Sicherheit statt Freiheit?
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Sicherheit statt Freiheit?
Staatliche Handlungsspielräume in extremen Gefährdungslagen
Editors: Blaschke, Ulrich | Förster, Achim | Lumpp, Stephanie | Schmidt, Judith
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1002
(2005)
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Abstract
Der Schutz vor Gefahren gehört zu den grundlegenden Leistungen, die der Bürger vom Staat erwartet. Er will in Frieden und Sicherheit leben. Umso bedrohlicher sind die Szenarien, die seit den Anschlägen von New York, Madrid oder Beslan die sicherheitspolitische Diskussion prägen. Terroristen schrecken nicht mehr davor zurück, neben staatlichen Würdenträgern auch die schutzlose Bevölkerung anzugreifen. Neue Begehungsweisen wie das Abstürzenlassen entführter Verkehrsflugzeuge rücken ins Blickfeld. Der Rechtsstaat überprüft und erweitert sein Handlungsinstrumentarium zur effizienten Vorbeugung und Abwehr solcher Gefahren.Doch jeder Eingriffsbefugnis wohnt eine Beschränkung der Freiheitssphäre des Bürgers inne. Dabei gehören die Freiheitlichkeit unserer demokratischen Grundordnung und die Begrenzung staatlicher Macht durch einen umfassenden Grundrechtsschutz gerade zu den besonderen Wesensmerkmalen unseres Staatswesens - nicht zuletzt angesichts unserer historischen Erfahrungen. So gerät das spannungsreiche Verhältnis von Sicherheit und Freiheit erneut ins Blickfeld: Wie viel Freiheit muss eine demokratische Gesellschaft opfern, um sicher leben zu können? Wie viel darf sie opfern, will sie nicht die eigenen Prinzipien preisgeben?Im vorliegenden Band dokumentieren die Autoren die Erkenntnisse der Fachschaftstagung Jura im Cusanuswerk vom 29.10.-1.11.2004. Neben grundlegenden Fragen zu Sicherheitsarchitektur und Grundrechtsdogmatik widmen sie sich dem Kernbereichsschutz bei der Datenerhebung, der Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes und der Zulässigkeit von Folter in extremen Gefährdungslagen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Dirk Heckmann: Sicherheitsarchitektur im bedrohten Rechtsstaat. Neue Polizeibefugnisse zwischen gestalterischer Freiheit und grundrechtlicher Statik | 9 | ||
I. Einleitung | 9 | ||
II. Die Entwicklung des Polizeirechts | 12 | ||
1. Von der Gefahrenabwehr zur Gefahrenvorsorge – die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und fundamentalem Terrorismus | 12 | ||
2. Die fortschreitende Internationalisierung der Gefahrenabwehr | 13 | ||
3. „Forciertes polizeiliches Einschreiten gegen nicht (mehr) gemeinverträgliche Verhaltensweisen im öffentlichen und privaten Raum“ | 14 | ||
4. Die Privatisierung von Polizeiaufgaben | 16 | ||
III. Bausteine einer Polizeirechtstheorie als Theorie komplementärer Risiken in Raum und Zeit | 17 | ||
1. Darf die Polizei den sog. unbescholtenen Bürger kontrollieren? („in die Breite gehen“) | 17 | ||
2. Gibt es einen rechtlich geschützten Rückzugsraum des Bürgers, der ihn vor polizeilichen Einblicken bewahrt? („in die Tiefe gehen“) | 20 | ||
3. Darf die Polizei technische Mittel einsetzen, deren Eingriffswirkung bei missbräuchlicher Verwendung weit über den Anlassfall hinaus reicht? („mit der Zeit gehen“) | 22 | ||
4. Gibt es eine (Grund-)Rechtsposition des Bürgers, deren Schutzwürdigkeit selbst menschenverachtende Verbrechen tolerieren lässt? („an die Grenzen gehen“) | 24 | ||
IV. Freiheit und Sicherheit: Staatsphilosophische Verbrämung eines verfassungsrechtlichen Patts? | 25 | ||
1. Der Bürger als Akteur der Freiheitssicherung | 26 | ||
2. Kontrollräume und Rückzugsräume | 26 | ||
3. Technikeinsatz und Waffengleichheit | 26 | ||
4. Vorfeldmaßnahmen und Nachhaltigkeit | 27 | ||
5. Neue Polizeibefugnisse zwischen gestalterischer Freiheit und grundrechtlicher Statik | 27 | ||
Kyrill-A. Schwarz: Die Dogmatik der Grundrechte – Schutz und Abwehr im freiheitssichernden Staat | 29 | ||
