Dogmatik der Organisationsdelikte
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Dogmatik der Organisationsdelikte
Eine kritische Darstellung der täterschaftlichen Zurechnungslehre in legalen und illegalen Organisationsstrukturen aus strafrechtsdogmatischer und rechtstheoretischer Sicht sowie ein Beitrag zur Lehre vom Tatbestand
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 218
(2010)
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Abstract
Ioannis Morozinis befasst sich mit der Grundfrage der täterschaftlichen Zurechnung von Straftaten, wenn sie durch eine "Organisationswand" erfolgen soll. Nachdem der Autor eine genuine Strafbarkeit von Verbänden verwirft, untersucht er umfassend die Möglichkeiten einer täterschaftlichen Zurechnung zu der Führungsperson einer legalen oder illegalen Organisation der Taten, die durch andere aus dieser Organisation heraus begangen werden. In Bezug auf die illegalen Organisationen wird insb. die Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft erneut dogmatisch bearbeitet und rechtstheoretisch als komparativer Begriff konzipiert. Sodann wird die Übertragung dieser Rechtsfigur auf das Feld der Unternehmenskriminalität kritisiert. Im Anschluss spricht der Autor die Mittel an, welche die Beteiligungslehre sowie die Figur des unechten Unterlassungsdeliktes für die täterschaftliche Unrechtszurechnung zum Geschäftsherrn bereithalten. Schließlich wird die Rechtsfigur des Organisationsdelikts i. e. S. fundiert. Im Zentrum dieses letzten Teils der Publikation stehen jene Tatbestände, die schon als Tathandlung eine "betriebliche Tätigkeit" normieren.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 13 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 19 | ||
1. Teil: Einleitung | 23 | ||
§ 1 Problemstellung und methodologische Prolegomena | 23 | ||
I. Problemstellung | 23 | ||
II. Methodologische Prolegomena | 26 | ||
§ 2 Plädoyer für die Erhaltung des Grundsatzes „Societas delinquere non potest“ | 27 | ||
I. „Societas delinquere non potest“ | 29 | ||
1. Das Problem der Verbandshandlung | 30 | ||
2. Das Problem der Verbandsschuld | 36 | ||
II. „Societas puniri non potest“ | 48 | ||
III. Notwendigkeit eines „Unternehmenssanktionsrechts“ | 52 | ||
2. Teil: Zurechnungstopoi zur Begründung individueller Verantwortlichkeit der oberen (bzw. mittleren) Schichten einer Organisation (Organisationsdelikte i.w.S.) | 63 | ||
§ 3 Illegale Organisationen | 63 | ||
I. Einführung | 63 | ||
II. Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft | 67 | ||
1. Roxins Organisationsherrschaftslehre | 67 | ||
a) Dogmatische Fundierung | 68 | ||
b) Kritik und Roxins Antworten | 74 | ||
aa) Schroeder | 74 | ||
bb) Rotsch | 77 | ||
cc) Renzikowski | 86 | ||
dd) Herzberg | 88 | ||
ee) Zusammenfassung | 90 | ||
c) Die Ergänzung durch das Tatbereitschafts-Kriterium | 91 | ||
2. Die Rechtsprechung des BGH | 95 | ||
a) BGHSt 40, 218 ff.: Aufbau und Würdigung der dogmatischen Argumentation zur Organisationsherrschaft | 95 | ||
aa) Hintergrund, Grundlegende Argumentation und Einwände aus der Literatur | 95 | ||
bb) Fungibilität | 102 | ||
cc) Rechtsgelöstheit | 103 | ||
dd) Objektive und subjektive Tatherrschaftselemente | 104 | ||
