Private Standardsetzung im Gesellschafts- und Bilanzrecht
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Private Standardsetzung im Gesellschafts- und Bilanzrecht
Verfassungsrechtliche Grenzen kooperativer Standardsetzung im europäischen Mehrebenensystem an den Beispielen des Deutschen Corporate Governance Kodexes und der International Financial Reporting Standards
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht, Vol. 44
(2007)
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Abstract
Die Zukunft des Nationalstaates und damit auch der Demokratie, die zumindest in Deutschland bisher auf der Grundlage eines souveränen Staates gedacht wurde, ist ungewiss. Denn die Souveränität des Nationalstaates wird durch die internationale Integration Deutschlands, aber auch durch die zunehmende Kooperation des Staates mit gesellschaftlichen Akteuren bedroht. Vor diesem Hintergrund ist auch die aktuelle Entwicklung im deutschen und europäischen Gesellschafts- und Bilanzrecht zu sehen: die Verlagerung von Gestaltungsbefugnissen auf Private Standardsetzer. Als Referenzbeispiele sind das in concreto die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex und das International Accounting Standards Board.Ausgehend von der These, dass beide Gremien im Rahmen der Standarderstellung Hoheitsgewalt (mit-)ausüben, hält der Autor insbesondere die demokratische Legitimation ihrer Tätigkeit für zweifelhaft. Während im ersten Teil der Arbeit vor allem die bisher vertretenen Legitimationstheorien darlegt werden, von denen im Ergebnis keine die Erstellung des Deutschen Corporate Governance Kodexes de constitutione lata ausreichend demokratisch legitimiert, wird das europäische Beispiel der IFRS genutzt, die jeweiligen Begründungsansätze dieser Theorien näher zu untersuchen. Dabei kommt der Verfasser zu dem Ergebnis, dass die noch vorherrschende Legitimationskettenlehre zu weitgehende Schlussfolgerungen aus dem offenen Verfassungsprinzip der Demokratie ableitet und damit die vom Grundgesetz und vom europäischen Verfassungsverbund vorgeschriebene Herrschaft des Volkes bei der konkreteren Ausgestaltung der Demokratie unrechtmäßig einschränkt. Doch auch die Gegenentwürfe der Betroffenen- und der Output-Legitimation sind nicht mit den geltenden Verfassungen vereinbar. Dennoch können bei einer offeneren Interpretation des Demokratieprinzips Private Standardsetzer zur Umsetzung des demokratisch legitimierten Hoheitswillens eingesetzt werden, wofür der Autor im letzten Teil einen rechtlichen Rahmen entwickelt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 13 | ||
§ 1 Einleitung | 21 | ||
1. Kapitel: Corporate Governance | 28 | ||
§ 2 Entwicklung der Corporate Governance | 28 | ||
A. Begriff der Corporate Governance | 28 | ||
B. Internationale Corporate Governance-Entwicklung | 29 | ||
C. Nationale Corporate Governance-Entwicklung | 32 | ||
D. Europäische Corporate Governance-Entwicklung | 34 | ||
§ 3 Der Deutsche Corporate Governance Kodex – Entstehung und Zielsetzung | 35 | ||
