Die fahrlässige Mittäterschaft
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Die fahrlässige Mittäterschaft
Ein Beitrag zur strafrechtlichen Zurechnungslehre auf der Grundlage eines finalen Handlungsbegriffs
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 175
(2006)
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Abstract
Unachtsamkeiten sind an der Tagesordnung. Rechtsdogmatisch führt dies zu Schwierigkeiten, wenn mehrere Personen fahrlässig in Bezug auf einen Deliktserfolg gehandelt haben und die Kausalität eines jeden einzelnen nicht festgestellt werden kann: etwa wenn zwei Personen nacheinander je einen Felsbrocken den Abhang hinunterrollen und unklar bleibt, welcher Stein einen Menschen im Tal erschlagen hat. In der Literatur wird hierzu vermehrt eine (tätigkeitszurechnende) fahrlässige Mittäterschaft propagiert.Der Autor bestimmt im Wege einer Auslegung des § 25 StGB den Begriff des Täters als jeden, der objektiv das tatbestandserfüllende Handlungsgeschehen durch eine emotionsbedingt-finale Handlung beherrscht. Im Zusammenhang damit definiert er den Begriff der Mittäterschaft als Geschehenssteuerung über eine gegenseitige Handlungseinplanung, die bei einer unbewussten Fahrlässigkeit undenkbar ist, so dass im Fahrlässigkeitsbereich die Lösung über die Kausalität (INUS-Bedingung) und Vorhersehbarkeit zu suchen ist.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 17 | ||
Einführung | 21 | ||
Erster Teil: Bestandsaufnahme | 31 | ||
Erstes Kapitel: Die historische Ermöglichung der fahrlässigen Mittäterschaft und ihre „Erfindung“ | 31 | ||
I. Die historische Zweispurigkeit der Miturheberschaft | 32 | ||
II. Die Auflösung der Zweispurigkeit | 35 | ||
III. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs Braunschweigs vom 18.04.1855 | 37 | ||
IV. Die Ermöglichung der fahrlässigen Mittäterschaft durch den Gesetzgeber | 40 | ||
V. Wächters Herleitung der fahrlässigen Mittäterschaft | 42 | ||
Zweites Kapitel: Die Beurteilung einschlägiger Sachverhalte in der Judikatur | 45 | ||
I. Die Ablehnung der fahrlässigen Mittäterschaft | 45 | ||
1. Das Urteil des Königlichen Obertribunals in Strafsachen vom 26.01.1875 | 45 | ||
2. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts bis 1897 | 46 | ||
a) Der Täter- und Mittäterschaftsbegriff | 46 | ||
b) Das Urteil des Reichsgerichts vom 19.11.1889 | 48 | ||
3. Die Rechtsprechung zur Zeit der „Interessentheorie“ von 1898 bis 1974 | 49 | ||
a) Der Täter- und Mittäterschaftsbegriff | 49 | ||
b) Urteil des Reichsgerichts vom 14.06.1927 | 51 | ||
c) Urteil des Reichsgerichts vom 31.08.1940 | 53 | ||
d) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.10.1958 | 55 | ||
e) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 01.04.1960 | 56 | ||
4. Die Rechtsprechung seit 1975 | 58 | ||
a) Der „wertende“ Täter- und Mittäterschaftsbegriff | 59 | ||
b) Urteil des OLG Schleswig vom 27.04.1981 | 60 | ||
c) Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 10.12.1984 | 61 | ||
d) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.07.1990 | 63 | ||
e) Urteil des schweizerischen Bundesgerichts vom 01.03.2000 | 66 | ||
f) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2000 | 68 | ||
