Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen im Lichte des Autonomieprinzips
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen im Lichte des Autonomieprinzips
Schriften zum Strafrecht, Vol. 197
(2008)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Christian Tenthoff setzt sich mit dem scheinbaren Wertungswiderspruch zwischen der das Grundgesetz prägenden Autonomie des Einzelnen und der Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen auseinander. Durch die strafrechtlich vorausgesetzte Unbeachtlichkeit der Einwilligung in die eigene Tötung wird ein Spannungsverhältnis zwischen persönlicher Autonomie und Strafrechtsordnung erzeugt, welches es aufzulösen gilt.Der Autor untersucht vor dem Hintergrund rechtsphilosophischer Erwägungen unter Verwendung der rechtswissenschaftlichen Systeme des Straf- und Verfassungsrechts die Vorschrift des § 216 StGB. Er weist nach, dass der bestehende Wertungswiderspruch sich allein durch die Identifizierung des Straftatbestandes der Tötung auf Verlangen als abstraktes Gefährdungsdelikt auflösen lässt. Nur so kann im Lichte des Autonomieprinzips die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen gerechtfertigt werden und vor diesem Hintergrund muss die kriminalpolitische Frage einer möglichen Reform des § 216 StGB diskutiert werden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung: Die Problematik der Tötung auf Verlangen | 13 | ||
Erstes Kapitel: Verfassungsrechtliche Betrachtung der Tötung auf Verlangen | 16 | ||
A. Strafrecht im Lichte der Grundrechte | 16 | ||
I. Die Rechtsgutstheorien als Kriterien des Strafrechts | 16 | ||
II. Kritik an der Rechtsgutslehre | 17 | ||
III. Die grundrechtliche Prüfung der Verfassungswidrigkeit von Strafrechtsnormen | 18 | ||
B. § 216 StGB als Grundrechtseingriff | 18 | ||
I. Eingriff in die Grundrechte des Täters | 18 | ||
1. Eingriff durch Verhaltensvorschrift | 19 | ||
a) Das Autonomieprinzip | 19 | ||
b) Art. 2 Abs. 1 GG als Verankerung des Autonomieprinzips | 21 | ||
2. Eingriff durch Sanktionsvorschrift | 24 | ||
II. Mittelbarer Eingriff in die Grundrechte des Opfers | 25 | ||
1. Die Einwilligung im Strafrecht als Erweiterung des Handlungsspielraums des „Opfers“ | 26 | ||
2. Zurechenbarkeit des mittelbaren Eingriffs | 26 | ||
3. Eingriff durch Verhaltensvorschrift oder Sanktionsvorschrift? | 27 | ||
4. Gibt es ein Recht auf den eigenen Tod? | 28 | ||
a) Die herrschende Meinung: „Kein Recht auf den eigenen Tod“ aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG | 29 | ||
b) Negatives Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG | 33 | ||
c) Negative Grundrechtsbetätigung als Ausdruck der Autonomie | 33 | ||
d) Exkurs: Negative Grundrechtsausübung, Grundrechtsnichtausübung und -verzicht | 35 | ||
e) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG | 37 | ||
f) Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht | 38 | ||
g) Zwischenergebnis | 39 | ||
C. Rechtfertigung der Grundrechtseingriffe | 39 | ||
I. Schranken der Autonomie | 39 | ||
II. Rechtfertigung des Eingriffs in Täterrechte | 41 | ||
1. Rechtfertigung der Verhaltensvorschrift | 41 | ||
2. Rechtfertigung der Sanktionsvorschrift | 42 | ||
III. Rechtfertigung des mittelbaren Eingriffs in Opferrechte | 42 | ||
1. Der einfache Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG | 42 | ||
2. Die Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG | 43 | ||
IV. Konsequenz: Keine Grenzen für den Gesetzgeber außerhalb des Verhältnismäßigkeitsgebots (Schranken-Schranke)? | 43 | ||
V. Unterschied zwischen verfassungsrechtlicher und kriminalpolitischer Bewertung einer Norm | 45 | ||
