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Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung

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Grommes, S. (2006). Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung. Eine ideologiekritische Betrachtung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51964-4
Grommes, Sabine. Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung: Eine ideologiekritische Betrachtung. Duncker & Humblot, 2006. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51964-4
Grommes, S (2006): Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung: Eine ideologiekritische Betrachtung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51964-4

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Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung

Eine ideologiekritische Betrachtung

Grommes, Sabine

Schriften zum Strafrecht, Vol. 172

(2006)

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Abstract

Die Verhängung von Strafen stellt den massivsten Eingriff des Staates in die Rechte des Einzelnen überhaupt dar. Dennoch fristet die Strafzumessung in der Strafrechtswissenschaft eher ein Schattendasein. Während es unzählige Aufsätze zu den diversen Tatbestandsproblemen, die in Urteilen entschieden werden, gibt, existieren kaum Abhandlungen, die sich ausführlich mit der Strafbegründung auseinandersetzen. Es handelt sich dabei um einen Bereich, der sich mit juristischen Kenntnissen allein nicht vollständig erschließen lässt. Erforderlich ist hier vielmehr ein Blick über den juristischen Tellerrand hinaus in andere Fachgebiete wie z. B. die Sprachwissenschaft.

Warum bedient sich ein Gericht bestimmter Begriffe in seinem Urteil, während es andere eher zu meiden scheint? Dieser Frage widmet sich Sabine Grommes im Rahmen einer interdisziplinären Untersuchung des Sühnebegriffs und seiner Verwendung durch die Gerichte. "Sühne" stellt eine in unserer Alltagssprache nicht besonders geläufige Vokabel dar. Dennoch findet man den Sühnebegriff in gerichtlichen Entscheidungen außergewöhnlich oft, während andere Begriffe, die man dort sehr viel häufiger vermuten würde, wie z. B. "Vergeltung" oder "Genugtuung", überraschend selten genannt werden.

