Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur deutschen Wiedervereinigung
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Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur deutschen Wiedervereinigung
Zur Funktion einer Argumentationsfigur anhand ausgewählter Beispiele
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1059
(2007)
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Abstract
Das epochale Ereignis der deutschen Wiedervereinigung liegt mittlerweile mehr als fünfzehn Jahre zurück. Nach dieser Zeitspanne lohnt ein genauerer Blick auf den langjährigen Prozeß der Rechtsanpassung. Es wird demonstriert, daß der - bisher eher unterbelichtete - Transformationsprozeß in Ostdeutschland ein reizvoller Untersuchungsgegenstand ist, in dem sich die Singularität dieses Ereignisses mit hergebrachten Argumentationsfiguren wie der von der "Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers" auf neuartige Weise verknüpft. Diese in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts seit langem gebrauchte Wendung wird einer genaueren Analyse mit Blick darauf unterworfen, daß sie in den einschlägigen Entscheidungen zu Fragen der deutschen Wiedervereinigung und deren Rechtsfolgen auffallend häufig Verwendung gefunden hat. Die Ausgangsfrage lautet, was es konkret bedeutet, wenn das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgrund der diagnostizierten "Sondersituation" eine solche Gestaltungsfreiheit oder auch ein Mehr davon zubilligt. Daran anknüpfend wird problematisiert, ob hiermit gar eine - möglicherweise unumgängliche - Relativierung verfassungsrechtlicher Standards einhergeht, in der ein Sonderverfassungsrecht jenseits der explizit im Grundgesetz geregelten Fälle (vor allem der inzwischen obsolet gewordene Art. 143 I, II GG) zu erblicken ist.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 12 | ||
Fragestellung und Gang der Untersuchung | 17 | ||
Kapitel 1: Charakterisierung des Transformationsprozesses in Ostdeutschland | 21 | ||
A. Der deutsche Einigungsprozeß als Sonderform der Transformation | 21 | ||
I. Transformation als Inbegriff für Systemwechsel | 21 | ||
II. Rechtseinheit als Zielvorgabe für den Systemwechsel in Deutschland | 23 | ||
B. Der Fluchtpunkt der Rechtsangleichung: die bundesdeutsche Rechtsordnung | 27 | ||
I. Rechtseinheit als zwingende Folge der Staatseinheit? | 28 | ||
II. Die Regelungen des Einigungsvertrages zur Rechtsanpassung | 31 | ||
1. Geltungserstreckung des Grundgesetzes mit Abweichungen | 31 | ||
a) Übergangsregelungen | 32 | ||
b) Ausnahmen von der Geltungserstreckung | 33 | ||
c) Dauerhafte Grundgesetzänderungen | 34 | ||
2. Geltungserstreckung des einfachen Bundesrechts | 34 | ||
3. Aufrechterhaltung von Einzelentscheidungen | 36 | ||
III. Technik und Charakteristika der Rechtsanpassung | 37 | ||
1. Die normative Erfassung der DDR-Rechtswirklichkeit als Grundproblem der Rechtsanpassung | 37 | ||
2. Technik der Rechtsanpassung: Überführung, Neubewertung, Korrektur | 38 | ||
a) Überführung | 39 | ||
b) Neubewertung | 39 | ||
c) Korrektur | 40 | ||
3. Stufung der Rechtsüberleitung nach Maßgabe der Sozialverträglichkeit | 41 | ||
4. Orientierung am Maßstab der Einzelfallgerechtigkeit | 41 | ||
Kapitel 2: Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als Topos in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 43 | ||
A. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit in der grundgesetzlichen Ordnung | 43 | ||
I. Die Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung | 44 | ||
II. Das Verhältnis von Verfassungsbindung und gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit | 45 | ||
1. Terminologie | 45 | ||
2. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit als Chiffre für das vom Grundgesetz nicht Normierte – Ausgestaltungsbefugnis und Ausgestaltungspflicht | 47 | ||
3. Ausgestaltungsbefugnis als Resultat der Verfassungsinterpretation | 50 | ||
III. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als Argumentationsfigur | 53 | ||
B. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei einzelnen Grundrechtsgewährleistungen | 54 | ||
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG | 54 | ||
1. Anteil eigener Leistung | 56 | ||
2. Nutzung des Eigentumsobjekts durch Dritte | 58 | ||
3. Wandel ökonomischer Verhältnisse | 60 | ||
4. Neuordnung eines Rechtsgebiets | 61 | ||
5. Zwischenergebnis: zweidimensionale Bedeutung der Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Eigentumsgarantie – Argumentationsfigur und Mittel zur Konturierung der Ausgestaltungsbefugnis | 63 | ||
II. Der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG | 63 | ||
1. Weite Gestaltungsfreiheit bei sachverhaltsbezogener Differenzierung | 66 | ||
2. Typisierung und Pauschalierung | 66 | ||
3. Einzelne Sachbereiche | 67 | ||
III. Zwischenergebnis: Gestaltungsfreiheit als Reaktion auf die besondere Normstruktur des Gleichheitssatzes | 68 | ||
C. Konstellationen erweiterter Gestaltungsfreiheit | 68 | ||
I. Gesetzgebung im wirtschaftslenkenden Bereich | 69 | ||
II. Experimentelle Gesetzgebung – Versuchsgesetzgebung | 71 | ||
III. Insbesondere: Prognoseentscheidung und Prognosespielraum | 74 | ||
D. Zusammenfassung | 76 | ||
Kapitel 3: Ausgewählte Fallgruppen der Rechtsanpassung und ihre Behandlung durch das Bundesverfassungsgericht | 78 | ||
A. Auswahl und Vorgehensweise | 78 | ||
I. Abgrenzungskriterium: transformatorischer Wesenszug | 81 | ||
1. Ausschluß der Fallgruppen, die die bloße Rechtsanpassung betreffen | 81 | ||
2. Ausschluß der Fallgruppen, die die „Vergangenheitsbewältigung“ betreffen | 82 | ||
II. Vorgehensweise | 85 | ||
B. Die Altschuldenfrage | 86 | ||
I. Die Staatskredite vor und nach der deutschen Einheit | 86 | ||
1. Die Wandlung vom sozialistischen zum marktwirtschaftlichen Kredit | 87 | ||
2. Behandlung durch die Zivilgerichte | 89 | ||
3. Zivilrechtliche Diskussion | 90 | ||
II. Das Altschuldenurteil des Bundesverfassungsgerichts | 92 | ||
1. Vertragsfreiheit als Prüfungsmaßstab | 93 | ||
2. Herabgesetzte Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt | 93 | ||
3. Grundentscheidung: Fortbestand der Altschulden mit Entschuldungsmöglichkeit | 95 | ||
4. Verhältnismäßigkeit im Einzelfall | 96 | ||
a) Kompensationspflicht des Gesetzgebers | 97 | ||
aa) Treuhandentschuldung | 97 | ||
bb) Die bilanzielle Entlastung | 98 | ||
cc) Der Ausschluß nicht sanierungsfähiger Betriebe | 99 | ||
b) Gleichheitssatz als inzidenter Prüfungsmaßstab | 99 | ||
III. Weitere Entwicklung | 100 | ||
IV. Verfassungsrechtliche Bewertung | 101 | ||
1. Grundrechtsprüfung als methodischer Rahmen | 101 | ||
2. Die besonders weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers | 104 | ||
a) Die weite Gestaltungsfreiheit im wirtschaftslenkenden Bereich als Argumentationsbasis | 104 | ||
b) Besonders weite Gestaltungsfreiheit aufgrund Zeit- und Erfahrungsmangels | 105 | ||
3. Abweichung von den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts | 106 | ||
4. Alternativlösung: Konzentration auf die „Transformationsleistung“? | 106 | ||
C. Die Überleitung der DDR-Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung | 108 | ||
I. Die Intelligenzrenten im Rentenversicherungssystem der DDR | 108 | ||
1. Die Errichtung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme | 109 | ||
a) Zusatzversorgungssysteme | 110 | ||
b) Sonderversorgungssysteme | 111 | ||
2. Die Entwicklung bis zum Einigungsvertrag und dessen Vorgaben für die Rentenüberleitung | 112 | ||
3. Rentenüberleitung und Korrektur durch das AAÜG | 114 | ||
4. Die Folgen für die Intelligenzrenten | 116 | ||
II. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur rentenrechtlichen Systementscheidung | 116 | ||
1. Prüfungsmaßstab Art. 14 I 2 GG | 117 | ||
a) Zusatzversorgungsanwartschaften als Eigentumsposition | 117 | ||
b) Bestimmung des Gestaltungsspielraums bei der Rentenüberleitung | 118 | ||
c) Anwendung der Maßstäbe auf die Systementscheidung | 119 | ||
aa) Überführungsschutz bei durchschnittlichen Einkommen | 121 | ||