5. Die Rechtsprechung deutscher Zivilgerichte zur (strafrechtlichen) fahrlässigen Mittäterschaft | 71 | ||
6. Zwischenergebnis | 74 | ||
II. Alternative Lösungswege | 75 | ||
1. Die Vorverlagerung des Fahrlässigkeitsvorwurfs | 76 | ||
a) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.01.1955 | 76 | ||
b) Urteil des Bundesgerichtshofs vom 01.04.1960 | 77 | ||
c) Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 10.12.1984 | 77 | ||
d) Kritik | 78 | ||
2. Die Unterlassungslösung | 80 | ||
a) Urteil des Reichsgerichts vom 20.01.1930 | 81 | ||
b) Urteil des Amtsgerichts Köln vom 23.03.1956 | 82 | ||
c) Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts vom 27.04.1990 | 82 | ||
d) Kritik | 83 | ||
III. Fazit | 84 | ||
Drittes Kapitel: Lösungsansätze zur fahrlässigen Mittäterschaft im Schrifttum | 86 | ||
I. Die ältere Lehre | 86 | ||
II. Der Täterbegriff der Tatherrschaftslehre als Ausgangspunkt der neueren Lehre | 89 | ||
III. Die ablehnende Ansicht in der neueren Lehre und ihre Argumente | 90 | ||
1. Der Einheitstäterbegriff bei den Fahrlässigkeitsdelikten | 91 | ||
a) Wortlaut | 92 | ||
b) Wertung der §§ 26, 27 StGB | 94 | ||
c) Fehlende Tatherrschaft | 96 | ||
2. Verstoß gegen nullum crimen sine lege | 98 | ||
3. Fehlender gemeinsamer Tatentschluss | 100 | ||
4. Verstoß gegen in dubio pro reo und Haftungsausdehnung | 102 | ||
5. Die Entbehrlichkeit der fahrlässigen Mittäterschaft | 104 | ||
a) Die Vorverlagerung des Fahrlässigkeitsvorwurfs | 104 | ||
b) Die Unterlassungslösung | 105 | ||
6. Zwischenergebnis | 109 | ||
IV. Die befürwortenden Ansichten im neueren Schrifttum | 110 | ||
1. Neuinterpretation der Mittäterschaft als objekte Zurechnung | 111 | ||
a) Die Gemeinschaftlichkeit als objektiver Planzusammenhang bei Lesch und Derksen | 112 | ||
aa) Das Modell im Einzelnen | 112 | ||
bb) Kritik | 114 | ||
b) Eschenbachs „systematische“ Herleitung | 117 | ||
2. Die fahrlässige Mittäterschaft als Beteiligungsform mit eigenen Strukturelementen | 118 | ||
a) Knauers Modell eines „gemeinsam objektiv zurechenbaren Verhaltens“ | 118 | ||
aa) Das Modell im Einzelnen | 119 | ||
bb) Kritik | 120 | ||
b) Die fahrlässige Mittäterschaft als Ergebnis des Autonomieprinzips | 121 | ||
aa) Autonomieprinzip und Folgenzurechnung bei Renzikowski | 122 | ||
bb) Das Verantwortlichkeitsprinzip bei Heribert Schumann | 124 | ||
cc) Michael Köhlers Modell der freien Subjekte | 124 | ||
dd) Kritik am Autonomieprinzip und seinen Auswirkungen auf die Täterlehre | 125 | ||
c) Die fahrlässige Mittäterschaft wegen gemeinschaftlicher Risikosteigerung bei Otto | 127 | ||
aa) Das Modell im Einzelnen | 127 | ||
bb) Kritik | 130 | ||
d) Simone Kamms fahrlässige Mittäterschaft wegen notwendigen Zusammenwirkens | 132 | ||
e) Die fahrlässige Mittäterschaft als Verletzung einer gemeinschaftlichen Sorgfaltspflicht bei Bettina Weißer | 135 | ||
f) Sung-Ryongs Lösung über die Vergleichbarkeit vorsätzlichen und fahrlässigen Zusammenwirkens | 137 | ||
g) Die handlungstheoretische Fundierung der fahrlässigen Mittäterschaft | 139 | ||
aa) Überblick über die einzelnen Ansichten | 139 | ||
bb) Kritik | 141 | ||
3. Die „imaginäre Kollektivperson“ als Folge der fahrlässigen Mittäterschaftskonstruktionen | 144 | ||
