Menu Expand

Die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei

Cite BOOK

Style

Mahlstedt, T. (2011). Die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei. Informelle Informationserhebung und Selbstbelastungsfreiheit. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53648-1
Mahlstedt, Tobias. Die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei: Informelle Informationserhebung und Selbstbelastungsfreiheit. Duncker & Humblot, 2011. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-53648-1
Mahlstedt, T (2011): Die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei: Informelle Informationserhebung und Selbstbelastungsfreiheit, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-53648-1

Format

Die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei

Informelle Informationserhebung und Selbstbelastungsfreiheit

Mahlstedt, Tobias

Schriften zum Strafrecht, Vol. 223

(2011)

Additional Information

Book Details

Pricing

About The Author

Tobias Mahlstedt, 1968 geboren in Bremen (aufgewachsen in Worpswede). Dort Abitur, Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und Zivildienst. Studium der Rechtswissenschaften in Trier, Málaga und Bonn. Erstes Staatsexamen 1998. Referendariat am Kammergericht in Berlin mit Wahlstation in Shanghai. Zweites Staatsexamen 2002, danach angestellter Rechtsanwalt. Seit 2005 selbständiger Rechtsanwalt und freiberuflicher Chefredakteur von zwei immobilienrechtlichen Publikationen. Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Abstract

Verstößt die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei gegen das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit und inwieweit ist dieses Recht durch die Strafprozessordnung geschützt?

Diese für die Praxis höchst bedeutsame Frage ist in der Rechtswissenschaft seit Jahrzehnten umstritten und in der Rechtsprechung ungeklärter denn je: Weder sind die einschlägigen Urteile der einzelnen Strafsenate des BGH zueinander stimmig noch stehen sie im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR - wie in der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitet wird.

Vorgestellt wird ein neuartiges Verständnis des Nemo-tenetur-Grundsatzes. Der Autor zeigt, dass dieser Grundsatz in den einschlägigen (Zweithörer- und U-Haft-)Fällen zwar betroffen, seine Integration in die heutige Strafverfahrenswirklichkeit mit Blick auf den Verdeckten Ermittler aber grundsätzlich möglich ist.