ee) Weitere Argumentation | 110 | ||
ff) Mögliche Lösungsvorschläge für die „Mauerschützen“-Konstellation (eine erste einschränkende Stellungnahme) | 112 | ||
b) Weitere Entwicklung der Rspr. des BGH im Hinblick auf illegale Organisationen bzw. Machtapparate | 116 | ||
aa) BGHSt 40, 307 ff. | 117 | ||
bb) BGHSt 42, 65 ff | 119 | ||
cc) BGH NStZ-RR 1996, 323 | 122 | ||
dd) BGHSt 44, 204 ff. | 123 | ||
ee) BGHSt 45, 270 ff. | 124 | ||
ff) BGHSt 47, 100 ff. | 127 | ||
gg) BGHSt 48, 77 ff. | 129 | ||
hh) BGH wistra 1999, 503 ff. | 137 | ||
ii) Zwischenbefund | 139 | ||
3. Abweichende Begründungen der mittelbaren Täterschaft | 139 | ||
a) Benutzung eines Tatentschlossenen (Schroeder) | 140 | ||
b) Fehlen von Hemmungsgründen beim Vordermann (M. K. Meyer), Versagen der normativen Abgrenzung von Verantwortungsbereichen (Schumann) | 144 | ||
c) Relevant überlegene Gestaltungsherrschaft (Bottke) | 150 | ||
d) „Personale Tatherrschaft“ bzw. Täterschaft durch Pflichtverletzung (Murmann, Jakobs, Freund) | 152 | ||
e) Ersatzursachenherrschaft (Hoyer) | 161 | ||
f) Organisationstypische Tatgeneigtheit (Heinrich) | 163 | ||
g) Soziale Tatherrschaft (Schlösser) | 173 | ||
4. Ablehnende Stellungnahmen zu Gunsten der Anstiftung – das Selbstverantwortungsprinzip | 177 | ||
5. Ablehnende Stellungnahmen zu Gunsten der Mittäterschaft | 191 | ||
6. Eigene Stellungnahme – „Rechtsgelöste Fungibilität“ als Voraussetzung der Organisationsherrschaft | 206 | ||
a) Der Organisationstäter hinter dem Täter als mittelbarer Täter und die Lehre der Tatherrschaftsstufen | 207 | ||
b) Die Organisationsherrschaft als Typus bzw. komparativer Begriff | 223 | ||
aa) Die Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft als methodologisches Problem – Die erste Anregung von ihrem Vater Roxin | 223 | ||
bb) Die herkömmliche Abgrenzung mit Klassen- bzw. klassifikatorischen Begriffen und ihre Unzulänglichkeiten | 226 | ||
cc) Die Lehre der (ordnenden) Typusbegriffe als Abwehr des Klassendenkens in der Beteiligungslehre – Die „unscharfen Klassenbegriffe“ | 228 | ||
dd) Die Beteiligungsformen als komparative Begriffe | 241 | ||
(1) Wesen und Funktion der komparativen Begriffe | 241 | ||
(2) Das „kompensatorische Und“ | 248 | ||
(3) Die Beteiligungsformen als komparative Wertungen bzw. komparative Wertbegriffe | 255 | ||
ee) Insbesondere: Grundriss einer Abgrenzung der Täterschaftsformen (für die sog. Herrschaftsdelikte) anhand von komparativen Begriffen | 263 | ||
ff) Insbesondere die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft kraft Organisationsherrschaft aus der Perspektive der komparativen Begriffe bzw. Ordnungstypen | 267 | ||
c) Die Dimensionen der Organisationsherrschaft als Dispositionsbegriffe | 272 | ||
aa) Fungibilität und Rechtsgelöstheit als dispositionelle Eigenschaften der Organisation | 272 | ||
bb) Das Feststellungsverfahren – Indikatoren und Korrespondenzregeln | 278 | ||
d) Automatik als Voraussetzung der Erfolgsherrschaft | 293 | ||
e) „Rechtsgelöste Fungibilität“ als Voraussetzung der Automatik | 297 | ||
aa) Fungibilität | 299 | ||
(1) Der Begriff | 299 | ||
(2) Die Indikatoren | 300 | ||
(a) Die Manifestation im konkreten Fall | 300 | ||
