Corporate Social Responsibility
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Corporate Social Responsibility
Das Ermessen des Managements zur Berücksichtigung von Nichtaktionärsinteressen im US-amerikanischen und deutschen Aktienrecht
Schriften zum Internationalen Recht, Vol. 146
(2004)
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Abstract
Die Frage nach der Zielbestimmung des Vorstandshandelns und der Rolle der verschiedenen "stakeholders" in der Aktiengesellschaft hat die Aktienrechtswissenschaft auf beiden Seiten des Atlantiks wiederholt beschäftigt. Mit der Diskussion um Shareholder Value und Corporate Governance hat das Thema wieder an Aktualität gewonnen. Ein praktisch wichtiger Anwendungsfall ist die Frage der Zulässigkeit von Spenden aus Gesellschaftsmitteln für soziale Zwecke. Bei der Beschäftigung mit dem Thema bietet sich der rechtsvergleichende Blick in die USA aus zweierlei Gründen an: Einerseits gelten die USA als das Ursprungsland des "Shareholder-Kapitalismus", in dem nach verbreiteter Vorstellung das Interesse der Aktionäre das Maß aller Dinge ist. Andererseits hat gerade im amerikanischen Gesellschaftssystem das soziale Engagement von Unternehmen eine lange Tradition.Die von Prof. Dr. Holger Fleischer betreute Arbeit stellt das umfangreiche amerikanische Fallmaterial sowie die in der Mehrheit der Bundesstaaten vorhandenen gesetzlichen Ermächtigungen zur Berücksichtigung von Nichtaktionärsinteressen (other constituency statutes) dar. Ausführlich diskutiert werden dann die rechtsökonomischen und rechtspolitischen Argumente für und gegen eine ausschließliche Verpflichtung des Vorstands auf das Aktionärsinteresse. Für das deutsche Aktienrecht wird diese Bindung im Grundsatz befürwortet, gleichzeitig aber gezeigt, dass dies im Ergebnis die Möglichkeit sozialen Engagements der Aktiengesellschaft keineswegs ausschließt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
§ 1 Einleitung und Gang der Untersuchung | 19 | ||
I. Einleitung | 19 | ||
II. Gang der Untersuchung | 23 | ||
§ 2 Gegenstand der Untersuchung und Abgrenzungsfragen | 25 | ||
I. Corporate Social Responsibility – Begriff | 25 | ||
1. Freiwillig und altruistisch | 25 | ||
2. Zu unterscheiden von: Gesetzlichen Vorgaben | 26 | ||
3. Zu unterscheiden von: Langfristiger Profitmaximierung und „prudential constraints“ | 27 | ||
4. Einordnungsprobleme | 28 | ||
II. Insbesondere: Zuwendungen zu sozialen Zwecken | 30 | ||
1. Wirtschaftlich nützliche Zuwendungen | 30 | ||
a) Werbung und Marketing | 30 | ||
aa) Cause-related marketing | 31 | ||
bb) Sponsoring | 32 | ||
b) Öffentlichkeitsarbeit im weiteren Sinne/Good will | 32 | ||
c) Der „Halo-Effekt“ und das „Sheep’s Clothing Principle“ | 33 | ||
d) Individuelle Spenden der Anteilseigner als mögliche Alternative? | 34 | ||
2. Die verbleibenden Fälle | 34 | ||
§ 3 Rechtslage und Rechtsentwicklung in den USA | 37 | ||
I. Der historische Hintergrund der Diskussion | 37 | ||
1. Vom legislativen Privileg zum System der Normativbestimmungen | 37 | ||
2. Dodge v. Ford Motor Co. (1919) | 39 | ||
3. Die Berle-Dodd-Debatte | 41 | ||
a) Berle/Means: Manager als Treuhänder des Aktionärsvermögens | 41 | ||
