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Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen

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Zippelius, R. (2004). Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen. Ausgewählte Aufsätze. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51456-4
Zippelius, Reinhold. Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen: Ausgewählte Aufsätze. Duncker & Humblot, 2004. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51456-4
Zippelius, R (2004): Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen: Ausgewählte Aufsätze, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51456-4

Format

Verhaltenssteuerung durch Recht und kulturelle Leitideen

Ausgewählte Aufsätze

Zippelius, Reinhold

Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte, Vol. 33

(2004)

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Abstract

Um in komplexen Gemeinschaften das Handeln vorhersehbar, verläßlich und gemeinverträglich zu koordinieren, bedarf es normativer Verhaltensordnungen, insbesondere rechtlicher Normen. Diese hatten früher ihre Legitimationsgrundlage zumeist in religiösen Weltbildern, aus deren Sinnhorizont sie auch interpretiert wurden. Nachdem aber die autoritativ vorgegebenen Weltanschauungen fragwürdig geworden waren, sah der Einzelne sich auf sein eigenes Urteil und Gewissen zurückgeworfen. So blieb als mögliche Legitimationsgrundlage für die Gemeinschaftsordnung nur der breitestmögliche Konsens der Bürger, der nach bestem Wissen und Gewissen gesucht werden sollte.

Die Rechts- und Verfassungsgeschichte - wie sie sich zwar nicht immer vollzog, aber vernünftigerweise vollziehen sollte - ließ sich fortan als ein experimentierender Lernprozeß verstehen, der auf dieser Legitmationsgrundlage vorangehen sollte. In einem solchen Lernprozeß steht der demokratische Verfassungsstaat noch heute. Seine Legitimität und Akzeptanz und am Ende wohl seine Überlebensfähigkeit hängt nicht zuletzt von der Lernfähigkeit des Systems ab, insbesondere davon, daß es fähig und bereit ist, Fehlentwicklungen zu korrigieren.

Zu solchen gravierenden Fehlentwicklungen gehört es, daß der Staat sich angeschickt hat, das Leben der Gemeinschaft umfassend zu steuern, und sich zugleich den Bürgern bürokratisch entfremdet. Als Antwort darauf regt sich die Forderung, politische und administrative Einheiten auf ein "menschliches Maß" zurückzuführen, und das Bedürfnis der Bürger, überschaubare, wesentliche Lebensbereiche selbst zu gestalten.