Tobias Mahlstedt erörtert im Schwerpunkt, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, die ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht. Entgegen der herrschenden Lehre wird dies aus rechtsmethodischen Gründen für § 136 StPO abgelehnt, für § 136a StPO aber angenommen. Schließlich legt der Autor dar, dass de lege ferenda der staatlich zurechenbaren Ausforschung des Beschuldigten durch Privatpersonen insbesondere der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt aus Art. 33 Abs. 4 GG entgegenstünde.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 9
Inhaltsverzeichnis 11
Abkürzungsverzeichnis 18
Einleitung 23
I. Zur Bedeutung des Themas 23
II. Überblick über die maßgeblichen Rechtsfälle 26
III. Ziel und Gang der Untersuchung 28
Erstes Kapitel: Grundlagen 30
§ 1 Die rechtshistorische Entwicklung der Selbstbelastungsfreiheit 30
I. Die Peinliche Gerichtsordnung und der Inquisitionsprozess 30
II. Der reformierte deutsche Strafprozess 31
III. Die Reichsstrafprozessordnung von 1877 33
IV. Nationalsozialismus und Vereinheitlichungsgesetz 34
V. Das StPÄG von 1964 35
§ 2 Grundzüge der Rechtsprechung des BGH zur Selbstbelastungsfreiheit 36
I. BGHSt. 38, 214 (5. Strafsenat) 36
II. BGHSt. 39, 335 (2. Strafsenat) 39
III. Anfrage- und Vorlagebeschluss (5. Strafsenat) 41
IV. BGHSt. 42, 139 (Großer Senat für Strafsachen) 42
V. BGHSt. 52, 11 (3. Strafsenat) 45
§ 3 Grundzüge der Rechtsprechung des EGMR zur Selbstbelastungsfreiheit 46
I. Die Entscheidung des EGMR vom 05.11.2002 (Fall Allan) 46
II. Die Entscheidung des EGMR vom 10.03.2009 (Fall Bykov) 48
Zweites Kapitel: Beweisverwertungsverbot aufgrund von § 136 StPO? 50
§ 1 Grundlagen der offenen Beschuldigtenbefragung 50
I. Der Begriff der Vernehmung 51
II. Der Zweck der Vernehmung 52
§ 2 Informelle Informationserhebungen als Verstoß gegen § 136 StPO 56
I. Grundsatz der Offenheit staatlichen Handelns 56
II. Stellungnahme 57
§ 3 Informelle Informationserhebungen als Umgehung von § 136 StPO 61
I. Die Unzulänglichkeit isolierter Normbetrachtung 61
II. Der Grundsatz „Nemo tenetur se ipsum accusare“ 62
1. Die Menschenwürdegarantie als Grundlage der Selbstbelastungsfreiheit 63
a) Naturrechtlicher Begründungsansatz 64
b) Schutz des sozialen Geltungsanspruchs 66
c) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 69
aa) BVerfGE 56, 37 („Gemeinschuldnerentscheidung“) 69
bb) Die Verkehrsunfallflucht nach Maßgabe von BVerfGE 56, 37 70
d) Schutz der personalen Entschließungsfreiheit 71
e) Schutz der Prozesssubjektivität 75
2. Verfahrenslegitimatorischer Begründungsansatz (Lesch und Pawlik) 77
3. Schutz der Eigenverantwortlichkeit (Ransiek) 80
4. Selbstbelastungsfreiheit als Wissensschutz (Reiß) 82
III. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung 86
1. Zum Bestand dieses Rechts im Strafverfahren 86
2. Das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit als Informationsbeherrschungsrecht 87
3. Der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung 88
IV. Informelle Informationserhebungen als Eingriff in dieses Recht 90
1. Zur Zurechnung des Verhaltens Privater zum Staat 90
a) Maßgebliche Zurechnungsdogmatik 90
b) EMRK als Maßstab – das Urteil des EGMR im Fall M.M. vs. Niederlande 93
2. Zur Eingriffsrelevanz vermeintlich privaten Verhaltens 94
a) Die Zielgerichtetheit der Informationserhebung 94
b) Zum Erfordernis der Aktivität 95
aa) BGHSt. 40, 211 („Sedlmayr-Fall“) – Umgehung der §§ 52, 252 StPO? 96
bb) BGHSt. 53, 294 („Haftbesuchsraum-Fall“) 98
c) Die Dauer der Ausforschung 99
d) Grundrechtsverzicht/Überprüfung des Schutzbereichs 100
3. Zwischenergebnis 101
