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Geiß, R. (2005). »Failed States«. Die normative Erfassung gescheiterter Staaten. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51615-5
Geiß, Robin. »Failed States«: Die normative Erfassung gescheiterter Staaten. Duncker & Humblot, 2005. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51615-5
Geiß, R (2005): »Failed States«: Die normative Erfassung gescheiterter Staaten, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51615-5

Format

»Failed States«

Die normative Erfassung gescheiterter Staaten

Geiß, Robin

Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel, Vol. 152

(2005)

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Abstract

Ziel der Arbeit war es, das Phänomen der gescheiterten Staaten, der so genannten Failed States einer völkerrechtlichen Gesamtbetrachtung zu unterziehen. Ausgehend von dem völkerrechtlichen Staatsbegriff, mussten hierzu im ersten Teil der Arbeit zunächst die Definitionsmerkmale sowie die Rechtspersönlichkeit des gescheiterten Staates untersucht werden, bevor in einem zweiten Teil die Rechtsfolgenseite sowie potentielle Reaktionsmöglichkeiten im Umgang mit Failed States erörtert werden konnten.

Als Parameter für eine völkerrechtliche Definition ließ sich über die Abwesenheit einer effektiven Staatsgewalt hinaus auch die Paralyse der Ausübung des inneren Selbstbestimmungsrechtes identifizieren. Erst wenn beide Merkmale kumulativ vorliegen, ist zu erwarten, dass ein Staat dauerhaft zur eigenständigen Reorganisation sowie zur Erfüllung seiner internationalen Verpflichtungen außerstande sein wird. Insbesondere Menschenrechtsschutzverträge entfalten unter diesen Umständen keinerlei Schutzwirkung, zumal sich Tendenzen einer Ausdehnung der menschenrechtlichen Verpflichtungen auf nichtstaatliche Akteure, wie sie im Failed State allein aktiv sind, gegenwärtig allenfalls de lege ferenda abzeichnen. Auch im Bereich des humanitären Völkerrechts findet allein der in dem gemeinsamen Artikel 3 der vier Genfer Konventionen enthaltene absolute humanitäre Minimumstandard Anwendung, wohingegen trotz erkennbaren failed state-spezifischen Implikationen die detaillierteren Vorschriften des Zweiten Zusatzprotokolls keine Schutzwirkung entfalten. Schließlich ließ sich auch eine Staatenverantwortlichkeit, entgegen verschiedenen, vor allem auf Artikel 9 des ILC Entwurfes basierenden Ansätzen in der Literatur, nicht begründen.