b) Dodds neue Konzeption fiduziarischer Pflichten | 43 | ||
c) Berles Replik und der weitere Verlauf der Debatte | 45 | ||
II. Die Rechtslage außerhalb des Anwendungsbereichs von other constituency statutes | 46 | ||
1. Überblick über die Leitungsstruktur der amerikanischen Aktiengesellschaft | 46 | ||
a) Directors und officers als Leiter der Gesellschaft | 46 | ||
b) Fiduziarische Pflichten und die business judgment rule | 47 | ||
c) Die traditionelle Gleichsetzung von Gesellschaft und Gesellschaftern | 50 | ||
2. Entscheidungen außerhalb der Übernahmesituation | 51 | ||
a) Das Zusammenspiel von Formalziel und business judgment rule | 51 | ||
b) Fallmaterial | 52 | ||
aa) Shlensky v. Wrigley (1968) | 52 | ||
bb) Kelly v. Bell (1970) | 53 | ||
cc) Sylvia Martin Foundation, Inc. v. Swearingen (1966) | 54 | ||
c) Insbesondere: Zuwendungen zu sozialen Zwecken | 55 | ||
aa) Rechtsentwicklung | 56 | ||
(1) Strikte Anwendung der ultra-vires-Lehre | 56 | ||
(2) Incidental Powers und Direct Benefit | 57 | ||
(3) Erste ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungen | 59 | ||
(4) Moderne Gesellschaftsgesetze | 61 | ||
(a) Der Model Business Corporation Act von 1950 | 61 | ||
(b) Die heute geltenden Gesetze: Typen | 62 | ||
(5) Moderne Spruchpraxis | 63 | ||
(a) A. P. Smith Manufacturing Co. v. Barlow (1953) | 64 | ||
(b) Memorial Hospital Association v. Pacific Grape Products Co. (1955) | 66 | ||
(c) Union Pacific Railroad Company v. Trustees, Inc. (1958) | 67 | ||
(d) Theodora Holding Corp. v. Henderson (1969) | 69 | ||
(e) Kahn v. Sullivan (1991) | 70 | ||
(6) Ergebnis | 72 | ||
bb) Probleme und Reformvorschläge | 72 | ||
(1) Pet charities und sachfremde Beweggründe | 73 | ||
(2) Mängel der herkömmlichen Prüfungsmaßstäbe | 74 | ||
(3) Reformvorschläge | 78 | ||
(a) Totales Verbot von Spenden an „pet charities“ | 78 | ||
(b) Beweislastumkehr bei potentiellem Interessenkonflikt | 79 | ||
(c) Beteiligung des gesamten board | 79 | ||
(d) Publizität | 81 | ||
3. Die Übernahmesituation | 83 | ||
a) Unvereinbarkeit der verschiedenen Interessen | 84 | ||
b) Fallrecht | 86 | ||
aa) Unocal Corporation v. Mesa Petroleum Co. (1985) | 86 | ||
bb) Revlon, Inc. v. MacAndrews & Forbes Holdings, Inc. (1986) | 89 | ||
cc) Paramount Communications, Inc. v. Time, Inc. (1990) | 92 | ||
dd) Paramount Communications, Inc. v. QVC Network, Inc. (1994) | 95 | ||
c) Ergebnis | 97 | ||
III. Die Rechtslage im Anwendungsbereich von other constituency statutes | 97 | ||
1. Überblick | 97 | ||
2. Typologie | 98 | ||
a) Die typische Regelung | 99 | ||
b) Variationen | 99 | ||
aa) Anwendbarkeit | 100 | ||
bb) Kreis der berücksichtigungsfähigen Interessen | 100 | ||
cc) Verpflichtung zur Berücksichtigung anderer Interessen? | 100 | ||
(1) Die Regel: Keine Verpflichtung | 100 | ||
(2) Die Ausnahme: Connecticut | 101 | ||
dd) Bedeutung des Aktionärsinteresses | 101 | ||
(1) Indiana und Pennsylvania: Kein Faktor ausschlaggebend | 101 | ||
(2) Iowa: Ausdrückliche Erlaubnis zur Bevorzugung von Nichtaktionärsinteressen | 102 | ||
3. Gesetzgebungsgeschichte | 103 | ||
4. Interpretationsvorschläge | 105 | ||
a) Fallrecht | 105 | ||