Zweites Kapitel: Mögliche Beschränkungen des Strafgesetzgebers | 48 | ||
A. Gemeinwohlinteressen als Gesetzeszwecke | 48 | ||
B. Rechtsgüterschutz als Zweck des Strafrechts | 50 | ||
C. Strafrechtliche Rechtsgutstheorien | 52 | ||
I. Die klassische Rechtsgutslehre | 53 | ||
II. Die personale Rechtsgutslehre | 54 | ||
III. Strafrecht als generalisierender Opferschutz | 56 | ||
IV. Strafrecht und die Risikogesellschaft | 56 | ||
D. Strafrechtliche Rechtsgutstheorien als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips | 57 | ||
E. Absolute Schranken des Strafrechts aus der Verfassung | 58 | ||
I. Die Rechte anderer als Grenze der Handlungsfreiheit | 60 | ||
II. Die Schranke des Sittengesetzes | 61 | ||
III. Kritik an der Etablierung der „Rechte anderer“ und des „Sittengesetzes“ als absolute Schranken des Strafrechts | 63 | ||
F. Erkenntnisse des „Harm Principle“ | 64 | ||
G. Zusammenfassung: Differenzierungskriterien für strafrechtliche Gesetzeszwecke | 66 | ||
Drittes Kapitel: Gründe für die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen | 69 | ||
A. Überpositive Gründe für die Strafbarkeit | 70 | ||
I. Religiöse Begründung für die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens | 70 | ||
II. Moralphilosophische Begründung im Sinne des deutschen Idealismus | 75 | ||
B. Pragmatische Gründe für die Strafbarkeit | 79 | ||
I. Das Leben als Schutzgut des § 216 StGB | 80 | ||
1. Das Grundrecht auf Leben als Abwehrrecht | 80 | ||
2. Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten | 81 | ||
a) Schutzrechtliche Bindung des Gesetzgebers | 82 | ||
b) Herleitung der Schutzpflicht | 82 | ||
c) Umfang der Schutzpflicht des Staates | 84 | ||
II. Schutz des Sterbewilligen vor sich selbst (Paternalismus) | 86 | ||
1. Schutzpflicht und Schutzrecht des Staates | 87 | ||
2. Die Menschenwürde als Verfügungsschranke | 91 | ||
3. Autonomieorientierter Paternalismus | 96 | ||
4. Grundzüge des weichen Paternalismus | 98 | ||
5. Fortbestehen der Schutzpflicht bei Selbstgefährdung | 99 | ||
6. Fortbestehen der Schutzpflicht bei fehlender Freiverantwortlichkeit | 101 | ||
III. Was bedeutet Autonomie? | 101 | ||
1. Ideale Autonomie oder rechtliche Autonomie | 102 | ||
2. Kriterien rechtlicher Autonomie | 103 | ||
3. Die Betrachtung der Autonomie in der Einwilligungsdogmatik | 104 | ||
a) Keine Anwendung der Regeln der Willenserklärungen | 105 | ||
b) Mangelfreie Willensbildung als Voraussetzung der wirksamen Einwilligung | 106 | ||
4. Irrtümer als Willensmängel | 107 | ||
a) Beachtlichkeit von Motivirrtümern | 108 | ||
b) Vertrauensschutz in gegebene Einwilligungen | 110 | ||
5. Zwang als Autonomiedefizit | 112 | ||
6. Mängel der Autonomiekompetenz | 115 | ||
IV. Fehlende Freiverantwortlichkeit im Rahmen des § 216 StGB | 116 | ||
1. Folgen des Mangels an Freiverantwortlichkeit | 116 | ||
2. Generell fehlende Freiverantwortlichkeit | 118 | ||
3. Fehlende Freiverantwortlichkeit trotz mangelfreier Einwilligung | 121 | ||
4. Fehlende Freiverantwortlichkeit trotz ernstlichem Tötungsverlangen? | 123 | ||
V. Zweifel an der Freiverantwortlichkeit | 124 | ||
VI. Zwischenergebnis: Schutz vor Gefährdungen von Drittinteressen und Interessen der Allgemeinheit | 125 | ||
VII. § 216 StGB als Gefährdungsdelikt | 126 | ||
1. Theorie der generellen Gefährlichkeit | 129 | ||
2. Theorie der abstrakten Gefahr | 130 | ||
3. Legitimation abstrakter Gefährdungsdelikte jenseits einer Präsumtion | 131 | ||
4. Rechtsgüterschutz als Grund für die Etablierung abstrakter Gefährdungsdelikte | 133 | ||
