Das steuerfreie Existenzminimum und der progressive Tarif als Bausteine eines freiheitsrechtlichen Verständnisses des Leistungsfähigkeitsprinzips
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Das steuerfreie Existenzminimum und der progressive Tarif als Bausteine eines freiheitsrechtlichen Verständnisses des Leistungsfähigkeitsprinzips
Schriften zum Steuerrecht, Vol. 87
(2005)
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Abstract
Andrea Liesenfeld untersucht in der vorliegenden Publikation das verfassungsrechtliche (subjektive) Leistungsfähigkeitsprinzip und seine Vorgaben für die Besteuerung des Einkommens. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen dabei die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Berücksichtigung des Existenzminimums und für die Tarifgestaltung.Liesenfeld beginnt in einem ersten Teil mit einem historischen Überblick über die Entwicklung der Einkommensteuer und stellt in einem zweiten Teil die Aussagen anderer Wissenschaftszweige dar, die für die verfassungsrechtliche Diskussion bedeutsam sind. Erläutert werden insoweit ältere finanzwissenschaftliche Ansätze, insbesondere die Opfertheorien sowie die Vorgaben einer entscheidungsneutralen Besteuerung, wie sie von der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre formuliert werden.Die anschließende verfassungsrechtliche Untersuchung begründet die These, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip - anders als dies bisher allgemein angenommen wird - ein originär freiheitsrechtliches und kein gleichheitsrechtliches Besteuerungsprinzip darstellt. Als originär freiheitsrechtliches Besteuerungsprinzip vereinigt es die Forderung nach einem steuerfreien Existenzminimum und weitere freiheitsrechtliche Höchstgrenzen, die in der progressiven Tarifgestaltung zum Ausdruck kommen. Dem freiheitsrechtlichen Verständnis kommt damit eine zentrale Bedeutung für die verfassungsrechtlich zulässige Besteuerungshöhe zu. Es ist darüber hinaus aber auch für andere, mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip zusammenhängende Fragestellungen relevant.Die Arbeit stellt das Leistungsfähigkeitsprinzip damit auf eine neue, freiheitsrechtliche Grundlage. Sie legt seine Grenzen offen, stärkt das Leistungsfähigkeitsprinzip dadurch aber auch innerhalb dieser Grenzen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 15 | ||
A. Problemstellung | 15 | ||
B. Der Gang der Untersuchung | 24 | ||
Erster Teil: Die historische Entwicklung der Einkommensteuer | 26 | ||
A. Die preußischen Kriegssteuern Anfang des 19. Jahrhunderts | 26 | ||
I. Das Reglement vom 23. Februar 1808 | 26 | ||
II. Die Klassensteuer vom 6. Dezember 1811 | 29 | ||
III. Die Vermögens- und Einkommensteuer vom 24. Mai 1812 | 30 | ||
B. Die weitere Entwicklung bis zur Einkommensteuer 1891 | 32 | ||
C. Die preußische Einkommensteuer des Jahres 1891 | 34 | ||
D. Die Entwicklung der Einkommensteuer im Deutschen Reich | 35 | ||
I. Das Einkommensteuergesetz des Jahres 1920 | 36 | ||
II. Das Einkommensteuergesetz des Jahres 1925 | 38 | ||
III. Das Einkommensteuergesetz des Jahres 1934 und seine Änderungen bis 1945 | 39 | ||
E. Die Entwicklung nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches bis heute | 41 | ||
I. Die Kontrollratsgesetze und die anschließende Entwicklung bis 1958 | 41 | ||
II. Die Änderungen des Einkommensteuertarifs des Jahres 1958 | 44 | ||
III. Die Änderungen des Jahres 1975 | 46 | ||
IV. Der Weg zum linear-progressiven Tarif seit 1986 | 48 | ||