b) Die enge Auslegung: Keine Änderung der common-law-Grundsätze | 108 | ||
c) Die weite Auslegung: Einklagbare Rechte für Nichtaktionäre | 110 | ||
d) Wahrscheinliche Auswirkungen der Gesetze | 112 | ||
aa) Entscheidungen außerhalb der Übernahmesituation | 112 | ||
bb) Entscheidungen in der Übernahmesituation | 115 | ||
(1) Beweislastumkehr (Unocal) | 115 | ||
(2) Keine Verpflichtung zur Realisierung des höchstmöglichen Werts (Revlon/QVC) | 116 | ||
IV. Abschließende Betrachtung der amerikanischen Rechtslage | 117 | ||
§ 4 Das Leitungsermessen des Vorstands im deutschen Aktienrecht | 119 | ||
I. Die herrschende Meinung: Der Vorstand als Wahrer vieler Interessen | 119 | ||
1. Die Auslegung von § 76 Abs. 1 AktG | 119 | ||
a) Kein Vorrang des Aktionärsinteresses | 119 | ||
b) Schranken: Rentabilität und Angemessenheit | 120 | ||
c) Unternehmensinteresse? | 121 | ||
d) Zwischenergebnis | 123 | ||
2. Insbesondere: Spenden aus Gesellschaftsmitteln | 124 | ||
a) Kompetenz des Vorstands | 124 | ||
b) Sachgrenzen der Spendenbefugnis | 125 | ||
3. Der Deutsche Corporate Governance Kodex | 125 | ||
II. Zweifel an der herrschenden Meinung zu § 76 Abs. 1 AktG | 126 | ||
1. Der Wortlaut des § 76 Abs. 1 AktG | 126 | ||
2. Die Entstehungsgeschichte des § 76 Abs. 1 AktG | 127 | ||
3. Systematische Erwägungen | 130 | ||
a) Ausschluss einer monistischen Zielkonzeption durch das MitbestG 1976? | 131 | ||
aa) Beschränkte Anwendbarkeit der unternehmerischen Mitbestimmung | 131 | ||
bb) Beschränkung der Mitbestimmung auf den Schutz von Arbeitnehmerinteressen | 132 | ||
cc) Die Mitbestimmung als Organisationsregelung | 132 | ||
b) Ausschluss einer monistischen Zielkonzeption aus verfassungsrechtlichen Gründen? | 134 | ||
4. Das Selbstverständnis der Unternehmensleitungen | 136 | ||
5. Ergebnis | 136 | ||
§ 5 Das Primat des Aktionärsinteresses: Argumente und Einwände | 138 | ||
I. Das „Privileg“ der Haftungsbeschränkung | 138 | ||
II. Die Anteilseigner als wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft | 139 | ||
1. Das verfassungsrechtliche Anteilseigentum | 140 | ||
2. Das Unternehmen als Netzwerk von Verträgen | 140 | ||
a) Methodische Vorbemerkung | 140 | ||
b) Ursprünge und theoretische Entwicklung des Modells | 142 | ||
aa) Integrierte Organisationen als transaktionskostensparende Alternative | 142 | ||
bb) Die Binnenstruktur der Organisation | 143 | ||
c) Nexus-of-Contracts und Aktienrecht | 145 | ||
aa) Keine natürliche Eigentümerstellung der Aktionäre | 145 | ||
bb) Kein „Eigeninteresse“ der Gesellschaft oder des Unternehmens | 146 | ||
cc) Die Normen des Aktienrechts als Standard-Vertrag | 147 | ||
3. Die Aktionäre als residuale Risikoträger | 149 | ||
a) Begriff | 149 | ||
b) Die residualen Risikoträger als die Gruppe mit den richtigen Anreizen | 149 | ||
c) Sondersituationen | 151 | ||
III. Der Mangel anderweitiger Mechanismen zum Schutz der Anteilseigner | 152 | ||
1. Die Normen des Aktienrechts als Inhalt eines relationalen Vertrags | 153 | ||
a) Begriff | 153 | ||
b) Allgemeine Verhaltenspflichten als Lückenfüllungsmechanismen | 154 | ||
2. Besonderheiten des Aktieninvestments | 154 | ||
