Die Arbeit der Großen Strafrechtskommission zum Allgemeinen Teil
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Die Arbeit der Großen Strafrechtskommission zum Allgemeinen Teil
Analytische Betrachtung eines gescheiterten Gesetzgebungsvorhabens am Beispiel der Diskussionen zum Irrtum
Schriften zum Strafrecht, Vol. 158
(2004)
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Abstract
Eingebunden in einen langen Reformprozeß seit Erlaß des Reichsstrafgesetzbuches von 1871, war die kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland begonnene Arbeit der Großen Strafrechtskommission (GSK) eines der größten deutschen Gesetzgebungsvorhaben. Bereits Anzahl und Auswahl der ständigen Mitglieder der fast ein Jahrzehnt lang tätigen Kommission sind bemerkenswert. Gleichwohl erfüllten sich die an die GSK gestellten hohen Erwartungen nicht, denn ihre Arbeit mündete nicht unmittelbar in eine Gesetzesreform. Erst Mitte 1975, also rund 23 Jahre nach Beginn der Vorarbeiten zur GSK, konnte der mit ihr begonnene Reformprozeß abgeschlossen werden.Birgit Rosenbaum untersucht, ob und inwiefern die GSK scheiterte und wo die Ursachen hierfür liegen. Kritisch analysiert werden dabei zum einen das Verfahren und die Argumentationen der GSK, zum anderen der Einfluß der GSK auf die Reform 1969/1975 und die nachfolgende Diskussion. Herausgegriffen werden die Diskussionen zum Irrtum, weil der Irrtum damals im Zentrum wissenschaftlicher Diskussion stand und mit Aufkommen der finalen Handlungslehre unvergleichliche Umwälzungen im Bereich der Schuld, des Vorsatzes und des Strafbarkeitsaufbaus verbunden waren, zudem setzte sich die Kommission interessanterweise gerade im Bereich des Irrtums durch.Im Ergebnis übt Birgit Rosenbaum scharfe Kritik an Vorgehensweise und personeller Besetzung der Gesetzgebungskommission. Statt einer an pragmatischen Erwägungen und an einem Konsens orientierten Lösungssuche stellt die Autorin die Überbetonung dogmatischer Auseinandersetzungen, mangelnde Entscheidungsfreude und fehlenden reformerischen Mut und - trotz Theorielastigkeit - mangelnde Differenziertheit und Unsachlichkeit fest. Detailliert weist sie nach, daß die Arbeit der GSK letztlich an ihrer gesetzgeberischen Konzeptlosigkeit gescheitert ist. Abgerundet wird die Analyse durch einen rechtsvergleichenden Blick in Gesetzgebung und Irrtumslehre von Schweiz und Österreich.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 13 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 18 | ||
Tabellenverzeichnis | 22 | ||
A. Problemstellung | 23 | ||
I. Einleitung | 23 | ||
II. Die Große Strafrechtskommission | 27 | ||
1. Arbeitszeitraum | 27 | ||
2. Vorgehensweise | 28 | ||
a) Vorarbeiten | 28 | ||
b) Beratungen | 29 | ||
aa) Sitzungen in erster Lesung | 29 | ||
bb) Sitzungen in zweiter Lesung | 30 | ||
c) Abschluß der Arbeit | 30 | ||
3. Zusammensetzung | 30 | ||
4. Kriminalpolitische Haltung | 31 | ||
5. Fortgang der Reform | 34 | ||
III. Begriffliche Klärung und Systematisierung | 34 | ||
1. Die Irrtümer | 34 | ||
a) Tat- bzw. Tatumstandsirrtum | 35 | ||
b) Tatbestandsirrtum | 35 | ||
c) Verbotsirrtum | 36 | ||
d) Erlaubnistatbestandsirrtum | 36 | ||
e) Rechtsfeindschaft, Rechtsblindheit und Rechtsfahrlässigkeit | 38 | ||
2. Die Theorien | 39 | ||
a) Vorsatztheorien und Schuldtheorien | 39 | ||
