Menu Expand

Leibeigene Bauern und Römisches Recht im 17. Jahrhundert

Cite BOOK

Style

Wiese, M. (2006). Leibeigene Bauern und Römisches Recht im 17. Jahrhundert. Ein Gutachten des David Mevius. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52091-6
Wiese, Marion. Leibeigene Bauern und Römisches Recht im 17. Jahrhundert: Ein Gutachten des David Mevius. Duncker & Humblot, 2006. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-52091-6
Wiese, M (2006): Leibeigene Bauern und Römisches Recht im 17. Jahrhundert: Ein Gutachten des David Mevius, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-52091-6

Format

Leibeigene Bauern und Römisches Recht im 17. Jahrhundert

Ein Gutachten des David Mevius

Wiese, Marion

Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte, Vol. 52

(2006)

Additional Information

Book Details

Pricing

Abstract

Der 30jährige Krieg dezimierte die ländliche Bevölkerung Europas um die Hälfte. Die Überlebenden flohen in weniger heimgesuchte Gebiete. Nach Kriegsende stellten viele Grundbesitzer Nachforschungen nach den von ihren Ländereien geflohenen Bauern an. Sie überzogen entweder die Bauern selbst, oder andere Grundbesitzer, unter deren Schutz die Bauern inzwischen lebten, mit Rückforderungsprozessen und stützten sich auf das Argument, die Bauern seien früher ihre "Leibeigenen" gewesen.

Diese Situation lenkte das Interesse der Juristen auf die Frage der Leibeigenschaft. Zu der Vielzahl der hierzu entstandenen Abhandlungen gehört das Gutachten "Ein kurtzes Bedencken über die Fragen, so von dem Zustand, Abforderung und verwiederter Abfolge der Bauersleute" von David Mevius. In ihm nimmt er zu den Fragen der Entstehung der Leibeigenschaft, ihrer Beendigung und ihrer Auswirkungen für den Einzelnen Stellung. Er stützt sich hierbei auf gewohnheitsrechtlich überlieferte Bräuche, Partikularrechte, auf naturrechtliche und christliche Grundsätze, aber auch auf Texte des römischen Rechts über Sklaven, Kolonen, Freigelassene oder freie Menschen. Seine Gewichtung variiert dabei stark von Frage zu Frage. So unterwirft er einige Aspekte, wie etwa die Frage der Parteifähigkeit der Leibeigenen oder die Behandlung bösgläubig flüchtiger Leibeigener ohne größere Abweichungen dem römischen Kolonenrecht. An anderer Stelle, etwa bei der Frage der Ersitzung der Freiheit dank Stadtrechts oder der Beendigung der Leibeigenschaft wegen unmäßiger Grausamkeit des Herrn, kommt Mevius zu Ergebnissen, die das Römische Recht nicht trägt.