I. Einleitung | 29 | ||
II. Die prekäre Balance von Freiheit und Sicherheit | 32 | ||
III. Die Dogmatik grundrechtlicher Schutzpflichten | 34 | ||
1. Der historische Hintergrund | 34 | ||
2. Allgemeine Aussagen | 39 | ||
a) Die Entwicklung der Rechtsprechung zu den grundrechtlichen Schutzpflichten | 39 | ||
b) Die dogmatische Herleitung der Schutzpflicht | 40 | ||
c) Die dogmatische Struktur der Schutzpflicht | 42 | ||
aa) Die Grundrechtsgefährdung als Voraussetzung der Schutzpflicht | 42 | ||
bb) Die Rechtsfolge einer bestehenden Schutzpflicht | 45 | ||
3. Konkrete Folgerungen für das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit am Beispiel des Gefahrenabwehrrechts | 47 | ||
IV. Fazit und Ausblick | 49 | ||
Fredrik Roggan: Unerhörte Intimsphäre. Zum Erfordernis kernbereichsschützender Regelungen im Sicherheitsrecht | 51 | ||
I. Einführung | 51 | ||
II. Die BVerfG-Entscheidung vom 3. März 2004 | 52 | ||
1. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung und sein Schutz | 52 | ||
a) Der Schutzbereich und sein unantastbarer Kern | 52 | ||
b) Kernbereichsschützende Regelungen in der Strafprozessordnung | 53 | ||
c) Große Lauschangriffe im Bereich der Strafverfolgung nur bei besonders schweren Delikten | 54 | ||
2. Die Vorgeschichte der Entscheidung vom 3. März 2004 | 54 | ||
III. Zur Übertragbarkeit der Entscheidungsgründe auf andere Rechtsmaterien | 57 | ||
1. Folgerungen für große Lauschangriffe im Polizeirecht | 57 | ||
a) Zur Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungen im Polizeirecht | 58 | ||
b) Zur Möglichkeit der Betroffenheit des Kernbereichs privater Lebensgestaltung | 60 | ||
c) Zur Frage „differenzierter Kernbereiche“ | 61 | ||
d) Polizeirechtliche Konkretisierungen der verfassungsgerichtlichen Maßstäbe | 62 | ||
e) Exkurs: Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit vorbeugender Lauschangriffe | 64 | ||
f) Erste Entwürfe aus den Bundesländern | 66 | ||
2. Folgerungen für die Überwachung der Telekommunikation | 67 | ||
a) Die Schutzbereiche des Wohnungsgrundrechts und des Fernmeldegeheimnisses | 67 | ||
b) Die Konsequenzen für die TKÜ | 69 | ||
c) Ein vorläufiges Fazit | 72 | ||
3. Geheimdienstrecht | 73 | ||
a) Zur Verfassungsmäßigkeit von geheimdienstlichen Lauschangriffen | 73 | ||
b) Reformbedarf auch im Verfassungsschutzrecht | 74 | ||
IV. Schluss: Zum Erfordernis einer Gesamtreform im Sicherheitsrecht | 75 | ||
Peter Dreist: Einsatz der Bundeswehr im Innern – Das Luftsicherheitsgesetz als Anlass zum verfassungsrechtlichen Nachdenken | 77 | ||
Vorbemerkung | 77 | ||
I. Einführung | 77 | ||
II. Einsatz der Streitkräfte im Innern | 79 | ||
1. Denkbare Sachverhalte | 79 | ||
2. Historie | 83 | ||
III. Air policing und die Bundeswehrstruktur zum Einsatz bei Renegade-Fällen | 85 | ||
IV. Regelungsbereiche des LuftSiG | 87 | ||
1. Der Regelungsgehalt der §§ 13–15 LuftSiG | 87 | ||
2. Die Vorstellungen der Parteien | 88 | ||
3. Die rechtlichen Konsequenzen bei In-Kraft-Treten des LuftSiG | 90 | ||
4. Die Expertenanhörung zum LuftSiG | 92 | ||
5. Die Diskussion in der übrigen Rechtswissenschaft | 94 | ||
V. Der Einsatz der Streitkräfte im Innern nach dem Grundgesetz | 95 | ||
1. Die derzeitige Verfassungsrechtslage | 95 | ||
2. Der Entwurf einer Grundgesetzänderung durch die CDU | 99 | ||
VI. Leben gegen Leben | 100 | ||
VII. Geltendes Polizeirecht | 102 | ||
VIII. Ausblick | 103 | ||
Eric Hilgendorf: Tragische Fälle. Extremsituationen und strafrechtlicher Notstand | 107 | ||
I. Einleitung | 107 | ||
II. Klassische Notstandsfälle | 109 | ||
III. (Zu) Einfache Lösungen | 113 | ||
IV. Zur Struktur der Notstandsfälle und Lösungsansätzen im deutschen Recht | 114 | ||
V. Die Abwägung „Leben gegen Leben“ | 117 | ||
1. „Leben gegen Leben“ im Recht | 117 | ||
2. „Leben gegen Leben“ in der Sozialmoral | 121 | ||
VI. Das geplante Luftsicherheitsgesetz: Abschied vom Grundsatz der Nicht-Saldierbarkeit von Menschenleben? | 124 | ||
