Politische Köpfe und schöne Seelen
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Politische Köpfe und schöne Seelen
Affekt, Moral, Gesellschaft im Alltagsdenken der weltlichen Oberschichten des Abendlandes – Eine biologisch-psychologisch-soziologische Synthese
Soziologische Schriften, Vol. 83
(2012)
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About The Author
Prof. Dr. Gerhard Vowinckel studierte, promovierte und habilitierte sich an der Universität Hamburg. Er lehrte Soziologie an der Universität Hamburg, der Helmut-Schmidt-Universität und der Leuphana-Universität Lüneburg. In seinen Veröffentlichungen zu Affekten, Affektkontrolle und moralischem Denken verbindet er biologische und psychologische Forschungsergebnisse und Theorien mit kultursoziologischer Analyse. Bei Duncker & Humblot ist sein Werk »Politische Köpfe und schöne Seelen. Affekt, Moral, Gesellschaft im Alltagsdenken der weltlichen Oberschichten des Abendlandes – Eine biologisch-psychologisch-soziologische Synthese.« erschienen. Wichtige Veröffentlichungen sind u.a. »Verwandtschaft, Freundschaft und die Gesellschaft der Fremden« (1995) und »Gesinnungstäter und Strategen« (1996).Abstract
Manierenschriften für Angehörige der europäischen Oberschichten fordern stets: Mienen, Gesten und Tonfall sollen die Übereinstimmung der Gefühle mit dem moralisch konformen Verhalten ausdrücken. Mittelalterliche Lehrer höfischer Sitte und bürgerliche Anstands- und Tugendlehrer des 18./19. Jh. verlangen zudem die Übereinstimmung des Affektausdrucks mit den wahren Gefühlen. Politische Klugheitslehrer des 17./18. Jh. warnen hingegen vor Offenherzigkeit. Diese Beobachtung ist Ausgangspunkt einer Rekonstruktion der ethischen Alltagstheorien und Gesellschaftsbilder, die so unterschiedliche Grundsätze verständlich machen. Die Rekonstruktion bedient sich begrifflicher Mittel aus der Psychologie der kognitiv-moralischen Entwicklung (Piaget, Kohlberg). Ritter und Bürger kultivieren gleichermaßen soziozentrische Moralbegriffe, die auf moralisch konformen Gefühlen beruhen und moralische Werte zu (metaphysischen) Tatsachen machen. Aristokraten des 17. Jh. relativieren moralische Werte als Zuschreibungen und rekonstruieren Normen als Mittel zur Beförderung der »Glückseligkeit« der Menschen. Die soziologische Deutung bezieht die Abfolge moralischer Paradigmen auf den Übergang von der ständischen zur staatlichen Verfassung der Gesellschaft und den damit verbundenen Wandel der Lebensbedingungen der Oberschichten.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
I. Einleitung | 13 | ||
1. Archaische Affekte und kulturelle Lebensformen | 13 | ||
2. Kulturelle Evolution der Denkmittel | 14 | ||
3. Hovelîche site, politische Klugheit, bürgerliche Tugend | 15 | ||
4. Die natürliche Sprache der Gefühle | 17 | ||
5. Biogenese, Psychogenese, Soziogenese | 19 | ||
II. Der hüfsche muot | 23 | ||
1. Klöster und Höfe als Lebensräume verstärkter Affektkontrolle | 23 | ||
2. Schoene gebaerde und hüfscher muot | 24 | ||
3. Verwerflichkeit der Verstellung | 25 | ||
4. Der hüfsche muot | 28 | ||
5. Sittlichkeit der Gesinnung | 29 | ||
6. Psychologische und ethische Begriffe | 30 | ||
7. Transduktive Logik | 32 | ||
8. Sittliche Weltordnung und Gesinnung | 34 | ||
9. Heteronomie und Soziozentrismus | 35 | ||
10. Wirklichkeit und wahre Wirklichkeit | 37 | ||
