Öffentliche Auftragsvergabe und culpa in contrahendo
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Öffentliche Auftragsvergabe und culpa in contrahendo
Schriften zum Wirtschaftsrecht, Vol. 189
(2005)
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Abstract
Die Dogmatik der culpa in contrahendo (cic) steht als Paradebeispiel "geglückter richterlicher Rechtsfortbildung" (Rudolf Nirk) seit langem im Zentrum des Interesses der Zivilrechtswissenschaft. Einen von der zivilrechtlichen Dogmatik lange Zeit stiefmütterlich behandelten, wirtschaftlich aber um so bedeutenderen Sonderfall der cic stellt die Haftung öffentlicher Auftraggeber für Verstöße gegen das öffentliche Vergaberecht dar. Die vorliegende Dissertation ist der dogmatischen Erfassung und Würdigung der Rechtsprechung auf diesem Grenzgebiet zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht vor dem Hintergrund zweier wichtiger gesetzgeberischer Neuerungen gewidmet: Der Umgestaltung des deutschen Vergaberechts in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts und der gesetzgeberischen Kodifizierung der cic durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz.Vier Fragen stehen im Zentrum der Untersuchung: Warum gewährt die Rechtsprechung Bietern, die nach Vergaberechtsverstößen Schadensersatz aus cic verlangen, teils nur Ersatz für vergebliche Aufwendungen, teils aber Ersatz ihres entgangenen Gewinns? Inwieweit wäre es mit den Grundgedanken der Rechtsprechung vereinbar, Bietern statt Schadensersatz in Geld einen Anspruch auf Naturalrestitution, u. U. also auf Vertragsschluss zu gewähren? Inwieweit können Bieter überhaupt Schadensersatz verlangen, die bei ordnungsgemäßem Ablauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag nicht erhalten hätten? Und inwieweit lässt sich die Rechtsprechung zur Schadensersatzpflicht öffentlicher Auftraggeber auf private Veranstalter von Ausschreibungen übertragen?Der Autor geht diesen Fragen in historischer Perspektive nach, wobei er die Entwicklung sowohl des Vergaberechts als auch der Dogmatik der cic seit Ende des 19. Jahrhunderts darstellt. Am Schluss gibt er Antworten, die sich nicht nur als Ergebnis einer dogmatischen Untersuchung, sondern auch als Beitrag zur weiteren Entwicklung der Praxis des Vergaberechts verstehen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
Kapitel 1: Ursprünge des öffentlichen Auftragswesens | 18 | ||
I. Vom Hoflieferantentum zum Submissionsverfahren | 18 | ||
II. Das Submissionswesen im deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1918 | 23 | ||
1. Der Fiskus, die Reichsverfassung und das BGB | 23 | ||
2. „Dem Handwerk hilft kein Reichsstatut, wenn Submission es macht kaputt“ | 25 | ||
a) Die Frage nach dem angemessenen Preis | 25 | ||
b) Gleichberechtigung der Vertragspartner | 27 | ||
c) Rechtsschutz | 28 | ||
d) Wirtschafts-, Handels- und Sozialpolitik | 30 | ||
3. Der Entwurf für ein Reichssubmissionsgesetz | 33 | ||
III. Der Reichsverdingungsausschuss und sein Werk | 34 | ||
1. „Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht“ | 35 | ||
2. Die Verdingungsordnung für Bauleistungen | 35 | ||
3. Verdingungswesen und NS-Staat | 37 | ||
IV. Auftragsvergabe nach VOB/A und VOL/A | 38 | ||
1. Verfahren nach der VOB | 38 | ||
2. Rechtsschutz | 41 | ||
Kapitel 2: Ursprünge der Lehre von der culpa in contrahendo | 43 | ||
I. Die „Entdeckung“ der culpa in contrahendo und die Entstehung des BGB | 43 | ||
1. „Schadensersatz für nichtige oder nicht zur Perfection gelangte Verträge“ | 44 | ||
2. Das BGB | 48 | ||
3. Verschulden beim Vertragsschluss | 51 | ||
II. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts | 53 | ||
1. Vereinheitlichung der Rechtsgedanken | 53 | ||
