Garantenpflichten aus Vertrautheit
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Garantenpflichten aus Vertrautheit
Schriften zum Strafrecht, Vol. 178
(2006)
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Abstract
Die Begründung von Garantenpflichten bei familiären und familienähnlichen Beziehungen ist ein höchst aktuelles Thema.Jorge F. Perdomo-Torres stellt fest, dass die Lehren, die eine Begründung für Garantenstellung in diesem Bereich anbieten wollen, bei natürlichen Phänomenen, etwa der engen Lebensgemeinschaft, ansetzen und dadurch keine echte rechtliche Bindung herleiten lassen. Da Recht nicht als Derivat der Natur, sondern als objektiver Geist begriffen werden soll, präsentiert der Autor eine echte normative und zeitgemäße Lösung, die das Kriterium des Vertrauens zum Ausgang hat. Er konkretisiert das Vertrauen an einem objektivierten Tatbestand der "Vetrautheit" und integriert es in einer bestimmten strafrechtlichen Institutionstheorie. Als Vertrautheit wird Vertrauen zu einer Institution, durch welche Rechtsverhältnisse ausgedrückt werden und somit ein Teil der normativen Gestalt der Gesellschaft offenbart wird.Die strukturelle Verfasstheit der Vertrautheit erweist sich als geeignet für die Ermittlung einzelner Garantieverhältnisse innerhalb der Sachverhalte, die als Muster so genannter familiärer und familienähnlicher Beziehungen gegolten haben. In Anbetracht des stattfindenden Deinstitutionalisierungsprozesses traditioneller intimer Lebensformen und der mit diesem zusammenhängenden Individualisierungstendenzen schlägt der Autor vor, dass Vertrautheit und nicht die Familie als die Institution zu betrachten ist, die neben der Elternschaft strafrechtliche Verbindlichkeit in privaten Lebensbeziehungen heute plausibel begründen kann und dies mit einer ganz konkreten und für das Strafrecht relevanten Verpflichtungswirkung.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 15 | ||
§ 1 Die Garantenpflichtenbegründung bei den sog. familiären und familienähnlichen Beziehungen: Ein Bezug auf den Vertrauensgedanken | 20 | ||
A. Ältere Ansichten und Aktualität der Problematik | 20 | ||
I. Ausgangspunkt der Untersuchung | 20 | ||
II. Die ältere Rechtspflichtlehre: von Feuerbach bis zum Reichsgericht | 21 | ||
III. Die Rechtsprechung des BGH | 27 | ||
IV. Die Funktionenlehre: Armin Kaufmann | 33 | ||
V. Zwischenergebnis | 35 | ||
B. Vertrauensbezogene Lehren im Rahmen der Garantenstellungsdiskussion | 37 | ||
I. Vorüberlegungen | 37 | ||
II. Der Vertrauensgedanke in der Kausalitätsdiskussion | 38 | ||
III. Der Vertrauensgedanke bei den sog. Rechtspflichttheorien | 41 | ||
IV. Das Vertrauen bei Böhm und Vogler | 44 | ||
V. Die Abhängigkeits-Vertrauensverhältnisse (E. A.Wolff) | 46 | ||
VI. Die Rolle des Vertrauens in der Betrugsproblematik | 50 | ||
VII. Das durch Vorverhalten erweckte Vertrauen (Blei) | 51 | ||
VIII. Das Verhältnis von Erwartung und Vertrauen (Brammsen) | 53 | ||
IX. Das besondere Vertrauen (Jakobs) | 54 | ||
X. Zwischenergebnis | 59 | ||
C. Schlussfolgerungen für den weiteren Gang der Argumentation | 62 | ||
§ 2 Rechtssoziologische, rechtstheoretische und rechtsphilosophische Grundlagen der hiesigen Garantenstellungslehre | 67 | ||
A. Einleitung | 67 | ||
B. Die Gesellschaft als Hauptbegriff | 69 | ||
I. Welche Gesellschaft? | 69 | ||
II. Die Beteiligung des Subjekts | 74 | ||
III. Die Bedeutung für das Recht bzw. Rechtssystem | 78 | ||
1. Allgemeines | 78 | ||
2. Die Norm | 82 | ||
3. Die Geltung der Norm | 85 | ||
C. Institutionen, Freiheit und Rechtsverbindlichkeit | 86 | ||
I. Allgemeines | 86 | ||
II. Einzelne Institutionen | 88 | ||
1. Die allgemeinen Verkehrsverhältnisse | 88 | ||
