Der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung
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Der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung
Zum Menschenwürde- und Wesensgehaltsschutz im Bereich der Freiheitsgrundrechte
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1180
(2011)
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Ilmer Dammann wurde 1978 in Hamburg geboren und ist dort aufgewachsen. Zum Studium ging er nach Saarbrücken, Warwick und Lille. Das Referendariat absolvierte er wiederum in Hamburg mit einer Station bei der EU-Kommission in Brüssel. Im Anschluss entstand die vorliegende Arbeit als Dissertation an der Universität Bielefeld. Das Promotionsvorhaben wurde von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert. Derzeit lebt der Autor mit seiner Ehefrau in Hamburg und arbeitet als Richter am dortigen Verwaltungsgericht.Abstract
Der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung ist eine Rechtsfigur mit langer Tradition und großer Symbolik. Das Bundesverfassungsgericht legt das Grundgesetz in ständiger Rechtsprechung dahin aus, dass es einen letzten unantastbaren Freiheitsraum des Menschen (Kernbereich) beinhaltet. Auch die Bundes- und Landesgesetzgeber haben diesen Rechtsbegriff in eine Reihe von Gesetzen eingefügt, v. a. um heimliche Informationserhebungen zu begrenzen.Ilmer Dammann zeigt, dass das Konzept des unantastbaren Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung nicht tragfähig ist. Es gibt nämlich keinen Bereich der menschlichen Freiheit und Existenz, der absolut - also abwägungsfrei - geschützt ist. Die Unantastbarkeit des Kernbereichs lässt sich nicht überzeugend mit Menschenwürde- und Wesensgehaltsgarantie begründen. Ein effektiver Grundrechtsschutz wird nicht durch den unantastbaren Kernbereich, sondern durch wirksame Alternativen, wie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Grundrechtsschutz durch Verfahren, sichergestellt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
A. Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 14 | ||
B. Gang der Untersuchung | 17 | ||
Erstes Kapitel: Die Kernbereichsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 19 | ||
A. Unantastbarkeit des Kernbereichs und verfassungsrechtliche Grundlage | 19 | ||
I. Die Absolutheit des Kernbereichsschutzes | 19 | ||
II. Verfassungsrechtliche Grundlage des unantastbaren Kernbereichs | 23 | ||
1. Die Entwicklung im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 GG | 23 | ||
2. Ausweitung des Kernbereichsschutzes auf andere Freiheitsrechte | 26 | ||
3. Menschenwürde- oder Wesensgehalt? | 28 | ||
III. Anwendungsbereich des Kernbereichsschutzes | 30 | ||
IV. Zusammenfassung | 32 | ||
B. Führt die Kernbereichsdefinition zu einem absoluten Schutz? | 33 | ||
I. Der Kernbereich der Verhaltensfreiheit | 33 | ||
II. Der Kernbereichsschutz gegen Informationserhebung | 36 | ||
1. Kernbereichsdefinition | 36 | ||
a) Der soziale Bezug und das kommunikative Element | 36 | ||
b) Die Intensität des Sozialbezugs | 38 | ||
aa) Höchstpersönlicher Inhalt entäußerter Gedanken | 39 | ||
bb) Der unmittelbare Straftatenbezug | 42 | ||
c) Der Wille zur Geheimhaltung | 45 | ||
d) Weitere Kriterien? | 46 | ||
2. Führt die Kernbereichsdefinition zu einem absoluten Schutz? | 49 | ||
a) Höchstpersönlicher Inhalt von entäußerten Gedanken | 49 | ||
b) Der Straftatenbezug | 51 | ||
c) Die Entscheidungspraxis | 52 | ||
aa) Kernbereichsrelevante Sachverhalte | 52 | ||
bb) Unantastbarer Kernbereich auf abstrakt-genereller Ebene | 54 | ||
III. Der Kernbereich als Grenze des Freiheitsgebrauchs | 55 | ||
IV. Zusammenfassung | 59 | ||
C. Exkurs: Der unantastbare Kernbereich als innentheoretisches Konzept | 59 | ||
D. Hält das Bundesverfassungsgericht die Kernbereichsrechtsprechung konsequent durch? | 63 | ||