V. Schutz vor hoheitlicher Instrumentalisierung als Grundlage der Selbstbelastungsfreiheit 101
VI. Das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit nach Art. 6 Abs. 1 EMRK – Zwang oder Täuschung? 104
1. Die Urteile des EGMR in den Fällen Allan und Bykov 104
2. Die Bedeutung dieser Urteile für das nationale Recht 107
a) BGHSt. 52, 11 („Mallorca-Fall“) 109
b) BGHSt. 53, 294 („Haftbesuchsraum-Fall“) 110
c) Die „Zweithörer-Fälle“ Nr. 1 bis 3 und die „U-Haft-Fälle“ Nr. 4 bis 6 111
VII. Der Nemo-tenetur-Grundsatz – ein absoluter, unbeschränkbarer Rechtssatz? 112
VIII. Zwischenergebnis 122
IX. Keine unmittelbare Anwendung von § 136 StPO 122
X. Analoge Anwendbarkeit von § 136 StPO 123
1. Erste Voraussetzung: Das Vorliegen einer Regelungslücke 124
2. Zweite Voraussetzung: Die Planwidrigkeit der Regelungslücke – § 136 StPO als „Fundamentalnorm“ der Selbstbelastungsfreiheit? 125
a) Der Zweck der Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. StPO 126
aa) BGHSt. 38, 214 127
bb) BGHSt. (GrS) 42, 139 130
cc) Anfrage- und Vorlagebeschluss 132
b) Folgerungen für § 136 StPO 133
§ 4 Ergebnis 137
Drittes Kapitel: Beweisverwertungsverbot aufgrund von § 136a StPO? 138
§ 1 Keine unmittelbare Anwendung von § 136a StPO 138
§ 2 Analoge Anwendbarkeit von § 136a StPO 139
I. Erste Voraussetzung: Das Vorliegen einer Regelungslücke 139
II. Zweite Voraussetzung: Die Planwidrigkeit der Regelungslücke – § 136a StPO als „Fundamentalnorm“ der Selbstbelastungsfreiheit? 139
1. Der Schutzzweck von § 136a StPO 142
a) Gewährleistung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit 142
b) Gewährleistung wahrheitsgemäßer Tatsachenfeststellung 142
c) Stellungnahme 142
2. Anwendungsverhältnis der §§ 136, 136a StPO 146
a) Normative Begründung der Selbstbelastungsfreiheit in § 136a StPO 146
b) Erfordernis eines subjektiven Elements für § 136a StPO 147
3. Beschränkung der analogen Anwendung auf vernehmungsähnliche Situationen? 149
a) Die „Zweithörer-Fälle“ 150
b) Die „U-Haft-Fälle“ 150
aa) Fall Nr. 4 – BGHSt. 34, 362 150
bb) Fall Nr. 5 – BGH, NJW 1989, 843 151
cc) Fall Nr. 6 – BGHSt. 44, 129 152
c) Stellungnahme 153
4. Folgerungen für § 136a StPO 155
a) Verschiedenartigkeit des Vernehmungsbegriffs der §§ 136, 136a StPO 155
b) Zurechnung bei staatlicher Veranlassung 156
c) Zurechnung bei staatlicher Duldung 158
5. Zwischenergebnis 160
§ 3 Tatbestandsmerkmal der Täuschung 160
I. Ausdrückliche Täuschung 161
II. Konkludente Täuschung 161
1. Formelle Informationserhebungen 161
a) Die Situation der Beschuldigtenbefragung 162
aa) Vernehmungsunterbrechungen 162
bb) Der „Metzgereihund-Fall“ 162
cc) „Inoffizielle“ Vor- und Nachgespräche 162
b) Die Situation der „Stimmenfalle“ 163
aa) Fall Nr. 10 – BGHSt. 34, 39 164
bb) Fall Nr. 11 – BGHSt. 40, 66 165
c) BGHSt. 53, 294 („Haftbesuchsraum-Fall“) 167
d) Zwischenergebnis 168
2. Informelle Informationserhebungen 168
a) Auslegungsmaßstab: Schutz staatlichen Ansehens 168
aa) Gewährleistung verfahrensrechtlicher Legitimität als Normfunktion 169
bb) Die Disziplinierungsfunktion 170
cc) Zwischenergebnis 171
b) Das Diktum von der „bloßen Heimlichkeit“ 171
c) Tatsächlicher Bezugspunkt der Täuschung: Die Verschleierung der unmittelbar beweisrechtlichen Relevanz der Befragung 173
aa) Die U-Haft-Fälle 173
(1) Fall Nr. 4 173
(2) Fall Nr. 5 174
(3) Fall Nr. 6 175
bb) Die „Zweithörer-Fälle“ 176
d) Normative Zurechnung der Täuschung: Die Berechtigung des Vertrauens in die Legitimität staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen 176
aa) Legitimation, Ermächtigungsgrundlage 177
(1) Erforderlichkeit gesetzlicher Legitimierung 177
(2) Erforderlichkeit spezialgesetzlicher Legitimierung 178
