Verfassungsgerichtlicher Jurisdiktionsstaat?
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Verfassungsgerichtlicher Jurisdiktionsstaat?
Eine rechtsvergleichende Analyse zur Kompetenzabgrenzung von Verfassungsgericht und Gesetzgeber in den USA und der Bundesrepublik Deutschland
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 984
(2005)
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Abstract
Die Kompetenzabgrenzung zwischen dem Verfassungsgericht und dem Gesetzgeber ist heutzutage ein viel diskutiertes und doch nirgendwo endgültig gelöstes Problem. Die Kontroverse um die Frage, worin die Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit liegen sollen und auf welche Weise die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gegenüber der verfassungsgerichtlichen Kontrolle gewährleistet werden kann, bleibt noch immer lebendig. In der Hinsicht, daß die amerikanische und die deutsche Verfassungsgerichtsbarkeit auf gemeinsame Schwierigkeiten stoßen, auf die die beiden Rechtsordnungen aber unterschiedlich reagiert haben, versucht die Autorin, die gegenwärtige Kontroverse um die Verfassungsgerichtsbarkeit aus der deutsch-amerikanisch rechtsvergleichenden Perspektive zu untersuchen. Sie zeigt, ausgehend von den unterschiedlichen Hintergründen und Voraussetzungen unter der amerikanischen und der deutschen Rechtsordnung, die Auswirkungen der common law- und der kontinentaleuropäischen Tradition auf die Entwicklungsorientierung und -eigenschaft in den USA und der Bundesrepublik Deutschland. Ziel der Arbeit ist es, durch die Analyse der amerikanischen Entwicklung unter dem Einfluß des Common Law den Angelpunkt zur Überwindung der Schwierigkeit der Kompetenzabgrenzung zwischen dem Verfassungsgericht und dem Gesetzgeber aufzuzeigen und dadurch die heutige deutsche Debatte um die Verfassungsgerichtsbarkeit aus einer unterschiedlichen Perspektive zu examinieren. Daraus soll sich für die gegenwärtige Problematik eine überzeugende Antwort ergeben.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 13 | ||
1. Teil: Die Debatte um die Verfassungsgerichtsbarkeit im demokratischen Staat aus rechtsvergleichender Perspektive | 17 | ||
I. Einführung | 17 | ||
1. „Auf dem Weg in den verfassungsgerichtlichen Jurisdiktionsstaat“? – Zur gegenwärtigen Kritik an der Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland | 17 | ||
a) Die Einrichtung einer zentralisierten Verfassungsgerichtsbarkeit im Grundgesetz | 17 | ||
b) Entfaltung der objektiven Dimension der Grundrechte und Politisierungsgefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit | 24 | ||
c) Der funktionell-rechtliche Ansatz und die Kontrolldichten des BVerfG zur Abwehr der Politisierungsgefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit | 26 | ||
aa) Die funktionell-rechtliche Reaktion auf die Politisierungsgefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit | 26 | ||
bb) Die Kritik | 28 | ||
2. Das Spannungsverhältnis zwischen Verfassungsgerichtsbarkeit und demokratischer Gesetzgebung als Verfassungsproblem sowohl in Deutschland als auch in den USA | 30 | ||
a) Verschiedene Hintergründe und gemeinsame Schwierigkeiten | 30 | ||
b) Antrieb und Ansatzpunkt einer Vergleichung | 31 | ||
aa) Der funktionsorientierte Ansatz in den USA | 31 | ||
bb) Das „Funktions-Modell“ des US Supreme Court als die endgültige Lösung? | 32 | ||
II. Rechtsvergleichung als juristische Methode | 35 | ||
1. Die Eigenart der Methode der Rechtsvergleichung | 35 | ||
2. Deskriptive und eigentliche Rechtsvergleichung | 37 | ||
3. Methodik und Aufgabe der funktionellen Rechtsvergleichung | 38 | ||
a) Das Funktionalitätsprinzip | 38 | ||
b) Ein lockerer, funktionsgerichteter Systembegriff | 38 | ||
c) Über Gleichheit und Unterschiedlichkeit | 39 | ||
III. Die Methode der Rechtsvergleichung zur Untersuchung der Debatte um das Spannungsverhältnis zwischen dem Verfassungsgericht und dem demokratischen Gesetzgeber | 41 | ||
1. Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht: Zur Vergleichbarkeit von amerikanischem und deutschem Verfassungsrecht | 41 | ||
2. Gegenstand und Ziel der vorliegenden Rechtsvergleichung | 43 | ||
a) Die Problemstellung | 43 | ||
b) Die amerikanische Verfassungsentwicklung als Ausgangspunkt der Rechtsvergleichung | 44 | ||
c) Die amerikanische Verfassungsentwicklung zur Erklärung der deutschen Kontroverse | 44 | ||
2. Teil: Die Debatte um das Spannungsverhältnis von Verfassungsgerichtsbarkeit zu demokratischer Gesetzgebung in den USA | 46 | ||
I. Die Einrichtung und Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit | 46 | ||
1. Anerkennung der (diffusen) Verfassungsgerichtsbarkeit | 46 | ||
a) Die Rechtfertigung der Verfassungsgerichtsbarkeit durch die Federalist Papers und Marbury v. Madison | 46 | ||
b) Die Verfassungsgerichtsbarkeit unter traditioneller Gewaltenteilungsstruktur | 49 | ||
c) Die Verfassungsgerichtsbarkeit unter dem Common Law | 52 | ||
aa) Zum Begriff des Common Law: Eine Vorklärung | 52 | ||
bb) Die Verfassungsgerichtsbarkeit vor dem Hintergrund des Common Law | 53 | ||
d) Die Grundrechte im amerikanischen Verfassungsrecht: Grundrechtsschutz durch die Verfassungsgerichtsbarkeit | 55 | ||
2. Zuspitzung des Spannungsverhältnisses von Verfassungsgerichtsbarkeit zu Gesetzgebung seit der „Lochner-Ära“ | 57 | ||
II. Die Debatte um die Verfassungsgerichtsbarkeit aus demokratischer Perspektive | 61 | ||
1. Die „countermajoritarian difficulty“ der Verfassungsgerichtsbarkeit: Bickels Behauptung als Ausgangspunkt | 61 | ||
2. Zur Überwindung der countermajoritarian difficulty | 64 | ||
a) Schwerpunkt der Debatte: Wie paßt das Common Law zur repräsentativen Demokratie? | 64 | ||
b) Die Debatte im Lichte des Common Law: Zur demokratischen Legitimation der Verfassungsgerichtsbarkeit unter dem Common Law | 65 | ||
aa) Die Ansätze von Strauss und Sunstein | 66 | ||
bb) Judicial restraint oder judicial self-restraint unter dem Common Law? | 71 | ||
cc) Der Alternativansatz Dworkins | 78 | ||
3. Der Einfluß der Problemstellung der countermajoritarian difficulty auf die praktische Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit | 81 | ||
III. Die Entwicklung der Grundrechte und der Prüfungsstandards durch den Supreme Court | 83 | ||
1. Grundrechtsentfaltung durch den Supreme Court | 83 | ||
a) Grundrechtsschutz unter dem Common Law: Grundrechte als Abwehrrechte | 83 | ||
b) Grundrechtsschutz vor der countermajoritarian difficulty | 86 | ||
c) Grundrechtsschutz durch die Klassifikation der Grundrechte | 87 | ||
2. Grundrechtsverstärkung durch die Prüfungsstandards | 89 | ||
a) Zum Stufenbau der Prüfungsstandards | 89 | ||
aa) Überblick | 89 | ||
bb) Der „rational basis/relationship test“ | 91 | ||
cc) Der „strict scrutiny test“ | 93 | ||
dd) Der „intermediate scrutiny test“ | 101 | ||
ee) Zusammenfassung | 103 | ||
b) Die Eigenheit und Bedeutung der Entwicklung der Prüfungsstandards | 105 | ||
aa) Die Entwicklung der Doppelstandards vor dem Hintergrund der countermajoritarian difficulty | 105 | ||
bb) Die Entwicklung der Prüfungsstandards unter dem Common Law | 106 | ||
(1) Die Prüfungsstandards unter dem Einfluß der Empirie | 106 | ||
(2) Die Aufgaben- und Funktionsverteilung durch das Common Law? | 111 | ||
IV. Countermajoritarian difficulty überwunden? | 114 | ||
1. Die Aufgaben- und Funktionsverteilung unter dem Common Law: Zum normativen Problem der Prüfungsstandards | 114 | ||
2. Prozeduralisierung als einziger Ausweg? – Zur prozeduralen Theorie John Hart Elys | 116 | ||
3. Zur Problemstellung der countermajoritarian difficulty unter dem Common Law | 119 | ||
V. Fazit: Die common law-Verfassungsgerichtsbarkeit vor der countermajoritarian difficulty | 120 | ||
3. Teil: Die Beiträge der Entwicklungen in den USA zur Debatte um die Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland | 122 | ||
I. Einleitung: Das Recht-Politik-Problem als Bezugspunkt | 122 | ||
1. Der Supreme Court und das BVerfG im Schnittpunkt zwischen Recht und Politik | 122 | ||
