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Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta

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Stelter, C. (2007). Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52547-8
Stelter, Christian. Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta. Duncker & Humblot, 2007. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52547-8
Stelter, C (2007): Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52547-8

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Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta

Stelter, Christian

Schriften zum Völkerrecht, Vol. 172

(2007)

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Abstract

Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta ist eine seit dem Inkrafttreten der UN-Charta unveränderte Kernnorm dieses Vertrags. Jedoch hat sich die Art, auf welche Staaten und staatsähnliche Akteure gewaltsame Auseinandersetzungen durchführen, in der Zwischenzeit stark verändert. Die sogenannte intelligente Kriegsführung hat die konventionelle in weiten Bereichen abgelöst. Daneben gab es Veränderungen in anderen Bereichen des Völkerrechts, die gleichfalls Auswirkungen auf das Gewaltverbot haben können, so z. B. bei Menschenrechtsverträgen.

Unter diesen Gesichtspunkten untersucht Christian Stelter das Gewaltverbot. Er geht dabei u. a. der Frage nach, ob das Gewaltverbot nach wie vor Geltung beanspruchen kann, welche »modernen« Maßnahmen unter das Verbot fallen und inwieweit nichtstaatliche Akteure an das Gewaltverbot gebunden sind. Mit Blick auf die Rechtfertigungsgründe untersucht er, wie diese angesichts der Veränderungen auszulegen sind. In dieser Hinsicht werden z. B. präemptive Maßnahmen der Staaten und die Möglichkeiten des UN-Sicherheitsrats in den Blick genommen. Ausgehend von dem gewonnenen Bild des derzeitigen Umfangs des Gewaltverbots geht der Autor sodann der Frage nach, ob das ius contra bellum in Anbetracht der zuvor gewonnenen Erkenntnisse vor einem Wandel steht.