(3) Vergleich zur polizeilichen Beobachtung, § 163e StPO 179
(4) Keine Analogie der §§ 110a ff. StPO 180
(5) Zwischenergebnis 180
bb) Einwilligung, Grundrechtsverzicht 180
(1) BVerfGE 106, 28 („Hörfalle“) 181
(2) Art. 10 Abs. 1 GG 182
cc) Ausschluss aufgrund allgemeinen Lebensrisikos 183
dd) Rechtsstaatliche Vertraulichkeitsvermutung 183
(1) Rechtsbetroffenheit durch §§ 100a ff. StPO 183
(2) BGHSt. 33, 217 („Aufscheuch-Fall“) 186
ee) Vertrauensschutz und Instrumentalisierung 188
III. Täuschung durch Unterlassen 193
1. Unterlassene Handlungen trotz bestehender Rechtspflichten 193
a) § 136 Abs. 1 S. 1 StPO 193
b) § 136 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. StPO 193
c) Informatorische Befragungen 194
2. Unterlassene Tatsachenaufklärung 195
IV. Ergebnis 195
§ 4 Beeinträchtigung der Willensentschließung und Willensbetätigung 195
I. Forderung nach restriktiver Auslegung 196
1. Art. 1 Abs. 1 GG 196
2. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG 199
3. §§ 100 ff. StPO, §§ 110a ff. StPO 199
II. Der Schutz der Selbstbelastungsfreiheit als Schutzzweck von § 136a StPO 200
1. Normauslegung 200
a) Grammatische Auslegung 200
b) Systematische Auslegung 201
c) Gesetzgeberische Motive/Entstehungsgeschichte 203
d) Teleologische Auslegung 204
2. Beeinträchtigung bei formellen Informationserhebungen 204
a) Ausdrückliche Täuschung 204
aa) OLG Köln MDR 1972, 965 204
bb) BGHSt. 37, 48 („Leichenfund-Fall“) 205
cc) OLG Hamburg, MDR 1976, 601 205
dd) Zwischenergebnis 206
b) Konkludente Täuschung 206
aa) Die Situation „inoffizieller“ Vor- und Nachgespräche 206
bb) Die Situation der „Stimmenfalle“ 206
cc) BGHSt. 53, 294 („Haftbesuchsraum-Fall“) 209
dd) Zwischenergebnis 210
c) Täuschung durch Unterlassen 210
aa) § 136 Abs. 1 S. 1 StPO 210
bb) § 136 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. StPO 210
cc) Informatorische Befragungen 211
dd) Zwischenergebnis 212
3. Beeinträchtigung bei informellen Informationserhebungen 212
a) Übertragung der Ergebnisse/Maßgeblichkeit der Auslegungskriterien 212
b) Das Diktum vom Erfordernis reduzierter Verhaltensmöglichkeiten 212
c) Auslegung nach Art. 6 Abs. 1 EMRK durch den EGMR 215
d) Das Diktum von der Freiwilligkeit eigenen Handelns 218
e) Verdeckt polizeiliches Vorgehen abseits der §§ 110a ff. StPO 220
f) Konsequenzen für den Einsatz Verdeckter Ermittler 221
g) Systematische Einwände 224
h) Zwischenergebnis 226
4. Beschränkungen des Täuschungsverbots 227
a) Die Situation bereits abgelehnter Mitwirkung 227
b) Die Situation stofflich fixierter Selbstbelastung 228
c) Kriminalpolitisch motivierte Beschränkungen 228
§ 5 Ergebnis 230
Viertes Kapitel: Grenzen der Zulässigkeit im GG und in der EMRK 231
§ 1 Zur Erforderlichkeit spezialgesetzlicher Regelung 231
§ 2 Rechtsstaatliche Grunderwägungen 233
§ 3 Grenzen aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK (Fälle Nr. 4 und Nr. 6) 234
§ 4 Grenzen aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 6, 8 Abs. 1 EMRK (Fall Nr. 7) 236
§ 5 Grenzen aus dem rechtsstaatlichen Strukturprinzip des § 136 StPO (Fälle Nr. 10 und Nr. 11) 236
I. Täuschung durch Unterlassen 237
II. Aufklärungspflicht aus Art. 20 Abs. 3 GG 238
§ 6 Verfassungsrechtliche Grenzen der Legitimierbarkeit (Fälle Nr. 1 bis Nr. 3) 239
I. Der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt aus Art. 33 Abs. 4 GG 239
II. Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 4 GG 239
III. Regelungsgegenstand der „hoheitlichen Befugnisse“ (Art. 33 Abs. 4 GG) 240
IV. Das „Regel-Ausnahme-Prinzip“ in Art. 33 Abs. 4 GG 241
§ 7 Ergebnis 243
Schluss 244
Ergebnisse/Thesen 245
Literaturverzeichnis 248
Sachwortverzeichnis 268