b) Kausale und finale Handlungslehren | 40 | ||
c) Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen | 41 | ||
d) Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Handlungslehren, den Aufbaufragen, den Schulddefinitionen und den Irrtumslehren | 42 | ||
e) Eigener Systematisierungsansatz | 43 | ||
3. Die Systematisierung der Argumente | 46 | ||
4. Das ausgewertete Material | 49 | ||
B. Die Diskussionen der Großen Strafrechtskommission zum Irrtum | 51 | ||
I. Einleitung: Die Irrtumslehre zur Zeit der GSK und Auftakt zu den Beratungen über den Irrtum | 51 | ||
1. Gesetz und Rechtsprechung | 51 | ||
a) Das Reichsgericht | 51 | ||
b) Der Bundesgerichtshof | 55 | ||
2. Die in der Lehre vorherrschenden Ansichten | 56 | ||
a) Die strenge Vorsatztheorie | 56 | ||
b) Die eingeschränkten Vorsatztheorien | 58 | ||
c) Die strenge Schuldtheorie | 58 | ||
d) Die eingeschränkten Schuldtheorien | 60 | ||
e) Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen | 60 | ||
3. Auftakt zu den Beratungen über den Irrtum | 61 | ||
II. Die Argumente und Meinungen zum fehlenden Unrechtsbewußtsein | 62 | ||
1. Vorsatztheorie versus Schuldtheorie | 62 | ||
a) Die Anhänger der Vorsatztheorie in der GSK | 62 | ||
b) Die Anhänger der Schuldtheorie in der GSK | 63 | ||
c) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 64 | ||
d) Kritische Anmerkungen zu den gerechtigkeitsbezogenen Argumenten | 72 | ||
e) Kriminologische und kriminalpolitische Argumente | 75 | ||
f) Kritische Anmerkungen zu den kriminalpolitischen und kriminologischen Argumenten | 78 | ||
g) Dogmatische Argumente | 79 | ||
h) Kritische Anmerkungen zu den dogmatischen Argumenten | 85 | ||
i) Rechtsstaatliche und präjudizienbezogene Argumente | 89 | ||
j) Kritische Anmerkungen zu den rechtsstaatlichen und präjudizienbezogenen Argumenten | 91 | ||
k) Semantische, autoritätsbezogene und rechtsvergleichende Argumente | 91 | ||
l) Zusammenfassung | 92 | ||
2. Die eingeschränkte Vorsatztheorie nach Mezger | 93 | ||
a) Einleitung zu den Einzelansichten in der GSK | 93 | ||
b) Exkurs: Die nationalsozialistischen Vorschläge zu Vorsatz und Irrtum | 93 | ||
aa) Die nationalsozialistische Gesetzgebung | 94 | ||
bb) Der Entwurf von 1936 | 94 | ||
(1) Die dem nationalsozialistischen Entwurf zugrundeliegende Auffassung von Recht und Unrecht | 95 | ||
(2) Der nationalsozialistische Vorschlag zur Regelung von Vorsatz und Irrtum | 98 | ||
cc) Kritik an der nationalsozialistischen Regelung aus der Sicht der GSK | 101 | ||
(1) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 101 | ||
(a) Kritik an der Rechtsfeindschaft | 102 | ||
(b) Kritik am Auffangtatbestand der Rechtsfahrlässigkeit | 102 | ||
(2) Dogmatische Argumente | 104 | ||
(3) Kriminologische und kriminalpolitische Argumente | 105 | ||
(4) Historisches Argument | 106 | ||
dd) Zusammenfassung | 106 | ||
c) Die sog. Schuldstufentheorie nach Mezger und der Alternativvorschlag § c des BMJ | 107 | ||
aa) Die Anhänger eingeschränkter Vorsatztheorien in der GSK | 108 | ||
bb) Semantische Argumente | 109 | ||
cc) Kritische Anmerkung zu den semantischen Argumenten | 112 | ||
dd) Dogmatische Argumente | 114 | ||
ee) Kritische Anmerkungen zu den dogmatischen Argumenten | 116 | ||
ff) Präjudizienbezogene Argumente | 117 | ||
