Sonderwissen und Sonderfähigkeiten in der Lehre vom Straftatbestand
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Sonderwissen und Sonderfähigkeiten in der Lehre vom Straftatbestand
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 172
(2006)
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Abstract
Die Behandlung des Sonderwissens des Täters ist zum "crucial test" für die Theorie der objektiven Zurechnung geworden. Für weitere Fragestellungen ist sie der Kristallisationspunkt: Sind die objektiven Zurechnungsvoraussetzungen beim Vorsatz- und beim Fahrlässigkeitsdelikt identisch? Wie sind die Untergrenzen strafbaren Verhaltens zu setzen? Für die Relevanz objektiver und subjektiver Aspekte bei der Zurechnung werden Kategorien aus den Grundprinzipien des Strafrechts (Rechtsgüterschutz, ultima ratio, generalpräventive Wirkung der Strafrechtsnormen) abgeleitet. So wird beim Fahrlässigkeitsdelikt die strafrechtliche Relevanz durch eine Interessenabwägung zwischen Rechtsgüterschutz und Handlungsfreiheit festgelegt. Demgegenüber muß das Interesse des Vorsatztäters an seiner Handlungsfreiheit zurücktreten, weil die von ihm erkannte, ggf. beherrschte und verfolgte Beeinträchtigung von Rechtsgütern nach dem allgemeinen Schädigungsverbot zu vermeiden ist. Mariana Sacher trifft auch Differenzierungen bei der strafrechtlichen Relevanz von Sonderfähigkeiten.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung und Problemdarstellung | 15 | ||
§ 1 Entstehung der Frage nach den Sonderkenntnissen und Sonderfähigkeiten | 28 | ||
A. Überblick | 28 | ||
B. Adäquanztheorie | 29 | ||
C. Vom Schwerpunkt Vorsatzdelikt zur Entwicklung der objektiven Grundlagen des Fahrlässigkeitsdelikts | 34 | ||
§ 2 Unterschiedliche Bestimmung des strafbaren Verhaltens beim Vorsatz- und beim Fahrlässigkeitsdelikt durch den Finalismus | 39 | ||
A. Hervorhebung des Vorsatzes | 39 | ||
B. Untergrenzen strafbaren Verhaltens | 43 | ||
C. Sonderwissen beim Finalismus? | 52 | ||
D. Strenge Unterscheidung zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten bereits auf der Tatbestandsebene | 60 | ||
E. Bestimmung des Fahrlässigkeitsunrechts | 62 | ||
F. Die drei Untergrenzen strafbaren Verhaltens beim Finalismus: Zusammenfassung | 68 | ||
G. Kohärenz der Systematik: Ein Vorteil? | 69 | ||
§ 3 Rückkehr von Problemen bezüglich des Sonderwissens beim Vorsatzdelikt mit der Normativierung der Verbrechenslehre | 71 | ||
A. Erforderlichkeit weiterer Untergrenzen strafbaren Verhaltens – Relevanz beim Thema der Sonderkenntnisse und Sonderfähigkeiten | 71 | ||
B. Schaffung von Handlungsfreiräumen bei der objektiven Zurechnung | 72 | ||
C. Übertragung der Zurechnungskriterien der Fahrlässigkeits- auf die Vorsatzdelikte und Gleichstellung beider Unrechtsformen | 73 | ||
I. Überblick | 73 | ||
II. Einige Erwägungen im Schrifttum zugunsten einer Gleichstellung | 78 | ||
III. Kriminalpolitisch orientierte Bestimmung des erlaubten Risikos | 81 | ||
IV. Bestimmung des erlaubten Risikos durch eine Interessenabwägung zwischen Handlungsfreiheit und Rechtsgüterschutz | 87 | ||
1. Das Kriterium der Interessenabwägung | 87 | ||
