Von der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe im bundesstaatlichen Finanzausgleich
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Von der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe im bundesstaatlichen Finanzausgleich
Unter besonderer Berücksichtigung der »laufenden Einnahmen« des Artikels 106 Absatz 3 Satz 4 GG
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1048
(2007)
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Abstract
In einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland steht die Verteilung der dem Staatswesen insgesamt zur Verfügung stehenden Finanzmittel im Zentrum der politischen Auseinandersetzung. Nicht weniger als der Bestand eines bündischen Staates hängt davon ab, ob es seiner Verfassung gelingt, eine belastbare Konkordanz der widerstreitenden Interessen zwischen den verschiedenen im Bunde vereinten Ebenen verfassungskräftig zu errichten und zu erhalten.Die Verfassung ist hierbei dem Konflikt ausgesetzt, daß sie einerseits Regelungen schaffen muß, die durch ihre Verläßlichkeit alle Teile des Bundesstaates finanzpolitische Planungssicherheit gewinnen läßt. Andererseits muß sie aber ebenso in der Lage sein, den Veränderungen des finanzpolitischen Umfeldes Rechnung zu tragen.Im Staat des Grundgesetzes fokussiert sich dieser Gegensatz bei der Verteilung der Umsatzsteuer. Während die Aufteilung der übrigen Steuern zwischen Bund und Ländern durch das Grundgesetz selbst fixiert ist, wird die Umsatzsteuerverteilung als flexibles Element durch einfaches Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt.Bei der Analyse des Verfassungstextes zur Umsatzsteuerverteilung ist nicht zu übersehen, daß denkbar unbestimmte Rechtsbegriffe als Grundsätze für die Bewältigung einer bundesstaatlichen Frage ersten Ranges dienen sollen. Insbesondere soll nach Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 GG das Verhältnis der "laufenden Einnahmen" zu den "notwendigen Ausgaben" von maßgeblicher Bedeutung sein. Was sind denn "laufende Einnahmen"? Wie kann der Verfassungsanwender erkennen, ob eine staatliche Einnahme eine "laufende" im Sinne des Art. 106 Abs. 3 Satz 4 GG ist oder eben nicht? Und ist es überhaupt notwendig, diese unbestimmten Rechtsbegriffe zu konkretisieren?Der dogmatische Kern der Arbeit besteht darin, dem unbestimmten Rechtsbegriff der "laufenden Einnahmen" durch Etablierung einer allgemeinen Auslegungsmaxime Struktur zu verleihen und diese dann in anwendbare Bewertungsparameter umzusetzen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhalt | 7 | ||
Einführung | 13 | ||
I. Die finanzverfassungsrechtlichen Grundlagen | 15 | ||
1. Die Aufteilung der Finanzhoheiten im Bundesstaat | 15 | ||
2. Der vertikale Steuerertragsausgleich im System der Finanzverfassung | 18 | ||
a) Vorbemerkung | 18 | ||
b) Die vier Stufen des Finanzausgleichs | 19 | ||
aa) Die vertikale Steuerertragsverteilung | 19 | ||
(1) Bundes- und Landessteuern | 19 | ||
(2) Gemeinschaftsteuern | 20 | ||
bb) Horizontale Steuerertragsaufteilung (Art. 107 Abs. 1 GG) | 21 | ||
cc) Länderfinanzausgleich | 22 | ||
dd) Bundesergänzungszuweisungen | 22 | ||
II. Der vertikale Finanzausgleich im grundgesetzlichen Kontext | 24 | ||
1. Staatsrechtlicher Hintergrund | 24 | ||
a) Gewaltenteilung als Grundprinzip der Verfassung | 24 | ||
b) Bundesstaatsprinzip als staatsorganisatorische Umsetzung des Föderalismus | 26 | ||
c) Grundfragen der Finanzierung öffentlicher Aufgaben | 41 | ||
aa) Begründung einer Staatsfinanzierung durch Abgaben | 41 | ||
bb) Insbesondere: Begründung der Steuerstaatlichkeit | 42 | ||
2. Vom Zusammenhang finanzieller Ausstattung und staatlicher „Macht“ | 52 | ||
3. Finanzverfassung und Bundesstaat | 57 | ||