V. Zwischenergebnis zum derzeitigen Stand der fahrlässigen Mittäterschaft im Schrifttum | 146 | ||
Zweiter Teil: Grundlagen | 149 | ||
Viertes Kapitel: Der Täterbegriff des Strafgesetzbuches | 149 | ||
I. Bestimmung des methodischen Ansatzpunktes | 151 | ||
II. Die Auslegung nach dem Begriffssinn | 153 | ||
III. Die normtextorientierte Auslegung | 155 | ||
1. Die Tatbestandsbezogenheit des Täterbegriffs | 156 | ||
2. Die „Begehung“ der Tat | 157 | ||
a) Der kausale Handlungsbegriff als Grundlage objektiver und extrem subjektiver Täterlehre | 161 | ||
b) Der finale Handlungsbegriff als Ausgangspunkt der Tatherrschaftslehre | 164 | ||
aa) Die finale Handlungslehre und automatisierte Handlungen | 165 | ||
bb) Die finale Handlungslehre und Unterlassungen | 166 | ||
cc) Die finale Handlungslehre und die Fahrlässigkeit | 168 | ||
c) Der soziale Handlungsbegriff | 172 | ||
d) Die personale Handlungslehre oder: Der Tatbestand als Grundkategorie des Strafrechts | 175 | ||
e) Eine Zurechnungslehre als Ersatz der Handlungslehre | 177 | ||
f) Eigener Handlungsbegriff | 179 | ||
aa) Das neurologische Handlungsmodell | 180 | ||
bb) Der emotionsbedingt-finale Handlungsbegriff und die Unterlassungsdelikte | 186 | ||
cc) Der emotionsbedingt-finale Handlungsbegriff und die Fahrlässigkeit | 188 | ||
g) Folgerungen für einen eigenen Täterbegriff | 190 | ||
3. Zwischenergebnis und Wortlautgrenze | 195 | ||
IV. Die teleologische Auslegung | 198 | ||
1. Der Täter als Rechtsgutsverletzungsverwirklicher | 199 | ||
2. Die Abgrenzung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Rechtsgutsverletzung | 200 | ||
V. Folgerung für den Täterbegriff und seine deliktsspezifische Anwendung | 204 | ||
1. Die Täterschaft bei Sonderdelikten | 204 | ||
2. Die Täterschaft bei eigenhändigen Delikten | 207 | ||
3. Die Täterschaft bei den unechten Unterlassungsdelikten | 208 | ||
VI. Ergebnis | 212 | ||
Fünftes Kapitel: Die Mittäterschaft des § 25 Abs. 2 StGB | 214 | ||
I. Das Wesen der Mittäterschaft | 215 | ||
1. Die Mittäterschaft als Form der mittelbaren Täterschaft | 215 | ||
2. § 25 Abs. 2 StGB als Zurechnungsnorm | 217 | ||
3. Die Art der Zurechnung | 221 | ||
a) Die mittelbare Zurechnung über eine „imaginäre Gesamtperson“ | 221 | ||
b) Die Modifikation der Tatbestände durch die Gesamttat | 222 | ||
c) Tätigkeitsanrechnung | 222 | ||
II. Die Voraussetzungen einer Mittäterschaft | 223 | ||
1. Die gemeinsame Tatausführung | 224 | ||
a) Die Qualität des Beitrags | 224 | ||
b) Die Kausalität des Beitrags | 226 | ||
aa) Der Diskussionsstand in Rechtsprechung und Literatur | 226 | ||
bb) Die additive Mittäterschaft | 229 | ||
cc) Die alternative Mittäterschaft | 231 | ||
dd) Der Perspektivwechsel aufgrund subjektiver Einplanung | 232 | ||
c) Zeitpunkt des Beitrags | 236 | ||
2. Der gemeinschaftliche Tatentschluss | 237 | ||
a) Ein Tatentschluss als bloßer Einpassungsentschluss | 239 | ||
b) Die Mittäterschaft als objektive Zurechnung | 240 | ||
c) Der gemeinschaftliche Tatentschluss als Ergebnis normtextorientierter Auslegung | 241 | ||
d) Das Maß subjektiver Abstimmung | 243 | ||
3. Jeder Mittäter muss Alleintäter sein können | 248 | ||
Dritter Teil: Folgerungen | 249 | ||
