Symbolische Gesetzgebung im Lichte der positiven Generalprävention
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Symbolische Gesetzgebung im Lichte der positiven Generalprävention
Eine Untersuchung am Beispiel des 'Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften' vom 27. Dezember 2003
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 188
(2007)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Am 01.04.2004 trat das "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften" in Kraft. Der massenmedial vermittelte Eindruck eines dramatischen Anstiegs der Sexualdelinquenz hat in der Öffentlichkeit zu geradezu panikartigen Reaktionen und zu eindringlichen Appellen an den Gesetzgeber geführt. Nicht zuletzt wegen des sogenannten politisch-publizistischen Verstärkerkreislaufs ist die Sexualstrafgesetzgebung seit 1998 von permanenter Novellierung und Verschärfung geprägt. Die Strafgesetzgebung wird zum Austragungsort symbolischer Statuskämpfe, in denen es vornehmlich um positive Selbstdarstellung und Diskreditierung des Gegners geht. Gesetzgeberische Handlungen stellen in diesem Rahmen primär auf symbolische bzw. positiv-generalpräventive Wirkungen ab und ignorieren den Rechtsgüterschutz.Der Autor leitet hieraus die Hauptthese ab, dass symbolische bzw. generalpräventive Wirkungen nur reflexive, d. h. zweitrangige, latente Folgen einer rechtsgüterschutzorientierten Normsetzung sein dürfen. Sie können keinesfalls souverän Strafschärfungen legitimieren. Im Hinblick auf die Forderung, die ursprünglichen Maßstäbe der Strafgesetzgebung - insbesondere Rechtsgüterschutz und Ultima-ratio-Grundsatz - wiederherzustellen, empfiehlt sich ein verändertes Gesetzgebungsprocedere, in dem die Wissenschaften intensiver im Sinne eines interdisziplinären Diskurses miteinbezogen werden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 13 | ||
I. Genese des Sexualstrafrechts | 16 | ||
1. Geschichte der Sexualstrafrechtsreformen | 16 | ||
2. Geschichte des SexualdelÄndG vom 27. Dezember 2003 | 18 | ||
II. Symbolische Gesetzgebung: Ein definitorischer Annäherungsversuch | 21 | ||
1. Allgemeiner Sprachgebrauch | 21 | ||
2. Die Behandlung des Begriffs der symbolischen Gesetzgebung in der Rechtswissenschaft | 22 | ||
a) Realität und Praxis der Gesetzgebung im Allgemeinen | 22 | ||
aa) Realität des Gesetzgebungsverfahrens | 23 | ||
bb) Verlagerung der gesetzgeberischen Entscheidungsmacht – Das Bundestagsplenum als Bühne gesetzgeberischer Auseinandersetzungen | 25 | ||
cc) Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Mindesterfordernis strafgesetzgeberischen Handelns | 28 | ||
dd) Beeinflussung der Gesetzgebung durch Massenmedien und Öffentliche Meinung – Politisch-publizistischer Verstärkerkreislauf | 30 | ||
(1) Funktionen | 31 | ||
(2) Exkurs: Risikogesellschaft | 34 | ||
(3) Öffentliche Meinung und Verstärkerkreislauf | 36 | ||
(4) Politische Furchtvermarktung | 40 | ||
b) Der Beginn wissenschaftlichen Interesses an der Symbolik des Strafrechts | 43 | ||
c) Differenzierung zwischen instrumenteller und symbolischer Gesetzgebung | 44 | ||
aa) Auswirkungen von Angst, Sorge, Hoffnung auf das Sicherheitsgefühl – Selbstdarstellung des Gesetzgebers | 46 | ||
bb) Erwartungssicherheit, Bewusstseinsbildung und Bekräftigung von Normen | 50 | ||
cc) Arena für kämpfende Parteien | 51 | ||
dd) Symbolische Wirkung als latente Folge | 53 | ||
d) Symbolcharakter als Eigenschaft jeglichen Gesetzgebungsaktes? | 55 | ||
aa) Eingrenzende Definition im Sinne eines ‚mehr oder weniger‘ | 55 | ||
bb) Geeignetheit des Sexualstrafrechts für symbolische Gesetzgebung | 58 | ||
cc) Formulierungsversuch einer fundierten, glaubhaften Kritik | 60 | ||
III. Symbolische Gesetzgebung im Lichte der Theorie der positiven Generalprävention | 64 | ||
1. Geschichte der Präventionstheorien | 65 | ||
a) Absolute Theorien | 65 | ||
b) Relative Theorien | 67 | ||
2. Die einzelnen Theorien innerhalb der Rechtsprechung | 69 | ||
3. Theorie der positiven Generalprävention | 73 | ||
a) Ursprünge der positiven Generalprävention | 73 | ||
b) Aussagen der Theorie der positiven Generalprävention | 74 | ||
c) Kompatibilität strafzwecktheoretischer Diskussionen mit Strafgesetzgebung | 78 | ||
aa) Exkurs: Schuldprinzip | 80 | ||
bb) Der rekursive, sekundäre Charakter positiver Generalprävention | 81 | ||
d) Das Problem der empirischen Nachweisbarkeit | 83 | ||
aa) Leichte Delinquenz | 84 | ||
bb) Schwere Delinquenz | 85 | ||