A. Eine hoheitlich-gesellschaftliche Koproduktion | 35 | ||
I. Der „private“ Standardsetzer | 35 | ||
II. Die „privaten“ Standards | 36 | ||
III. Hoheitliche Rezeption | 37 | ||
B. Hoheitliche Zielvorstellungen | 38 | ||
§ 4 Die verfassungsrechtliche Grundproblematik | 40 | ||
A. Rechtsquellen und Regelungsebenen der Corporate Governance | 40 | ||
B. Was ist so neu am Kodex? – Typologie „kooperativer Rechtsetzung“ | 42 | ||
I. Trägerschaft der Kodex-Kommission | 43 | ||
II. Rechtliche Grundlage der Kodex-Kommission | 45 | ||
III. Personalauswahl der Kommissionsmitglieder | 45 | ||
IV. Befugnisse der Kodex-Kommission | 47 | ||
V. Einordnung des Kodexes | 48 | ||
VI. Zusammenfassung | 50 | ||
C. Fragestellung | 51 | ||
D. Untersuchungsgegenstand | 51 | ||
§ 5 Private oder staatliche Standards? | 52 | ||
A. Notwendigkeit einer Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Recht | 52 | ||
B. Die Abgrenzungstheorien | 52 | ||
C. Abgrenzung bei Beteiligung Privater | 53 | ||
D. Zwischenergebnis | 54 | ||
§ 6 Grundrechtsrelevanz der Kodex-Empfehlungen | 54 | ||
A. Art. 12 GG – Berufsfreiheit | 56 | ||
I. Staatliche Aufgabenzuweisung | 58 | ||
II. Zuständigkeit | 59 | ||
III. Richtigkeit und Sachlichkeit | 59 | ||
B. Art. 14 GG – Eigentumsfreiheit | 60 | ||
C. Art. 2 Abs. 1 GG – Allgemeine Handlungsfreiheit | 61 | ||
D. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung | 61 | ||
E. Zwischenergebnis | 63 | ||
§ 7 Demokratische Legitimation | 64 | ||
A. Input-orientierte Legitimationsmodelle | 65 | ||
I. Legitimationsbedürftigkeit | 69 | ||
1. Grundsatz: Alle Staatsgewalt | 69 | ||
a) Das „Gewalt“-Moment | 70 | ||
b) Das „Ausübungs“-Moment | 71 | ||
2. Ausnahme: Bagatellvorbehalt? | 73 | ||
II. Ermittlung des Ist-Niveaus | 74 | ||
1. Die traditionellen Legitimationsmodi | 74 | ||
a) Personelle Legitimation | 75 | ||
b) Sachlich-inhaltliche Legitimation | 76 | ||
aa) Gesetzesbindung | 77 | ||
bb) Weisungsunterworfenheit | 78 | ||
c) Ist-Niveau nach traditionellem Legitimationsmodell | 79 | ||
2. Die „pluralistischen“ Legitimationsmodi | 79 | ||
3. Die Legitimationsmodi Dederers | 82 | ||
III. Bestimmung des Soll-Niveaus | 83 | ||
1. Statisches Soll-Niveau | 84 | ||
2. Dynamisches Soll-Niveau | 86 | ||
3. Stellungnahme: Die Wesentlichkeitstheorie als „Konstante“ des Soll-Niveaus | 87 | ||
4. Gesetzliche Regelungsdichte für die Kodex-Erstellung | 88 | ||
IV. „Ist-Soll-Vergleich“ | 90 | ||
1. Horizontale Kompensation | 91 | ||
2. Vertikale Kompensation | 93 | ||
V. Rechtfertigung des Legitimationsmangels | 94 | ||
B. Output-Legitimation? | 98 | ||
I. Eliten | 100 | ||
II. Experten | 104 | ||
III. Das Volk | 107 | ||
C. Zwischenergebnis | 111 | ||
§ 8 Staatsorganisation | 112 | ||
A. Organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalte | 116 | ||
I. Institutionelle Gesetzesvorbehalte | 116 | ||
II. Grundrechtswesentlichkeit | 117 | ||
III. „Staatsferne“ | 118 | ||
IV. Partizipation „Privater“ | 119 | ||
V. Zusammenfassung | 121 | ||
B. Demokratische Legitimation durch Organisation und Verfahren | 121 | ||