Bestehende Regelungsdefizite machen eine partielle Reform notwendig. Diese ist in Anbetracht der bestehenden Revisionsmöglichkeiten und Kräfteverhältnisse in den Vereinten Nationen nicht zu erwarten. Die zukünftige Entwicklung des Gewaltverbots ist daher ungewiß.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsübersicht 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 14
A. Einleitung: Untersuchungsgegenstand und Gang der Darstellung 17
B. Ein Wandel der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten als Anlaß für eine kritische Bestandsaufnahme des bestehenden völkerrechtlichen Systems zur Regelung der Gewaltanwendung 19
I. Bereiche, die einem Wandel in tatsächlicher Hinsicht oder einer veränderten Wahrnehmung unterlegen sind 19
1. Veränderte Wahrnehmung in bezug auf Verletzungen des Gewaltverbots nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 19
2. Terrorismus als strukturelle Problemlage 21
3. Veränderte Möglichkeiten des Angriffs und der Verteidigung als instrumentelle Problemlagen 25
a) Infrastrukturelle Gegebenheiten (Luftverkehr, Seewege) 25
b) Veränderungen auf dem Datenverarbeitungs- und Telekommunikationssektor 25
(1) Durch moderne Technologie bewirkte Veränderungen auf dem öffentlichen und privaten Sektor 26
(2) Informationsoperationen 27
(a) Informationsoperationen als moderne Problemlage 27
(b) Logische Bomben 30
(c) Sniffer 31
(d) Denial of Service-Angriffe 31
(e) Computerviren und -würmer 31
(f) Video morphing 32
(g) Informationsblockade 32
(h) IP-Spoofing 32
(i) Tatsächliche Zwischenfälle im Bereich der Informationsoperationen 33
c) Zunahme der Effizienz, Verfügbarkeit und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen 35
II. Bereiche mit rechtlichem Wandel 37
1. Wirtschaftsvölkerrecht 37
2. Internationaler Menschenrechtsschutz 38
a) Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes 39
b) Schutz des Individuums durch völkerrechtliche Basisschutzregeln 40
c) Weitergehende völkerrechtliche Verträge zum Menschenrechtsschutz 42
(1) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) 42
(2) Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwirtR) 44
(3) Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) 45
(a) Gewährleistete Rechte 46
(b) Zusatzprotokolle zur Europäischen Menschenrechtskonvention 46
(c) Durchsetzung der Konventionsrechte 47
(4) Weitere internationale Abkommen 48
(a) Amerikanische Konvention über Menschenrechte 48
(b) Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker 49
d) Verstärkung der Wirkkraft der Menschenrechte als generelle Entwicklungslinie 49
C. Gewaltanwendung unter oder neben der Charta – eine Bestandsaufnahme 51
I. Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 51
1. Inhalt des Begriffs der Gewalt 51
a) Ausgangspunkt: Wortlaut des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 51
b) Art der Auslegung der UN-Charta 53
c) Gewalt im Sinne von Art. 2 Abs. 4 UN-Charta: Ein weites Begriffsverständnis mit sachlicher Einschränkung 60
d) Ausübung wirtschaftlichen und politischen Drucks 61
e) Gewaltanwendung ohne direkten Angriff mit Truppen 62
f) Der Sonderbereich der sog. Informationsoperationen 65
(1) Wortlaut 66
(2) Systematik 67
(3) Teleologische Auslegung 70
(a) Berücksichtigungsfähigkeit der Folgen der Operation 72
(b) Weitergehende Auslegung anhand einzelner Entscheidungskriterien 75
(c) Zwischenergebnis: Informationsoperationen de lege lata unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 78
(4) Staatenpraxis 78
(a) Convention on Cybercrime 79
(b) Council Framework Decision on attacks against information systems 79
(c) Weitere internationale Praxis 80
(d) Zwischenergebnis bezüglich der Staatenpraxis 80
(5) Auslegungsergebnis 80
(6) Nichtvergleichbarkeit mit wirtschaftlichem und politischem Druck als Lackmustest für die Einordnung von Informationsoperationen 81
g) Gesamtbetrachtung zum Gewaltbegriff de lege lata 82
2. Fortgeltung des Gewaltverbots als zwingendes geschriebenes Recht 84
a) Untersuchung des rechtlichen Fortbestands des Gewaltverbots 85
(1) Gang der Darstellung 85
(2) Fragliches Außerkrafttreten des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 86
(a) Desuetudo 88
(aa) Nichtanwendung oder Verletzung einer vertraglichen Norm 90
(bb) Zurechenbarkeit zu einem Staat 93
(cc) Überzeugung von der Rechtmäßigkeit des Vorgehens bei den betroffenen Parteien 93
(dd) Kein Außerkrafttreten des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta aufgrund von desuetudo 96
(b) Abänderndes Gewohnheitsrecht 97
(c) Unklarheit und Unbestimmtheit der Norm 99
(d) Clausula rebus sic stantibus 101
b) Zwischenergebnis: Fortbestand des Gewaltverbots 106