V. Das Jahressteuergesetz 1996 und spätere Tarifänderungen | 50 | ||
F. Zusammenfassung der Ergebnisse | 51 | ||
Zweiter Teil: Wirtschaftswissenschaftliche Aussagen zu Existenzminimum und Tarifgestaltung | 54 | ||
1. Kapitel: Die Ursprünge: Ältere finanzwissenschaftliche Ansätze | 54 | ||
A. Die opfertheoretischen Versuche der Rechtfertigung der progressiven Einkommensbesteuerung | 54 | ||
I. Die Opfertheorien: Ihre Voraussetzungen und ihre unterschiedlichen Ausprägungen | 54 | ||
II. Die Kritik der Opfertheorien | 57 | ||
1. Der sinkende Grenznutzen des Einkommens und die fehlende Bestimmbarkeit der Grenznutzenfunktionen | 57 | ||
2. Das Problem der interindividuellen Vergleichbarkeit der Nutzenfunktionen | 59 | ||
3. Inkonsistenzen der Opfertheorien | 60 | ||
B. Das Argument des Ausgleichs der regressiven Wirkungen indirekter Steuern | 60 | ||
2. Kapitel: Die Besteuerung des Existenzminimums und der Verlauf des Einkommensteuertarifs bei einer entscheidungsneutralen Besteuerung | 61 | ||
A. Die Neutralität der Besteuerung – Grundgedanken | 61 | ||
B. Die entscheidungsneutrale Ausgestaltung der Einkommensteuer – Anforderungen für die Berücksichtigung des Existenzminimums und die Gestaltung des Tarifs | 64 | ||
I. Einperiodiges Modell unter Sicherheit | 64 | ||
II. Mehrperiodiges Modell unter Sicherheit | 65 | ||
III. Modell unter Unsicherheit | 65 | ||
C. Unterschiede einer leistungsfähigkeitsgerechten und einer entscheidungsneutralen Besteuerungskonzeption | 68 | ||
3. Kapitel: Die Bedeutung ökonomischer Aussagen für die Rechtswissenschaft | 70 | ||
A. Trennungsthese | 70 | ||
B. Die ökonomische Analyse des Rechts – Rechtsanwendung im Sinne der ökonomischen Analyse des Rechts? | 71 | ||
Dritter Teil: Das Leistungsfähigkeitsprinzip als freiheitsrechtliches Besteuerungsprinzip – Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Berücksichtigung des Existenzminimums und der Gestaltung des Einkommensteuertarifs | 74 | ||
1. Kapitel: Das verfassungsrechtliche Leistungsfähigkeitsprinzip und seine Konkretisierungen im Hinblick auf das Existenzminimum und den Einkommensteuertarif – die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Stellungnahmen der Literatur | 74 | ||
A. Der Stand der Rechtsprechung und der Literatur | 74 | ||
I. Das Leistungsfähigkeitsprinzip | 74 | ||
1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip – verschiedene Deutungsmöglichkeiten | 75 | ||
2. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als verfassungsrechtlicher Maßstab der Einkommensteuer | 76 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 76 | ||
b) Ansichten in der Literatur | 78 | ||
II. Verfassungsrechtliche Vorgaben im Hinblick auf Existenzminimum und Tarif | 80 | ||
1. Die Berücksichtigung des (familiären) Existenzminimums | 80 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 80 | ||
b) Ansichten in der Literatur | 83 | ||
2. Der Verlauf des Einkommensteuertarifs | 86 | ||
a) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts | 86 | ||
b) Ansichten in der Literatur | 88 | ||
III. Zusammenfassung | 91 | ||
B. Kritische Fragen an die juristische Argumentation und Analyse der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefundenen Ergebnisse | 92 | ||
I. Kritische Fragen an die juristische Argumentation | 92 | ||
1. Unzureichende Trennung von freiheits- und gleichheitsrechtlichen Wertungen | 92 | ||
2. Die gleichheitsrechtliche Argumentation | 93 | ||
a) Die unzureichende Diskussion des im Rahmen der Einkommensteuer verfassungsrechtlich zulässigen Vergleichskriteriums | 93 | ||
