Der ökonomisierte Richter
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Der ökonomisierte Richter
Gewaltenteilung und richterliche Unabhängigkeit als Grenzen Neuer Steuerungsmodelle in den Gerichten
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 998
(2005)
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Abstract
Die Neuen Steuerungsmodelle haben die Justiz erreicht. Damit sind für die Richter als rechtsprechende Gewalt besondere Gefahren verbunden, weil sie ihre Tätigkeit in einem rein exekutiv dominierten Umfeld ausüben. Gleichzeitig besteht nur eine geringe gesetzliche Regelungsdichte hinsichtlich der Rechtsprechungsverwaltung. Es fehlt ein verfassungsrechtlicher Unabhängigkeitsbegriff.Carsten Schütz entwickelt angesichts des insoweit beschränkten Stellenwerts des Gewaltenteilungsprinzips eine fundierte Dogmatik der richterlichen Unabhängigkeit gem. Art. 97, 92 GG, die die Exekutive in ihre verfassungsrechtlichen Schranken weist und dem Gesetzgeber eine zentrale Rolle zuerkennt. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich Kosten-Leistungsrechnung, Controlling, Budgetierung, Benchmarking und Qualitätsmanagement in den Gerichten auf ihre - unter Bedingungen weithin zu bejahende - verfassungsrechtliche Zulässigkeit überprüft.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort und captatio benevolentiae | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
§ 1 Problemaufriß und status-quo: Die verfassungsrechtlich unterschätzte Fremdverwaltung der Rechtsprechung | 17 | ||
I. Das Verhältnis Exekutive/Judikative als zentrales Problemfeld der Neuen Steuerungsmodelle | 17 | ||
II. Die Einflußinstrumente der Exekutive und ihre gegensätzliche Bewertung | 25 | ||
1. Die ideologische Grundambivalenz der aktuellen Reformdebatte | 33 | ||
2. Beispiel richterlicher Bereitschaftsdienst | 39 | ||
3. Die richterliche Position im Hintertreffen | 42 | ||
III. Die defizitäre Problematisierung der Fremdverwaltung der Rechtsprechung | 44 | ||
1. Insbesondere: Entscheidende, aber spekulative Annahmen über die Gefährdung richterlicher Unabhängigkeit | 52 | ||
2. Die problematische Lückenhaftigkeit des Grundgesetzes und der geringe Grad an Wissen um die „notwendige“ Stellung des Richters | 58 | ||
IV. Fazit und daraus folgende Aufgabenstellung | 64 | ||
§ 2 Die empirische Ausgangssituation: Der Richterberuf als „gefahrgeneigte Arbeit“ | 66 | ||
I. Die grundgesetzlich unterstellte „Gefahr“ | 66 | ||
II. Der Richter im Einflußnahmegeflecht der Staatsgewalten | 68 | ||
III. Das – bisher – geringe Gefährdungspotential der Legislative | 71 | ||
IV. Hierarchisierung der Rechtsprechung – der Tragödie erster Teil: Einflußnahmestrukturen innerhalb der Rechtsprechung | 73 | ||
1. Begrenzte Gefährdung durch die Geschäftsverteilung | 73 | ||
2. Die ambivalente Kammer-/Senatsberatung mit Vorsitzendem | 74 | ||
3. Die informelle Hierarchisierung der Rechtsprechung bei formaler Gleichordnung | 76 | ||
V. Hierarchisierung der Rechtsprechung – der Tragödie zweiter Teil: Die Richter unter der Kuratel der Exekutive | 83 | ||
1. Keine Unabhängigkeit der „Gerichte“ | 83 | ||
a) Keine institutionelle Unabhängigkeit der Gerichte | 85 | ||
b) Bloße Inkompatibilität statt organisatorische Unabhängigkeit | 89 | ||