Im Kern der Untersuchung steht daher die Frage, ob für Mevius der Rückgriff auf das römische Recht ein rechtfertigungsbedürftiger Anachronismus war, oder ob vielmehr jede Bevorzugung eines Partikularrechts, des Gewohnheitsrechts oder Naturrechts einer Rechtfertigung bedurfte.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Danksagung 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung 15
I. Norddeutschland am Ende des 30-jährigen Krieges 19
II. Biographie des David Mevius 22
III. Das Gutachten „Ein kurtzes Bedencken. . .“ 28
1. Die erste Hauptfrage 31
2. Die zweite Hauptfrage 34
3. Die dritte Hauptfrage 42
4. Die vierte Hauptfrage 48
B. Kolonen und Leibeigene 51
I. Rechtliche Behandlung der Kolonen in der Spätantike 51
1. Entstehung des Kolonats 53
2. Die Rechtsstellung des Kolonen des römischen Rechts 59
a) Die persönliche Rechtsstellung des Kolonen 60
b) Das Verhältnis des Kolonen des römischen Rechts zum Boden 61
c) Sonstige Rechte und Pflichten des Kolonen 64
3. Die Begründung des Verhältnisses des Kolonats 67
4. Die Beendigung des Verhältnisses des Kolonats 68
II. Die frühneuzeitliche Agrarverfassung 70
1. Stellung deutscher Bauern im ausgehenden Mittelalter 70
a) Starke Stellung der deutschen Städte 71
b) Erleichterungen zwecks Kolonisation 72
2. Entwicklung zur Leibeigenschaft 74
a) Übergang der Gerichtsbarkeit auf die Grundherren 76
b) Rationalisierung der Landwirtschaft und „Bauernlegen“ 78
c) Rückforderungsrecht der Gutsherren 79
d) Ungemessenheit der Dienste 81
e) Einfluss der gelehrten Jurisprudenz 83
aa) Der Einfluss des Friedrich Husanus 86
bb) Einfluss des David Mevius 90
C. Mevius und die Jurisprudenz seiner Zeit 92
I. Usus modernus 94
II. Entdeckung der deutschen Rechtstradition 98
III. Naturrecht 103
IV. Christentum 107
1. Christliche Weltanschauung und römisches Recht 108
2. Die Lutheraner und das römische Recht 109
V. Literarische Quellen des David Mevius 112
1. Johannes Friedrich Husanus 113
2. Johann Hermann Stamm 113
3. Ulrich Zasius 114
4. Andreas Gaill 116
5. Antonius Faber 117
6. Giacomo Menochio 118
7. Ernst Cothmann 119
8. Lucas de Penna 120
9. Johannes Oldendorp 121
10. Johannes de Platea 122
11. Jacobinus de Sancto Georgio 123
12. Thomas Grammatico 124
D. Einzelfragen der Frühneuzeitlichen Leibeigenschaft 126
I. Die Rechtsstellung des Leibeigenen 126
1. Vergleichbarkeit der Leibeigenen mit römischen Bevölkerungsschichten 126
a) Entstehungsgeschichte der Leibeigenschaft 127
b) Rechtliche Einordnung der leibeigenen Bauern 129
aa) Die Schichten der bäuerlichen Bevölkerung im Römischen Reich 130
bb) Freie Bauern in der frühen Neuzeit 131
cc) Pachtleute der frühen Neuzeit 132
dd) Leibeigene Bauern der frühen Neuzeit 133
ee) Römische Bezeichnungen für deutsche Zustände? 135
2. Einzelne persönliche Rechte des leibeigenen Bauern 138
a) Patria potestas 139
b) Rechtsfähigkeit, Vermögensfähigkeit und Geschäftsfähigkeit 139
c) Testierfähigkeit 140
d) Parteifähigkeit des Leibeigenen 141
aa) Parteifähigkeit der Kolonen im römischen Recht 142
bb) Parteifähigkeit der leibeigenen Bauern der Neuzeit 145
(1) Keine Klagebefugnis für rufschädigende Klagen gegen den Herrn 146
(2) Erforderlichkeit einer Zustimmung des Herrn 147
(3) Parteifähigkeit in zivilrechtlichen Streitigkeiten in Ausnahmefällen 149
(4) Parteifähigkeit bei bestimmten Straftaten des Herrn 150
cc) Parteifähige Leibeigene zwischen Kolonen und Freigelassenen 151
II. Schollengebundenheit 152
1. Freizügigkeit des Leibeigenen 153
a) Schollenbindung im römischen Recht 154
b) Bindung des Leibeigenen an Grund und Boden 155
aa) Verbot, Grund und Boden zu verlassen 155
bb) Flucht des Leibeigenen und ihre Konsequenzen 158
(1) Zulässigkeit der Ergreifung durch den Herrn selbst 158
(2) Zugriff auf den Flüchtigen von Seiten der Obrigkeit 162
(3) Festsetzen des Flüchtigen in privaten Gefängnissen 163
(4) Sanktionen gegen Fluchthelfer 164
(5) Besonders verwerflicher Vorgang der Flucht 166
c) Leibeigene als freie partes fundi 167
2. Trennung von Land und Leibeigenen 168
a) Verkauf von Kolonen nach römischem Recht 168
b) Loslösung der Leibeigenen von Grund und Boden durch den Herrn 171
aa) Verbot jeglicher Trennung nach gemeinem Recht 171
bb) Gewohnheitsrechtliche Zulässigkeit der Trennung 172
cc) Trennung gegen den Willen des Leibeigenen 173
(1) Handel mit Leibeigenen aufgrund Gewohnheitsrechts 173
(2) Konsequenzen dieses Handels 174