(1) Die Anknüpfung am „objektiven Markteinkommen“ | 93 | ||
(2) Die Anknüpfung an im (disponiblen) Einkommen verkörperten Nutzen | 94 | ||
b) Unterschiedliche Verständnismöglichkeiten des Begriffs des „disponiblen Einkommens“ | 95 | ||
3. Verfassungsrechtliche Vorgaben für die steuertechnische Ausgestaltung? | 95 | ||
II. Analyse der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefundenen Ergebnisse | 96 | ||
1. Der Ausgangspunkt: Freiheits- und gleichheitsrechtliche Gewährleistungsgehalte | 97 | ||
a) Die unterschiedlichen Gewährleistungen von Freiheits- und Gleichheitsrechten | 97 | ||
b) Grundrechtliche Vorgaben für das Belastungsergebnis, keine ergebnisunabhängigen Vorgaben für die Ausgestaltung der Besteuerung | 97 | ||
2. Freiheits- oder gleichheitsrechtliche Fundierung der Ergebnisse bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung | 99 | ||
a) Das Existenzminimum des Steuerpflichtigen | 99 | ||
b) Das familiäre Existenzminimum | 101 | ||
c) Der Einkommensteuertarif | 102 | ||
3. Zusammenfassung der Ergebnisse | 103 | ||
2. Kapitel: Das Leistungsfähigkeitsprinzip als verfassungsrechtliches Besteuerungsprinzip | 104 | ||
A. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als summarisches Prinzip | 104 | ||
B. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als gleichheitsrechtliches Besteuerungsprinzip? | 106 | ||
I. Das maßgebliche Vergleichskriterium als zentrale (gleichheitsrechtliche) Fragestellung | 106 | ||
II. Die Suche nach dem Vergleichskriterium für die Steuerbelastung: Eine erste Annäherung durch die Normen der Finanzverfassung | 108 | ||
1. Die Behandlung der Fragestellung in Rechtsprechung und Literatur | 109 | ||
2. Die Einkommensteuer als zulässiger gleichheitsrechtlicher Bezugspunkt | 110 | ||
III. Die Leistungsfähigkeit i. S. des im disponiblen Einkommen verkörperten Nutzens als freiheitsrechtlich fundiertes Vergleichskriterium | 114 | ||
1. Die bedarfsorientierten freiheitsrechtlichen Wertungen als verfassungsrechtliche Begründung des im disponiblen Einkommen verkörperten Nutzens | 114 | ||
2. Das Problem der fehlenden Messbarkeit des Nutzens als verfassungsrechtliche Fragestellung | 116 | ||
3. Konsequenzen einer Wahl des im disponiblen Einkommen verkörperten Nutzens als Vergleichskriterium | 117 | ||
a) Die Art und Weise der Berücksichtigung leistungsfähigkeitsmindernder Umstände | 118 | ||
b) Die Notwendigkeit eines Stufengrenzsatztarifs | 120 | ||
c) Anforderungen an den Tarifverlauf: Die Unzulässigkeit von Tarifsprüngen | 121 | ||
IV. Das objektive Markteinkommen als verfassungsrechtlich zulässiges, ebenfalls freiheitsrechtlich begründetes Vergleichskriterium | 122 | ||
1. Die hohe Begründungslast der These von der allein zulässigen Anknüpfung am disponiblen Einkommen | 122 | ||
2. Die Wettbewerbsfreiheit als verfassungsrechtliche Begründung für eine am objektiven Markteinkommen ansetzende gleichheitsrechtliche Besteuerungskonzeption | 122 | ||
3. Konsequenzen einer gleichheitsrechtlichen Anknüpfung am objektiven Markteinkommen – für den Steuerpflichtigen und seine Familie | 124 | ||
V. Zusammenfassung der Ergebnisse von Punkt B. | 126 | ||
C. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als (originär) freiheitsrechtliches Besteuerungsprinzip! | 128 | ||
I. Die freiheitsrechtliche Diskussion: Liberale und bedarfsorientierte Besteuerungsgrenzen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 128 | ||
II. Liberale Freiheitsgrenzen | 131 | ||