5. Der verfassungsrechtliche Ansatz | 134 | ||
6. Beschränkung der Anwendung abstrakter Gefährdungsdelikte | 135 | ||
a) Das Schuldprinzip als Schranke abstrakter Gefährdungsdelikte | 136 | ||
b) Maßstäbe zur Unterscheidung legitimer und illegitimer abstrakter Gefährdungsdelikte | 137 | ||
c) Anwendung von Kriterien der objektiven Zurechnung | 139 | ||
d) Differenzierungspflicht bei abstrakten Gefährdungsdelikten aus Art. 3 Abs. 1 GG | 140 | ||
7. Kategorisierung abstrakter Gefährdungsdelikte | 141 | ||
8. Bedenken gegen die Einordnung des § 216 StGB als Gefährdungsdelikt | 144 | ||
VIII. Schutz von Interessen der Allgemeinheit | 145 | ||
1. Grundrechtsfürsorge | 145 | ||
2. Kollektivistische Begründung | 147 | ||
3. Sozialbindung | 149 | ||
4. Tabuschutz als Schutz der Wertbestimmung der Gesellschaft | 150 | ||
5. Tabuschutz als Sicherung des Rechtsfriedens | 152 | ||
IX. Rechtsgüter Dritter als Grundrechtsschranke | 153 | ||
1. Schutz des Lebens Dritter | 153 | ||
a) Paternalistischer Schutz Dritter | 154 | ||
b) Das eigentliche Beweisargument | 160 | ||
c) Missbrauchsargument | 161 | ||
d) Schutz des Lebens anderer durch Tabubewahrung | 163 | ||
e) Zum Umgang mit Argumenten der schiefen Ebene | 167 | ||
2. Schutz von Unterhaltsinteressen | 171 | ||
3. Schutz von Gefühlen Dritter | 172 | ||
4. Schutz der Ärzte vor der Pflicht zu Töten | 178 | ||
C. Fazit: Grundsätzlich zulässige Gründe für die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen | 179 | ||
Viertes Kapitel: Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne | 182 | ||
A. Abwägung unter empirischen Gesichtspunkten | 182 | ||
B. Abwägungskriterien bei abstrakten Gefährdungsdelikten | 183 | ||
C. Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und Abwägungsgrenzen | 184 | ||
D. Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers | 185 | ||
E. Die Gefahren der Freigabe der Tötung auf Verlangen | 186 | ||
I. Das eigentliche Beweisargument | 187 | ||
II. Weich-paternalistisch motivierter Schutz | 188 | ||
III. Gefahr von Fehlentwicklungen | 192 | ||
F. Abwägungsergebnis in Hinblick auf eine Abwägungskontrolle des Gesetzgebers | 194 | ||
Fünftes Kapitel: Kriminalpolitische Erwägungen | 197 | ||
A. Zum Erfordernis der Systemkonformität im Strafrecht | 197 | ||
B. Das Selbstbestimmungsrecht in der Rechtsordnung | 198 | ||
I. Behandlungshoheit des Patienten | 198 | ||
II. Zwangsbehandlung | 199 | ||
III. Selbstbestimmung und Suizid | 205 | ||
IV. Selbstbestimmung und die guten Sitten des § 228 StGB | 207 | ||
V. Verbot der Lebendspende von Organen | 208 | ||
VI. Betäubungsmittel | 209 | ||
VII. Die Sterbehilfe | 210 | ||
1. Formen der Sterbehilfe | 211 | ||
2. Die rechtliche Bewertung der Sterbehilfe | 211 | ||
a) Aktive direkte Sterbehilfe | 211 | ||
b) Passive Sterbehilfe | 213 | ||
c) Indirekte Sterbehilfe | 217 | ||
d) Sterbebegleitung, „reine“ Sterbehilfe | 221 | ||
C. Gründe für die moralische Unterscheidung zwischen Töten und Sterbenlassen | 222 | ||
D. Unterscheidung zwischen indirekter Sterbehilfe und direkter Sterbehilfe | 224 | ||
E. Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Suizid und Tötung auf Verlangen | 224 | ||
I. Der Suizid als unverbotene Handlung | 226 | ||
II. Eigenhändigkeit des Suizids als entscheidendes Differenzierungskriterium | 228 | ||
F. Wertungswidersprüche bei der „Einwilligung“ in fahrlässige Tötung? | 230 | ||
G. Gefahren der Fehlentwicklung nach geltendem Recht | 231 | ||
H. Widersprüche mit der bestehenden Rechtsordnung | 232 | ||
Fazit | 233 | ||
Literaturverzeichnis | 235 | ||
Stichwortverzeichnis | 253 |