(b) Die Manifestationen in der Vergangenheit | 301 | ||
(c) Die Manifestationen in ähnlichen Organisationsstrukturen | 301 | ||
(d) Weitere empirische Daten | 301 | ||
bb) Rechtsgelöstheit | 304 | ||
(1) Der Begriff | 304 | ||
(2) Die Indikatoren | 311 | ||
(a) Die Manifestation im konkreten Fall | 311 | ||
(b) Die Manifestationen in der Vergangenheit | 311 | ||
(c) Die Manifestationen in ähnlichen Organisationsstrukturen | 312 | ||
(d) Weitere empirischen Daten | 312 | ||
cc) Funktioneller Zusammenhang | 313 | ||
dd) Die Relevanz der Organisationstypischen Tatgeneigtheit bzw. Tatbereitschaft | 316 | ||
f) Befehlsgewalt als Voraussetzung der Zuschreibung von Organisationsherrschaft (Ausschluss von Exzesstaten des Vordermanns) | 318 | ||
7. Konkurrenz der Organisationsherrschaft zur Nötigungs- oder Irrtumsherrschaft? | 321 | ||
III. Unmittelbare Täterschaft – Nebentäterschaft | 326 | ||
IV. Anstiftung | 326 | ||
V. Mittäterschaft | 328 | ||
VI. Beteiligung durch Unterlassen | 329 | ||
VII. Zwischenergebnis | 331 | ||
§ 4 Unternehmenskriminalität (legale Organisationen) | 335 | ||
I. Einführung | 335 | ||
II. Zurechnungstopoi im Falle eines aktiven Tatbeitrags des Vorgesetzten | 338 | ||
1. Das „Lederspray“ -Urteil: (Unmittelbare) Täterschaft kraft gesellschaftsrechtlicher Pflichtenstellung oder ein Organisationsdelikt i. e. S. sine lege? | 338 | ||
2. Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft (Ausdehnung der rechtlichen Konstruktion der Täterschaft kraft Organisationsherrschaft auf legale Unternehmen | 355 | ||
a) Die Rspr. des BGH | 355 | ||
aa) BGHSt 40, 218 ff. | 356 | ||
bb) BGHSt 40, 257 ff.(„Behandlungsabbruch“, „Sterbehilfe“) | 361 | ||
cc) BGHSt 43, 219 ff. („Abfallbeseitigung“) | 368 | ||
dd) BGH NStZ 1998, S. 568 f. („faktischer Geschäftsführer“) | 374 | ||
ee) BGH, Urt. v. 22.6.2000 – 5 StR 268/99 („Anwaltskanzlei“) | 378 | ||
ff) BGH JR 2004, S. 245 ff. („Schweinemastskandal“) | 380 | ||
gg) BGHSt 48, 331 ff. („betrügerische Einwerbung von Kapitaleinlagen“) | 384 | ||
hh) BGHSt 49, 147 ff. („Bremer-Vulkan“) | 386 | ||
b) Befürworter in der Literatur | 393 | ||
3. Stellungnahme und ergänzende Kritik zu den Lösungsansätzen der Rechtsprechung und der Literatur, die eine Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft annehmen | 404 | ||
a) Kritik zur „unechten“ Ausdehnung | 406 | ||
aa) In der Rechtsprechung (mittelbare Täterschaft kraft faktischer Weisungsmacht) | 406 | ||
bb) In der Lehre (normative, normativ-soziale bzw. funktionelle Tatherrschaft) | 420 | ||
b) Kritik zur „echten“ Ausdehnung | 424 | ||
4. Mittelbare Täterschaft nach dem Verantwortungsprinzip | 430 | ||
a) Mittelbare Täterschaft kraft Irrtumsherrschaft | 430 | ||
b) Mittelbare Täterschaft kraft fehlender objektiver Zurechnung beim Tatmittler | 431 | ||
5. Mittäterschaft (durch aktives Tun) | 440 | ||
6. Anstiftung | 444 | ||
7. Zwischenergebnis: Die Beteiligungsform des Unternehmers bei aktivem Tun und ihre kriminalpolitischen Unzulänglichkeiten | 448 | ||
III. Geschäftsherrenhaftung | 452 | ||
1. Prolegomena | 452 | ||
2. Unterlassungstäterschaft des Unternehmensleiters – Die auf den Unternehmer bezogenen Garantentypen | 455 | ||
