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Autonomie und strafrechtlicher Paternalismus

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Gkountis, I. (2011). Autonomie und strafrechtlicher Paternalismus. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53506-4
Gkountis, Ioannis. Autonomie und strafrechtlicher Paternalismus. Duncker & Humblot, 2011. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53506-4
Gkountis, I (2011): Autonomie und strafrechtlicher Paternalismus, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-53506-4

Format

Autonomie und strafrechtlicher Paternalismus

Gkountis, Ioannis

Schriften zum Strafrecht, Vol. 217

(2011)

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Ioannis Gkountis, geboren 1979 in Larissa (Griechenland), studierte Jura an der Demokritus Universität Thrazien. Nach einem Aufbaustudium (LL.M. im Deutschen Recht) an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promovierte er ebendort unter der Betreuung von Professor Dr. Schünemann.

Abstract

Der Zweck des Strafrechts besteht im Schutz von Rechtsgütern. Ihre Bewahrung stellt den eigentlichen Legitimationsgrund des Strafrechts dar. In den letzten Jahrzehnten wird jedoch die Tendenz des Gesetzgebers beobachtet, strafrechtliche Regelungen zu erlassen, welche nicht die Erhaltung von "wahren" Rechtsgütern ins Zentrum legen, sondern vornehmlich dem Zweck dienen, den "Täter" vor den schädlichen Folgen seines selbstbezogenen - und daher die Interessen Dritter nicht tangierenden - Verhaltens zu bewahren.

Diese Art "öffentlicher Einmischung" in das individuelle Leben, welche den Einzelnen lediglich vor sich selbst schützen will, wird als strafrechtlicher Paternalismus bezeichnet. Die paternalistische Doktrin lässt sich allerdings in der heutigen liberal konzipierten Strafrechtsordnung kaum rechtfertigen, denn sie zieht zu ihrer Legitimation argumentative Topoi heran, die im Rahmen der heutigen strafrechtsdogmatischen Diskussion als höchst problematisch betrachtet werden.

