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Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes

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Vosgerau, U. (2007). Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes. Zum Gewährleistungsgehalt schrankenvorbehaltloser Grundrechte am Beispiel der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52427-3
Vosgerau, Ulrich. Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes: Zum Gewährleistungsgehalt schrankenvorbehaltloser Grundrechte am Beispiel der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Duncker & Humblot, 2007. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52427-3
Vosgerau, U (2007): Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes: Zum Gewährleistungsgehalt schrankenvorbehaltloser Grundrechte am Beispiel der Glaubens- und Gewissensfreiheit, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52427-3

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Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes

Zum Gewährleistungsgehalt schrankenvorbehaltloser Grundrechte am Beispiel der Glaubens- und Gewissensfreiheit

Vosgerau, Ulrich

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1079

(2007)

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Abstract

Kopftuch- und Kruzifixentscheidung des BVerfG haben deutlich werden lassen, daß bereits die dogmatischen Grundlagen des Umgangs mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes unklar geblieben sind. Diese dogmatischen Grundlagen sind nicht durch oberflächliche oder nur am letztlich beliebigen rechtspolitischen Vorverständnis orientierte Kritik am BVerfG zu gewinnen, sondern in der heutigen Zeit - zur Vorbereitung einer rationalen und demokratisch legitimierten Einwanderungs- und Integrationspolitik - neu und von der Dichotomie grundrechtlicher Freiheit und demokratischer Teilhabe her zu bestimmen. Diese Neubestimmung, die auch den offenen Paradigmenstreit im öffentlichen Recht zwischen Grundordnungs- und Rahmenordnungsthese sowie das institutionelle Grundrechtsdenken, die Prinzipienlehre und die These von der herausgehobenen Bedeutung der historisch-subjektiven Auslegung neu einordnet und fruchtbar macht, führt zu einer gewandelten Perspektive: schrankenvorbehaltlose Grundrechte haben keinen Schutzbereich, sondern einen Gewährleistungsgehalt, d. h. sie sind in die Rechtsordnung eingeordnet. Der Glaube ist wortwörtlich frei, Religionsfreiheit bietet aber keine Handlungsprivilegien im forum externum. Mithin ist auch Art. 136 I WRV keine "Schrankenbestimmung", sondern eine Klarstellung des nichtprivilegierenden Gewährleistungsgehalts der religiösen Freiheitsrechte des Grundgesetzes.