2. Die Erläuterung zum „Beitrag“ amerikanischer Entwicklung zu deutscher Diskussion: Eine methodische Reflexion | 127 | ||
II. Wesen und Probleme der Verfassungsgerichtsbarkeit im Lichte der Tradition der Gegenüberstellung von Rechtsanwendung und Rechtsetzung in Deutschland | 129 | ||
1. Zur Tradition der Rechtsanwendung in der Entwicklung der juristischen Methodenlehre | 129 | ||
a) Die frühere Entwicklung: Zur Herrschaft von Labands Positivismus | 129 | ||
b) Der Methoden- und Richtungsstreit der Staatsrechtslehre in der Weimarer Republik in der Tradition der Rechtsanwendung | 134 | ||
aa) Die Vorstellung von richterlicher Rechtsanwendung vor dem Hintergrund des Methodenstreits | 134 | ||
bb) Einige Auffassungen über das richterliche Prüfungsrecht unter der Vorstellung der richterlichen Rechtsanwendung | 140 | ||
cc) Der Gegensatz zwischen Schmitt und Kelsen in der Tradition der richterlichen Rechtsanwendung | 142 | ||
c) Zusammenfassung: Die deutsche Tradition der Rechtsanwendung im Gegensatz zur amerikanischen Tradition des Common Law | 149 | ||
2. Die gegenwärtige Kritik an der Verfassungsgerichtsbarkeit auf dem Hintergrund der Tradition der Rechtsanwendung | 151 | ||
a) Die Aufnahme der Kelsen-Linie im Grundgesetz | 151 | ||
aa) Die zentralisierte Verfassungsgerichtsbarkeit und der besondere Status des BVerfG | 151 | ||
bb) Garantie der Objektivität der Verfassungsinterpretation zur Sicherung des Rechtsanwendungscharakters der Verfassungsgerichtsbarkeit | 152 | ||
cc) Die Konkretisierung der Verfassungsnorm durch das BVerfG | 158 | ||
b) Die Ausweitung der Kompetenz des BVerfG | 161 | ||
aa) Vom formalen zum materiellen Rechtsstaat | 161 | ||
bb) Grundrechte als subjektive Rechte und als objektive Normen | 163 | ||
c) Die Krise der Verfassungsgerichtsbarkeit | 166 | ||
aa) Die Annäherung der Rechtsanwendung an die Rechtsetzung in der Verfassungsrechtsprechung | 166 | ||
bb) Das vom negativen zum positiven Gesetzgeber werdende BVerfG | 167 | ||
d) Die Nachwirkung des Kelsen-Schmitt-Streits | 171 | ||
III. Die gegenwärtige Debatte in Deutschland aus der rechtsvergleichenden Sicht | 172 | ||
1. Der funktionell-rechtliche Ansatz als Alternative? | 172 | ||
a) Die Grundthese | 172 | ||
b) Der Aufbau der abgestuften Kontrolldichten durch das BVerfG | 176 | ||
c) Die funktionell-rechtliche Kritik und die rechtsvergleichende Reflexion | 180 | ||
2. Rückkehr zur materiell-rechtlichen Richtung | 186 | ||
a) Die materiell-rechtlichen Vorgaben für das BVerfG: Die Grundlage der Verfassungsrechtsdogmatik | 186 | ||
b) Die materiell-rechtliche Kritik an der Verfassungsgerichtsbarkeit unter besonderer Berücksichtigung des Arguments von Böckenförde | 192 | ||
c) Die rechtsvergleichende Reflexion über den Einfluß der Entfaltung der Grundrechtsfunktion auf das Verhältnis von Verfassungsgericht und Gesetzgeber | 196 | ||
d) Die rechtsvergleichende Reflexion über die Politisierungsgefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit | 200 | ||
3. Die materiell-rechtliche Abgrenzung von Recht und Politik? | 203 | ||
a) Vorbemerkung: Zur Verfassung als Wertordnung | 203 | ||
b) Verfassungsgerichtsbarkeit als rechtliche Grenze der Politik | 209 | ||
aa) Vom Wesen der Verfassungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz | 209 | ||
bb) Gebundenheit und Fallbezogenheit der Verfassungsrechtsprechung als Gebote der Tradition der Rechtsanwendung: Anmerkungen zu einigen Entscheidungen des BVerfG | 212 | ||
cc) Das Urteil des BVerfG vom 11. November 1999 – Ein Irrweg aus dem Selbst(miß)verständnis des BVerfG | 218 | ||
c) Die materiell-rechtliche Entwicklung gegen die Politisierungsgefahren – Eine Reflexion über den Kelsen-Schmitt-Streit im Lichte der Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz | 222 | ||
IV. Verfassungsgerichtlicher Jurisdiktionsstaat – Unvermeidbar? | 225 | ||
Zusammenfassung | 229 | ||
Literaturverzeichnis | 232 | ||
Sachwortverzeichnis | 263 |