gg) Kritische Anmerkung zu den präjudizienbezogenen Urteilen | 119 | ||
hh) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 119 | ||
ii) Kritische Anmerkungen zu den gerechtigkeitsbezogenen Argumenten | 121 | ||
jj) Rechtsstaatliche Argumente | 121 | ||
kk) Kritische Anmerkungen zu rechtsstaatlichen Argumenten | 122 | ||
ll) Kriminologische und kriminalpolitische Argumente | 123 | ||
mm) Historische Argumente | 123 | ||
nn) Zusammenfassung | 123 | ||
3. Die Lehre Bockelmanns | 124 | ||
a) Bockelmanns Position | 124 | ||
b) Sein Gesetzesvorschlag | 126 | ||
c) Einordnung der Lehre Bockelmanns | 128 | ||
d) Erste kritische Anmerkungen zu dem Vorschlag Bockelmanns | 129 | ||
e) Argumente für und wider die Lehre Bockelmanns | 130 | ||
f) Zusammenfassung und kritische Stellungnahme | 131 | ||
4. Die Lehre nach Gallas | 134 | ||
a) Der Vorschlag von Gallas in der GSK | 136 | ||
b) Einordnung der Lehre von Gallas | 139 | ||
c) Argumente für und wider die Lehre von Gallas | 140 | ||
aa) Dogmatische Argumente | 140 | ||
bb) Kritische Anmerkungen zu den dogmatischen Argumenten | 141 | ||
cc) Kriminalpolitische Argumente | 144 | ||
dd) Kritische Anmerkungen zu kriminalpolitischen Argumenten | 146 | ||
ee) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 147 | ||
d) Zusammenfassung | 147 | ||
5. Zwischenergebnis | 149 | ||
III. Die Argumente und Meinungen zum Erlaubnistatbestandsirrtum | 151 | ||
1. Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen und ihre Gegner | 152 | ||
a) Dogmatische Argumente | 152 | ||
aa) Argumente | 152 | ||
bb) Kritik an den dogmatischen Argumenten | 159 | ||
b) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 167 | ||
aa) Argumente | 167 | ||
bb) Kritik an den gerechtigkeitsbezogenen Argumenten | 172 | ||
(1) Die grundsätzliche Rechtstreue des irrenden Täters | 172 | ||
(2) Die Ausführungen Welzels zu normwidrigen Berufen | 173 | ||
(3) Die auf § 113 StGB bezogenen Argumente | 175 | ||
(a) Welzels Argumentation | 175 | ||
(b) Die Einordnung des Merkmals Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung aus heutiger Sicht | 176 | ||
(c) Die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung nach heutiger Auffassung | 177 | ||
(d) Konsequenzen des Vorgenannten für einen Irrtum des Widerstand Leistenden | 178 | ||
(4) Die weiteren Beispiele von Ungerechtigkeit | 180 | ||
(5) Das sog. Mücke-Argument | 181 | ||
c) Kriminologische und kriminalpolitische Argumente | 181 | ||
aa) Argumente | 181 | ||
bb) Kritik an kriminologischen und kriminalpolitischen Argumenten | 183 | ||
d) Rechtsvergleichende, präjudizielle und autoritätenbezogene Argumente | 186 | ||
aa) Argumente | 186 | ||
bb) Kritik | 186 | ||
e) Zusammenfassung | 187 | ||
2. Die Vorschläge des Bundesjustizministeriums | 187 | ||
a) Der Alternativvorschlag des BMJ | 188 | ||
aa) Argumente für und wider den Alternativvorschlag des BMJ | 188 | ||
bb) Kritische Anmerkungen | 190 | ||
b) Der Primärvorschlag des BMJ | 191 | ||
aa) Dogmatische Argumente | 191 | ||
(1) Argumente | 191 | ||
(2) Kritische Anmerkung zu den dogmatischen Argumenten | 193 | ||
bb) Gerechtigkeitsbezogene Argumente | 194 | ||
cc) Historische und präjudizienbezogene Argumente | 195 | ||
(1) Argumente | 195 | ||
(2) Kritische Anmerkung | 195 | ||
c) Zusammenfassung | 195 | ||
3. Zwischenergebnis | 196 | ||
