Hirnbild und »Lügendetektion«
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Hirnbild und »Lügendetektion«
Zur Zulässigkeit der Glaubwürdigkeitsbegutachtung im Strafverfahren mittels hirnbildgebender Verfahren
Schriften zum Prozessrecht, Vol. 217
(2010)
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Abstract
Diskutierte man bisher über "Lügendetektion" im Strafverfahren, ging es dabei fast immer um den Polygraphentest. Dieses Verfahren der Glaubwürdigkeitsbegutachtung hat sich in Deutschland jedoch nie durchgesetzt: Erst hielt der BGH es für menschenwürdewidrig, gut 40 Jahre später dann für "völlig ungeeignet". Stefan Seiterle beleuchtet nun das Potential neuer Verfahren, besonders der Kernspintomographie, und stellt dabei alte und neue Fragen vor allem zur rechtlichen Zulässigkeit der "Lügendetektion". Denn weder mit dem pauschalen Abstempeln als menschenwürdeverletzend noch mit einer knappen Unbedenklichkeitsbescheinigung lässt sich der Komplexität der Fragestellung gerecht werden. Tatsächlich gibt es im Ergebnis keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit; ein sich in akuter "Not" befindlicher Angeklagter muss sich indes mittels eines tauglichen "Lügendetektors" entlasten dürfen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
1. Kapitel: Einführung in die Problemstellung | 13 | ||
A. Einleitung | 13 | ||
B. Einführung in das Prinzip der „Lügendetektion“, definitorische und terminologische Vorbemerkungen | 16 | ||
2. Kapitel: Die Diskussion um den Einsatz des Polygraphentests | 22 | ||
A. Prinzip und Verfahrensweise der Glaubwürdigkeitsbegutachtung mit dem Polygraphentest | 23 | ||
I. Kontrollfragentest | 24 | ||
II. Tatwissentest | 27 | ||
III. Ungeklärte theoretische Fundierung | 29 | ||
B. Vor dem Urteil des BGH vom 17. 12. 1998 | 32 | ||
I. BGHSt 5, 332 (1954) | 33 | ||
II. BVerfG – Beschluss vom 18. 8. 1981 | 34 | ||
III. BVerfG – Beschluss vom 15. 10. 1997 | 35 | ||
IV. BVerfG – Beschluss vom 7. 4. 1998 | 36 | ||
V. BGH – Beschluss vom 14. 10. 1998 | 37 | ||
VI. Auffassungen im Schrifttum bis 1998 | 37 | ||
C. Das Urteil des BGH vom 17. 12. 1998 | 38 | ||
I. Grundsätzliche verfassungsrechtliche und strafprozessuale Zulässigkeit bei Einverständnis des Beschuldigten | 38 | ||
1. Kein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG | 38 | ||
2. Kein Verstoß gegen § 136a StPO | 39 | ||
II. Ungeeignetheit des Beweismittels | 40 | ||
1. Ungeeignetheit des KFT | 41 | ||
a) Kein Beweiswert | 41 | ||
b) Nicht einmal minimaler Indizwert | 42 | ||
2. Ungeeignetheit des TWT | 42 | ||
D. Rezeption des Urteils | 43 | ||
E. Analyse des BGH-Urteils | 44 | ||
I. Polygraphische Untersuchung als Hilfsmittel im Rahmen des Sachverständigenbeweises | 45 | ||
II. Eignung des Kontrollfragentests im Hauptverfahren | 45 | ||
1. Grundannahme und Funktionsweise des KFT | 46 | ||
2. Indizwert der Ergebnisse eines KFT | 50 | ||
a) Analogstudien | 51 | ||
b) Feldstudien | 52 | ||
c) Zwischenfazit | 54 | ||
d) Manipulierbarkeit | 55 | ||
e) Fehleranfälligkeit | 56 | ||
3. Fazit | 56 | ||
III. Eignung des Tatwissentests im Hauptverfahren | 62 | ||
IV. Einsatz des Polygraphentests im Ermittlungsverfahren | 63 | ||
V. Endgültiges Verbot jeglicher Form apparativer „Lügendetektion“? | 65 | ||
F. Zusammenfassung | 66 | ||
G. Erfahrungen in anderen Rechtsgebieten | 66 | ||
I. Arbeitsrecht | 67 | ||
II. Familienrecht | 67 | ||
H. Erfahrungen in anderen Ländern | 69 | ||
3. Kapitel: Neue Verfahren der „Lügendetektion“ | 74 | ||
A. Hirnstrommessung | 74 | ||
B. Hirnbildgebende Verfahren | 75 | ||