a) Die Lehre der Garantenstellungen und die in Frage kommenden allgemeinen Garantentypen | 455 | ||
b) Die unternehmensbezogenen Garantentypen | 471 | ||
aa) Die Herrschaft über gefährliche Sachen und sachgebundene Verrichtungen | 471 | ||
bb) Die Garantenstellung des Geschäftsherrn (Geschäftsherrenhaftung i. e. S.) | 477 | ||
(1) Übersicht der Ansichten in Literatur und Rspr. | 477 | ||
(2) Die Garantenstellung kraft Organisationsherrschaft | 483 | ||
cc) Das Verhältnis zwischen den beiden Garantenstellungen des Unternehmers | 509 | ||
dd) Insbesondere: Die Produkthaftung | 511 | ||
IV. Organisations-Mittäterschaft | 523 | ||
V. Zwischenergebnis | 533 | ||
3. Teil: Zurechnungsmöglichkeiten auf Tatbestandsebene | 536 | ||
§ 5 Organisationsdelikte (i. e. S.) | 536 | ||
I. Ausgangspunkt: Die Notwendigkeit der tatbestandlichen Erfassung der Handlungen aus dem (bzw. durch das) Kollektiv heraus | 536 | ||
II. Grundlagen, Kritik und Übersicht der Organisationsdelikte | 538 | ||
1. Grundlagen: Die Lehre von Schünemann | 538 | ||
2. Beziehung des Organisationsdelikts (i. e. S.) zu den Rechtsfiguren der Organisations-Mittäterschaft, der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft sowie der Beteiligung durch Unterlassen | 542 | ||
3. Übersicht der Organisationsdelikte im StGB und den Nebengesetzen | 544 | ||
a) Im StGB | 544 | ||
aa) Das Veranstalten (§§ 284, 287 StGB) | 544 | ||
bb) Das Ankaufen bzw. Sich-Verschaffen (§ 259 StGB) | 545 | ||
cc) Die Bauleitung, -ausführung bzw. -planung (§ 319 StGB) | 547 | ||
dd) Das Betreiben von Anlagen (insb. § 327 I StGB) | 548 | ||
b) Im Nebenstrafrecht | 550 | ||
aa) Die Ausfuhr (§ 34 AWG) | 550 | ||
bb) Das Inverkehrbringen (§§ 51, 52 LMBG a.F.; 95, 96 AMG; 28 FlHG) | 551 | ||
cc) Das Handeltreiben (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) | 557 | ||
c) Weitere Tatbestände | 559 | ||
4. Darstellung und Entkräftung der Kritik in der Lehre | 560 | ||
a) Rotsch | 560 | ||
b) Schlösser | 564 | ||
c) Witteck | 569 | ||
III. Die Tatbestandsmäßigkeit | 571 | ||
1. Die Organisationsdelikte im Hinblick auf die Einteilung der Straftaten | 571 | ||
2. Dogmatische Annäherung des Tatbestands | 573 | ||
a) Der objektive Tatbestand: die „betriebliche Tätigkeit“ | 573 | ||
b) Der subjektive Tatbestand: die sog. Reflexivität des Wissens | 590 | ||
c) Organisationsdelikte als Zurechnung von fremden Handlungen und fremdem Verschulden? | 593 | ||
3. Methodologische Annäherung des Tatbestands | 593 | ||
IV. Organisationsdelikte,Täterschaft und Betriebsherrschaft | 600 | ||
V. Das unechte Unterlassungsorganisationsdelikt | 609 | ||
VI. Organisationsdelikte und Handlungslehre | 613 | ||
VII. Organisationsdelikte und Rechtsgüterschutz | 621 | ||
VIII. Zwischenergebnis | 628 | ||
4. Teil: Zentrale Thesen der Arbeit und Fazit | 630 | ||
§ 6 Zentrale Thesen der Arbeit | 630 | ||
§ 7 Fazit | 636 | ||
§ 8 Anhang: Internationale Aspekte der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft (insb. das peruanische Urteil gegen Fujimori) | 637 | ||
I. Das peruanische Urteil gegen Alberto Fujimori | 637 | ||
II. Organisationsherrschaft und Organisationsdelikte im Völkerstrafrecht | 644 | ||
Literaturverzeichnis | 646 | ||
Sachregister | 666 |