2. Gleichstellung der Struktur des tatbestandsmäßigen Verhaltens beim Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt | 88 | ||
a) Übertragung der Fahrlässigkeitsstruktur auf das Vorsatzdelikt | 88 | ||
b) Die Rolle der Kenntnisse und Absichten bei der Erlaubtheit bzw. Unerlaubtheit der Gefahr | 89 | ||
aa) Vorsatzdelikt | 89 | ||
(1) Standardwissen | 89 | ||
(2) Sonderwissen | 89 | ||
(3) Absicht | 90 | ||
bb) Fahrlässigkeitsdelikt | 91 | ||
3. Zwischenbewertung | 92 | ||
V. Die Handlungsfreiräume im Rahmen einer gesellschaftsfunktionalen Sicht des Strafrechts | 93 | ||
1. Grundlagen | 93 | ||
2. Für das Sonderwissen relevante Konsequenzen einer systembezogenen Strafrechtsdogmatik | 99 | ||
a) Rollen und Erwartungen | 99 | ||
aa) Allgemeines | 99 | ||
bb) Rollentheorie und Sonderwissen | 101 | ||
cc) Rollentheorie vs. Rechtsgüterschutz | 102 | ||
dd) Rollentheorie und tatsächliche Gesellschaftsstruktur | 105 | ||
b) Eine „objektive“ und „subjektive“ Seite der Straftat? | 108 | ||
aa) Allgemeines | 108 | ||
bb) Die „objektive Seite“ | 108 | ||
cc) Keine „subjektive Seite“, sondern „personale“ Zurechnung (i. S. von Maske oder Rolle) | 109 | ||
c) Zurechnung gleich für Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte | 114 | ||
d) Bestimmung des erlaubten Risikos aufgrund „historischer Legitimation“ | 114 | ||
D. Kritik aus dem Spätfinalismus | 116 | ||
I. Das Subjektive als Beurteilungsgrundlage | 116 | ||
II. Mangel des Spätfinalismus an rechtlichen Kriterien | 118 | ||
III. Differenzierung des objektiven Tatbestandes der Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte | 120 | ||
E. Generalisierung beim Vorsatzdelikt und Individualisierung beim Fahrlässigkeitsdelikt? | 123 | ||
F. Differenzierung der Zurechnungskriterien für Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte in der Literatur | 126 | ||
I. Die zwei (gegensätzlichen) Ansätze | 126 | ||
II. Untergrenzen strafbaren Verhaltens höher beim Fahrlässigkeits- als beim Vorsatzdelikt | 126 | ||
III. Untergrenzen strafbaren Verhaltens niedriger beim Fahrlässigkeits- als beim Vorsatzdelikt | 133 | ||
G. Fazit | 137 | ||
§ 4 Rechtsgüterschutz und strafrechtsfreier Raum | 139 | ||
A. Strafrecht und Rechtsgüterschutz | 139 | ||
B. Interessenabwägung zwischen Handlungsfreiheit und Rechtsgüterschutz | 143 | ||
C. Die Interessenabwägung gegenüber der Figur des einsichtigen Menschen | 153 | ||
§ 5 Folgerungen für das Vorsatzdelikt | 155 | ||
A. Ratio der Vorsatzstrafe, Schwererbewertung des Vorsatzes | 155 | ||
I. Relevanz einer Begründung | 155 | ||
II. Stand der Diskussion | 155 | ||
III. Steuerung der Sozialschädlichkeit | 160 | ||
B. Interessenabwägung auch für die Zurechnung beim Vorsatzdelikt? Unterschiedliche Zurechnungskriterien für Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte | 162 | ||
C. Untergrenzen des Vorsatzdelikts | 166 | ||
I. Im objektiven Tatbestand | 166 | ||
II. Im subjektiven Tatbestand | 171 | ||
1. Bewertung der Vorsatztheorien | 171 | ||
2. Vorsatz als Sicherung der Tatherrschaft oder als rechtsgüterfeindliche Einstellung | 176 | ||