a) Analoge Anwendung der gesetzlichen Tatbestände | 54 | ||
b) Verschulden beim Vertragsschluss: Vom Gegenbegriff zum Oberbegriff | 56 | ||
2. Weitere Fallgruppen | 60 | ||
a) Verschulden bei unwirksamem Vertragsschluss jenseits der klassischen cic | 61 | ||
b) Aufklärungspflichten zum Schutze absolut geschützter Rechtsgüter | 62 | ||
3. Vom Verschulden bei Vertragsschluss zum Verschulden bei Vertragsverhandlungen | 64 | ||
III. Verschulden bei Vertragsschluss und cic im Schrifttum | 68 | ||
IV. Fazit | 73 | ||
Kapitel 3: Weiterentwicklung des öffentlichen Auftragswesens | 76 | ||
I. Internationale Entwicklungen | 76 | ||
1. GATT, WTO und GPA | 77 | ||
2. Auftragsvergabe auf dem Gemeinsamen Markt | 86 | ||
a) Die Vorschriften des EG-Vertrages | 86 | ||
b) Durchsetzung des europäischen Primärrechts | 90 | ||
c) Die Richtlinien zur Koordinierung der Vergabeverfahren | 98 | ||
d) Durchsetzung der Vergaberichtlinien | 102 | ||
e) Das Legislativpaket 2004 | 107 | ||
II. Grundrechte und öffentliche Auftragsvergabe | 108 | ||
1. Geltung der Grundrechte | 109 | ||
a) Unmittelbare Fiskalgeltung | 109 | ||
b) Mittelbare Fiskalgeltung | 112 | ||
c) Fazit | 118 | ||
2. Vorgaben für das Vergabeverfahren | 119 | ||
3. Durchsetzung der Grundrechte | 121 | ||
4. Die Position der Rechtsprechung | 124 | ||
III. Entwicklung des nationalen Vergaberechts | 125 | ||
1. Verdingungsordnungen, haushaltsrechtliche Lösung, Vergaberechtsänderungsgesetz | 125 | ||
2. Auftragsvergabe nach öffentlichem Haushaltsrecht | 130 | ||
a) Vergabeverfahren | 131 | ||
b) Rechtsweg | 135 | ||
c) Ansprüche | 137 | ||
(1) Deliktische Ansprüche | 138 | ||
(2) Kartellrechtliche Ansprüche | 139 | ||
(3) Ansprüche aus dem UWG | 142 | ||
(4) Vertragliche Ansprüche | 143 | ||
(5) Ansprüche aus culpa in contrahendo | 145 | ||
3. Auftragsvergabe nach dem GWB | 146 | ||
a) Anwendbarkeit | 146 | ||
b) Vergabeverfahren | 147 | ||
c) Rechtsschutz | 150 | ||
Kapitel 4: Weiterentwicklung der Lehre von der culpa in contrahendo | 154 | ||
I. Rechtsprechung | 155 | ||
1. Aufklärungspflichten | 155 | ||
a) Aufklärung über den Vertragsgegenstand | 155 | ||
b) Aufklärung über Abschluss- und Wirksamkeitsbedingungen | 157 | ||
2. Erhaltungspflichten | 159 | ||
3. Sicheres Inaussichtstellen eines Vertrages | 160 | ||
4. Öffentliche Auftragsvergabe | 164 | ||
a) Gegenstandbezogene Aufklärungspflichten | 164 | ||
b) Abschlussbezogene Aufklärungspflichten | 165 | ||
c) Die Pflicht zur Einhaltung der Vergabebestimmungen | 166 | ||
(1) Die Rechtsprechung des BGH bis 1998 | 166 | ||
(2) Umsetzung durch die Instanzgerichte | 173 | ||
(3) Entwicklung seit 1998 | 174 | ||
II. Schrifttum | 179 | ||
1. Cic und Rechtsgeschäft | 179 | ||
2. Cic und Rechtsgüterschutz | 181 | ||
3. Cic und Vertrauenshaftung | 185 | ||
4. Cic und Venire contra factum proprium | 189 | ||
5. Cic und öffentliche Auftragsvergabe | 191 | ||
III. Fazit | 195 | ||
1. Haftung auf das positive Interesse | 195 | ||
a) Gleichbehandlungspflicht | 195 | ||
b) Positive Vertrauenshaftung | 197 | ||
c) Gemeinsame Fragen | 198 | ||
d) Grenzen der Haftung auf das positive Interesse – Ausschreibungen Privater | 199 | ||
2. Haftung auf das negative Interesse | 199 | ||
a) Schadensersatz wegen Verletzung primärer Erklärungsunterlassungspflichten | 200 | ||
b) Schadensersatz als Inhalt einer primären Dispositionsgarantie | 201 | ||
c) Rechtsfolgen der Haftung | 202 | ||
d) Ausschreibungen Privater | 203 | ||
IV. Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes | 204 | ||
1. Die gesetzliche Regelung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses | 204 | ||
2. Cic-Haftung bei Verstoß gegen Vergabebestimmungen | 206 | ||
Schluss | 208 | ||
Literaturverzeichnis | 212 | ||
Sachverzeichnis | 231 |