c) Keine Konstitutionalisierung der Inkompatibilitäten | 90 | ||
d) Kein Beleg einer organisatorischen Unabhängigkeit durch die Präsidialverfassung | 94 | ||
e) Fazit: Abschied vom Glauben an eine institutionelle Unabhängigkeit und die Folgen | 97 | ||
2. Dienstaufsicht über Richter | 98 | ||
a) Zuständigkeit der Exekutive als gewohnheitsrechtliche Selbstverständlichkeit | 98 | ||
aa) Die rechtlichen Grundlagen | 98 | ||
bb) Die Zuständigkeit der Exekutive | 102 | ||
b) Inhalt und Grenzen der Dienstaufsicht als case law | 104 | ||
3. Beurteilung/Beförderung | 109 | ||
VI. Fazit: Quod erat demonstrandum | 113 | ||
§ 3 Die „Gefahrenabwehr“ zum Schutz des Richters | 117 | ||
I. Die Gewaltenteilung als überschätztes und zur (weiteren) Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit letztlich untaugliches Argument | 117 | ||
1. Die richterliche Unabhängigkeit als Teilwiderspruch zur Gewaltenteilung | 117 | ||
2. Ein deutscher Justizminister ist keine Hummel | 121 | ||
3. Die richterlich mißverstandene Gewaltenteilung | 124 | ||
a) Abschied von Charles de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu | 128 | ||
b) Die von Richtern unterschätzte Macht der Rechtsprechung | 130 | ||
c) Die Steuerungsresistenz der selbstbetroffenen Richterschaft | 133 | ||
aa) Die richterrechtliche „Abschaffung“ des Rechtsbeugungsdelikts | 134 | ||
bb) Die zivilrechtliche Haftungsfreistellung | 142 | ||
d) Fazit: Der notwendige Beitrag der Exekutive im System der gerichts- und richterbezogenen Gewaltenteilung | 152 | ||
4. Exkurs gegen eine Legendenbildung zur Entstehungsgeschichte des grundgesetzlichen Rechtsprechungsabschnitts | 155 | ||
a) Die (geringe) Beteiligung der Richterschaft im Parlamentarischen Rat und die fehlende Problematisierung der Rechtsprechungsverwaltung | 157 | ||
b) Rechtsstellung und Wahl der Richter in der Diskussion des Parlamentarischen Rates | 162 | ||
c) Aus dem Westen nichts Neues zur richterlichen Unabhängigkeit | 165 | ||
d) Die Richteranklage als Symbol des Verfassungsgebers für die Verantwortlichkeit des Richters | 168 | ||
e) Ergebnis: Keine historischen Belege für eine weitreichende Reform der Rechtsprechungsorganisation durch das Grundgesetz | 172 | ||
II. Die richterliche Unabhängigkeit als entscheidender Topos | 177 | ||
1. Richterliche Unabhängigkeit zwischen normativer und faktischer Bedeutung | 177 | ||
2. Der Stellenwert der richterlichen Unabhängigkeit | 182 | ||
3. Die fehlende (grund)gesetzliche Definition der richterlichen Unabhängigkeit und die Zurückhaltung des Gesetzgebers | 185 | ||
4. Bisherige Verfahren zur Bestimmung des Inhalts richterlicher Unabhängigkeit und ihr Ergebnis | 189 | ||
5. Fazit der dienstgerichtlichen Rechtsprechung | 193 | ||
6. Die Gefährdung der Unabhängigkeit durch Struktur und Einzelfall | 197 | ||
7. Die mangelnde Beachtung struktureller Gefährdungen durch das Bundesverfassungsgericht | 200 | ||
8. Die Konsequenz: Personalisierung und Überhöhung der richterlichen Unabhängigkeit | 206 | ||
§ 4 Die notwendige Neupositionierung der richterlichen Unabhängigkeit | 214 | ||
I. Defizite der richterlichen Unabhängigkeitsdogmatik | 214 | ||
II. Die „herkömmliche“ richterliche Unabhängigkeit als notwendige, aber nicht hinreichende Rahmenbedingung | 217 | ||