I. Entscheidungen zu intensiven Freiheitseingriffen | 64 | ||
II. Entscheidungen zum Schutz vor Informationserhebung | 67 | ||
1. Abhör-Urteil | 67 | ||
2. Die „beleidigungsfreie Sphäre“ | 68 | ||
III. Entscheidung zum Persönlichkeitsschutz als Freiheitsgrenze | 70 | ||
IV. Zusammenfassung | 71 | ||
E. Fazit | 72 | ||
Zweites Kapitel: Vorarbeiten zum bundesverfassungsgerichtlichen Kernbereichskonzept und dessen Anwendung durch die Fachgerichte | 73 | ||
A. Vorarbeiten der Rechtswissenschaft zum Kernbereichskonzept des Bundesverfassungsgerichts | 74 | ||
I. Explizit rezipierte Kernbereichskonzepte | 74 | ||
II. Die Persönlichkeitskerntheorie | 77 | ||
III. Zivilrechtliche Vorarbeit | 78 | ||
IV. Zusammenfassung | 79 | ||
B. Die Kernbereichsrechtsprechung der Fachgerichte | 80 | ||
I. Eigene Kernbereichsrechtsprechung der obersten Bundesgerichte? | 80 | ||
II. Anwendung des bundesverfassungsgerichtlichen Kernbereichskonzepts | 85 | ||
1. Kernbereich als Freiheitsgrenze | 86 | ||
2. Kernbereich des Schutzes gegen Informationserhebung | 88 | ||
III. Entscheidungen, in denen das Kernbereichskonzept nicht verwendet wird | 93 | ||
IV. Zusammenfassung | 95 | ||
C. Kernbereichsrechtsprechung der Landesverfassungsgerichte | 96 | ||
I. Kernbereichsschutz beim präventiven großen Lauschangriff | 96 | ||
II. Entscheidungen zur Beschlagnahme von Tagebüchern | 99 | ||
III. Zusammenfassung | 99 | ||
D. Folgerungen | 100 | ||
Drittes Kapitel: Absoluter Schutz durch Kernbereichsdefinitionen, die vom Bundesverfassungsgericht abweichen? | 102 | ||
A. Maßnahmenbezogene Ansätze in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft | 103 | ||
I. Monologische Kernbereichskonzepte | 103 | ||
1. Monologe unabhängig vom Inhalt geschützt | 104 | ||
2. Rechtsprechung zum Schutz von Tagebüchern unabhängig vom Inhalt | 105 | ||
3. Das Krankenzimmer-Urteil | 105 | ||
4. Monologe mit höchstpersönlichem Inhalt | 108 | ||
5. Gemeinsame Kritik der monologischen Konzepte | 109 | ||
II. Der große Lauschangriff | 112 | ||
1. Kernbereich des Art. 13 GG? | 112 | ||
2. Die Raumgesprächsentscheidung des BGH | 113 | ||
3. Alternative Definitionen der Rechtswissenschaft | 115 | ||
a) Räumliche Abgrenzung | 115 | ||
b) Ausschluss „kriminell bemakelter“ Wohnungen | 116 | ||
4. Das abweichende Votum im Urteil zum großen Lauschangriff | 117 | ||
III. Zusammenfassung | 118 | ||
B. Allgemeine alternative Kernbereichskonzepte in der Rechtswissenschaft | 119 | ||
I. Kombination von typologischer Methode und Sphärentheorie | 120 | ||
II. Höchstpersönlichkeitsmanifestationen und -potentiale | 122 | ||
III. Zusammenfassung | 124 | ||
C. Gemeinsame Kritik der strafprozessualen Ansätze | 124 | ||
D. Kernbereichsschutz bei der Gefahrenabwehr | 125 | ||
I. Differenzierung zwischen repressivem und präventivem Bereich | 125 | ||
1. Unantastbarer Kernbereich nur bei Maßnahmen im Allgemeininteresse? | 126 | ||
2. Wertend-bilanzielle Gesamtbetrachtung | 128 | ||
3. Menschenwürdekollision | 129 | ||
II. Gleiches Schutzniveau im repressiven und präventiven Bereich | 132 | ||
III. Zusammenfassung | 132 | ||
E. Folgerungen | 133 | ||
Viertes Kapitel: Begründung des unantastbaren Kernbereichs | 134 | ||
A. Begründung des Bundesverfassungsgerichts | 136 | ||
B. Auf das Bundesverfassungsgericht verweisende Ansätze | 140 | ||
C. Begründungen des unantastbaren Kernbereichs mit der Menschenwürde | 141 | ||
I. Kernbereich und Objektformel | 144 | ||
II. Kernbereich und modifizierte Objektformel | 148 | ||
III. Kernbereich als Konsens: Fallgruppenbildung | 149 | ||
1. Allgemeine Kritik an der Konsensdefinition | 150 | ||
2. Kritik am Beispiel der Persönlichkeitsprofile | 151 | ||
IV. Kernbereich als Voraussetzung der Persönlichkeitsentwicklung | 153 | ||
1. Unüberwachte Wohnung als Bedingung der Persönlichkeitsentwicklung | 154 | ||