Table of Contents

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Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Schrankenvorbehaltlose Grundrechte im System des Grundgesetzes 17
I. Ausgangspunkte 17
II. Textbefund und Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht 18
III. Glaubens- und Gewissensfreiheit als schrankenvorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht 21
IV. Grundrechtstheoretische Vorüberlegung: die Rahmenordnungs- und die Grundordnungstheorie 24
1. Verfassungstheorie und Vorverständnis 24
2. Argumente für die Rahmenordnungskonzeption 27
a) Historisch-genetischer Ansatz 27
b) Das Kompetenzverteilungsproblem: Bundesverfassungsgericht und Parlament 27
c) Methodologischer Ansatz: Abwägungsskepsis 28
3. Argumente für die Grundordnungskonzeption 31
V. Eine einfache, textbasierte Grundrechtstheorie 34
1. „Grundrechtstheoretisches Patt“ zwischen Rahmenordnungs- und Grundordnungsthese 34
a) Auflösung des Patts durch das „institutionelle Grundrechtsdenken“? 35
b) Entscheidung durch das Traditions- oder das Fortschrittsargument? 36
2. Verhältnismäßigkeitsprinzip, Abwägungslehre und differenzierte Schrankensystematik des Grundgesetzes 37
a) Eine dem Grundgesetz gemäße Grundrechtstheorie muß an die differenzierte Schrankensystematik anknüpfen 38
b) Schrankenvorbehaltlos gewährleistete Grundrechte sind in die Rechtsordnung eingeordnet 39
3. Grundrechte, Demokratieprinzip, Verhältnismäßigkeit: die Auflösung der Paradoxien 42
a) Die Auflösung des Paradoxons „Grundrechtsbindung des Gesetzgebers versus Einschränkbarkeit der Grundrechte durch den Gesetzgeber“ bei den unter Schrankenvorbehalt gewährleisteten Grundrechten 42
b) Die Auflösung des Paradoxons „keine Einschränkbarkeit der schrankenvorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte“ versus Demokratieprinzip 43
4. Schutzbereich und Gewährleistungsgehalt von Grundrechten 43
VI. Kritik des Schmittschen Dogmas 46
1. Die „primär liberale“ Grundrechtsdogmatik: „in dubio pro libertate“ 46
2. Wurzeln der „primär liberalen“ Grundrechtsdogmatik 48
a) „Verfassungslehre“ und rechtsstaatliches Verteilungsprinzip 48
b) Menschenrechte und Grundrechte 50
3. Das Schmittsche Dogma: Kategorienverwechselung und Leugnung der Normativität der Verfassung 52
4. Der richtige Kern des Schmittschen Dogmas 54
a) Allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne der Elfes-Doktrin 54
b) Ablehung der dogmatischen Figur des „Grundrechtsmißbrauchs“ 55
5. Keine Übertragung der allgemeinen Handlungsfreiheit in die Spezialgrundrechte 56
6. Der Angriff auf die Demokratie 58
7. Moderne Umdeutung: Grundrechte als Sprachspiele mit naturrechtlich begründeten Argumentationslasten 60
VII. Exkurs: Prinzipienlehre als Alternative? 62
VIII. Der Verfassungsvorbehalt 66
1. Bundesverfassungsgericht und herrschende Meinung 67
a) Folgeproblem I: Begründen auch Kompetenz-, Ermächtigungs- und Organisationsnormen Rechtswerte von Verfassungsrang? 69
b) Folgeproblem II: Übertragbarkeit auch auf relative Grundrechte? 71
c) Folgeproblem III: das absolute Grundrecht als Abwägungsposten 72
2. Materiale Allgemeinheit, Prinzipienlehre und institutionelles Grundrechtsdenken 74
3. Alternative Modelle des Grundrechtsvorbehalts 77
a) Schutzbereichsbegrenzung durch systematische Auslegung 77
b) Gewährleistungsbeschränkung durch Wortlautauslegung: Normsatztheorien 79
c) Vorbehalt der Rechtsordnung 83
aa) Der Ansatz Krieles 84
bb) Kritik 87
4. Kritik des herrschenden Paradigmas: jedenfalls der einfache Landesgesetzgeber kann Bundesgrundrechte nicht „konkretisieren“ 90
B. Kritik der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 93
I. Kopftuchurteil 93
1. Religiöse Freiheit auch für Angehörige des öffentlichen Dienstes im Dienst? 93
a) Bedeutung der speziellen Gleichheitsrechte 94
aa) Keine Gleichsetzung der Konstellationen aus Kopftuch- und Kruzifixentscheidung 94
bb) Relevanz des „Sonderstatusverhältnisses“? 95
b) Gewährleistungsgehalt der speziellen Gleichheitsrechte 95
aa) „Religiöses Bekenntnis“ 96
bb) Kein Recht auf religiöse Gestaltung der Amtsgeschäfte 97
cc) Die radikale Gegenauffassung: besondere Persönlichkeitsprägung des Lehrerberufs (Böckenförde) 98
2. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes: Systematische Grundlagen 99
3. Das eigentliche Kernproblem des Kopftuchurteils: religiöse Freiheit nach Maßgabe der einfachen Landesgesetze? 102
a) Das Ende der überkommenen Schrankensystematik 103
b) Die „dogmatische Mischverwaltung“ 105
aa) Grundrechtliche und demokratische Legitimation 105
bb) Grundrechtsausübung unterliegt keiner demokratischen Abstimmung 106
c) Die Kompromißproblematik 107
4. Religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates 107
a) „Positiver“, „umfassender“, „fördernder“ Neutralitätsbegriff 108
b) „Laizistischer“ Neutralitätsbegriff 109
c) Der Neutralitätsbegriff des Grundgesetzes 110
aa) Neutralitätsprinzip als Wort ohne zugehörigen Begriff? 110
bb) Staatliche Neutralität gegen verfassungsneutrale Weltanschauungen 111
5. Polizeirechtliche Gefahrenschwelle oder „abstrakte Gefahr“? 113