3. Regelungsbereich: Anwendung und Androhung von Gewalt 107
4. Einschränkungen des Gewaltverbots auf Tatbestandsebene 110
5. Gewohnheitsrechtliche Geltung des Gewaltverbots 113
a) Bedeutung des Gewohnheitsrechts neben der Charta-Bestimmung 113
b) Gewaltverbot als Teil des Völkergewohnheitsrechts 114
6. Adressaten des Gewaltverbots 120
a) Zur Einhaltung verpflichtete Völkerrechtssubjekte 120
(1) Staaten 120
(2) De-Facto-Regime 121
(3) Internationale Organisationen 127
(4) Individuen 131
b) Durch das Gewaltverbot geschützte Subjekte 132
7. Gewaltverbot als ius cogens 135
II. Resolutionen nach Kapitel VII als Rechtfertigungsgrund 139
1. Die ursprüngliche Konzeption: Konzentration von erlaubten gewaltsamen Maßnahmen beim UN-Sicherheitsrat 139
a) Die Sonderabkommen nach Art. 43 UN-Charta als Ausgangspunkt der ursprünglichen Konzeption 141
b) Das Nichtzustandekommen der Sonderabkommen 142
2. Ermächtigung einzelner Staaten oder von Staatengruppen auf der Basis von Kapitel VII der UN-Charta 144
a) Voraussetzungen der Ermächtigung 145
(1) Praktische Bedeutung der Merkmale der Art. 39ff. UN-Charta 145
(2) Angriffshandlung 149
(3) Bruch des Friedens 151
(4) Bedrohung des Friedens 153
b) Befugnis des UN-Sicherheitsrats zur Ermächtigung 157
c) Anforderungen an die ermächtigenden Resolutionen 163
(1) Art der Ermächtigung 163
(2) Zeitliche Geltung 170
(3) Verhältnismäßigkeit der ermächtigenden Resolutionen 172
d) Rahmenbedingungen der Gewaltausübung bei vorliegender Ermächtigung 174
e) Resolutionspraxis 177
III. Die (sonstigen) Einschränkungen des Gewaltverbots 184
1. Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta 184
a) Das „naturgegebene“ Selbstverteidigungsrecht 185
b) Das Verhältnis des Art. 51 UN-Charta zum gewohnheitsrechtlichen Selbstverteidigungsrecht 187
c) Begriff des bewaffneten Angriffs im Sinne von Art. 51 UN-Charta 192
(1) Begriffsbestimmung 192
(a) Unterscheidung zwischen Gewaltanwendung und bewaffnetem Angriff 195
(b) Bedeutung des bewaffneten Angriffs 197
(c) Bedeutung der UN-Generalversammlungs-Resolution 3314 für die Auslegung des Begriffs 200
(d) Gewaltsame Maßnahmen gegen Staatsangehörige und Einrichtungen auf fremdem Staatsgebiet 203
(e) Zusammenfassung und Stellungnahme zu Maßnahmen unterhalb des bewaffneten Angriffs 208
(f) Schwere Menschenrechtsverletzungen als bewaffneter Angriff 210
(g) Informationsoperationen als bewaffnete Angriffe 211
(2) Urheber des bewaffneten Angriffs 214
(a) Staaten 215
(b) De-facto-Regime 215
(c) Maßnahmen durch Private, insbesondere durch internationale Terrororganisationen 216
d) Gegenwärtigkeit des bewaffneten Angriffs 226
(1) Mögliche zeitliche Konstellationen 227
(a) Selbstverteidigungsmaßnahmen als Reaktion auf einen bewaffneten Angriff 227
(b) Interzeptive Selbstverteidigung 227
(c) Präventive Selbstverteidigung 228
(d) Präemptive Selbstverteidigung 229
(e) Maßnahmen nach Abschluß eines bewaffneten Angriffs 230
(2) Bestehen des Gegenwärtigkeitserfordernisses im Rahmen des Art. 51 UN-Charta 230
(a) Das ‚Scheitern‘ des UN-Sicherheitsrats als möglicher Rechtsgrund für eine weite Auslegung des Art. 51 UN-Charta 232
(b) Die veränderte Bedeutung des internationalen Terrorismus und die Verfügbarkeit von Massenvernichtungswaffen als Gründe für eine weite Interpretation 235
(3) Präventive und präemptive Selbstverteidigung nach Völkergewohnheitsrecht 240
(a) Präventives völkergewohnheitsrechtliches Selbstverteidigungsrecht 240
(b) Präemptive Selbstverteidigung 245
e) Rechtsfolgen bei Eingreifen des Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 UN-Charta 255
(1) Notifikationspflicht 255
(2) Maßnahmen nur vorläufiger Natur als Grundprinzip 257
(3) Feststellung einer Selbstverteidigungssituation durch den UN-Sicherheitsrat 259
(4) Individuelle und kollektive Selbstverteidigung 260
(5) Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes 262
(a) Erforderlichkeit 264
(b) Angemessenheit 265
2. Die humanitäre Intervention 267
a) Keine Grundlage in der UN-Charta 268
b) Die humanitäre Intervention im Völkergewohnheitsrecht 268
3. Notstand 280
4. Rettung eigener Staatsangehöriger im Ausland 282
IV. Folgen einer Verletzung des Gewaltverbots 284
D. Ius ad bellum vor einem Wandel? 287
I. Festgestellte Regelungsdefizite 287
II. Reformmöglichkeiten im Bereich des Gewaltverbots 291
1. Reform von Kapitel VII der UN-Charta inklusive der Beschlußfassung 293
2. Erweiterung des Selbstverteidigungsrechts und Schaffung neuer geschriebener Rechtfertigungsgründe 295
3. Ansätze auf der Basis der geltenden UN-Charta 298
4. Schaffung ergänzender multilateraler Regelungsinstrumente 300
III. Ausblick 301
Literaturverzeichnis 303
Sachregister 318