Gerichtliche Kontrolle internationaler Verwaltung
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Gerichtliche Kontrolle internationaler Verwaltung
Das Beispiel Bosnien und Herzegowina
Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht, Vol. 84
(2006)
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Abstract
Die Verwaltung von Krisenregionen durch die internationale Gemeinschaft hat nach dem Ende des Kalten Krieges zunehmend an Bedeutung gewonnen. Unmittelbar vor den Toren der Europäischen Union finden sich zwei Beispiele dieser internationalen Territorialverwaltung moderner Prägung: Bosnien und Herzegowina sowie das Kosovo.Wenn Internationale Organisationen oder internationale Organe ein Gebiet verwalten, üben sie wie ein Staat Hoheitsgewalt aus. Insbesondere wenn eine solche Verwaltungsmission über einen längeren Zeitraum andauert, stellt sich die Frage, wo die rechtlichen Grenzen dieser "internationalen Notstandsverwalter" liegen. Wie weit reichen deren Kompetenzen bei der Ausübung legislativer und exekutiver Gewalt? Unterliegt diese internationale Hoheitsgewalt einer gerichtlichen Kontrolle? Wenn ja, durch wen? Oder müssen sich derartige Verwaltungsinstanzen den Vorwurf schrankenloser Machtausübung gefallen lassen?Anhand des Beispiels Bosnien und Herzegowinas untersucht Alexander M. Rehs den rechtlichen Rahmen einer internationalen Verwaltungsmission der Staatengemeinschaft in einem Post-Konfliktszenario. Ausgangspunkt ist die Grundlegung der internationalen Verwaltungsstruktur für Bosnien und Herzegowina im Friedensabkommen von Dayton im Jahre 1995. Vor diesem Hintergrund wird die Frage der Rechtsnatur der internationalen Verwaltungsorgane, insbesondere der Behörde des Hohen Repräsentanten der Staatengemeinschaft, erörtert. Darauf aufbauend erfolgt eine Analyse der Frage, in welchen Fällen, in welchem Umfang, anhand welcher Rechtsnormen und durch welche Instanzen eine gerichtliche Kontrolle der internationalen Verwaltungsorgane in Bosnien und Herzegowina stattgefunden hat. Es werden die prozessualen, rechtsdogmatischen und praktischen Probleme beleuchtet, die dabei aufgeworfen wurden. Abschließend unternimmt der Verfasser den Versuch einer Bewertung des in Bosnien und Herzegowina vorgefundenen Rechtszustands einer fragmentarischen gerichtlichen Kontrolle der internationalen Verwaltungsorgane vor dem Hintergrund einschlägiger allgemeiner Normen des Völkerrechts. Ebenso werden mögliche Lösungsansätze für zukünftige Szenarien skizziert.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einführung | 19 | ||
A. Die internationale Gemeinschaft auf neuen Wegen zur Konfliktbewältigung? | 19 | ||
B. Stationen des nation-building in Bosnien und Herzegowina | 27 | ||
C. Problemstellung | 30 | ||
I. Rule of Law in Post-Konfliktszenarien? | 30 | ||
II. Untersuchungsgegenstand | 33 | ||
D. Gang der Untersuchung | 37 | ||
Kapitel I: Das Abkommen von Dayton als Ausgangspunkt der internationalen Verwaltung in Bosnien und Herzegowina | 41 | ||
A. Der Weg nach Dayton – eine historische Skizze | 41 | ||
B. Ein Überblick über die Vereinbarungen von Dayton | 45 | ||
I. Der Aufbau des „Vertragspakets“ von Dayton | 46 | ||
1. Das Allgemeine Rahmenabkommen | 46 | ||
2. Die wesentlichen Regelungen der Anhänge | 47 | ||
II. Die Besonderheiten des Vertragsschlussverfahrens | 49 | ||
1. Die völkerrechtliche Stellung der beiden Landesteile | 49 | ||
2. Die Rechtsnatur der Vertragsvereinbarungen der Landesteile | 50 | ||
3. Das Paraphierungsabkommen | 51 | ||
C. Eine Verfassung als völkerrechtlicher Vertrag? | 52 | ||
I. Die Rechtsnatur von Annex 4 | 53 | ||
1. Die Verfassungsqualität von Annex 4 | 53 | ||
2. Die völkervertragsrechtliche Qualität von Annex 4 | 54 | ||
II. Eine völkerrechtliche Intervention in die Verfassungsgebung | 54 | ||
D. Die Verfassung des „Dayton Staats“ | 58 | ||
I. Die bundesstaatliche Ordnung | 59 | ||
