht absolviert. Frau Hölbling hat bereits mehrere Publikationen zu vergabe- und verfassungsrechtlichen Themen in Fachzeitschriften veröffentlicht.Abstract
Eine wachsende Anzahl von Eltern in Deutschland erscheint außerstande, aus eigener Kraft ein intaktes Familienleben zu organisieren. Die Kinder werden so zu Opfern, wenngleich in ganz unterschiedlicher Intensität. Freiwillige Hilfs- und Unterstützungsleistungen von Seiten des Staates stehen zwar zur Verfügung, erreichen aber oftmals die Kinder nicht rechtzeitig oder vollumfänglich.Gegen den Willen der Eltern kann der Staat bislang nur in eng begrenzten Ausnahmefällen eingreifen. Die traditionelle Verfassungsinterpretation geht von einer klaren Grenzziehung zwischen elterlichem Erziehungsgrundrecht (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) und staatlichem Wächteramt, insbesondere im Vorschulalter, aus. Das Elterngrundrecht - als Garant des Kindeswohls gedacht - zwinge den Staat, sich weit möglichst vom Elternhaus fernzuhalten. Die Autorin fragt nach Modifikationen der Gefährdungs- und damit Eingriffsschwelle. Neben der argumentativen Aufarbeitung dieses verfassungsrechtlichen Spannungsfeldes zielt die vorliegende Arbeit darauf, den Eltern-Kind-Bereich aus öffentlich-rechtlicher Sicht zu beleuchten; denn bislang dominiert die zivilrechtliche Perspektive des Familienrechts. Die sich aus der verfassungsrechtlichen Beurteilung ergebende Defizitanalyse wirft unterschiedliche Fragen auf: Welche Wendepunkte kann der Staat nutzen, um gefährdete Kinder frühzeitiger als bisher zu erreichen? Wie kann der Ausbau staatlicher Präventions- und vorverlagerter Interventionsmöglichkeiten ins Werk gesetzt werden, um den aufgezeigten Erziehungsschwierigkeiten zu begegnen? Diese und weitere Fragen werden durch die erstmalige Erarbeitung eines gestuften Maßnahmenkonzepts als Nukleus eines Erziehungsverwaltungsrechts beantwortet und zudem erste Begründungsansätze für eine Fortschreibung des Rechtsdreiecks zwischen Eltern, Kindern und Staat geliefert.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 16 | ||
Einleitung | 21 | ||
A. Problemaufriss | 21 | ||
B. Ablauf und Ziel der Untersuchung | 24 | ||
Erster Teil: Die Realanalyse | 27 | ||
A. Eltern, Kinder und Familien in Deutschland – eine Bestandsaufnahme | 27 | ||
I. Gegenwärtiger Gesellschaftsbefund | 27 | ||
1. Familiäre und partnerschaftliche Lebenswirklichkeit | 27 | ||
2. Wirkungszusammenhänge | 29 | ||
a) Einstellung | 29 | ||
b) Erwerbstätigkeit und Einkommen | 30 | ||
3. Abnehmende Erziehungsfähigkeit | 31 | ||
II. Aktuelle Reaktionen der einfachen Gesetzgebung | 34 | ||
1. Familien- und Erwerb | 34 | ||
2. Im Bereich der Verwaltung | 36 | ||
3. Im Bereich des Familiengerichts | 38 | ||
4. Zwischenergebnis | 40 | ||
B. Kindeswohlgefährdung – sozialwissenschaftliche Begriffsbestimmung | 41 | ||
I. Frühkindliche Basisbedürfnisse | 42 | ||
II. Kindeswohlgefährdung – Kategorienbildung | 44 | ||
1. Vernachlässigung | 44 | ||
2. Misshandlung und Missbrauch | 45 | ||
III. Risikofaktoren für die Entstehung von Kindeswohlgefährdungen | 47 | ||
1. Individuelle Risikofaktoren | 48 | ||
a) Biografie | 48 | ||
b) Aktuelle Lebenssituation | 49 | ||
2. Strukturelle Risikofaktorenr | 50 | ||
a) Armut | 50 | ||
b) Soziale Deprivation | 52 | ||
IV. Folgen von kindeswohlgefährdenden Situationen | 53 | ||
1. Körperliche Verletzungsfolgen | 54 | ||
2. Seelische Verletzungsfolgen | 55 | ||
3. Gesamtgesellschaftliche Folgen | 56 | ||
C. Zusammenfassung | 58 | ||
Zweiter Teil: Der bestehende normative Kontext | 60 | ||
A. Historische Grundlegung | 60 | ||
I. Vom römischen und germanischen Recht | 61 | ||
II. Vom Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten und Bürgerlichen Gesetzbuch | 63 | ||
1. Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten | 63 | ||
2. Bürgerliches Gesetzbuch | 64 | ||
B. Einfachgesetzliches Instrumentarium | 67 | ||
I. Staatliche Hilfsangebote zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen | 67 | ||
1. Gestufte Hilfsformen | 68 | ||
2. Freiwillige Erziehungshilfe | 70 | ||
3. Kontrollfunktion | 71 | ||
II. Familiengerichtliche Intervention zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen | 72 | ||
1. Tatbestandsvoraussetzungen | 73 | ||
2. Rechtsfolgen | 74 | ||
C. Aussagen des Europa- und Völkerrechts sowie der Länderverfassungen zu Eltern- und Kinderrechten | 75 | ||
I. Internationale Ebene | 76 | ||