c) Handel mit Leibeigenen zwischen ius commune und Gewohnheit 175
III. Familienstand 176
1. Ehen im römischen Kolonenrecht 177
2. Ehen zwischen leibeigenen Bauern 180
a) Wirksamkeit der Ehe zwischen zwei Leibeigenen 181
b) Ehe zwischen einem Leibeigenen und einer Freien 181
c) Auswirkungen der Ehe auf den Stand der Ehefrau 183
aa) Schutz der freien Frau 185
bb) Bedingungen dieses Schutzes 186
cc) Stand der Frau nach dem Tod des Mannes 187
d) Ehe zwischen Leibeigenen verschiedener Herren 188
3. Römische und christliche Einflüsse auf die Ehe des Leibeigenen 189
a) Gültigkeit von Sklavenehen und gemischten Ehen 189
b) Standesveränderung durch die Ehe und error conditionis 190
c) Erfordernis der Zustimmung des Herrn 193
IV. Leibeigenschaft durch Geburt 196
1. Nachkommen römischer Kolonen 197
2. Nachkommen leibeigener Bauern 199
a) Verschiedene Stände der Eltern im Geburtszeitpunkt 200
b) Noch keine Leibeigenschaft der Eltern im Geburtszeitpunkt 202
aa) Leibeigenschaft des Vaters als Sühne für eine Straftat 203
bb) Leibeigenschaft der Kinder durch vertragliche Vereinbarung 204
cc) Unterwerfung aus einer Notsituation heraus 205
3. Kinder leibeigener Bauern zwischen Kolonen und Freien 205
V. Leibeigenschaft durch Vertrag 206
1. Unfreiheit durch Vertrag in Rom 207
2. Vertrag zur Begründung der Leibeigenschaft 208
a) Wirksamkeit der vertraglichen Aufgabe der Freiheit 208
aa) Verfechter der Unwirksamkeit 209
(1) Keine Aufhebung der Freiheit durch Vertrag 209
(2) Bäuerliche Dienste stehen dem Boden zu 210
bb) Befürworter der Wirksamkeit 211
(1) Vorbilder aus biblischer Zeit 211
(2) Vorbilder aus römischer Zeit 212
(3) Zeitgenössische Vorbilder 214
b) Indizien und Beweis der Leibeigenschaft 215
c) Auswirkungen solcher Verträge auf die Freiheit der Kinder 217
3. Römischrechtliche Grundsätze und gewohnheitsrechtliche Bräuche 218
VI. Beendigung der Leibeigenschaft wegen saevitia des Herrn 219
1. Spuren von Sanktionen der saevitia im römischen Recht 221
2. Saevitia gegen leibeigene Bauern 224
a) Rechtfertigung der Sanktionen wegen saevitia 225
aa) Erst-recht-Schluss aus dem Sklavenrecht 225
bb) Öffentliches Interesse – dominorum interest 227
cc) Abutens imperio, privator 228
b) Erlaubte, angemessene Bestrafung 229
c) Einfluss der Obrigkeit in Fällen der saevitia des Herrn 230
d) Einfluss Dritter auf das Verhältnis zwischen Herrn und Leibeigenem 232
3. Ein neuartiger Beendigungsgrund für die Unfreiheit 233
a) Loslösung vom römischen Recht im Interesse der Leibeigenen 234
b) Humanitäre Motivation der Befreiung wegen saevitia? 235
c) Naturrecht, Christentum und Menschenrechte 236
VII. Beendigung durch Verjährung 238
1. Ersitzung – Verjährung nach römischem Recht 239
a) Vorklassische und klassische Entwicklung 239
b) Nachklassische Entwicklungen 240
c) Die Justinianische Ordnung 241
d) Die Ersitzung der Freiheit 242
2. Ersitzung der Freiheit für leibeigene Bauern 243
a) Verjährungsdauer 244
aa) Verjährungsdauer bei flüchtigen Leibeigenen 244
(1) Keine ordentliche Ersitzung der Freiheit für fugitivi 244
(2) Außerordentliche Verjährung für fugitivi 245
(a) Lediglich praescriptio infinitae memoriae möglich 245
(b) Praescriptio nach 40 Jahren 246
bb) Gerechtfertigter Glaube des Bauern an seine Freiheit 248
(1) Kurze Verjährungsfrist des C. 7, 22, 2 für gutgläubige Bauern 248
(2) Zehn- oder zwanzigjährige Frist gemäß C. 7, 22, 2 250
cc) Abzug aus unabwendbaren Notsituationen 251
dd) Verjährungsdauer bei Zugriffsmöglichkeit des Herrn 251
b) Untätigkeit des Herrn 252
aa) Praescriptio in poenam negligentiae 253
bb) Grenzen der vorwerfbaren negligentia 253
c) Modifikation der Ersitzung durch Stadtrechte oder Gewohnheitsrecht 255
aa) Erschwerung der Verjährung 255
bb) Erleichterung der Verjährung 256
(1) Rechtfertigung der städtischen Privilegien 257
(2) Freiheit aufgrund Stadtrechts nur bei Gutgläubigkeit 258
(3) Bürgerrecht nur bei bürgerlichem Leben 259
(4) Ablauf der Bürgerrechte 260
3. Rückgriff auf römisches Recht im Grundsatz, Modifikation im Detail 261
a) Ersitzung unter den Voraussetzungen des römischen Rechts 261
b) Neuartige Ersitzungsmöglichkeiten dank städtischer Privilegien 263
E. Die tatsächliche Rolle des römischen Rechts bei Mevius 265
F. Das Gutachten des David Mevius 271
Index 359
Aufstellung sämtlicher von David Mevius zitierter Literatur 362
Quellenverzeichnis 367
Literaturverzeichnis 369
Personenverzeichnis 380
Sachwortverzeichnis 382