3. Die Schutzmöglichkeiten der „Stakeholders“ | 156 | ||
a) Arbeitnehmer | 156 | ||
b) Finanzgläubiger | 159 | ||
c) Zulieferer und Warenkreditgeber | 160 | ||
d) Kunden | 160 | ||
e) Staat und Gemeinden | 161 | ||
4. Fazit | 162 | ||
IV. Soziale Verantwortung und gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit | 164 | ||
1. Das Prinzipal-Agenten-Problem | 164 | ||
a) Begriff | 164 | ||
b) Marktliche Kontrollmechanismen und ihre Grenzen | 166 | ||
2. Mangelnde Standards | 167 | ||
3. „Too many masters“ | 170 | ||
V. Soziale Verantwortung und Allokationseffizienz | 172 | ||
1. Mikroökonomisches Gleichgewicht und gesamtgesellschaftliches Wohlfahrtsoptimum | 172 | ||
2. Ökonomische Voraussetzungen und Folgen von Corporate Social Responsibility | 174 | ||
a) Voraussetzung: Keine vollständige Konkurrenz | 174 | ||
b) Die Auswirkungen auf Erträge und Preise | 175 | ||
c) Allokative Folgen | 176 | ||
3. Externe Effekte und staatliche Lenkungsmöglichkeiten | 177 | ||
a) Externe Effekte als Ursache suboptimaler Ressourcenallokation | 177 | ||
aa) Negative externe Effekte (externe Kosten) | 177 | ||
bb) Positive externe Effekte (externe Ersparnisse) | 177 | ||
b) Staatliche Maßnahmen zur Stärkung der unsichtbaren Hand | 178 | ||
c) Freiwillige Korrektur von Marktversagen? | 179 | ||
d) Staatliche Maßnahmen und Globalisierung | 181 | ||
VI. Soziale Verantwortung in einem demokratischen Staatswesen | 185 | ||
1. Die politischen Wirkungen von Corporate Social Responsibility | 186 | ||
a) Umverteilung durch „Besteuerung“ von Aktionären und Abnehmern | 187 | ||
b) Die Notwendigkeit politischer Wertentscheidungen durch das Management | 188 | ||
2. Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch private Manager? | 189 | ||
a) Mangelnde Befähigung zur Identifikation des Gemeinwohls | 189 | ||
b) Mangelnde demokratische Legitimation und Kontrolle | 190 | ||
c) Sonderfälle | 192 | ||
3. Bemerkungen zur politischen Ökonomie von Corporate Social Responsibility | 193 | ||
VII. Die Möglichkeit sozialen Engagements in einem Shareholder-Modell der AG | 195 | ||
VIII. Das Shareholder-Modell und die OECD Principles of Corporate Governance | 198 | ||
IX. Ergebnis | 199 | ||
§ 6 Korporative Freigebigkeit in einem Shareholder-Modell der Aktiengesellschaft | 201 | ||
I. Die Suche nach der optimalen Regel | 201 | ||
II. Ökonomische Analyse der korporativen Freigebigkeit | 202 | ||
1. Der wirtschaftliche Vorteil der Spendenvergabe durch das Management | 202 | ||
2. Das Problem nicht am Aktionärsinteresse ausgerichteter Entscheidungen | 203 | ||
3. Das rechtsökonomische Argument für eine weites Ermessen des Managements | 205 | ||
III. Korporative Freigebigkeit im deutschen Aktienrecht | 206 | ||
1. Kompetenz des Vorstands | 206 | ||
2. Sachgrenzen der Spendenkompetenz | 208 | ||
a) Betragsmäßige Grenzen | 208 | ||
b) Das Gebot der Angemessenheit als Ermessensgrenze | 209 | ||
c) Interessenkonflikte und Zuwendungen an „pet charities“ | 210 | ||
3. Forderung de lege ferenda: Pflicht zur Veröffentlichung im Jahresabschluss | 212 | ||
Anhang: Der Wortlaut aller other constituency statutes | 214 | ||
Literaturverzeichnis | 227 | ||
Sachwortverzeichnis | 245 |