III. „Laufende Einnahme“ als unbestimmter Rechtsbegriff | 61 | ||
1. Die unbestimmten Rechtsbegriffe im vertikalen Finanzausgleich | 61 | ||
2. Unbestimmte Rechtsbegriffe als Regelungstechnik des Grundgesetzes | 61 | ||
3. Umsatzsteuerverteilung als politischer Kompromiß | 63 | ||
4. Von der Konkretisierungsbedürftigkeit der unbestimmten Rechtsbegriffe der Finanzverfassung | 65 | ||
IV. Vom Konzept eines Maßstäbegesetzes zur Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe | 70 | ||
1. Einführung | 70 | ||
2. Das Maßstäbegesetz zum Finanzausgleich (BGBl. I 2001, 2303 ff.) | 72 | ||
a) Der Gesetzgebungsauftrag in BVerfGE 101, 158 ff. | 72 | ||
b) Die Umsetzung des Gesetzgebungsauftrages durch den Gesetzgeber | 73 | ||
c) Zur Konkretisierungssubstanz des Maßstäbegesetzes zum Finanzausgleich (BGBl. I 2001, S. 2302) | 75 | ||
d) Resümee: Ein fehlgeschlagener Konkretisierungsversuch | 76 | ||
3. Maßstäbegesetzgebung als prinzipiell taugliches Konkretisierungskonzept? | 76 | ||
a) Die rechtsphilosophische Begründung einer Maßstäbebildung: (Frei nach) „Eine Theorie der Gerechtigkeit“ (J. Rawls) | 77 | ||
aa) Interessenabstraktion als Instrument der Herstellung von „Gerechtigkeit“ in theoretischer Konstruktion | 78 | ||
bb) Zur Praktikabilität des Rawlschen Ansatzes in Sachen Finanzausgleich | 81 | ||
cc) Resümee | 83 | ||
b) Das Problem der Bindungswirkung für den Finanzausgleichsgesetzgeber | 83 | ||
aa) Im Grundsatz: Keine Bindung des Gesetzgebers an einfache Gesetze | 83 | ||
(1) Der lex-posterior-Grundsatz als Ausdruck des Demokratieprinzips | 83 | ||
(2) Die Bindung des einfachen Gesetzgebers nach Art. 20 Abs. 3 GG | 84 | ||
bb) Verfassungsrechtliche Begründung einer Bindungswirkung | 84 | ||
(1) Das Maßstäbegesetz als „lex superior“? | 84 | ||
(2) Parallelität zur Grundsätzegesetzgebung nach Art. 109 Abs. 3 GG? | 85 | ||
(a) Die Bindungswirkung des Haushaltsgrundsätzegesetzes | 86 | ||
(b) Übertragbarkeit auf das Maßstäbegesetz? | 86 | ||
(c) Resümee | 88 | ||
(d) Ausblick | 89 | ||
c) (Verfassungs-) Prozessuale Fragen zu Maßstäbe- und Finanzausgleichsgesetz | 89 | ||
4. Zusammenfassung der Ergebnisse zum Konzept eines Maßstäbegesetzes | 90 | ||
V. Der Begriff der „laufenden Einnahmen“ | 92 | ||
1. Der Einnahmebegriff unter dem Regime des Grundgesetzes | 92 | ||
2. Rückgriff auf einfachgesetzliche, wirtschafts- und finanzwissenschaftliche Termini? | 94 | ||
a) Einnahme als einfachgesetzlicher Terminus (§ 10 HGrG) | 94 | ||
b) Im Überblick: Begriffsbildung in der Finanzwissenschaft | 94 | ||
c) Resümee: Auslegung aus dem Grundgesetz | 95 | ||
3. Objektiv-teleologische Ableitungen | 95 | ||
a) Vom Prinzip zur Auslegungsmaxime | 95 | ||
b) Die Gewinnung einer Auslegungsmaxime für den Begriff der „laufenden Einnahmen“ | 108 | ||
aa) Das Verfassungsprinzip und seine Konkretisierungen | 108 | ||
bb) Das Bundesstaatsprinzip als Rechtserkenntnisquelle | 110 | ||
cc) Die gegenläufigen Aspekte des bundesstaatlichen Prinzips | 112 | ||
dd) Gewichtungsentscheidungen und „laufende Einnahmen“ | 117 | ||
(1) Die Ziele der Deckungsquotenbestimmung nach Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG | 119 | ||
(2) Insbesondere: Der allgemeine Lastenverteilungsgrundsatz, Art. 104a Abs. 1 GG | 120 | ||
(3) Systematik der Ertragshoheiten | 125 | ||
(4) Selbständige und voneinander unabhängige Haushaltswirtschaft, Art. 109 Abs. 1 GG | 126 | ||
4. Resümee: Föderative Verteilungsgerechtigkeit als Auslegungsmaxime für den unbestimmten Rechtsbegriff der „laufenden Einnahmen“ | 126 | ||
VI. Bewertung einzelner Parameter des unbestimmten Rechtsbegriffes der „laufenden Einnahmen“ | 128 | ||
1. Zum Modus der Vergleichsrechnung | 128 | ||
a) Deckungsquotenverfahren | 128 | ||