II. Europäische Ebene | 78 | ||
III. Länderverfassungen | 80 | ||
Dritter Teil: Systematische Entfaltung eines gestuften Maßnahmenkonzepts | 83 | ||
A. Systembausteine | 83 | ||
B. Erste Ebene | 85 | ||
I. Erziehungskurse | 85 | ||
II. Öffentlichkeitsarbeit | 86 | ||
III. Institutionelle Angebote | 87 | ||
IV. Gutscheinvergab | 89 | ||
V. Exkurs: Kindergartenbesuch (-pflicht) | 90 | ||
C. Zweite Ebene | 93 | ||
I. Abstrakte Gefährdungseinschätzung | 93 | ||
II. Ausgestaltungsfragen | 95 | ||
1. Zeitliche Rahmenbedingungen | 95 | ||
2. Inhaltliches Prüfprogramm | 96 | ||
3. Gesundheitssystem | 97 | ||
4. Individuelle Gefährdungseinschätzung | 99 | ||
a) Weitere Sachverhaltsaufklärung | 99 | ||
b) Besuchsangebotr | 99 | ||
5. Verpflichtende Früherkennungsuntersuchung | 101 | ||
a) Leistungsanspruch | 101 | ||
b) Obligatorische Untersuchungen | 101 | ||
c) Untersuchungsintervalle | 102 | ||
d) Nichtbefolgung | 103 | ||
6. Kooperationen und Vernetzungen | 104 | ||
D. Dritte Ebene | 106 | ||
I. Familienhebamme | 107 | ||
1. Praktischer Familienhelfer | 107 | ||
2. Wöchentliche Hausbesuche | 109 | ||
II. Obligatorische Elternkurse | 109 | ||
E. Vierte Ebene | 111 | ||
Vierter Teil: Das Elterngrundrecht in herkömmlicher Interpretation | 113 | ||
A. Historische Determinanten des Elterngrundrechts | 114 | ||
I.Weimarer Reichsverfassung | 114 | ||
II. Zeit des Nationalsozialismus | 116 | ||
III. Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG – Entstehungsgeschichte | 118 | ||
1. Beratungsverlauf | 118 | ||
2. Motive | 119 | ||
IV. Entwicklungslinien | 121 | ||
1. Deutsche Demokratische Republik | 121 | ||
2. Bundesrepublik Deutschland | 122 | ||
B. Das Erziehungsprimat der Eltern | 123 | ||
I. Die Eltern – Grundrechtsträger | 123 | ||
II. Die Kindererziehung – sachlicher Schutzbereich | 126 | ||
III. Das Erziehungsprimat | 127 | ||
1. Elternrecht | 127 | ||
2. Elternpflicht | 130 | ||
C. Das verfassungsrechtliche Umfeld des Erziehungsgrundrechts | 132 | ||
I. Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG | 133 | ||
1. Familie und Individuum | 133 | ||
2. Familie und Gemeinwesen | 135 | ||
II. Schule gemäß Art. 7 Abs. 1 GG | 137 | ||
1. Schulerziehung | 137 | ||
2. Eltern und Schule | 139 | ||
III. Sozialstaatsprinzip | 140 | ||
D. Verfassungsrechtliche Begrenzungen des Elternrechts | 141 | ||
I. Das Kindeswohl als innere Grenzer | 141 | ||
1. Verfassungsrechtliche Eingriffsrechtfertigung | 142 | ||
a) Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG | 142 | ||
b) Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG | 143 | ||
c) Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG | 145 | ||
2. Eltern- versus Kindergrundrechte?r | 146 | ||
3. Materiell-rechtliche Ausprägung | 148 | ||
4. Prozessuale Umsetzung | 149 | ||
II. Das staatliche Wächteramt als äußere Grenze | 151 | ||
1. Voraussetzungen | 152 | ||
2. Subsidiarität | 153 | ||
3. Verhältnismäßigkeit | 154 | ||
4. Gefahrenabwehr und -vorsorger | 155 | ||
5. Schutzfunktion | 157 | ||
Fünfter Teil: Das Elterngrundrecht mit Blick auf das gestufte Maßnahmenkonzept | 160 | ||
A. Auf dem Prüfstand: Das gestufte Maßnahmenkonzept | 160 | ||
I. Erste Ebene: Öffentlichkeitsarbeit | 160 | ||
II. Zweite Ebene: Gefährdungseinschätzung und Pflichtuntersuchung | 161 | ||
1. Grundrechtseingriff | 161 | ||
2. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung | 162 | ||
a) Art. 2 Abs. 1 GG | 162 | ||
b) Art. 6 Abs. 2 GG | 163 | ||
aa) Geeignetheit | 164 | ||
bb) Erforderlichkeit | 164 | ||
cc) Angemessenheit | 165 | ||
III. Dritte Ebene: Familienhebamme und obligatorische Elternkurse | 167 | ||
1. Grundrechtseingriff | 167 | ||
2. Verfassungsrechtliche Rechtfertig | 167 | ||
IV. Vierte Ebene: Herausnahme des Kindes aus der Familie | 168 | ||
B. Defizitanalyse und Veränderungsansätze | 169 | ||
I. Defizite im Gesamtverständnis | 169 | ||
II. Defizite auf der Ausführungsebene | 171 | ||
1. Hilfen | 171 | ||
2. Interventionen | 172 | ||
3. Nachsorge | 173 | ||
III. Argumentationslinien | 174 | ||
1. Sinn des Wächteramtes | 174 | ||
2. Kompensation | 175 | ||
3. Gesellschaftliche Komponente | 176 | ||
IV. Erweiterungsansätze | 178 | ||
1. Absenkung der Gefährdungsschwelle | 179 | ||
2. Modifikation der Gefährdungsschwelle | 181 | ||
a) Präventive Vorfeldarbeit | 181 | ||
b) Konsequenzen für die Beurteilung des Maßnahmenkonzepts | 183 | ||
C. Resümee | 185 | ||
Literaturverzeichnis | 189 | ||
Sachwortverzeichnis | 210 |