Um dieses Phänomen näher zu untersuchen, betrachtet die Autorin die Verwendung des Sühnebegriffs durch die Rechtsprechung näher, indem sie sich zunächst mit den sprachwissenschaftlichen, theologischen und rechtshistorischen sowie rechtstheoretischen Hintergründen der Sühne auseinandersetzt und sich danach einer detaillierten Untersuchung von BGH-Entscheidungen zuwendet. Grommes zeigt anhand einer umfassenden interdisziplinären Untersuchung auf, dass die Kritik sprachlicher Unrichtigkeiten im Bereich der Strafzumessung nicht nur eine kleinliche Haarspalterei darstellt, sondern die Verwendung von sog. "Transferbegriffen", durch die Begriffe mit weniger positiven Konnotationen in Urteilen umgangen werden, ein auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenkliches Vorgehen darstellt, das von der Rechtsprechung nach Möglichkeit vermieden werden sollte.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 11
Einleitung: Der Sühnebegriff in Literatur und Rechtsprechung 15
I. Der Sühnebegriff in der Rechtsprechung 19
1. Der Sühnebegriff im allgemeinen Strafrecht 19
a) OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1999, 115 19
b) KG Berlin, NStZ-RR 1997, 27 f. 20
2. Besonderheiten im Jugendstrafrecht 21
a) LG Berlin, NStZ 1999, 102 f. 21
b) BGH, NStZ 1996, 232 f. 22
3. Dient Sühne als Transferbegriff? 23
II. Sprachwissenschaftliche Analyse des Sühnebegriffs 25
1. Etymologie des Wortes "Sühne" 25
2. Heutiges Verständnis des Sühnebegriffs 27
a) In der Alltagssprache 27
b) Gibt es Besonderheiten in der juristischen Fachsprache? 31
3. Resümee der sprachwissenschaftlichen Analyse 33
III. Der Sühnebegriff in der Theologie 34
1. Probleme bei der Begriffserschließung 34
2. Altes Testament 36
3. Neues Testament 39
a) Der Sühnetod Jesu 39
b) Religionsgeschichtliche Ableitung der neutestamentlichen Sühnevorstellung von der alttestamentlichen 42
c) Verstand Jesus seinen Tod als Sühnetod? 44
d) Neutestamentliche Zeugnisse zum Sühnetod Jesu 44
4. Die Geschichte der Buße und des Ablasshandels 46
5. Resümee der theologischen Betrachtungen 52
IV. Rechtshistorische Betrachtung des Sühnebegriffs 54
1. Römisches Strafrecht 54
a) Königszeit 54
b) Zwölftafelgesetzgebung 55
c) Weitere Entwicklung des römischen Strafrechts 56
2. Sühneverträge im deutschen Recht 57
a) Germanische Urzeit 57
b) Frühmittelalter 58
c) Hoch- und Spätmittelalter 59
3. Der Sühnebegriff im Dritten Reich 64
4. Resümee der rechtshistorischen Ausführungen 68
V. Die verschiedenen Strafzwecke 70
1. Strafgrund und Strafzweck 70
2. Strafzwecke im Lauf der Geschichte 71
a) Antikes Griechenland 71
b) Antikes Rom 73
c) Germanische Urzeit 74
d) Frühmittelalter 74
e) Hoch- und Spätmittelalter 74
(1) Gesetzgebung 74
(2) Strafrechtstheorie 76
f) Gemeines Strafrecht 78
g) Naturrechtliche Theorien 80
(1) Hugo Grotius (1583–1645) 80
(2) Angelsächsische Aufklärung: Thomas Morus (1478–1535), Thomas Hobbes (1588–1679) und John Locke (1632–1704) 81
(3) Baruch Spinoza (1632–1677) 82
(4) Samuel Pufendorf (1632–1694) 83
(5) Christian Thomasius (1655–1728) 84
(6) Christian Wolff (1679–1754) 84
(7) Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) 84
(8) Cesare Beccaria (1738–1794) 84
h) Die Abkehr vom Naturrecht: Immanuel Kant (1724–1804) 85
i) Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) 88
j) Anselm von Feuerbach (1775–1833) 91
k) Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) 93
l) Franz von Liszt (1851–1919) 96
m) Gesetzgebung des 18. und 19. Jahrhunderts 96
n) Drittes Reich 98
o) Resümee des historischen Abrisses 101
3. Aktuelle Diskussion der Strafzwecke im Erwachsenenstrafrecht 102
a) Absolute Theorien 102
(1) Gerechtigkeitstheorie/Vergeltungstheorie 102
(2) Sühnetheorie 106
b) Relative Theorien 111
(1) Spezialprävention 111
(2) Generalprävention 117
(a) Negative Generalprävention 118
(b) Positive Generalprävention 121
c) Vereinigungstheorien 126
(1) Vergeltende Vereinigungstheorie 127
(2) Additive Vereinigungstheorie 127
(3) Präventive Vereinigungstheorie 128
d) Unterschiedliche Gewichtung der Straftheorien bei den verschiedenen beteiligten Personengruppen 130
e) Resümee der aktuellen Diskussion im Erwachsenenstrafrecht 132
4. Besonderheiten bei der Strafbegründung und Strafzumessung im Jugendstrafrecht 134
a) Absoluter Vorrang des Erziehungsgedankens? 134
b) "Sühne" im Jugendstrafrecht 135
c) Der Vergeltungsgedanke im Jugendstrafrecht 137
d) Generalpräventive Aspekte im Jugendstrafrecht 138
e) Berücksichtigung anderer Strafzumessungskriterien 140
f) Krise des Erziehungsgedankens? 140
g) Resümee der jugendstrafrechtlichen Besonderheiten 142
VI. Welche Strafzumessungsgründe werden von der Rechtsprechung in ihren Entscheidungen nicht genannt? 143
1. Allgemeines zum Umfang der Strafzumessungsbegründung und der hierbei relevanten Faktoren 143
2. Schuldprinzip und Spielraumtheorie 146
3. Die einzelnen Strafzumessungskriterien in BGHSt 1–46 147
a) Spezialprävention und Generalprävention 147
b) Vergeltung 152
c) Genugtuung 153
d) Sühne 154
e) Buße 156
f) Besonderheiten in jugendstrafrechtlichen Entscheidungen 157
g) Resümee der Betrachtung der BGHSt-Entscheidungen 1–46 157
VII. Warum meidet der BGH die Begriffe "Vergeltung" und "Genugtuung"? 159
1. Sprachwissenschaftliche Aspekte 159
a) Begriffe als Werturteile 159
b) Sprachwissenschaftliche Analyse des Begriffs "Vergeltung" 159
(1) Etymologie des Wortes "Vergeltung" 159
(2) Heutiges Verständnis des Begriffs "Vergeltung" 161
(3) Resümee der sprachwissenschaftlichen Betrachtung des Begriffs "Vergeltung" 163
c) Sprachwissenschaftliche Analyse des Begriffs "Genugtuung" 164
(1) Etymologie des Wortes "Genugtuung" 164
(2) Heutiges Verständnis des Begriffs "Genugtuung" 165
(3) Resümee der sprachwissenschaftlichen Betrachtung des Begriffs "Genugtuung" 168
2. Historische und philosophische Aspekte 168
a) Vergeltung 168
b) Genugtuung 169
3. Theologische Gesichtspunkte 170
4. Rechtstheoretische Hintergründe 171
a) Vergeltung 171
b) Genugtuung 176
c) Resümee der rechtstheoretischen Betrachtung 177
5. "Vergeltung" und "Genugtuung" werden vom BGH nicht zufällig gemieden 178
VIII. Wird "Sühne" anstelle von "Vergeltung" oder "Genugtuung" verwendet? 180
IX. Warum wird ausgerechnet "Sühne" als Transferbegriff verwendet? 184
1. Sprachwissenschaftliche Aspekte 184
2. Theologische Gesichtspunkte 185
3. Historische Hintergründe 185
4. Rechtstheoretische Erwägungen 186
a) Allgemeine Eignung des Sühnebegriffs als Transferbegriff 186
b) "Sühne" als Transferbegriff für "Vergeltung" 187
c) "Sühne" als Transferbegriff für "Genugtuung" 188
5. Jugendstrafrechtliche Besonderheiten 189
X. Abschließende Betrachtungen 192
1. Analyse markanter Entscheidungen zur Plausibilisierung der gewonnenen Erkenntnisse 192
a) Entscheidungen im Erwachsenenstrafrecht 192
(1) BGHSt 6, 125 ff. 192
(2) BayObLG, NJW 1957, 1644 194
(3) BGHSt 24, 40 ff. 195
(4) BGH, NStZ-RR 1998, 205 196
b) Entscheidungen im Jugendstrafrecht 198
(1) BGHSt 10, 233 ff. 198
(2) BGHSt 15, 224 ff. 199
(3) BayObLG, StV 1985, 155 f. 200
(4) BGH, StV 1994, 598 f. 201
(5) BGH, NStZ-RR 1997, 21 f. 202
c) Resümee der Entscheidungsanalyse 203
2. Warum ist das Vermeiden von Transferbegriffen wichtig? 204
Literaturverzeichnis 209
Personen- und Sachwortregister 232