Sozialadäquanz im Strafrecht
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Sozialadäquanz im Strafrecht
Zur Knabenbeschneidung
Schriften zum Strafrecht, Vol. 216
(2011)
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Thomas Exner wurde 1983 geboren und studierte Rechtswissenschaft sowie Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena mit einem Stipendium der »Studienstiftung des Deutschen Volkes«. Von 2008 bis 2010 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Geschichte des Strafrechts an der FSU. 2010 erfolgte die Promotion zum Dr. iur. Seine Publikationen umfassen u.a. Beiträge zur Rechtsdogmatik und -philosophie.Abstract
Die Rechtswissenschaft tut sich bei der Anwendung von Straftatbeständen schwer, gesellschaftliche Wertvorstellungen zu berücksichtigen.Unter inhaltlicher Entwicklung der weithin vernachlässigten Lehre Welzels schlägt Thomas Exner mit dem Topos »Sozialadäquanz« vor, formal-logische Tatbestandsurteile um eine subsidiär materielle Richtigkeitskontrolle zu ergänzen: Verhaltensweisen, die sozial unauffällig, allgemein gebilligt sowie geschichtlich üblich sind, sollen als »sozialadäquat« gerade nicht zu einem an sich (formell) verwirklichten Tatbestand zählen.Die rituelle Knabenbeschneidung, die - anders als bei Mädchen unter dem Stichwort »Genitalverstümmelung« - unter dem wertneutralen Begriff »Zirkumzision« bisher ein (straf)rechtliches Schattendasein führt, dient dabei als Beispiel eines Verhaltens, das wegen seines Kindeswohlverstoßes zwar letztlich formell eine gefährliche Körperverletzung ist, gleichwohl aber dem Unrechtsverdikt als sozialadäquat nicht unterfällt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Teil 1: Einleitung | 17 | ||
A. Einführung | 17 | ||
B. Untersuchungsgegenstand | 19 | ||
I. Beschneidung als medizinische Maßnahme | 19 | ||
II. Beschneidung als Ritual | 21 | ||
C. Untersuchungsverlauf | 26 | ||
Teil 2: Tatbestandsmäßigkeit der Beschneidung | 30 | ||
A. Einfache Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB | 30 | ||
B. Gefährliche Körperverletzung § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB | 32 | ||
Teil 3: Rechtfertigung kraft elterlicher Einwilligung | 36 | ||
A. Vorüberlegungen zur Möglichkeit der Rechtfertigung kraft elterlicher Einwilligung | 36 | ||
B. Kindeswohl – Die Grenze der elterlichen Einwilligung | 38 | ||
C. Elterliches Erziehungsinteresse und Interessensphäre des Kindes | 45 | ||
I. Die durch die Beschneidung betroffenen Rechtsinteressen | 45 | ||
1. Das elterliche Recht auf religiöse Kindererziehung | 45 | ||
2. Recht auf körperliche Unversehrtheit/Selbstbestimmung des Minderjährigen | 46 | ||
II. Abwägung der betroffenen Rechtsinteressen | 49 | ||
D. Ergebnis | 56 | ||
Teil 4: Soziale Adäquanz der rituellen Beschneidung? | 58 | ||
A. Die Rechtsfigur der Sozialadäquanz | 58 | ||
I. Zuordnung innerhalb des Deliktsaufbaus | 61 | ||
1. Sozialadäquanz auf Schuldebene | 64 | ||
a) Roeders Argumentation: Sozialadäquanz im Aufbau des Fahrlässigkeitsdelikts | 65 | ||
b) Schuld und Sozialadäquanz | 80 | ||
c) „Sozialadäquanz“ oder „sozialadäquates Risiko“? | 81 | ||
d) Vorsätzliche Rechtsverletzung als sozialadäquates Verhalten | 83 | ||
e) Ergebnis | 85 | ||
2. Unrechtstatbestand | 86 | ||
a) Rechtswidrigkeit | 87 | ||
b) Tatbestand | 99 | ||
3. Gesamtergebnis zur Verortung im Deliktsaufbau | 110 | ||
II. Inhaltliche Anforderungen an eine Sozialadäquanzlehre | 111 | ||
1. Sozialadäquanz und Gewohnheitsrecht | 113 | ||
a) Consuetudo | 115 | ||
b) Opinio iuris | 117 | ||
c) Ergebnis | 118 | ||
2. Beachtliche Sozialadäquanz – Unbeachtliche Faktizität | 118 | ||
a) Die Differenz von tatsächlichem Sein und normativem Sollen | 119 | ||
b) Zur Möglichkeit der normativen Kraft des Faktischen – Die Berechtigung der Welzelschen Lehre | 122 | ||
3. Merkmale sozialadäquater Verhaltensweisen | 131 | ||
a) Soziale Unverdächtigkeit | 134 | ||
b) Billigung durch die Allgemeinheit | 142 | ||
c) Geschichtliche Üblichkeit | 154 | ||
III. Sozialadäquanz als Rechtsfigur | 158 | ||
1. Soziale Adäquanz – Eine normative oder empirische Kategorie? | 158 | ||
2. Die strafrechtliche Sozialadäquanzlehre im Gefüge der Gesamtrechtsordnung | 164 | ||
IV. Zusammenfassendes Ergebnis | 167 | ||
B. Rituelle Beschneidung als sozialadäquates Verhalten | 168 | ||
I. Soziale Unverdächtigkeit | 168 | ||
II. Allgemeine Billigung | 172 | ||
III. Geschichtliche Üblichkeit | 182 | ||
IV. Exkurs: Rechtliche Gleichbehandlung der Beschneidung von Knaben und Mädchen | 186 | ||
V. Ergebnis | 187 | ||
Teil 5: Zusammenfassung | 189 | ||
A. Knabenbeschneidung im gegenwärtigen Rechtsstaat | 189 | ||
B. Ausblick | 191 | ||
Literaturverzeichnis | 192 | ||
Stichwortverzeichnis | 213 |