bb) Kappungseffekt bei hohen Einkommen | 122 | ||
2. Prüfungsmaßstab Art. 3 I GG | 123 | ||
a) Bestimmung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums | 123 | ||
b) Anwendung der Maßstäbe auf die Systementscheidung | 123 | ||
aa) Vergleichbare Versicherte aus den alten Bundesländern | 124 | ||
bb) Noch Erwerbstätige | 124 | ||
cc) Versorgungsberechtigte mit Durchschnittseinkommen | 125 | ||
III. Weitere Entwicklung, insbesondere: die „Systemnähe“-Rechtsprechung | 125 | ||
IV. Verfassungsrechtliche Bewertung | 129 | ||
1. Grundrechtsprüfung als methodischer Rahmen | 129 | ||
a) Fortbestand der Rechtspositionen | 130 | ||
b) Neubewertung als rentenversicherungsrechtliche Positionen | 132 | ||
2. Weite Gestaltungsfreiheit im Rentenversicherungsrecht | 133 | ||
3. Stillschweigende Ausweitung der Gestaltungsfreiheit durch die Differenzierung von System- und Einzelfallentscheidung | 135 | ||
D. Die Schuldrechtsanpassung | 136 | ||
I. Die sozialistische Eigentumsordnung | 136 | ||
1. Die Eigentumsformen in der DDR | 136 | ||
2. Nutzungsrecht statt Grundeigentum | 137 | ||
3. Nutzungszweck: Wohnen oder Erholung | 138 | ||
a) Nutzung zu Wohnzwecken: Sachenrechtsbereinigung | 138 | ||
b) Nutzung zu Freizeitzwecken: Schuldrechtsanpassung | 139 | ||
II. Die Überführung von Nutzungsverhältnissen an Erholungsgrundstücken in die bundesdeutsche Privatrechtsordnung – Die Schuldrechtsanpassung | 141 | ||
1. Zuordnung zu Miete und Pacht | 141 | ||
2. Der Kündigungsschutz bei der Nutzung von Erholungsgrundstücken | 142 | ||
III. Der „Datschen-Beschluß“ des Bundesverfassungsgerichts | 143 | ||
1. Prüfungsmaßstab Art. 14 I 2 GG | 144 | ||
a) Das Konzept des gestuften Kündigungsschutzes | 145 | ||
aa) Die erste Stufe – Kündigungsausschluß | 145 | ||
bb) Die zweite und dritte Stufe – Kündigungsbeschränkungen | 146 | ||
cc) Kündigungsausschluß wegen Lebensalters | 147 | ||
dd) Teilkündigungsrecht bei großen Grundstücken und weitere Beschränkungen des Kündigungsschutzes | 148 | ||
b) Die Nutzungsentgelt- und Entschädigungsregelung | 149 | ||
2. Prüfungsmaßstab Art. 3 I GG | 149 | ||
IV. Weitere Entwicklung | 150 | ||
V. Verfassungsrechtliche Bewertung | 151 | ||
1. Grundrechtsprüfung als methodischer Rahmen | 151 | ||
2. Weite Gestaltungsfreiheit bei veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen | 152 | ||
E. Zwischenergebnis: Die Argumentationsfigur der Gestaltungsfreiheit als Schlüsselbegriff der Vereinigungsrechtsprechung zur Bewältigung transformationsbedingter Probleme | 154 | ||
Kapitel 4: Sonderverfassungsrecht Ost? | 155 | ||
A. Sonderverfassungsrecht als Fremdkörper in der grundgesetzlichen Ordnung | 155 | ||
B. Geschriebenes Sonderverfassungsrecht Ost – Art. 143 I, II GG | 156 | ||
I. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 143 I, II GG | 157 | ||
II. DieWesensmerkmale des Art. 143 I, II GG | 160 | ||
1. Unerreichbarkeit eines voll verfassungsmäßigen Zustands | 160 | ||
2. Die „unterschiedlichen Verhältnisse“ | 162 | ||
3. Legitimation von Verfassungsverstößen | 163 | ||
III. Zwischenergebnis: Art. 143 I, II GG als transformationsbedingter Dispens | 165 | ||
C. Ungeschriebenes Sonderverfassungsrecht Ost? | 165 | ||
I. Singuläre Ausnahme beim Gesetzesvorbehalt | 166 | ||
II. Die Relativierung verfassungsrechtlicher Anforderungen | 167 | ||
1. Erweiterte Gestaltungsspielräume | 167 | ||
2. Modifizierte Ausgestaltungsbefugnis bei Art. 14 I 2 GG | 168 | ||
III. Fazit: die Argumentationsfigur der Gestaltungsfreiheit als Prolongation des Art. 143 I, II GG | 170 | ||
IV. Alternativlosigkeit der gewählten Überleitungskonzeption | 170 | ||
1. Entbehrlichkeit einer Sonderdogmatik | 171 | ||
2. Wahrung der Prärogative des Gesetzgebers | 172 | ||
3. Sozialverträglichkeit und Vorbehalt des Möglichen | 173 | ||
D. Gefährdungslagen? | 173 | ||
Schluß: Zusammenfassung in Thesen | 176 | ||
Kapitel 1 | 176 | ||
Kapitel 2 | 176 | ||
Kapitel 3 | 178 | ||
Kapitel 4 | 179 | ||
Literaturverzeichnis | 181 | ||
Sachverzeichnis | 202 | ||
Lebenslauf | 210 |