C. Auswertung und Kritik | 197 | ||
I. Auswertung und Kritik an der gesetzgeberischen Arbeit der GSK | 197 | ||
1. Die Beschlüsse der GSK zu Vorsatz und Irrtum | 197 | ||
a) Die Regeln zu Vorsatz und Fahrlässigkeit und zu den allgemeinen Irrtümern | 198 | ||
b) Der Irrtum über die Voraussetzungen des Notstandes | 202 | ||
c) Sonstige Irrtumsregelungen im Allgemeinen Teil und die Normen zu Vorsatz und Fahrlässigkeit | 203 | ||
2. Kritische Würdigung der Arbeit der GSK | 204 | ||
a) Ergebnisse der Untersuchung der Argumente | 204 | ||
aa) Häufig vorkommende Argumente | 204 | ||
bb) Selten vorkommende Argumente | 208 | ||
cc) Die Bedeutung von Rhetorik | 211 | ||
dd) Zusammenfassung | 213 | ||
b) Besondere Einflüsse auf den Gang der Diskussionen | 213 | ||
aa) Die finale Handlungslehre | 214 | ||
bb) Die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen und der Erlaubnistatbestandsirrtum | 215 | ||
cc) Der Putativnotstand unter besonderer Berücksichtigung der Abtreibung | 216 | ||
c) Bewertung der personellen Einflüsse auf den Verlauf der Diskussionen | 219 | ||
aa) Die Bedeutung der Strafrechtswissenschaftler, insbesondere die Bedeutung Welzels | 220 | ||
bb) Die Bedeutung der Praktiker, insbesondere die Rolle des Bundesjustizministeriums | 221 | ||
d) Thesen zum Scheitern der GSK | 222 | ||
II. Rechtsvergleichende Betrachtung | 228 | ||
1. Gesetzgebung und Irrtumslehre in Österreich | 228 | ||
a) Der Verlauf der Strafrechtsreform in Österreich | 228 | ||
b) Die bis zur Reform vorherrschende Irrtumslehre | 229 | ||
c) Die Irrtumsregelung des neuen österreichischen Strafgesetzbuchs | 231 | ||
d) Schlußbemerkung | 235 | ||
2. Gesetzgebung und Irrtumslehre in der Schweiz | 235 | ||
a) Parallele Entwicklungen | 236 | ||
b) Die Regelungen im einzelnen | 236 | ||
III. Auswirkungen der GSK auf die Strafrechtsreform 1975 und auf die nach 1975 einsetzende Diskussion | 237 | ||
1. Die Bedeutung der GSK für die Irrtumsregelungen des AT 1975 | 238 | ||
a) Synoptischer Vergleich zu Vorsatz und Irrtum | 239 | ||
b) Herkunft der übernommenen Normen des E 1962 | 240 | ||
c) Gegenüberstellung von AE 1966 und E 1962 mit dem AT 1975 | 240 | ||
d) Zusammenfassung | 242 | ||
2. Die Entwicklung nach 1975 | 243 | ||
a) Die Entwicklung in der Rechtsprechung | 243 | ||
b) Die Entwicklung in der Lehre | 244 | ||
aa) Die unmittelbar nach 1975 einsetzende Diskussion | 244 | ||
bb) Neuere Differenzierungen und Akzentverschiebungen in der Lehre | 246 | ||
IV. Abschließende Betrachtung | 248 | ||
Anhang 1: Tabellarischer Abriß der Reformbemühungen und Gesetzesnovellen seit Bestehen des Strafgesetzbuches bis zur Strafrechtsreform der Bundesrepublik Deutschland (1871 bis 1975) | 250 | ||
Anhang 2: Die verschiedenen Entwürfe zwischen 1909 und 1969 | 252 | ||
Anhang 3: Das veröffentlichte Material der Großen Strafrechtskommission | 254 | ||
Anhang 4: Mitgliederverzeichnis der GSK | 256 | ||
Anhang 5: Geltende Normen und wichtige Reformvorschläge zur Behandlung von Vorsatz und Irrtum von 1871 bis 1975 | 258 | ||
Anhang 6: Beteiligung der einzelnen Mitwirkenden an den Diskussionen zum Irrtum | 277 | ||
Anhang 7: Ausländische Irrtumsregelungen | 279 | ||
Literaturverzeichnis | 284 | ||
I. Quellen | 284 | ||
II. Sekundärliteratur | 284 | ||
Personenverzeichnis | 297 | ||
Sachwortverzeichnis | 301 |