C. „Lügendetektion“ mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) | 77 | ||
I. Grundlagen der Magnetresonanztomographie | 78 | ||
II. Funktionelle Magnetresonanztomographie | 78 | ||
III. Übersicht über verschiedene Studien zur „Lügendetektion“ mit fMRT | 80 | ||
IV. Die Versuche von Kozel und Langleben | 82 | ||
V. Ergebnisse der Studien | 86 | ||
VI. Beurteilung | 87 | ||
VII. Bereits erfolgter Einsatz in einem deutschen Strafverfahren | 89 | ||
VIII. Theoretische Grundüberlegung zur „Lügendetektion“ mittels hirnbildgebender Verfahren | 90 | ||
IX. Überkommene und neue Schwierigkeiten | 93 | ||
D. Weitere neue Verfahren | 96 | ||
E. Ausblick: Entdecken falscher Erinnerung | 97 | ||
F. Zusammenfassung | 98 | ||
4. Kapitel: Rechtliche Zulässigkeit eines nicht-invasiven, einverständlich durchgeführten hirnbildgebenden Verfahrens zur Glaubwürdigkeitsbeurteilung | 100 | ||
A. Vorüberlegungen | 102 | ||
I. Einbeziehung „perfekter“ Verfahren | 102 | ||
II. Maßgeblichkeit des Beweisantragsrechts – Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO: rechtliche Unzulässigkeit der Beweiserhebung | 103 | ||
B. Verstoß gegen § 136a StPO | 105 | ||
I. Generelle Anwendbarkeit auf unwillkürliche Äußerungen | 105 | ||
II. Anwendbarkeit auf Sachverständige bei staatlicher Anordnung der Untersuchung | 115 | ||
III. § 136a StPO bei direkter Anwendung | 116 | ||
1. Untersuchung unter Verwendung eines hirnbildgebenden Verfahrens als körperlicher Eingriff | 116 | ||
2. Untersuchung unter Verwendung eines hirnbildgebenden Verfahrens als „Täuschung“ | 117 | ||
IV. § 136a StPO in analoger Anwendung | 118 | ||
V. Zwischenergebnis | 123 | ||
VI. § 136a Abs. 3 StPO bei analoger Anwendung? | 124 | ||
C. Verletzung der Menschenwürde | 131 | ||
I. Grundsätzliche Verfügbarkeit des eigenen Menschenwürdeschutzes? | 133 | ||
1. Metaphysische Interpretation der Menschenwürdegarantie | 134 | ||
2. Wertorientiertes Verständnis der Menschenwürde | 137 | ||
3. Paternalistische Begründung | 140 | ||
4. Menschenwürdegarantie als Achtung der Selbstbestimmung | 143 | ||
5. Prinzipielle Verfügbarkeit auch in Extremfällen | 146 | ||
6. Keine Ausnahme bei einem Verfahren der „Lügendetektion“ mit specific lie response | 150 | ||
II. Zwischenfazit | 154 | ||
D. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts | 156 | ||
I. Schutzbereich/Eingriff | 156 | ||
II. § 81a StPO als Eingriffsgrundlage | 157 | ||
1. Hirnbildgebende Verfahren als „körperliche Untersuchung“ | 158 | ||
2. Glaubwürdigkeit als „bedeutsame Tatsache“ i. S. d. § 81a Abs. 1 Satz 1 StPO | 159 | ||
3. Zwischenergebnis | 163 | ||
III. Erfordernis einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung – Vorbehalt des Gesetzes | 163 | ||
IV. Zwischenergebnis | 167 | ||
E. Subjektive Schranke der Einwilligung: Das Erfordernis der Freiwilligkeit der Einwilligung | 167 | ||
F. Objektive Schranke der Einwilligung: Vorrangige Belange der Allgemeinheit oder konkreter Dritter | 175 | ||
I. Interessen der Allgemeinheit | 175 | ||
II. Belange Dritter | 177 | ||
1. Künftige Angeklagte – insbesondere das Argument des mittelbaren Drucks | 177 | ||
a) Skizzierung der Untersuchung des Themenkomplexes „mittelbarer Druck auf künftige Angeklagte“ | 178 | ||
b) Ein ausbleibender Testwunsch würde rechtstatsächlich als Schuldindiz aufgefasst – „alltägliche Schuldvermutung“ | 179 | ||
c) Die „alltägliche Schuldvermutung“ führte zu einem Einwilligungsdruck bei künftigen Angeklagten | 185 | ||
d) Mittelbarer Druck und Verwertungsverbot | 187 | ||
aa) Problem des teilweisen Schweigens | 188 | ||