III. Der subjektiv-rechtliche Gehalt der richterlichen Unabhängigkeit | 221 | ||
1. Subjektiv-rechtliche Weiterungen der objektiven Intention | 221 | ||
2. Grundrechtliche und grundrechtsdogmatische Affinitäten | 223 | ||
3. Die notwendige Herstellung bisher fehlenden Abhängigkeitsbewußtseins | 232 | ||
IV. Parallele und deshalb taugliches Vorbild: Die allgemeine Handlungsfreiheit | 236 | ||
V. Die „Schranken-Schranken“ der richterlichen Unabhängigkeit | 240 | ||
1. Nicht durch gesetzgeberische Abwägung überwindbare Barrieren (der richterlichen Unabhängigkeit) | 240 | ||
2. Die zulässige Formalisierung der Absolutheitsgrenze | 243 | ||
3. Das weite Feld der sonstigen Einschränkungsoptionen | 244 | ||
4. Die „innere“ Unabhängigkeit als entscheidender Maßstab | 244 | ||
5. Die perspektivenerweiternde Funktion der inneren Unabhängigkeit | 255 | ||
6. Die Parameter der Verhältnismäßigkeitsprüfung | 258 | ||
a) Zulässige Zwecke von Unabhängigkeitsbeschränkungen | 259 | ||
b) Die Besonderheiten der Angemessenheitsprüfung | 259 | ||
§ 5 Die Kompetenz zur Einschränkung der richterlichen Unabhängigkeit | 262 | ||
I. Die ausschließliche Kompetenz des (formellen) Gesetzgebers | 262 | ||
1. Fast keine originären Kompetenzen der Exekutive im Bereich der Rechtsprechung und ihrer Verwaltung | 264 | ||
2. Die zulässige Zuweisung der Aufgabe „Rechtsprechungsverwaltung“ an die Exekutive | 267 | ||
II. Status quo: Das Steuerungsdefizit des Gesetzgebers im Bereich der Rechtsprechung | 269 | ||
1. Das unzulängliche Handeln des Gesetzgebers | 270 | ||
2. Die unterbestimmte Rechtsprechungsverwaltung | 274 | ||
3. Auch kein Haltmachen der Exekutive vor der richterlichen Entscheidung(sfindung) | 276 | ||
III. Die Entfesselung der Dritten Gewalt durch den Gesetzgeber | 278 | ||
1. Entformalisierung des Verfahrens | 280 | ||
a) Vergrößerte richterliche Handlungsspielräume | 281 | ||
b) Sanktionsbewehrte Mitwirkungspflichten | 285 | ||
c) Verkleinerung der Richterbank | 286 | ||
d) Abschaffung von Begründungspflichten | 291 | ||
2. Die Beschränkung von Rechtsmitteln | 293 | ||
3. Trotz Indizien keine Trendwende | 296 | ||
4. Summe der Gesetzesänderung | 298 | ||
IV. Der notwendig umgekehrt proportionale Bestimmtheitsgrad von richterlicher Freiheit und Einflußermächtigungen der Rechtsprechungsverwaltung | 302 | ||
V. Die Erforderlichkeit einer „begrenzten Einzelermächtigung“ | 304 | ||
VI. Gewaltenspezifische Reichweiten der Einschränkungsermächtigungen | 311 | ||
1. Die nahezu unbeschränkte Herrschaft des Gesetzgebers über den Richter | 311 | ||
2. Die fast unbegrenzte Befugnis des Gesetzgebers zur Ermächtigung der „Richter“ | 313 | ||
a) Art. 97 Abs. 1 GG: Die Unabhängigkeit nur des „gesetzlichen“ Richters | 313 | ||
b) Grundsätzlich keine Bindungswirkung anderer gerichtlicher Entscheidungen | 318 | ||
c) Der gesetzlich beauftragte Richter als personifizierte Grenze der richterlichen Unabhängigkeit | 320 | ||
3. Die ausnahmslos engen Grenzen der Exekutivermächtigung | 323 | ||
a) Noch einmal: Das Steuerungsmonopol des „Rechtssatzes“ | 323 | ||
b) Das „Marionettentheorem“ und seine Verfassungswidrigkeit | 324 | ||
VII. Die Folgen für die prozedurale Durchsetzung der „Schranken-Schranken“ | 326 | ||