cc) Besonderheiten hinsichtlich der positiven Generalprävention | 86 | ||
e) Plädoyer für mildere Strafrahmen | 89 | ||
f) Kritische Beurteilung der Theorie der positiven Generalprävention | 90 | ||
IV. Fehlender Rechtsgüterschutz als Parameter symbolischer Gesetzgebung? | 94 | ||
1. Rechtsgutstheorien | 95 | ||
a) Genese des Rechtsgüterschutzes: Ursprünge und Entstehung der Theorien | 95 | ||
b) Einzelne theoretische Ansätze | 99 | ||
c) Gesetzgeberische Schutzpflichten | 105 | ||
2. Zweifelhafter Rechtsgüterschutz im Rahmen des SexualdelÄndG | 108 | ||
a) Das Problem der Rechtsgutsbestimmung bei den §§ 176, 176 a StGB | 109 | ||
aa) Exklusivität sexuellen Kindesmissbrauchs | 111 | ||
bb) Konsequente Lösung des Gesetzgebers | 115 | ||
b) Erweiterung des Rechtsgüterschutzes am Beispiel der Pornographie | 116 | ||
aa) Genese der Pornographietatbestände | 116 | ||
bb) Änderungen durch das SexualdelÄndG | 118 | ||
c) Rechtsgutsbestimmung bei § 176 Abs. 5, 1. Alt. StGB n. F. | 120 | ||
aa) Der Rosenheimer Fall | 120 | ||
bb) Einzelfallgesetzgebung | 122 | ||
cc) Fehlendes schützenswertes Rechtsgut | 124 | ||
d) Erweiterung des § 140 StGB | 126 | ||
V. Normierung moralischer Appelle: Manifestation sozialethischer Grundsätze durch symbolische Gesetzgebung | 129 | ||
1. Die Diskussion in der Judikative | 130 | ||
a) Das „Fanny-Hill-Urteil“ des Bundesgerichtshofs | 130 | ||
b) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu § 218 StGB a. F. | 132 | ||
2. Reformbedingter „sexualmoralischer Klimawechsel“; Beeinflussung gesellschaftlicher Moralvorstellungen durch Sexualstrafrechtsreformen? | 134 | ||
3. Fragwürdige Neuerungen des SexualdelÄndG | 139 | ||
a) Die Beibehaltung der Rückfallklausel in § 176 a Abs. 1 StGB n. F. als Ausdruck der Empörung gegenüber rückfälligen Tätern | 139 | ||
b) Einschränkung des Erzieherprivilegs in § 184 Abs. 1 S. 2 StGB n. F. | 143 | ||
c) Vorverlagerung der Strafbarkeit, § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB n. F. | 144 | ||
VI. Alibigesetzgebung als eigene Fallgruppe symbolischer Gesetzgebung | 147 | ||
1. § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB n. F. als Konsolidierung der Überzeugung, das inkriminierte Verhalten sei fehlerhaft? | 148 | ||
2. Anhebung der Mindeststrafe in § 176 Abs. 4 n. F. als Ausdruck sittenstrenger, tugendhafter Überzeugungen | 149 | ||
3. Abschaffung des minder schweren Falls in § 176 Abs. 1 StGB als symbolischer Akt | 151 | ||
4. Regelungsverzicht als bevorzugte gesetzgeberische Maßnahmeam Beispiel des § 138 StGB | 153 | ||
5. Die permanente Reform der Sicherungsverwahrung als besondere Ausprägung der Alibigesetzgebung | 158 | ||
VII. Kompromissgesetze als Folge politischer Selbstdarstellung | 161 | ||
1. Die kompromisslerische Implementierung des unbestimmten Rechtsbegriffs „menschenähnliche Wesen“ in § 131 StGB | 162 | ||
2. Die Rücknahme des Änderungsvorhabens bezüglich § 138 StGB | 164 | ||
3. Die Beibehaltung der Rückfallklausel in § 176 a Abs. 1 StGB n. F. | 165 | ||
4. Oppositionelle Forderung der Verbrechenslösung beim sexuellen Kindesmissbrauch | 167 | ||
a) Entwicklung der Vergehens- und Verbrechenslösung | 167 | ||
b) Die Verbrechenslösung als Machtprobe | 169 | ||
c) Exkurs: Argumente gegen eine Verbrechenslösung | 170 | ||
VIII. Das SexualdelÄndG im Kontext der politischen Diskussion; Dramatisierung durch Politik und Medien oder notwendige gesetzgeberische Aktivität? | 172 | ||
1. Die Instrumentalisierung des Strafrechts als Warn- und Signalmittel | 172 | ||
2. Genese des SexualdelÄndG und ihre Hintergründe – das Sexualstrafrecht als konstantes Änderungsvorhaben | 178 | ||
a) Zeittafel | 178 | ||
b) Genese | 181 | ||
IX. Einflussnahme durch „pressure groups“ | 188 | ||
1. Kritik seitens nicht an der Gesetzgebung beteiligter Gruppen | 188 | ||
2. Pressure groups | 190 | ||
X. Plädoyer für einen interdisziplinären Diskurs – intensivere Partizipation der Wissenschaften | 194 | ||
1. Defizite hinsichtlich des Verfahrens | 195 | ||
2. Defizite hinsichtlich empirischer Befunde | 199 | ||
a) Erster periodischer Sicherheitsbericht | 200 | ||
b) Weitere Studien | 203 | ||
3. Möglichkeiten wissenschaftlicher Beratung | 204 | ||
4. Optionen im Sexualstrafrecht | 208 | ||
XI. Zusammenfassung | 212 | ||
1. Der Prozess des SexualdelÄndG | 212 | ||
2. Schlussfolgerungen | 217 | ||
Anhang: Synopse | 220 | ||
Literaturverzeichnis | 242 | ||
Sachwortverzeichnis | 254 |