6. Recht auf und Zurechnung des Kopftuchs 114
a) „Meistbegünstigungsproblematik“ 114
b) „Fiskalprivilegsproblematik“ 115
II. Kruzifixbeschluß 116
1. Kritik der Begründung des Kruzifix-Beschlusses 117
a) Überblick 118
b) Analogie Kreuz an der Wand – erzwungene Teilnahme an kultischen Handlungen 118
c) Subjektivierung des Neutralitätsprinzips 118
2. Widerspruch zwischen Kruzifix-Beschluß und Kopftuch-Urteil? 120
a) Das Problem 120
b) Die Lösung 121
3. Fazit: Der Gewährleistungsgehalt des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 3 GG, 136 Abs. 2 WRV 122
4. „Verfassungsnonkonforme“ Auslegung 124
5. Vermischung und Verwechselung von grundrechtlicher und demokratischer Legitimation 126
6. Schrankenvorbehaltlos gewährleistete Grundrechte haben keinen „Schutzbereich“, sondern einen Gewährleistungsgehalt 127
a) Das Selbstverständnis der Grundrechtsträger: hinsichtlich der schrankenvorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte ein Scheinproblem 127
b) Kein Staatsabänderungsanspruch ohne Rekurs auf das demokratische Verfahren 130
III. Sonstige Probleme: Schächten, Schulbesuch, Sektenwarnung 133
1. Schächten 133
a) Die ältere Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts 133
b) Begründung des Bundesverfassungsgerichts 135
c) Kritik 136
d) Lösung der Schächtungsproblematik 137
e) Keine Bindungswirkung der Entscheidung; kein Bedarf nach „verfassungskonformer Auslegung“ 137
2. Schulbesuch 138
3. Die Osho-Entscheidung (Sektenwarnung) 141
a) Aufbau der Entscheidung 141
b) Kritik 143
aa) Richtiger Kern der Osho-Entscheidung 143
bb) Nochmals: Subjektivierung des Neutralitätsprinzips 144
cc) Subjektiviertes Neutralitätsprinzip als eigentlicher Gewährleistungsgehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit? 145
c) Lösung 145
C. Der Begriff des Gewährleistungsgehalts aus systematischer und aus historisch-subjektiver Perspektive 147
I. Ausgangspunkte des Gewährleistungsgehaltsdenkens 147
1. „Sprayer von Zürich“: eine nichtprivilegierende „Einordnungstheorie“ der Kunstfreiheit 147
2. Nichtprivilegierende Theorien der Wissenschaftsfreiheit 148
II. Gewährleistungsgehalt und Primat der historisch-subjektiven Auslegung 153
1. Franz Reimer 156
2. Jestaedt 157
3. Kritik der historisch-subjektiven Auslegung 158
III. Gewährleistungsgehalt als das Ergebnis systematischer Auslegung 163
1. Maastricht-Urteil 163
2. Gewährleistungsgehalt als Ergebnis „abstrakter Abwägung“? 165
D. Der Gewährleistungsgehalt der religiös-weltanschaulichen Freiheitsrechte und der Gewissensfreiheit des Grundgesetzes 167
I. Rechtspolitische Vorüberlegungen 167
1. Rechtsstaat, Demokratiegebot, Akzeptanzerfordernis 167
2. Islamische Herausforderung 168
II. Das rechtstheoretische Konzept der schrankenvorbehaltlosen Grundrechte 171
Exkurs: Staatlichkeit und Integrationsaufgabe 176
III. Strukturparallele zur umweltrechtlichen Grundrechtslehre Murswieks 177
IV. Gewährleistungsgehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit 178
1. Gewissensfreiheit als systematisches Muttergrundrecht 178
a) Systematisch einheitliches Grundrecht 178
b) Dogmatische Anknüpfung an die im Grundgesetz vorfindlichen Einzelgewährleistungen 180
2. Die weltanschaulich-religiösen Freiheitsrechte 180
a) Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit 181
aa) „Positive“ Seite 181
bb) Negative Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit? 181
b) Bekenntnisfreiheit 183
aa) Bekenntnis im Sinne des Grundgesetzes bedeutet primär Konfession 183
bb) Bekenntnisfreiheit als Spezialfall der Meinungsfreiheit 184
(1) Die Bekenntnisfreiheit gewährleistet auch eine spezielle Handlungsfreiheit 184
(2) „Gewährleistungsschranken“ dieser kommunikativen Handlungsfreiheit 185
cc) Negative Bekenntnisfreiheit? 186
(1) Art. 136 Abs. 3 WRV 186
(a) Schweigerecht 187
(b) Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV als Schranke eines ungeschriebenen grundrechtsgleichen Rechts auf konfessionelle Auskunftsverweigerung 187
(2) Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG 188
c) Die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung als positivierte Schutzpflicht 189
d) Die negative Handlungsfreiheit aus Art. 136 Abs. 4 WRV 189
e) Religiöse Vereinigungsfreiheit 190
3. Die Freiheit des Gewissens („im engeren Sinne“) 191
a) Schutz des forum internum 191
b) Gewissensgeleitete Handlungsfreiheit? 191
c) Gewissensfreiheit als Verweigerungsrecht 192
aa) „Negative Freiheit“ im herkömmlichen Sinne? 192
bb) Allgemeines gewissensgeleitetes Verweigerungsrecht? 194
cc) Menschenwürdegeleitetes Verweigerungsrecht 194
4. Zusammenfassung 195
E. Objektive Grundrechtsdimension 198
I. Stand der Diskussion 198
1. Rein abwehrrechtlicher Ansatz 198
2. Schutzpflichtenansatz 200
3. Zwischenergebnis 201
II. Schutzpflichten 201
1. Strafrecht 202
a) §§ 166, 167 StGB 202
b) Sonstige Vorschriften aus dem StGB 203
2. Polizeirecht 203
3. Zivilrecht 203
III. „Mittelbare Drittwirkung“ 204
IV. Weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates 204
Zusammenfassende Thesen 206
Literaturverzeichnis 211
Personen- und Sachregister 227