II. Die Verwirklichung des Demokratieprinzips | 62 | ||
III. Die Internationalisierung der Verfassung – Konfliktlösung durch Rechtsimport? | 65 | ||
IV. Nachbesserung durch das Verfassungsgericht | 69 | ||
E. Dayton – eine Bilanz | 74 | ||
Kapitel II: Das Wesen der internationalen Verwaltung in Bosnien und Herzegowina | 82 | ||
A. Die Rolle der Vereinten Nationen | 82 | ||
B. Die Funktion der Staatengemeinschaft | 86 | ||
C. Die Verwaltungsstruktur | 88 | ||
I. Das Amt des Hohen Repräsentanten | 89 | ||
1. Rechtsgrundlagen | 89 | ||
2. Das Mandat des OHR | 91 | ||
3. Die organisatorische Gliederung des OHR | 102 | ||
4. Die Rechtsnatur des OHR | 102 | ||
a) Die Völkerrechtspersönlichkeit des OHR | 103 | ||
b) Das OHR als Teil eines anderen Völkerrechtssubjekts? | 109 | ||
c) Das OHR als eine „internationale Behörde“? | 113 | ||
d) Bewertung | 116 | ||
II. Die weiteren Säulen der internationalen Verwaltung | 117 | ||
Kapitel III: Gerichtliche Kontrolle internationaler Verwaltung in Bosnien und Herzegowina | 119 | ||
A. Das Schweigen des Abkommens von Dayton und des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen | 119 | ||
B. Die kontrollrelevanten Rechtsbereiche | 121 | ||
I. Der primäre Rechtsschutz | 121 | ||
1. Der kompetenzielle Bereich | 121 | ||
2. Der Bereich des Individualrechtsschutzes | 122 | ||
II. Der sekundäre Rechtsschutz | 123 | ||
C. Gerichtliche Kontrolle der internationalen Verwaltung auf der Grundlage des Abkommens von Dayton | 124 | ||
I. Die duale Verfassungswirklichkeit von Bosnien und Herzegowina | 125 | ||
II. Das BIHVG als Akteur im Spannungsfeld von nationaler und internationaler Rechtsordnung | 129 | ||
III. Rechtskontrolle des Hohen Repräsentanten durch das BIHVG | 133 | ||
1. Die Überprüfung der „Verfassungsmäßigkeit“ des allgemeinen Friedensrahmenabkommens von Dayton | 133 | ||
2. Die Überprüfung der Rechtsakte des Hohen Repräsentanten | 136 | ||
a) Die Entscheidung U 9/00 | 136 | ||
aa) Der Sachverhalt | 136 | ||
bb) Die Theorie der „funktionalen Dualität“ | 137 | ||
cc) Historische Wurzeln der „funktionalen Dualität“? | 145 | ||
(1) Das Beispiel des Rechtsschutzes gegenüber alliierter Hoheitsgewalt durch die deutsche Gerichtsbarkeit | 145 | ||
(2) Das Beispiel des Rechtsschutzes gegenüber supranationaler Hoheitsgewalt durch die deutsche Gerichtsbarkeit | 152 | ||
(3) Das Beispiel der Mandats- und Treuhandgebiete | 155 | ||
(4) Das Beispiel der Verwaltung des Saargebiets durch den Völkerbund | 159 | ||
(5) Ergebnis | 162 | ||
b) Die Überprüfung der Ermächtigungsgrundlage des HR | 164 | ||
c) Die Überprüfung der Legislativakte des HR | 166 | ||
aa) Die Bedeutung der legislativen Tätigkeit des HR | 166 | ||
bb) Die rechtliche Einordnung der Legislativakte des HR | 166 | ||
cc) Die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Legislativakte des HR | 169 | ||
d) Die Überprüfung der Exekutivakte des HR | 176 | ||
aa) Begriff und Bedeutung exekutiven Handelns des HR | 176 | ||
bb) Anwendbarkeit der U 9/00-Rechtsprechung auf Exekutivakte? | 178 | ||
cc) Der Fall U 37/01 | 178 | ||
dd) Bewertung dieser Entscheidung | 180 | ||
ee) Der Fall U 41/01 | 184 | ||
ff) Die weitere Entwicklung | 187 | ||
3. Ergebnis: System der partiellen Rechtskontrolle des Hohen Repräsentanten durch das BIHVG | 189 | ||
a) Schema der partiellen Rechtskontrolle des HR durch das BIHVG | 189 | ||
b) Bewertung dieser Rechtsprechung des BIHVG: Funktionale Dualität – ein gangbares Funktionsmodell? | 190 | ||
aa) Der Zwei-Stufen-Gedanke im Rahmen der Theorie der funktionalen Dualität | 192 | ||
bb) Die Parallele zum Problem der Rechtskontrolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen | 194 | ||
cc) Nichtüberprüfbarkeit der ersten Stufe | 197 | ||
dd) Das Problem der Übertragbarkeit der Theorie der funktionalen Dualität auf exekutives Handeln des HR | 198 | ||
ee) Ergebnis | 202 | ||
IV. Rechtskontrolle des Hohen Repräsentanten durch die Menschenrechtskammer (MRK) | 203 | ||