Sechstes Kapitel: Die Übertragung der Mittäterschaftskriterien auf fahrlässige Delikte | 249 | ||
I. Der Fahrlässigkeitsbegriff | 249 | ||
II. Das arbeitsteilige Vorgehen | 254 | ||
III. Der gemeinschaftliche Tatentschluss | 257 | ||
1. Der Deliktserfolg als Anknüpfungspunkt des gemeinschaftlichen Tatentschlusses | 258 | ||
2. Das Erfordernis eines deliktischen Sinnbezugs | 260 | ||
a) Parallele zur „Beihilfe durch eine neutrale Handlung“ | 260 | ||
b) Der Hamburger Parkplatztausch-Fall | 262 | ||
c) Lösungsansätze | 264 | ||
aa) Einschränkungen im objektiven Tatbestand | 264 | ||
bb) Abgrenzung auf subjektiver Ebene | 266 | ||
cc) Der deliktische Sinnbezug | 266 | ||
dd) Zwischenergebnis | 269 | ||
3. Das Handlungsunrecht der Fahrlässigkeitstat | 270 | ||
a) Vergleich zum Unterlassungsdelikt | 271 | ||
b) Die Vorhersehbarkeit als Kern der Fahrlässigkeit | 272 | ||
c) Die Sorgfaltspflichtverletzung als Zeichen unerlaubten Risikos | 279 | ||
d) Absage an die „Maßstabsfigur“ | 281 | ||
e) Auswirkungen auf die fahrlässige Mittäterschaft | 285 | ||
IV. Die Mittäterschaft bei erfolgsqualifizierten Delikten | 290 | ||
V. Ergebnis | 294 | ||
Siebtes Kapitel: Alternative Lösungswege für die Konstellationen fahrlässigen Zusammenwirkens | 296 | ||
I. Die Lösung der Kollegialentscheidungsfälle | 299 | ||
1. Die vertikale Zurechnung | 300 | ||
a) Die Zurechnung bei vorsätzlichem Deliktserfolg | 301 | ||
aa) Mittäterschaft | 302 | ||
bb) Mittelbare Täterschaft kraft Irrtumsherrschaft | 304 | ||
cc) Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft | 305 | ||
b) Die Zurechnung beim fahrlässigen Deliktserfolg | 315 | ||
aa) Die Zurechnung bei fahrlässigen Handlungsdelikten | 315 | ||
bb) Die Zurechnung bei fahrlässigen Erfolgsdelikten | 317 | ||
cc) Zwischenergebnis | 319 | ||
2. Die horizontale Zurechnung | 319 | ||
a) Die Kausalität jeder einzelnen Ja-Stimme | 320 | ||
aa) Lösung über die Lehre von der Kausalität in ihrer besonderen Gestalt | 323 | ||
bb) Lösung über die kumulative und alternative Kausalität | 325 | ||
cc) Lösung über die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung | 331 | ||
dd) Lösung über die Lehre von der Inus-Bedingung | 334 | ||
b) Einschränkung nach den Grundsätzen objektiver Zurechnung | 340 | ||
aa) Lösung nach der Risikoerhöhungslehre | 345 | ||
bb) Lösung nach der Vermeidbarkeitslehre | 347 | ||
cc) Zurechnungsausschluss bei resignierenden Gremiumsmitgliedern | 348 | ||
c) Die eigentliche Problematik: Vorhersehbarkeit | 350 | ||
3. Ergebnis | 352 | ||
II. Die Lösung des Pandekten-Falles | 354 | ||
III. Die Lösung der Konstellationen notwendigen Zusammenwirkens am Beispiel des Einführungsfalles „Schmökel“ | 356 | ||
IV. Die Lösung der Fälle „unterbedingter Erfolge“ am Beispiel des „Rolling Stones“-Falles | 357 | ||
Gesamtergebnis | 360 | ||
I. Auswirkungen der Täterlehre auf die fahrlässige Mittäterschaft | 362 | ||
II. Auswirkungen der Mittäterschaftsdogmatik auf die fahrlässige Mittäterschaft | 364 | ||
III. Auswirkungen des Fahrlässigkeitsbegriffs auf die fahrlässige Mittäterschaft | 365 | ||
IV. Auswirkungen auf die Rechtserheblichkeit Fahrlässigen Zusammenwirkens | 366 | ||
Schrifttumsverzeichnis | 369 | ||
Sachverzeichnis | 408 |