Auf diese Weise soll auch dem Subsidiaritätsprinzip genügt werden. Juristisch ist dieses durch eine geeignete Ausgestaltung der Kompetenzenordnung zu verwirklichen. Diese soll im politischen Gefüge eine - begrenzt - rationale Ordnung und lebendige Vielfalt miteinander in Einklang bringen: Sie soll in der Stufenfolge der Ermächtigungen angemessene Entscheidungsspielräume gewähren und nur diejenigen steuernden Elemente enthalten, die notwendig sind, um die Einheit und Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems zu wahren, kurz, an die Stelle umfassender zentraler Steuerungen soll eine Steuerung der Selbststeuerung treten.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhalt 9
Kapitel 1: Die Bedeutung kulturspezifischer Leitideen für die Staats- und Rechtsgestaltung 13
I. Orientierung mit Hilfe von Begriffen und Ideen 13
1. Lebenspraktische Funktionen 13
2. Weltanschauliches Vorverständnis 16
II. Einwirkungen kulturspezifischer Leitideen auf die Staats- und Rechtsgestaltung 20
1. Funktion und Ambivalenz 20
2. Christliche und islamische Leitideen 21
3. Das Menschenbild als Leitidee 25
4. Zielvorstellungen als Leitideen 28
5. Legitimation durch Leitideen, Wege ihrer Wirksamkeit 29
Kapitel 2: Expedit esse deos 32
I. Politische Wirksamkeit der Religion 32
1. Konstitutive Funktionen 33
2. Destabilisierende Wirkungen 37
3. Das Programm einer Zivilreligion 40
II. Ideologiekritik 41
III. Ergebnis 44
Kapitel 3: Religiöser Etatismus 46
I. Altrömische Loyalitätsreligion und frühes Christentum 46
II. Christentum als neue Staatsreligion 53
Kapitel 4: Gründung der Gerechtigkeit auf Gewissen und Konsens 62
I. Das Gewissen als letztzugängliche Grundlage ethischer Entscheidungen 62
II. Die Überwindung der Subjektivität im Konsens 67
III. Hintergründe des Rechtsgefühls 73
1. Angeborene Verhaltensmuster und Wertungsdispositionen 74
2. Erlernte Verhaltensnormen und Wertungen 78
IV. Der sokratische Weg 79
Kapitel 5: Die Entstehung des demokratischen Rechtsstaates aus dem Geiste der Aufklärung 81
I. Der Weg zur demokratischen Legitimation der Staatsgewalt 81
1. Der Anspruch auf individuelle Kompetenz 81
2. Die demokratische Legitimität 85
II. Die Kultivierungsbedürftigkeit der demokratischen Entscheidungsmacht 87
1. Die Strukturierung und Begrenzung demokratischer Entscheidungsmacht 87
2. Die „Abklärung“ der Konsensfähigkeit durch Verfahren und Institutionen 92
3. Der kultivierende Beitrag repräsentativer Entscheidungsfindung 95
4. Demokratische „Rückkoppelung“ 97
5. Politische Kultur 98
Kapitel 6: Der Weg der Demokratie – ein Lernprozeß 101
I. Was gelernt wurde 103
1. Demokratische Legitimität 103
2. Rechtsstaatliche Strukturen 104
3. Kultivierung durch Repräsentation 107
4. Gliederung in Teilsysteme 110
II. Aktueller Lernbedarf 111
1. Weniger Staat und mehr Transparenz der Macht 111
2. Mäßigung des Parteieneinflusses 114
3. Mäßigung der „Massiven“ 116
4. Stärkung politischer Entscheidungsfähigkeit 119
5. „Demokratisierung“ des Wirklichkeitssinnes 121
6. Strukturelle Anpassung als fortwährende Aufgabe 123
Kapitel 7: Das Recht – ein Instrument rationaler Steuerung? 124
I. Rational strukturiert – nicht rational determiniert 124
1. Die Kompetenzenordnung als Rückgrat rationaler Strukturierung einer Rechtsordnung 125
2. Gesetzesauslegung und -ergänzung als Instrumente begrenzt rationaler Präzisierung von Normen 126
a) Gesetzesauslegungen 127
b) Gesetzesergänzungen 129
II. Steuerung der Selbststeuerung 131
1. Ein systemtheoretisches Modell 131
2. Steuerung der Selbststeuerung: Ausgestaltungen 134
a) Im staatlichen Kompetenzengefüge 134
b) Im Gefüge der territorialen Gliederung 138
c) Im Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft 140
d) Das Optimierungsproblem 142
Kapitel 8: Über die rationale Strukturierung rechtlicher Erwägungen 144
I. Allgemeine Rechtsgrundsätze als problemerschließende Erwägungsmuster 145
II. Gleichbehandlung als problemerschließendes Erwägungsmuster 147
III. Problemlösung durch experimentierende Methode 149
IV. Spezifische Probleme der Gesetzesauslegung 150
1. Auslegungsspielräume 150
2. Orientierung am Auslegungsergebnis 152
3. Formale Strukturen der Gesetzesauslegung 154
V. Rationale Strukturen der offenen Rechtsfortbildung 158
VI. Ergebnis: Das Denken in problemerschließenden Begriffen 159
Kapitel 9: Steuerung der Selbststeuerung. Zur Funktion der rechtlichen Kompetenzenordnung 161
I. Subsidiarität als zukunftweisendes Ordnungsprinzip 161
II. Vorteile einer gegliederten Kompetenzenordnung 163
III. Die Steuerungsfunktion der Kompetenzen 166
IV. Subsidiarität im internationalen Kompetenzengefüge 168
V. Subsidiarität – „Schlüsselbegriff“ und Begründungsverpflichtung 174
VI. Globalisierung als Grenze rechtlicher Steuerbarkeit? 175
Nachweise 178
Sachverzeichnis 179