Vor allem missachtet die paternalistische Doktrin die fundamentale kritische Funktion des Rechtsgutbegriffs sowie die maßgebende Rolle, welche den als Konstitutionsprinzipien des modernen Rechtsstaates aufzufassenden Werten der individuellen Würde und der freien Selbstbestimmung bei der Feststellung und anschließenden Ausgrenzung dubioser Zwecksetzungen aus dem Schutzfeld des Strafrechts zukommt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 9
Inhaltsverzeichnis 11
A. Einleitung 17
I. „Der Schutz des Menschen vor sich selbst“: Das Problem des staatlichen Paternalismus 18
II. Erscheinungsformen des staatlichen Paternalismus 20
1. Aktiver und passiver Paternalismus 21
2. Indirekter und direkter Paternalismus 21
3. Reiner und unreiner Paternalismus 22
4. Harter und weicher Paternalismus 22
III. Die Auferlegung „objektiver“ Wohlfahrtspläne durch das Strafrecht 23
1. Das Verbot des Umgangs mit Drogen durch die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes 24
2. Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen 31
3. Die Regelung des Transplantationsgesetzes über die Lebendspende von Organen 37
4. Die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes über die klinische Forschung am Menschen 39
5. Die Begrenzung der Einwilligungsfreiheit durch die Klausel der „guten Sitten“ 43
6. Folgerungen 45
IV. Demonstrandum und wesentliche Punkte der Untersuchung 46
B. Die Thematisierung der Paternalismusproblematik durch die politische Philosophie der Aufklärung 49
I. Die aufklärerische Wende zum Menschen und der Aufstieg des Naturrechts – Die Theorie des Naturzustands 50
II. Die angeborenen Rechte des Menschen und der Freiheitsbegriff des älteren Naturrechts 53
III. Das Zwielicht des status naturalis, der Übergang zum status civilis und die Stellung des Menschen innerhalb der organisierten Staatsstruktur 58
IV. Der Übergang zum status civilis in der deutschen Philosophie und die Geburt der Idee des staatlichen Paternalismus – Der Ansatz Christian Wolffs 63
V. Die wachsenden Bedenken gegenüber der Herrschaftsmacht im deutschen Kulturraum und die Entstehung der ersten Ansätze antipaternalistischen Staatsdenkens 69
VI. Der fundamentale Antipaternalismus des jüngeren deutschen Naturrechts – Die kritische Aufklärungsphilosophie Wilhelm von Humboldts und Immanuel Kants 71
VII. Die Bestimmung der legitimen Grenzen der staatlichen Tätigkeit in der postaufklärerischen Zeit – Die Grundlegung des modernen antipaternalistischen Denkens in der liberalen Doktrin John Stuart Mills 88
VIII. Zusammenfassung der wichtigsten Feststellungen 97
IX. Folgerungen aus der historisch-philosophischen Betrachtung der Problematik des staatlichen Paternalismus 97
C. Die Bestimmung des Autonomiebegriffs aus philosophischer Perspektive und seine Gewichtung gegenüber der Doktrin des staatlichen Paternalismus 99
I. Die unterschiedlichen Konzeptionen der Autonomie 99
1. Der Unterschied zwischen moralischer und persönlicher Autonomie 100
2. Die Autonomie als idealer Zustand 103
a) Die Autonomie nach Joseph Raz 103
b) Der Ansatz von John Rawls zum Wesen der Autonomie 107
3. Die Autonomie als negative und positive Freiheitskonzeption (Isaiah Berlin) 109
4. Die Autonomie als „deskriptives“ Konzept und als angeborene Eigenschaft des Menschen („descriptive“ and „ascriptive“ models of autonomy – Der Beitrag von Richard Fallon) 111
5. Die Autonomie als das Konzept der „bewussten“ Lebensführung: Der Beitrag von Gerald Dworkin und Harry Frankfurt 115
6. Die liberale Autonomiekonzeption Joel Feinbergs 118
7. Zusammenfassend zum Begriff der persönlichen Autonomie 132
II. Das Verhältnis der persönlichen Autonomie zum objektiven Wohl des Individuums: „one’s right versus one’s good“ 133
III. Die Freiwilligkeit als Maßstab autonomen Verhaltens 137
1. Freiwilligkeitsausschließende Faktoren 137
2. Das Verhältnis der Freiwilligkeit zu angrenzenden Begriffen 145
a) Freiwilligkeit und Vernünftigkeit 146
b) Freiwilligkeit und „personal integrity“ 149
c) Freiwilligkeit und Freiheitsmaximierung. 151
3. Die praktische Festlegung der Freiwilligkeit des individuellen Verhaltens 151
4. Zusammenfassend zum Begriff der Freiwilligkeit 153
IV. Folgerungen aus der Analyse des Autonomiebegriffs für die Frage der Zulässigkeit der paternalistischen Doktrin 154
D. Die Stellung der Autonomie in der liberalen Ordnung des Grundgesetzes 156
I. Die Entstehungsgeschichte des geltenden Grundgesetzes 157
II. Die Würde des Menschen als Fundament des modernen Staates 162
III. Die Konkretisierung des Wesensgehalts der Menschenwürde: Die Autonomie als fundamentaler Bestandteil des Eigenwertes der Person 164
IV. Die positivrechtliche Verankerung und der Schutz des Autonomieprinzips 170
V. Die legitimen Schranken der persönlichen Autonomie 172
VI. Zusammenfassung 174
E. Das Rechtsgutskonzept und seine Bedeutung für die Einschränkung der Strafgesetzgebung 176
I. Der historische Ursprung und die Entwicklung des Rechtsgutsdogmas 177
II. Das Rechtsgut und seine Funktion in der neueren Zeit – Die Rolle des Grundgesetzes als Bezugspunkt für den Strafgesetzgeber 198
III. Die Substanzhaftigkeit des Rechtsguts 202
IV. Feststellungen 205
F. Die Beurteilung der paternalistischen Doktrin im Lichte des liberalen Staates 207
I. Die Unvertretbarkeit des harten strafrechtlichen Paternalismus 207
1. Die Wertordnung des Grundgesetzes als normativer Maßstab der Strafgesetzgebung 208
2. Die Ausscheidung reiner Abstraktionen aus dem Schutzfeld des Strafrechts 209
3. Die Unzulässigkeit der Auferlegung der geltenden Moral durch das Strafrecht 211
4. Die Ausgrenzung des Tabuschutzes aus dem Interessenbereich des modernen Strafrechts 213
5. Der subsidiäre Charakter des Strafrechts – Der verfehlte Einsatz der Strafe im Fall des harten Paternalismus 215
II. Die Zulässigkeit des weichen strafrechtlichen Paternalismus 217
G. Zusammenfassende Betrachtung und Schlussgedanken 221
Literaturverzeichnis 225
Sachwortverzeichnis 237