a) Voraussetzungen des Vorsatzbegriffes | 176 | ||
aa) Bezug auf die Ratio der Vorsatzstrafe | 177 | ||
bb) Die reale psychische Beziehung zur Tat als Gegenstand der Bewertung | 177 | ||
cc) Rechtliche Kriterien | 179 | ||
(1) Wissensseite des Vorsatzes | 179 | ||
(a) Sicheres Wissen, Tatherrschaft | 179 | ||
(b) Kenntnis nur der Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung und ihre Spezifizierung durch die Wollensseite | 180 | ||
(2) Wollensseite | 181 | ||
b) Objektivität und Subjektivität der Vorsatzkomponenten | 185 | ||
§ 6 Sonderwissen und Sonderfähigkeiten des Täters | 187 | ||
A. Bisheriger Gang der Untersuchung | 187 | ||
B. Die Debatte über das Sonderwissen | 188 | ||
I. Belastende Wirkung des Sonderwissens nach der h.M. für Vorsatz- wie für Fahrlässigkeitsdelikte | 188 | ||
1. Allgemeinheiten | 188 | ||
2. Spezielle Ansichten innerhalb der h.M.: Das rein objektive, allgemeine Gefahrurteil nach Frisch | 191 | ||
3. Erwägungen zur h.M. | 193 | ||
a) Zwischenbewertung | 193 | ||
b) Die aus der h.M. entstandene Kategorie des Sonderwissens – Nebenfragen zur Unrechtsstruktur | 194 | ||
II. Die Gegenansichten | 195 | ||
1. Gegen eine stets belastende Wirkung des Sonderwissens (Jakobs) | 195 | ||
2. Annahme einer belastenden Wirkung des Sonderwissens, aber nicht als „Zusatzelement“ des objektiven Tatbestandes | 196 | ||
a) Gegen eine ex ante-Beurteilung (Burkhardt, Roth) | 196 | ||
aa) Ex post-Perspektive im objektiven Tatbestand | 196 | ||
bb) Außerachtlassung der inneren Sorgfalt im subjektiven Tatbestand – Berücksichtigung der Tätervorstellungen | 198 | ||
cc) Kritik der ex post-Risikobeurteilung | 198 | ||
b) Gegen die Objektivität des Beurteilungsgegenstands; für eine Täterperspektive als Wissensbasis – Zugleich Debatte mit der h.M. | 203 | ||
aa) Annahme der Täterperspektive aus sachlogischen Gründen (Spätfinalismus) | 204 | ||
bb) Debatte mit der herrschenden Lehre | 205 | ||
cc) Annahme der Täterperspektive aus normativen Gründen | 206 | ||
(1) Täterperspektive aus generalpräventiven Gründen (Schünemann) | 206 | ||
(2) Täterperspektive aufgrund der Interessen der Normbildung und Norminternalisierung (Burkhardt) | 207 | ||
(3) Täterperspektive als Ausgangssituation der Verhaltensregel (Puppe) | 208 | ||
(4) Täterperspektive aufgrund der Bestimmungsfunktion der Normen (Zielinski) | 209 | ||
dd) Zwischenbewertung | 210 | ||
c) Gegen die Allgemeinheit der Fahrlässigkeitsnormen (individualisierende Fahrlässigkeitslehre) | 214 | ||
aa) Grundsätze | 214 | ||
bb) Einzelne Argumente der individualisierenden Lehre und Einwände der h.M. | 216 | ||
(1) Argument der Motivierungsfunktion der Verhaltensnorm | 216 | ||
(2) Argument des Unterschiedes vom „instrumentellen“ und „sittlichen“ Können | 222 | ||
(3) Argument der Analogie zu den Unterlassungsdelikten | 223 | ||
(4) Argument des von der h.M. bereits angenommenen individuellen Maßstabes | 225 | ||
cc) Allgemeine Einwände gegen die individualisierende Lehre | 225 | ||
(1) Nichteinhaltung der Trennung von Unrecht und Schuld | 226 | ||
(2) Generalisierung aufgrund der Generalprävention und des Gleichheitssatzes | 228 | ||