b) Bedeutung des Berechnungsmodus für die Bestimmung der „laufenden Einnahmen“ (Problem der Quotenverlängerung) | 129 | ||
2. Grundsätze und teleologische Restriktionen des Begriffes der „laufenden Einnahmen“ | 130 | ||
a) Regel-Ausnahme-Prinzip zugunsten der Deckungsquotenrelevanz | 131 | ||
b) Zurechnung der staatlichen Einnahme an die jeweilige Körperschaft als eigene Einnahme | 131 | ||
c) Periodizität | 132 | ||
d) Grundsatz der Bruttoveranschlagung | 134 | ||
aa) Grundsätzliches | 134 | ||
bb) Nettostellung staatlicher Einnahmen | 134 | ||
e) Etablierung einer Geringfügigkeitsgrenze? | 138 | ||
f) Maßgeblichkeit der Verfassungsmäßigkeit einer staatlichen Einnahme? | 139 | ||
VII. Bewertung nach Einnahmearten | 141 | ||
1. Vorbemerkung: Zur Systematik staatlicher Einnahmen | 141 | ||
2. Einnahmen aus öffentlichen Abgaben | 142 | ||
a) Steuern | 142 | ||
aa) Begriff | 142 | ||
bb) Zurechnung der Erträge | 143 | ||
cc) Deckungsquotenrelevanz | 143 | ||
(1) Im Streit: sog. „einmalige“ Steuern | 144 | ||
(2) Ausklammerung wegen Zweckbindung der Erträge? | 146 | ||
b) Nichtsteuerliche Abgaben | 147 | ||
aa) Vorzugslasten | 150 | ||
(1) Gebühren | 150 | ||
(a) Begriff | 150 | ||
(aa) Verwaltungs- und Benutzungsgebühren | 151 | ||
(bb) Im Streit: Die Figur der Verleihungsgebühr | 152 | ||
(b) Ertragszurechnung | 159 | ||
(c) Deckungsquotenrelevanz | 160 | ||
(aa) Stellungnahmen in der finanzverfassungsrechtlichen Literatur | 160 | ||
(bb) Bewertung im Lichte der Auslegungsmaxime | 161 | ||
(2) Beiträge | 162 | ||
bb) Sonderabgaben „im engeren Sinne“ | 163 | ||
(1) Grundsätzliches | 163 | ||
(2) Ein Zwischenresümee: Vierstufiges Prüfungsprogramm für Sonderabgaben „im engeren Sinne“ | 167 | ||
(3) Der Gegenbegriff der sonstigen nichtsteuerlichen Abgaben | 167 | ||
(a) Lenkungsintention des Sachgesetzgebers als taugliches Abgrenzungskriterium zur Steuer? | 168 | ||
(b) Sonstige vorgeblich abgrenzungstaugliche spezielle Sach- und Zweckzusammenhänge in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 169 | ||
(4) Kriterien für die Zulässigkeit von Sonderabgaben im engeren Sinne | 170 | ||
(5) Zurechnung der Erträge | 174 | ||
(6) Deckungsquotenrelevanz | 174 | ||
(a) Stellungnahmen in der finanzverfassungsrechtlichen Literatur | 174 | ||
(b) Bewertung im Lichte der Auslegungsmaxime | 175 | ||
cc) Einnahmen aus sonstigen nichtsteuerlichen Abgaben | 176 | ||
(1) Sozialversicherungsabgaben | 176 | ||
(a) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung | 177 | ||
(b) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung | 178 | ||
(c) Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung | 180 | ||
(d) Einnahmen der Bundesagentur für Arbeit | 180 | ||
(2) Verbandslasten | 181 | ||
3. Staatliche Einnahmen ohne Abgabencharakter | 181 | ||
a) Einnahmen aus zwischenstaatlichen Finanztransfers | 182 | ||
aa) Begriff | 182 | ||
bb) Deckungsquotenrelevanz? | 183 | ||
b) Einnahmen aus Krediten | 186 | ||
c) Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen | 187 | ||
d) Staatliche Einnahmen aus der Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen und Sachvermögen | 190 | ||
aa) Stellungnahmen in der Literatur | 190 | ||
bb) Bewertung im Lichte der Auslegungsmaxime | 191 | ||
e) Versteigerungsentgelte | 193 | ||
aa) Einführung | 193 | ||
bb) Insbesondere: Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen | 194 | ||
cc) Von der Rechtsnatur der Versteigerungsentgelte | 196 | ||
(1) Stellungnahmen in der Literatur | 196 | ||
(2) Versteigerungserlöse als sonstige staatliche Einnahmen | 198 | ||
dd) Ertragszuweisung | 200 | ||
ee) Deckungsquotenrelevanz | 201 | ||
Schluß | 203 | ||
Zusammenfassende Thesen | 204 | ||
Bibliographie | 211 |