1. Der internationale Charakter der MRK | 203 | ||
2. Überprüfbarkeit der Akte des HR durch die MRK? | 204 | ||
V. Die rechtliche Kontrolle der sonstigen internationalen Institutionen | 208 | ||
1. Die Urteile der Menschenrechtskammer (Annex 6) | 208 | ||
a) Kontrolle der Urteile der MRK durch das BIHVG? | 208 | ||
b) Bewertung | 211 | ||
2. Rechtsakte im Rahmen der Durchführung von Wahlen (Annex 3) | 212 | ||
a) Internationale Verwaltung von Wahlen | 212 | ||
b) Rechtskontrolle durch das BIHVG? | 213 | ||
c) Rechtskontrolle durch die MRK? | 216 | ||
3. Rechtsakte der Commission for Real Property Claims (Annex 7) | 217 | ||
a) Restitution unter internationaler Verwaltung | 217 | ||
b) Rechtskontrolle durch das BIHVG? | 219 | ||
c) Die These von der Parallelität der Annexe – ein taugliches Modell für die Auslegung des Abkommens von Dayton? | 220 | ||
d) Rechtskontrolle durch die MRK? | 224 | ||
4. Akte der IPTF (Annex 11) | 226 | ||
a) Restrukturierung des Polizeiwesens unter internationaler Verwaltung | 226 | ||
b) Die Dezertifizierungsverfahren | 227 | ||
5. Akte der SFOR (Annex 1A) | 231 | ||
a) Stabilisierung durch internationale Militärpräsenz | 231 | ||
b) Rechtskontrolle durch die MRK? | 232 | ||
6. Bewertung der Rechtsprechung der MRK zur Rechtskontrolle internationaler Verwaltungsorgane | 236 | ||
a) Das Problem der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit und Zurechnung | 236 | ||
b) Das Problem der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit für die internationale Verwaltung in Bosnien und Herzegowina | 240 | ||
c) Die Rechtsprechung der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte | 246 | ||
aa) Stufe 1: Die Frage der Zuständigkeit ratione personae | 246 | ||
bb) Stufe 2: Die Zurechnungsfrage | 247 | ||
cc) Stufe 3: Übertragung von Hoheitsrechten versus Menschenrechtsgewährleistungen | 249 | ||
d) Fazit | 253 | ||
VI. Gerichtliche Kontrolle der internationalen Verwaltung in Bosnien und Herzegowina: Zwischen System und Fragment | 257 | ||
D. Gerichtliche Kontrolle internationaler Verwaltung nach allgemeinem Völkerrecht | 260 | ||
I. Ein völkerrechtlicher Rahmen für internationale Verwaltungsmissionen? | 260 | ||
II. Der Treuhandgedanke | 261 | ||
III. Das internationale Recht der Menschenrechte | 262 | ||
1. Die Bindung internationaler Verwaltungsorgane an völkerrechtliche Menschenrechtsgarantien | 262 | ||
2. Die Situation in Bosnien und Herzegowina | 268 | ||
a) Die Geltung von Art. 6 (1) EMRK | 268 | ||
b) Der Schutzumfang von Art. 6 (1) EMRK | 269 | ||
c) Rechtsweggarantie versus Jurisdiktionsimmunität | 272 | ||
d) Ergebnis | 276 | ||
IV. Das humanitäre Völkerrecht | 278 | ||
V. Allgemeine Rechtsgrundsätze | 282 | ||
VI. Ergebnis | 288 | ||
E. Gesamtergebnis: Eine internationale Kontrollinstanz als Ausweg? | 290 | ||
Schlussbemerkung | 296 | ||
Anhang | 301 | ||
Anhang I: The General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina | 301 | ||
Anhang II: The General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina, Annex 4 | 304 | ||
Anhang III: The General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina, Annex 6 | 317 | ||
Anhang IV: The General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina, Annex 10 | 325 | ||
Literaturverzeichnis | 329 | ||
Rechtsprechungsverzeichnis | 359 | ||
I. Ständiger Internationaler Gerichtshof | 359 | ||
II. Internationaler Gerichtshof | 359 | ||
III. Europäische Kommission für Menschenrechte | 360 | ||
IV. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte | 360 | ||
V. Europäischer Gerichtshof | 361 | ||
VI. Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina | 361 | ||
VII. Menschenrechtskammer von Bosnien und Herzegowina | 363 | ||
VIII. Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland | 364 | ||
IX. Sonstige nationale und internationale Gerichte | 365 | ||
Sachverzeichnis | 366 |