Im Lichte der Prinzipienkollision von Effektivitäts- und Kontinuitätsprinzip ließ sich die fortbestehende Rechtssubjektivität gescheiterter Staaten auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes als materiellem Kontinuitätskriterium herleiten. Ausgehend von der so begründeten souveränen Staatlichkeit auch gescheiterter Staaten, war allen Versuchen einer failed state-spezifischen Ausweitung der unilateralen Interventionsmöglichkeiten eine Absage zu erteilen. Die Untersuchung hat jedoch ergeben, dass auf Grundlage der definitorischen Charakteristika des Failed State die Einstufung des Phänomens als relevante Friedensbedrohung im Sinne von Artikel 39 der Charta im zulässigen Ermessenspielraum des Sicherheitsrates liegt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 14
Einleitung 17
I. Terminologischer Ausgangspunkt 20
II. Die Frage nach den Ursachen staatlichen Scheiterns 22
III. Der Gang der Darstellung 23
Erster Teil:rEine definitorische Annäherung an den Begriff des Failed State 25
1. Kapitel:rDie Wahrnehmung staatlichen Scheiterns auf internationaler Ebene 25
I. Die Parameter der Analyse 25
1. Die Staatskrise Somalias 27
a) Das Regime Siad Barres 28
b) Der Zerfall staatlicher Strukturen nach dem Sturz Siad Barres 1991 28
2. Die Staatskrise Liberias 34
a) Der Konflikt ab Dezember 1989 36
b) Der ECOMOG-Einsatz 37
c) Der Konfliktverlauf nach der Ermordung Does 39
II. Identifikation der Erscheinungs- und Wesensmerkmale staatlichen Scheiterns 42
1. Die typischen Erscheinungsmerkmale staatlichen Scheiterns 43
2. Die Wesensmerkmale staatlichen Scheiterns 44
2. Kapitel:rDefektive Staatlichkeit als völkerrechtlich erheblicher Sachverhalt 47
I. Einleitung 47
II. Der universelle Staatsbegriff des Völkerrechtes 47
1. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes: Defektive Staatsgewalt 51
a) Die Staatskrise im Libanon 58
b) Die Staatskrise Albaniens 59
c) Die Staatskrise Sierra Leones 62
aa) Beginn der Krise und Verlauf bis 1996 62
bb) Der Konfliktverlauf nach dem Sturz Kabbahs am 25. Mai 1997 64
cc) Konfliktanalyse 66
d) Auswertung 68
2. Die Paralyse der Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes als weiteres Definiens 68
a) Die Staatskrise Ruandas 69
aa) Der Konfliktverlauf von 1990 bis April 1994 70
bb) Der Verlauf des Konflikts ab April 1994 71
cc) Konfliktanalyse 73
b) Selbstbestimmungsrecht und Staatlichkeit 77
c) Das Selbstbestimmungsrecht im Failed State 79
aa) Träger des Selbstbestimmungsrechtes im Failed State 79
bb) Die Auswirkungen des Staatszerfalls auf die Einheit des Staatsvolkes 81
cc) Inhalt des Selbstbestimmungsrechtes in der Situation des Failed State 83
(1) Der äußere Aspekt des Selbstbestimmungsrechtes in der Situation des Failed State – Eine Abgrenzung zu Fällen staatlicher Dismembrationr 84
(2) Der innere Aspekt des Selbstbestimmungsrechtes in der Situation des Failed State 85
3. Ergebnis 91
a) Die Staatskrise Kambodschas 91
b) Die Staatskrise Afghanistans 94
4. Ergebnis 97
3. Kapitel:rDer Endpunkt staatlichen Scheiterns 98
I. Problemstellung 98
1. Der Verlust eines konstitutiven Staatlichkeitselements 99
2. Der Failed State im Lichte der Kontinuitätsindizien der Staatenpraxis 101
3. Das Endgültigkeitskriterium im Lichte der Prinzipienkollision von Effektivitäts- und Kontinuitätsprinzip 103
a) Das völkerrechtliche Effektivitätsprinzip 104
b) Das völkerrechtliche Kontinuitätsprinzip 107
aa) Der Failed State im Vergleich zu den anerkannten Fallgruppen fortbestehender Kontinuität 109
bb) Das Selbstbestimmungsrecht als Kontinuitätskriterium 114
II. Ergebnis 120
4. Kapitel:rDie Souveränität des Failed State 120
I. Fortbestehende Souveränität des Failed State 120
II. Die Geltung des Gewaltverbotes 123
5. Kapitel:rDie völkerrechtliche Handlungsunfähigkeit des Failed State 126
I. Völkerrechtliche Handlungsfähigkeit 126
II. Die Repräsentation des Failed State auf internationaler Ebene 129
1. Die völkerrechtliche Vertretung durch zentrale Organe 129
2. Die völkerrechtliche Vertretung durch dezentralisierte Organe 129
a) Diplomatische Missionen des Failed State im Ausland 130
b) Ausländische Missionen im Failed State 134
c) Das Fortbestehen der diplomatischen Beziehungen auf unterster Ebene 136
d) Kontakte zu den einzelnen Gruppierungen im Failed State 138
e) Die Wahrnehmung grundlegender konsularischer Aufgaben 139
f) Die Vertretung des Failed State bei den Vereinten Nationen 143
3. Ergebnis 150
III. Rechtsetzung durch den Failed State 152
1. Die Vertragsschlussfähigkeit des Failed State 152
2. Rechtserzeugende Staatenpraxis eines Failed State 153
3. Der Failed State als "Persistent Objector" 154
IV. Die Unfähigkeit des Failed State zur friedlichen Streitbeilegung 155
V. Die Unfähigkeit des Failed State zur Abgabe von Zustimmungserklärungen 156
VI. Wirksamkeit von im Zeitpunkt noch vorhandener Staatsgewalt abgegebenen Zustimmungserklärungen 159
VII. Ergebnis zur Handlungsunfähigkeit des Failed State 162