I. „Staatsferne“ | 122 | ||
II. Partizipation „Privater“ | 122 | ||
III. Zusammenfassung | 123 | ||
§ 9 Ergebnis | 123 | ||
2. Kapitel: Bilanzierungsstandards | 126 | ||
§ 10 Entwicklung des Bilanzrechts | 126 | ||
A. Die (unterschiedlichen) Funktionen und Zwecke der Bilanz | 126 | ||
I. Aktuelle Rechnungslegungspflichten | 126 | ||
II. Das kontinental geprägte Rechnungslegungssystem | 127 | ||
III. Das angelsächsische Rechnungslegungssystem | 129 | ||
B. Internationale Entwicklung des Bilanzrechts | 131 | ||
C. Europäische Entwicklung des Bilanzrechts | 132 | ||
D. Nationale Entwicklung des Bilanzrechts | 135 | ||
E. Verortung der Bilanzierungsvorschriften für deutsche Unternehmen | 137 | ||
§ 11 Die „internationalen Rechnungslegungsstandards“ (IAS/IFRS) | 139 | ||
A. Der „private“ Standardsetzer | 139 | ||
B. Die „privaten“ Standards | 139 | ||
C. Hoheitliche Rezeption | 140 | ||
I. EU-Verordnung 1606/2002 | 140 | ||
II. Durchführungsverordnungen der Kommission | 140 | ||
§ 12 Die „verfassungsrechtliche“ Grundproblematik | 142 | ||
A. Rechtsquellen und Regelungsebenen | 142 | ||
B. Typologie „kooperativer Rechtsetzung“ | 144 | ||
I. Trägerschaft des IASB | 144 | ||
II. Rechtliche Grundlage des IASB | 144 | ||
III. Personalauswahl der IASB-Mitglieder | 145 | ||
IV. Befugnisse des IASB | 145 | ||
V. Einordnung der IAS/IFRS | 146 | ||
VI. Zusammenfassung | 146 | ||
C. Fragestellung | 146 | ||
D. Untersuchungsgegenstand | 148 | ||
§ 13 Grundrechtsrelevanz der IAS/IFRS | 148 | ||
§ 14 Demokratische Legitimation | 151 | ||
A. Legitimationsbedürftigkeit | 160 | ||
I. Grundlage der Legitimationsbedürftigkeit | 160 | ||
II. Legitimationsbedürftigkeit der hoheitlichen Rezeption | 161 | ||
III. Legitimationsbedürftigkeit der Mitwirkung des IASB | 162 | ||
1. Hoheitsgewalt bei privater Tätigkeit? | 162 | ||
2. (Mit-)Ausübung von Hoheitsgewalt | 164 | ||
3. Zwischenergebnis | 168 | ||
B. Bestimmung des Soll-Niveaus | 168 | ||
I. Anforderungen des unantastbaren Kerns des Demokratieprinzips | 168 | ||
1. Die Legitimationssubjekte | 169 | ||
a) Zur Gleichsetzung von Volk und Nation | 170 | ||
b) Zur Einheitlichkeit des Volkes und des Volkswillens | 171 | ||
c) Zur Einzigkeit des deutschen Volks als Legitimationssubjekt | 175 | ||
d) Zwischenergebnis: Legitimationssubjekte | 176 | ||
2. Die Legitimationsmodi | 177 | ||
3. Zusammenfassung | 179 | ||
II. Anforderungen des primärrechtlichen Demokratieprinzips | 179 | ||
1. Rechtsprechung des EuGH | 180 | ||
2. Rechtsprechung des EuG | 181 | ||
3. Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten | 182 | ||
III. Zwischenergebnis | 184 | ||
C. Ermittlung des Ist-Niveaus | 185 | ||
I. Legitimationssubjekte | 185 | ||
II. Legitimationsverfahren bei der Erstellung der IAS/IFRS | 187 | ||
1. Demokratische Legitimation der IAS-Verordnung | 188 | ||
a) Willenszusammenhang | 188 | ||
b) Verantwortungszusammenhang | 191 | ||
c) Effektivität des Zurechnungszusammenhangs | 193 | ||
2. Demokratische Legitimation der Durchführungsverordnungen | 196 | ||