a) Freiheit als Grundlage der Hegelschen Rechtsphilosophie | 90 | ||
b) Das abstrakte Recht | 91 | ||
aa) Die Person, die Persönlichkeit des Willens und das Anerkennungsverhältnis | 91 | ||
2. Die besonderen Statusverhältnisse | 94 | ||
a) Die Hegelsche Lehre von der Sittlichkeit und die besondere Verpflichtung | 95 | ||
aa) Grundlage der Verpflichtung | 95 | ||
bb) Die Familie | 97 | ||
(1) Die Ehe und das Eltern-Kind-Verhältnis | 98 | ||
cc) Der Staat | 103 | ||
b) Die durch Vertrauen begründeten besonderen Statusverhältnisse | 107 | ||
aa) Bedürfnisse und sozialer Wandel | 107 | ||
bb) Über das Vertrauen | 112 | ||
cc) Vertrauen und Solidarität | 115 | ||
dd) Die Vertrautheit und die Besonderheit des Vertrauens | 119 | ||
ee) Die Vertrautheit und ihre Merkmale | 121 | ||
ff) Einzelne Merkmale | 122 | ||
(1) Vertrauensleistungen | 123 | ||
α) Selbstdarstellung bzw. Vertrauensnahme | 124 | ||
β) Vertrauensgabe bzw. Vertrauensanlage und Vertrauenslage | 126 | ||
(2) Stabile Vertrauenslage | 127 | ||
gg) Vertrautheit und Rechtsverbindlichkeit | 132 | ||
§ 3 Garantenstellungslehre und Strafrechtstheorie | 137 | ||
A. Vorüberlegungen | 137 | ||
B. Grundzüge einer gesellschaftlich orientierten Strafrechtstheorie | 139 | ||
I. Funktion und Aufgabe des Strafrechts in materieller Hinsicht | 139 | ||
II. Über die strafrechtlichen Normen | 140 | ||
III. Garantenstellungslehre, objektive Zurechnung und Unrecht | 142 | ||
IV. Garantenstellungslehre und Schuld | 148 | ||
C. Garantieverhältnisse: Grundprinzipien, Zurechnungsgrundlagen und einzelne Ermittlungskategorien | 153 | ||
I. Allgemeines | 153 | ||
II. Grundprinzipien und Haftungskriterien: Garantenstellungslehre im weiteren Sinne | 154 | ||
1. Grundprinzipien | 154 | ||
2. Haftungskriterien | 157 | ||
III. Begründungsfiguren bzw. Ermittlungskategorien: Garantenstellungslehre im engeren Sinne | 159 | ||
1. Verkehrspflichten | 159 | ||
2. Andere negative Pflichten: aus Vorverhalten entstandene Sicherungspflichten | 164 | ||
3. Die sog. Übernahme | 167 | ||
4. Die Übernahme und die Rolle des Vertrauensgedankens im Allgemeinen | 172 | ||
5. Die vom Staat zu erbringenden konkreten Leistungen | 176 | ||
§ 4 Privates Zusammenleben und Vertrautheit | 182 | ||
A. Allgemeines | 182 | ||
B. Vertrautheit oder Familie als strafrechtlich relevante Institution? | 183 | ||
C. Vertrautheit und privates Zusammenleben | 188 | ||
I. Die Lebenspartnerschaft | 188 | ||
1. Allgemeine Charakterisierung vertrauter Lebenspartnerschaften | 188 | ||
2. Einzelne wichtige Fragestellungen | 192 | ||
a) Selbstbestimmungsrecht und Vertrautheit bezüglich des Themas Leben | 192 | ||
b) Praktizierung der Gemeinschaft | 195 | ||
c) Gegenseitige Vermögensfürsorge | 197 | ||
3. Abschließende und zusammenfassende Bemerkungen | 199 | ||
II. Die Elternschaft | 201 | ||
1. Rechtsverbindlicher Charakter der Elternschaft | 201 | ||
2. Elterliche Vertrauensleistungen zu Schutz und Fürsorge: Umfang und zeitliche Beschränkung | 206 | ||
3. Vertraute Beziehung zwischen Eltern und Kindern | 208 | ||
4. Vertrautheit gegenüber Eltern angesichts ihres fortgeschrittenen Alters | 211 | ||
5. Fazit | 214 | ||
III. Vertrautheit in anderen Fällen von privatem Zusammenleben | 215 | ||
1. Rechtsverbindlichkeit unter Geschwistern | 215 | ||
2. Rechtsverbindlichkeit in Großeltern-Enkelkinder-Verhältnissen, Nichte/Neffe-Tante/Onkel-Verhältnissen und schwägerschaftlichen Verhältnissen | 217 | ||
IV. Andere vertraute Gemeinschaften | 219 | ||
1. Allgemeines | 219 | ||
2. Gefährliche Unternehmen | 220 | ||
3. Haus- und Wohngemeinschaften | 222 | ||
Zusammenfassung | 224 | ||
Literaturverzeichnis | 236 | ||
Sachwortregister | 253 |