VIII. Zusammenfassung 163
Zweiter Teil:rDie normative Erfassung des Failed State 165
1. Kapitel:rAusgangspunkt der weiteren Analyse 165
I. Der Failed State, ein handlungsunfähiges Rechtssubjekt 165
II. Die Maxime impossibilia nemo obligatur est 168
2. Kapitel:rDer Failed State als Partei völkerrechtlicher Verträge 170
I. Die Kontinuität völkervertragsrechtlicher Rechte und Pflichten 170
1. Failed State spezifische Rechtsgrundlagen für die Beendigung oder Suspendierung eines völkerrechtlichen Vertrages 171
2. Das Völkervertragsrecht im Verhältnis zum Recht der Staatenverantwortlichkeit 172
3. Die rechtliche Erfassung der nachträglichen Unfähigkeit zur Vertragserfüllung 174
a) Die nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung gemäß Artikel 61 WVK 175
b) Die Berücksichtigung einer subjektiven Unmöglichkeit im Rahmen der WVK 177
c) Die Berücksichtigung von außerhalb der WVK liegenden Unmöglichkeitsregelungen 179
d) Die grundlegende Änderung der Umstände gemäß Artikel 62 WVK 181
aa) Die Rechtsfolge 183
bb) Der automatische Eintritt der Rechtsfolge 185
e) Die Vertragsverletzung gemäß Artikel 60 WVK 188
f) Zusammenfassung 189
4. Ausnahmen für bestimmte Vertragstypen 189
a) Zahlungspflichten 190
b) Statusverträge 192
c) Drittstaaten einseitig verpflichtende Verträge 192
d) Menschenrechtsverträge und humanitäres Völkervertragsrecht 193
II. Ergebnis 193
3. Kapitel:rDie Geltung und Anwendbarkeit der Menschenrechte im Failed State 194
I. Die Menschenrechtssituation in gescheiterten Staaten 194
II. Herrschaftsgewalt als Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit der Menschenrechte 196
III. Suspendierung menschenrechtlicher Verträge in der Zeit des Staatszerfalls 202
IV. Gewohnheitsrechtlicher Mindeststandard 207
V. Ergebnis 208
VI. Menschenrechtliche Verpflichtungen nichtstaatlicher Akteure 209
1. Befreiungsbewegungen als Träger menschenrechtlicher Verpflichtungen 211
2. Stabilisierte de facto Regime als Träger menschenrechtlicher Verpflichtungen 211
3. Herabgesetzter Standard für im Failed State agierende Gruppen 213
VII. Die Anwendbarkeit menschenrechtlicher Kontroll- und Beobachtungsmechanismen im Failed State 217
1. Das Staatenberichtverfahren 218
2. Die länderspezifische Situationskontrolle 220
3. Die Beschwerdeverfahren 223
VIII. Ergebnis 224
4. Kapitel:rDie Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechtes im Failed State 225
I. Failed State-spezifische Probleme im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Regelungen des humanitären Völkerrechtes 225
1. Der Failed State als nicht-internationaler Konflikt 228
2. Die Anwendbarkeit des gemeinsamen Artikels 3 GK I-IV 229
3. Die Anwendbarkeit des zweiten Zusatzprotokolls 236
4. Gewohnheitsrechtlich erweiterter Anwendungsbereich des ZP II 238
a) Außervertragliche Geltung von Bestimmungen über die menschliche Behandlung 239
b) Außervertragliche Geltung der Bestimmungen des Teil IV über den Schutz der Zivilbevölkerung 242
aa) Der Schutz der Zivilbevölkerung gemäß Artikel 13 ZP II 242
bb) Der Schutz der für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte gemäß Artikel 14 ZP II 243
c) Ergebnis: Gewohnheitsrechtliche Geltung 244
d) Gewohnheitsrechtliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs des ZP II auf niederschwellige Konflikte 245
II. Ergebnis 250
5. Kapitel:rDie völkerrechtliche Verantwortlichkeit des Failed State 251
I. Das völkerrechtliche Verantwortlichkeitsprinzip 251
II. Die Deliktsfähigkeit des Failed State 254
1. Zurechnung des Verhaltens staatlicher Organe auf niedrigster Ebene 257
2. Die Zurechnung privaten Verhaltens in der Situation des Failed State 259
a) "Conduct directed or controlled by a State" gemäß Artikel 8 des ILC-Entwurfes 260
b) "Conduct carried out in the absence or default of the official authorities" gemäß Artikel 9 des ILC-Entwurfes 261
c) Zurechnung des Verhaltens Aufständischer gemäß Artikel 10 Absatz 1 des ILC-Entwurfs 265
d) Die Übernahme privaten Verhaltens gemäß Artikel 11 des ILC-Entwurfes 268
3. Ergebnis 269
4. Verantwortlichkeit für die Verletzung so genannter due diligence Verpflichtungen 270
5. Staatliches Unterlassen im Zeitpunkt noch vorhandener Handlungsmöglichkeiten 277
6. Der Eintritt einer Staatenverantwortlichkeit ex ante 280
7. Zusammenfassung 282
III. Unilaterale Rechtsdurchsetzung 286
1. Unilaterale Rechtsdurchsetzung gegenüber einem Failed State 286
2. Unilaterale Rechtsdurchsetzung bereits begründeter Ansprüche in Anwendung der Repressalie 289
3. Unilaterale Rechtsdurchsetzung in Anwendung der Retorsion 291
6. Kapitel:rDer Failed State als strukturelle Bedrohung des Weltfriedens 292
I. Friedensgefährdende Aspekte des Failed State 292
II. Der Failed State als Friedensbedrohung im Sinne von Artikel 39 SVN 299
III. Der Failed State als strukturelle Bedrohung des Weltfriedens 306
Schlussbemerkungen 308
Literaturverzeichnis 313
Sachregister 342