§ 6 Die Neuen Steuerungsmodelle und die richterliche Unabhängigkeit | 329 | ||
I. Die bisherigen Erkenntnisse als Maßstab für die verfassungsrechtliche Bewertung der NSM | 329 | ||
II. Notwendiger, aber kritischer Verzicht auf eine begriffliche Ideologisierung der NSM-Diskussion | 330 | ||
III. Die Wissenserweiterung der Rechtsprechungsverwaltung | 335 | ||
1. Die Funktion der Kosten-/Leistungsrechnung | 335 | ||
2. Berechtigung zur Skepsis: Die Defizite der Kosten-/Leistungsrechnung | 337 | ||
3. Die KLR als Steuerungsinstrument und die verfassungsrechtlichen Folgen | 342 | ||
a) Die Steuerungswirkung der KLR | 342 | ||
b) Der Zugang zur KLR-Information | 344 | ||
c) Grenzen einer Datenerhebung bei den Richtern | 345 | ||
aa) Die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit durch Datenerhebung | 346 | ||
bb) Die Rechtfertigung für Datenerhebungen beim Richter | 353 | ||
4. Pflicht und Macht des parlamentarischen Gesetzgebers | 355 | ||
5. Ergebnis: Die rechtliche Bedingungsabhängigkeit der KLR in den Gerichten | 358 | ||
IV. Controlling – das alte der Neuen Steuerungsmodelle | 358 | ||
1. Controlling – Planung und doch auch Kontrolle | 358 | ||
a) Die Notwendigkeit eines Controllings auch in den Gerichten | 358 | ||
b) Das Controlling als primäres Kompetenzproblem | 362 | ||
c) Das Verfahrensproblem des gerichtsinternen Controllings | 363 | ||
d) Entökonomisiertes Controlling als Notwendigkeit in den Gerichten | 365 | ||
2. Die alten Grenzen des neuen Controllings | 366 | ||
3. Zentrale Gefahr: Ein ökonomiefixiertes Controlling auch in den Gerichten | 367 | ||
4. Die strukturelle Unausweichlichkeit der exekutiven Quantitätsfixierung | 368 | ||
5. Noch einmal und erst recht: Das Versagen des Gesetzgebers | 371 | ||
6. Nur eine zulässige von drei denkbaren Handlungsoptionen | 373 | ||
7. Balanced Scorecard | 373 | ||
8. Ergebnis der Controllingbetrachtung | 379 | ||
V. Qualitätsbetonung zur Durchbrechung der Quantitätsdominanz | 379 | ||
1. Der Qualitätsbegriff und seine Definition | 380 | ||
2. Die Prozeduralisierung der Qualitätsdefinition | 384 | ||
a) Die allein richterliche Zuständigkeit für das Qualitätscontrolling | 384 | ||
b) Qualitätsmanagement | 385 | ||
c) Die Reichweite der Bindungswirkung | 389 | ||
d) Die Qualitätsmessung | 390 | ||
3. Die anstehenden Aufgaben des Gesetzgebers | 391 | ||
4. Benchmarking | 393 | ||
VI. Budgetierung als Steuerungsinstrument schlechthin | 399 | ||
1. Inhalt und Funktionen der Budgetierung | 399 | ||
2. Die Strukturen der aktuellen Budgetierungskritik | 406 | ||
3. Budgetierung als verfassungswidriges Anreizsystem | 415 | ||
4. Insbesondere die „Wirtschaftlichkeit“ als unzulässiges Ziel von Anreizsystemen | 420 | ||
5. Lösung durch Entpersonalisierung und Kollektivierung der Anreize und Sanktionen? | 422 | ||
VII. Die NSM unter notwendigem, aber nicht hinreichendem Gesetzesvorbehalt | 423 | ||
VIII. Fazit: Die formelle wie materielle Verfassungswidrigkeit der NSM in den Gerichten | 427 | ||
Schlußbemerkung | 429 | ||
Zusammenfassung in Thesen | 430 | ||
I. | 430 | ||
II. | 431 | ||
III. | 433 | ||
IV. | 435 | ||
V. | 438 | ||
VI. | 439 | ||
VII. | 443 | ||
Literaturverzeichnis | 444 | ||
Verzeichnis der nachgewiesenen Internetpublikationen | 490 | ||
Sachverzeichnis | 491 |