1. Die Abgabenbelastung als Eigentumsbeschränkung? | 132 | ||
a) Eingriff in die Rechtsgüter Geld bzw. Vermögen | 132 | ||
b) Steuer als Zugriff auf konkrete Eigentumsrechte | 133 | ||
c) Art. 14 GG als allgemeine Handlungsfreiheit im vermögensrechtlichen Bereich | 134 | ||
d) Die Funktion des Eigentumsgrundrechts und der Funktionswandel | 135 | ||
2. Die Einkommensteuer als Nutzungsbeschränkung bereits bestehenden Eigentums – die Theorie des „mittelbaren Vermögensschutzes“ | 139 | ||
III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als bedarfsorientiertes freiheitsrechtliches Besteuerungsprinzip: Die Funktionen des Einkommens und ihre Bedeutung für die verfassungsrechtliche Wertung | 141 | ||
1. Der Schutz des indisponiblen Einkommens durch die Menschenwürdegarantie | 142 | ||
2. Der Schutz des disponiblen Einkommens durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht | 143 | ||
a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht – Grundlagen | 144 | ||
b) Der Schutz der – finanziellen – Grundbedingungen der Persönlichkeitsentfaltung durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht | 146 | ||
3. Das freiheitsrechtliche Verständnis des Leistungsfähigkeitsprinzips in Einklang mit seinen historischen Inhalten | 148 | ||
IV. Die Verhältnismäßigkeit des Einkommensteuertarifs | 151 | ||
1. Die Schwierigkeiten der Abwägung des Fiskalzwecks | 152 | ||
a) Der Fiskalzweck und der haushaltsrechtliche Grundsatz der Gesamtdeckung | 153 | ||
b) Das Mittel der Einkommensbesteuerung – der Belastungsgegenstand | 155 | ||
2. Die Schwierigkeiten der Quantifizierung: Ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit | 157 | ||
a) Die Quantifizierung von Besteuerungsgrenzen als Konsequenz des grundrechtlichen Abwägungsmodells im Steuerrecht | 157 | ||
b) Die Gefahren einer fehlenden Quantifizierung | 159 | ||
(1) Die gleichheitsrechtliche Forderung, das familiäre Existenzminimum als Abzug von der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen | 159 | ||
(2) Die Gefahr der Überdehnung des Existenzminimums | 161 | ||
3. Konsequenzen für die Einkommensbesteuerung: Die Progression als Ausdruck freiheitsrechtlicher Grenzen | 161 | ||
a) Die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Besteuerungszugriffs | 162 | ||
b) Die angemessene progressive Besteuerung | 164 | ||
V. Konsequenzen des freiheitsrechtlichen Begründungsansatzes steuerlicher Belastungsgrenzen | 166 | ||
1. Freiheitsrechtliche Grenzen als maximale Besteuerungsgrenzen | 167 | ||
2. Freiheitsrechtliche Grenzen als ergebnisbezogene Grenzen – Konsequenzen für die Berücksichtigung des Existenzminimums | 167 | ||
3. Konsequenzen für die Berücksichtigung des familiären Existenzminimums | 168 | ||
VI. Zusammenfassung der Ergebnisse von Punkt C. | 169 | ||
D. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als bedarfsorientiertes, originär freiheitsrechtliches Besteuerungsprinzip – Ausblick auf weitere Konsequenzen | 171 | ||
I. Die Zulässigkeit einer Schedularisierung | 172 | ||
II. Die Periodenbezogenheit der Einkommensbesteuerung | 176 | ||
Zusammenfassung der Ergebnisse | 179 | ||
Anhang: Definitionen und Erläuterungen zur steuertechnischen Tarifgestaltung | 187 | ||
A. Steuersatzdefinitionen | 187 | ||
B. Tarifformen | 187 | ||
C. Tarifgestaltungen | 188 | ||
I. Stufentarife | 189 | ||
1. Stufenbetrags- und Stufensatztarife | 189 | ||
2. Gesamtmengen- und Teilmengenstaffeltarife | 189 | ||
II. Formeltarife | 190 | ||
Literaturverzeichnis | 191 | ||
Sachverzeichnis | 217 |