(3) Rückkehr zu einem objektiven Maßstab durch den Rückgriff auf die Übernahmefahrlässigkeit und das erlaubte Risiko | 230 | ||
(4) Kollision mit dem Maßregelrecht, Regeln der Notwehr und Vollrauschtatbestand | 234 | ||
dd) Neue Tendenzen der individualisierenden Lehre | 237 | ||
d) Objektivierung der Fahrlässigkeit bis in die Schuld? | 240 | ||
e) Fazit: Rechtlich bedingte Berücksichtigung des individuellen Wissens und Könnens | 241 | ||
C. Sonderwissen als Zeichen der Ungleichheit beider Deliktsformen | 243 | ||
D. Kategorien zur Begründung der strafrechtlichen Relevanz | 244 | ||
I. Tatherrschaft kraft sicheren Wissens | 245 | ||
II. Schaffung einer Gefahr mit unsicherem Wissen, aber mit einer rechtsgüterfeindlichen Einstellung | 246 | ||
III. Sorgfaltswidrigkeit bzw. Schaffung einer unerlaubten Gefahr | 247 | ||
1. Allgemeines | 247 | ||
2. Schaffung einer Gefahr | 251 | ||
a) Bewußte Fahrlässigkeit | 251 | ||
b) Unbewußte Fahrlässigkeit | 252 | ||
aa) Erforderliche Sorgfalt und Kenntnisverschaffungspflichten | 253 | ||
bb) Unergiebigkeit der Tätervorstellungen als Beurteilungsbasis bei Verletzung der Kenntnisverschaffungspflichten | 254 | ||
cc) Berücksichtigung der Tätervorstellungen | 255 | ||
dd) Rechtliche Relevanz unbewußter Fahrlässigkeit | 256 | ||
3. Unerlaubtheit der geschaffenen Gefahr | 259 | ||
E. Ergebnis: Relevanz des Sonderwissens beim Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt | 261 | ||
I. Vorsatzdelikt | 261 | ||
II. Fahrlässigkeitsdelikt | 261 | ||
F. Die sekundäre Frage der Unrechtssystematik | 264 | ||
G. Einsatz von Sonderfähigkeiten | 266 | ||
I. Die Debatte über die Sonderfähigkeiten | 266 | ||
1. Problemdarstellung | 266 | ||
2. Für eine entlastende Wirkung des fehlenden Einsatzes von Sonderfähigkeiten | 266 | ||
3. Für eine belastende Wirkung der Sonderfähigkeiten | 267 | ||
4. Differenzierende Auffassungen | 267 | ||
a) Differenzierung nach der Konkretheit des Verletzungsrisikos | 267 | ||
b) Differenzierung nach Zuständigkeiten | 268 | ||
c) Differenzierung nach dem Bewußtsein oder Unbewußtsein des Nichteinsatzes | 269 | ||
d) Differenzierung nach gesellschaftlich in Kauf genommenen Risiken bzw. nach Kreierung neuer Sorgfaltsmaßstäbe durch Sonderfähigkeiten | 270 | ||
II. Entstehung von Sorgfaltsregeln für die Allgemeinheit aus den Sonderfähigkeiten des einzelnen | 271 | ||
III. Sonderfähigkeiten des einzelnen | 272 | ||
§ 7 Resumée | 276 | ||
A. Problemdarstellung | 276 | ||
B. Zusammenfassende Thesen | 277 | ||
I. Sonderwissen als materielles, nicht nur systematisches Problem | 277 | ||
II. Rechtsgüterschutz und strafrechtsfreier Raum | 278 | ||
III. Besonderheiten beim Vorsatzdelikt | 279 | ||
IV. Kategorien zur Begründung der strafrechtlichen Relevanz | 280 | ||
1. Einstellung gegenüber der Rechtsgutsverletzung beim dolus eventualis | 281 | ||
2. Sorgfaltswidrigkeit bei der Fahrlässigkeit | 282 | ||
V. Relevanz des Sonderwissens | 283 | ||
VI. Die sekundäre Frage der Unrechtssystematik | 284 | ||
VII. Ablehnung anderer Zurechnungskonzepte | 286 | ||
VIII. Sonderfähigkeiten | 289 | ||
Literaturverzeichnis | 290 |