(1) Unterbliebene Beantragung als teilweises Schweigen bei erfolgter Einlassung zur Sache? | 190 | ||
(2) Verwertbarkeit des teilweisen Schweigens | 194 | ||
(3) Ergebnis | 200 | ||
bb) Könnte das Verwertungsverbot die „alltägliche Schuldvermutung“ neutralisieren? | 201 | ||
e) Abhängigkeit der „alltäglichen Schuldvermutung“ und des indirekten Drucks von der Beweissituation | 207 | ||
f) Auswirkungen auf die Rechte künftiger Angeklagter | 211 | ||
aa) Mittelbarer Druck als „Zwang“ für künftige Angeklagte i. S. d. § 136a Abs. 1 StPO | 212 | ||
bb) Mittelbarer Druck als Beeinträchtigung der Aussagefreiheit künftiger Angeklagter | 214 | ||
(1) Beeinträchtigung des Rechts, frei über die Inanspruchnahme des Tests zu entscheiden | 217 | ||
(2) Beeinträchtigung des Rechts, den Test nicht in Anspruch nehmen zu müssen (Beeinträchtigung des Schweigerechts) | 219 | ||
cc) Zusammenfassung | 220 | ||
dd) Mittelbarer Druck und allgemeines Persönlichkeitsrecht | 221 | ||
g) Konsequenzen für die Zulässigkeit nach Abwägung der betroffenen Interessen | 222 | ||
aa) Nach der Beweislage wäre eine Verurteilung wahrscheinlich | 223 | ||
bb) Nach der Beweislage wäre ein Freispruch wahrscheinlich | 228 | ||
2. Zusammenfassung und Exkurs: Aussagedruck und „Geständnisbonus“/„Deal“ | 229 | ||
III. Mitangeklagte | 232 | ||
G. Zusammenfassung und Ergebnis | 233 | ||
5. Kapitel: Weitere Fallkonstellationen und ihre rechtliche Beurteilung | 235 | ||
A. Testung gegen den Willen des Beschuldigten unzulässig | 235 | ||
B. Testung ohne den Willen des Beschuldigten – heimlicher „Lügendetektor“-Einsatz | 236 | ||
C. Signifikante Wahrscheinlichkeit für „falsch positive“ Ergebnisse – Spezifität bei maximal etwa 90 Prozent | 239 | ||
D. Verwertungsverbot für belastende Testergebnisse | 242 | ||
I. Mögliche Folgen | 243 | ||
II. Durchsetzbarkeit des Verwertungsverbotes | 243 | ||
III. Verwertungsverbot für belastende Ergebnisse wünschenswert? | 245 | ||
E. Es bestehen weitere Entlastungsmöglichkeiten für den Angeklagten | 248 | ||
F. Zulässigkeit im Ermittlungsverfahren | 249 | ||
I. Belastende Testergebnisse verwertbar – Spezifität bei annähernd 100 Prozent | 250 | ||
II. Belastende Testergebnisse verwertbar – Spezifität bei maximal 90 Prozent | 252 | ||
III. Verwertungsverbot für belastende Testergebnisse | 253 | ||
G. Untersuchungshaft | 254 | ||
H. Antragsrecht der Strafverfolgungsbehörden? | 255 | ||
I. Nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit für „falsch positive“ Ergebnisse – Spezifität bei maximal 90 Prozent | 256 | ||
II. Unerhebliche Wahrscheinlichkeit für „falsch positive“ Ergebnisse – Spezifität bei annähernd 100 Prozent | 258 | ||
III. Antragsrecht der Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren? | 258 | ||
IV. Antragsrecht der Strafverfolgungsbehörden mit dem Ziel der Entlastung des Angeklagten? | 259 | ||
I. „Lügendetektor“-Test zum Beweis strafmildernder Umstände | 260 | ||
6. Kapitel: Folgefragen und weitere Aspekte | 262 | ||
A. Feststellbarkeit der Beweislage | 262 | ||
I. Eventualbeweisantrag | 263 | ||
II. Hilfsbeweisantrag | 265 | ||
III. Bewertung | 266 | ||
B. Berücksichtigung außerprozessual erstellter Tests | 267 | ||
C. Einsatz beim Zeugen | 270 | ||
I. Pflicht des Zeugen zur Einwilligung in eine „lügendetektorische“ Untersuchung? | 271 | ||
II. Einsatz beim zustimmenden Zeugen | 272 | ||
III. Untersuchungsverweigerung des Zeugen verwertbar? | 275 | ||
7. Kapitel: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse | 278 | ||
Literaturverzeichnis | 282 | ||
Stichwortverzeichnis | 302 |