1. Mutmaßliche Einwilligung der Passagiere? | 125 | ||
2. Notwehr? | 125 | ||
3. Rechtfertigender Notstand? | 125 | ||
4. Rechtsfreier Raum? | 126 | ||
5. Defensiver Notstand? | 127 | ||
6. Erweiterung staatlicher Eingriffsbefugnisse durch das Widerstandsrecht, Art. 20 Abs. 4 GG? | 127 | ||
7. Exklusion Unschuldiger aus der Verfassungsordnung? | 128 | ||
8. Zwischenergebnis und mögliche Lösungen | 129 | ||
VII. Schluss | 131 | ||
Ralph Christensen: Wahrheit, Recht und Folter – Eine methodische Betrachtung | 133 | ||
I. Luhmanns Lauer | 133 | ||
II. Würden Sie es tun? Die Suggestion kleiner Fälle | 135 | ||
III. Kunstgerechte Lösung | 136 | ||
1. Folter und Gesetz | 136 | ||
a) § 163 a StPO | 136 | ||
b) Standardmaßnahme der Befragung | 137 | ||
c) Polizeiliche Generalklausel | 137 | ||
d) Ermächtigungsgrundlage aus den grundrechtlichen Schutzpflichten | 138 | ||
e) §§ 32, 34 StGB | 138 | ||
f) Widerstandsrecht | 139 | ||
2. Folter und Verfassung | 139 | ||
a) Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG | 139 | ||
aa) Schutzbereich | 139 | ||
bb) Eingriff | 140 | ||
cc) Schranken | 140 | ||
dd) Wesensgehalt | 141 | ||
b) Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG: „Körperliche Unversehrtheit“ | 142 | ||
aa) Schutzbereich | 142 | ||
bb) Eingriff | 142 | ||
cc) Schranken | 142 | ||
c) Art. 1 Abs. 1 GG | 143 | ||
aa) Schutzbereich | 143 | ||
bb) Schranken | 143 | ||
3. Folter und supranationales Recht | 144 | ||
IV. Möglichkeit einer Gegenposition | 144 | ||
1. Ungeschriebene Staatsnotwehr oder extensive Auslegung | 144 | ||
2. Teleologische Auslegung der polizeilichen Kompetenzen | 146 | ||
a) Überschätzung des Zwecks | 146 | ||
b) Die Begründung des Zwecks | 147 | ||
c) Risiken teleologischer Auslegung | 148 | ||
3. Größenschluss aus den Regeln über den polizeilichen Todesschuss | 149 | ||
4. Analogieschluss aus den Regeln über den polizeilichen Todesschuss | 150 | ||
a) Begründung der Lücke | 150 | ||
b) Die Reichweite der Lücke | 151 | ||
c) Die Gesamtanalogie | 152 | ||
5. Abwägung zwischen Gefahr und Folterung | 153 | ||
6. Ableitung der Folter aus dem Wesen des Rechts | 155 | ||
V. Folter als Instrument der Wahrheit | 158 | ||
Fabian Wittreck: Achtungs- gegen Schutzpflicht? Zur Diskussion um Menschenwürde und Folterverbot | 161 | ||
I. Menschenwürde als Argument in der Folterdiskussion | 161 | ||
II. Das Folterverbot als Kerngehalt der Menschenwürde | 163 | ||
III. Menschenwürde und einfachgesetzliche Folterverbote | 167 | ||
1. Einwirkungen des Menschenwürdesatzes auf das sicherheitsrechtliche Folterverbot | 167 | ||
2. Einwirkungen des Menschenwürdesatzes auf das strafrechtliche Folterverbot | 168 | ||
a) Menschenwürde und Strafbarkeit der Folter | 169 | ||
b) Menschenwürde und Rechtfertigung der Folter | 171 | ||
c) Zwischenergebnis | 171 | ||
IV. Die Unabwägbarkeit der Menschenwürde | 172 | ||
1. Der Vorrang der Menschenwürde vor dem Lebensschutz | 172 | ||
a) Ausnahmestellung in der Normenhierarchie des Grundgesetzes | 172 | ||
b) Leben als zweiter „Höchstwert“? | 173 | ||
c) Bruggers These vom Wertungswiderspruch | 175 | ||
2. Würde gegen Würde? | 176 | ||
a) Achtungs- gegen Schutzpflicht | 176 | ||
b) Die Würde des Entführungsopfers | 178 | ||
V. Kritik und mögliche Konsequenzen | 179 | ||
1. Kritik dogmatischer Natur | 179 | ||
a) Vorrang der Achtungs- vor der Schutzpflicht | 179 | ||
b) Negation oder teleologische Reduktion der Schutzpflicht | 182 | ||
c) Vorrang der völkerrechtlichen Folterverbote | 183 | ||
2. Praktische Handhabung und mögliche Gefahren | 184 | ||
a) Abwägung von Opfer- und Täterwürde | 184 | ||
b) „Dammbruch“ und „schiefe Ebene“ | 185 | ||
c) Mögliche Anwendungsfälle | 186 | ||
3. Folter, Extremfälle und wertungsfreie Räume: abschließende Anmerkungen | 187 | ||
VI. Folgerungen: Menschenwürde als Foltererlaubnis | 190 |