a) Willenszusammenhang | 196 | ||
b) Verantwortungszusammenhang | 198 | ||
c) Effektivität des Zurechnungszusammenhangs | 200 | ||
III. Zwischenergebnis: Ist-Niveau | 201 | ||
D. „Ist-Soll-Vergleich“ | 201 | ||
I. Spezifische Legitimationsprobleme der EG | 201 | ||
II. Spezifische Legitimationsprobleme der Privaten Standardsetzung | 206 | ||
1. Maximierung | 206 | ||
2. Optimierung | 209 | ||
E. Zwischenergebnis | 214 | ||
§ 15 Ergebnis | 214 | ||
3. Kapitel: Schlussfolgerungen | 219 | ||
§ 16 Gang der nachfolgenden Untersuchung | 219 | ||
§ 17 Das Legitimationsmodell | 220 | ||
A. Normatives Modell | 222 | ||
B. Rolle der Verfassung | 224 | ||
I. Demokratische Legitimation in Deutschland | 225 | ||
II. Demokratische Legitimation in der Europäischen Union | 231 | ||
III. Legitimationsniveau | 233 | ||
C. Ex-ante-/Ex-post-Legitimation | 235 | ||
I. Relevanter Zeitpunkt des Inputs | 235 | ||
II. Relevanter Beurteilungszeitpunkt | 237 | ||
D. Input-Output-Relation | 238 | ||
§ 18 Demokratische Private Standardsetzung | 240 | ||
A. Das Soll-Niveau Privater Standardsetzung | 240 | ||
B. Typologie Privater Standardsetzung | 241 | ||
I. Art der Mitwirkung an hoheitlicher Rechtsetzung | 241 | ||
II. Rechtliche Grundlage für die Einrichtung kooperativer Standardsetzung | 243 | ||
1. Nach dem Grundgesetz | 244 | ||
a) Regierungskommissionen | 245 | ||
aa) Öffentlich-rechtliche Regierungskommission | 245 | ||
bb) Privatrechtsförmige Regierungskommission | 247 | ||
b) Verwaltungskommissionen | 249 | ||
aa) Öffentlich-rechtliche Verwaltung | 250 | ||
bb) Privatrechtsförmige Verwaltung | 250 | ||
2. Nach dem europäischen Verfassungsverbund | 253 | ||
3. Zwischenergebnis: Rechtliche Grundlage | 255 | ||
III. Grenzen der Befugnisübertragung | 256 | ||
1. Nach dem Grundgesetz | 256 | ||
2. Nach dem europäischen Verfassungsverbund | 262 | ||
3. Zwischenergebnis: Grenzen der Befugnisübertragung | 269 | ||
IV. Art der Rezeption | 270 | ||
1. Selbständige Rechtsetzungsbefugnis | 271 | ||
2. Steuernde Rezeption | 277 | ||
3. Zwischenergebnis: Art der Rezeption | 281 | ||
V. Trägerschaft des Standardsetzers | 281 | ||
C. Plurale Legitimation Privater Standardsetzung | 283 | ||
I. Steuerungsvielfalt | 284 | ||
1. Regelung der Inputchancen | 285 | ||
a) Die traditionellen Legitimationsmodi | 286 | ||
aa) Personelle Legitimation | 286 | ||
bb) Sachlich-inhaltliche Legitimation | 289 | ||
b) Unmittelbare Inhaltssteuerung | 294 | ||
c) Mittelbare Willenssteuerung | 296 | ||
2. Institutionalisierte Outputoptimierung | 301 | ||
a) Effektuierung des Willenszusammenhangs | 301 | ||
b) Effektuierung der Willensverwirklichung | 303 | ||
II. Steuerung des Standardsetzers | 306 | ||
1. Kooperation mit hoheitlichem Standardsetzer – DCGK | 307 | ||
2. Freiwillige Kooperation mit privatem Standardsetzer – DRS | 312 | ||
3. Hoheitlich angeordnete Kooperation mit privatem Standardsetzer – IFRS | 318 | ||
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in Thesen | 323 | ||
Literaturverzeichnis | 331 | ||
Stichwortverzeichnis | 356 |