a) Eingriff durch den großen Lauschangriff selbst | 155 | ||
b) Eingriff durch die Furcht vor Überwachung | 155 | ||
2. Unantastbare Monologe und Persönlichkeitsentwicklung | 159 | ||
a) Die Kenntnisnahme als Beeinträchtigung | 160 | ||
b) Der Eingriff durch die Furcht vor Kenntnisnahme | 161 | ||
3. Allgemeine strafprozessuale Begründungen | 162 | ||
V. Kernbereich als Ausdruck der Achtung? | 163 | ||
VI. Zusammenfassung | 165 | ||
D. Konsequenzen für den Kernbereichsschutz im präventiven Bereich | 165 | ||
E. Unantastbarer Kernbereich und Wesensgehaltsgarantie | 167 | ||
I. Eingrenzung der Untersuchung | 167 | ||
II. Keine Abwägung wegen Abstraktion der Kernbereichsdefinition | 169 | ||
III. Schutz existentieller Interessen | 170 | ||
IV. Wesensgehalt als ius cogens des Völkerrechts | 171 | ||
V. Notwendiger Grundrechtsrest | 173 | ||
1. Quantitativer Ansatz | 173 | ||
a) Kritik am Beispiel des großen Lauschangriffs | 174 | ||
b) Allgemeine Kritik | 175 | ||
2. Qualitative Ansätze | 176 | ||
VI. Zusammenfassung | 178 | ||
F. Ergebnis und Folgerungen | 178 | ||
Fünftes Kapitel: Kritik des unantastbaren Kernbereichs privater Lebensgestaltung | 180 | ||
A. Kein Privatsphärenschutz gegenüber dem Staat? | 181 | ||
B. Ein relevanter, unantastbarer Kernbereich ist grundgesetzwidrig | 185 | ||
I. Kernbereichsschutz unabhängig von entgegenstehenden Interessen | 185 | ||
1. Bewertung für den Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit | 185 | ||
2. Bewertung für den Kernbereichsschutz gegen Informationserhebung | 188 | ||
3. Bewertung für den Kernbereich als Freiheitsgrenze | 191 | ||
II. Kernbereich ohne Interessenkonflikte | 191 | ||
1. Bewertung für den Kernbereich der Verhaltensfreiheit | 192 | ||
2. Bewertung für den Kernbereichsschutz gegen Informationserhebung | 194 | ||
III. Berücksichtigung entgegenstehender Interessen bei der Kernbereichsdefinition | 196 | ||
IV. Zusammenfassung und Folgerung | 197 | ||
C. Die unterschiedlichen Begriffsebenen des unantastbaren Kernbereichs | 197 | ||
D. Unantastbarer Kernbereich aus anderen Perspektiven | 199 | ||
I. Seitenblick in andere Kernbereichsdiskurse | 200 | ||
1. Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung | 200 | ||
2. Der Kernbereich der Koalitionsfreiheit | 203 | ||
II. Ein rechtsvergleichender Seitenblick in die USA | 205 | ||
III. Absolute Freiheitsrechte aus naturrechtlicher Perspektive? | 207 | ||
IV. Seitenblicke in die politische Philosophie und die Sozialphilosophie | 208 | ||
1. Theorien, die die Rolle des Staates beschränken | 208 | ||
2. Zeitgenössische Sozialphilosophie als Vorbild des Kernbereichs? | 211 | ||
V. Zusammenfassung | 212 | ||
E. „Unantastbarer“ Kernbereich der privaten Lebensgestaltung als Idee? | 213 | ||
F. Ergebnis | 217 | ||
Sechstes Kapitel: Folgerungen | 219 | ||
A. Funktionen des Kernbereichs und wirksame Alternativen | 220 | ||
I. Der Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit | 221 | ||
1. Das ungelöste Problem der Grundrechtsbindung des Gesetzgebers | 222 | ||
2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Alternative | 226 | ||
II. Der Kernbereich des Schutzes gegen Informationserhebung | 227 | ||
1. Die Ermöglichung des Grundrechtsschutzes | 227 | ||
2. Der verstärkte Schutz vor offener Informationserhebung | 232 | ||
3. Der verstärkte Schutz vor heimlicher Informationserhebung | 235 | ||
4. Die Überprüfung von Verfassungsänderungen | 239 | ||
III. Zusammenfassung | 240 | ||
B. Absoluter Schutz gegen staatliches Handeln nur modal möglich | 241 | ||
C. Relativer Kernbereich der privaten Lebensgestaltung? | 242 | ||
I. Anforderungen an ein relatives Kernbereichskonzept | 242 | ||
II. Relativer Kernbereich ist nicht relevant | 245 | ||
D. Ergebnis | 246 | ||
Schluss | 248 | ||
Literaturverzeichnis | 251 | ||
Sachwortverzeichnis | 302 |