11. Geist und Leib | 38 | ||
2. Metaphysische Identität und Individualität | 40 | ||
13. Affektive Abweichung als Besessenheit | 41 | ||
14. Unser mittelalterliches Denken | 42 | ||
15. Zusammenfassung | 45 | ||
III. Cortigiano und St. Grobian | 47 | ||
1. Niedergang der hovelîchen site | 47 | ||
2. Cortegiano und Grobianus | 48 | ||
3. Gesellschaft im Umbruch | 50 | ||
4. Rolle und vormoralisches Selbst | 51 | ||
5. Geschäftsmann und Privatmann | 52 | ||
6. Staatsmann und Privatmann | 54 | ||
7. Neustoizismus | 56 | ||
IV. Die politische Klugheit | 60 | ||
1. Entkoppelung von Affekt und Ausdruck | 60 | ||
2. Der Mann von Welt und die Gestaltbarkeitder sozialen Beziehungen | 61 | ||
3. Das eigennützige Individuum als Teilnehmer am Gunst- und Machtspiel | 62 | ||
4. Gesellschaftliches Leben als Krieg und Spiel | 63 | ||
5. Durchschauen und Verstellen – Der Affektausdruck als taktisches Problem | 65 | ||
6. Differenzierung moralischer und psychologischer Urteile | 68 | ||
7. Naturbegriffe | 69 | ||
8. Moral als Regel der wohlverstandenen Eigenliebe | 71 | ||
9. Tugend aus Vernunft | 77 | ||
10. Folgen zählen, nicht Motive | 78 | ||
11. Moralischer Wille: Gleichgewicht der Affekte | 79 | ||
12. Gesetze des Staates: Gleichgewicht der Interessen | 82 | ||
13. Dezentrierung der Affekte | 84 | ||
14. Der Schlaf der Vernunft | 87 | ||
15. Zusammenfassung | 88 | ||
V. Die schöne Seele | 90 | ||
1. Bürgerliche Wende | 90 | ||
2. Das Scheinbild der Tugend und seine Entlarvung | 91 | ||
3. Höflichkeit als Ausdruck tugendhafter Gesinnungen | 94 | ||
VI. Denkmittel und Lebensräume | 121 | ||
1. Kulturelle Evolution der Moralbegriffe | 121 | ||
2. Verhöflichung der Krieger: Anpassung unter Vorbehalt | 122 | ||
3. Perspektiven auf die politisch-soziale Ordnung | 124 | ||
4. Höfische und bürgerliche Verkehrskreise | 126 | ||
5. Politische Klugheit und zwischenstaatliche Diplomatie | 128 | ||
6. Aristokratische und bürgerliche Ehre | 129 | ||
VII. Gedankliche Arbeitsmodelle affektiver Selbststeuerung | 133 | ||
1. (Re-)Konstruktion der historischen Denkformen | 133 | ||
2. Affekte: Antriebe des Handelns | 134 | ||
3. Zielbildende Endhandlungen und Appetenzverhalten | 135 | ||
4. Werte: egozentrische Erscheinungsform der Affekte | 136 | ||
5. Egoistisch-egozentrisches Urteilen | 137 | ||
6. Soziozentrisches Urteilen | 139 | ||
7. Egoistische und moralische Gefühle | 141 | ||
8. Rolle und Gemeinwesen | 143 | ||
9. Gegenseitigkeit – soziobiologisch | 144 | ||
10. Gegenseitigkeit – entwicklungspsychologisch | 145 | ||
11. Gegenseitigkeit – soziozentrisch | 146 | ||
12. Emotionale und kalkulatorische Reziprozität | 148 | ||
13. Normierte Kollektivgefühle | 149 | ||
14. Das Gemeinwesen als Partner eines asymmetrischen Austausches | 151 | ||
15. Affirmativer und utopischer Soziozentrismus | 151 | ||
16. Dezentriertes Urteilen | 154 | ||
17. Prinzipien als Gleichgewichtsbedingungen | 157 | ||
18. Logiken der kognitiven Affektkontrolle | 159 | ||
19. Reflexion und Entfremdung | 160 | ||
20. Soziale Denkzwänge | 162 | ||
21. Denkweisen und soziale Lebensräume | 164 | ||
22. Rationalität der Institutionen – Rationalität der Individuen | 167 | ||
VIII. Über den Begriff der Zivilisation | 169 | ||
1. Norbert Elias‘ Zivilisationstheorie | 169 | ||
2. Rationalitäten | 171 | ||
3. Über-Ich und Rationalität | 173 | ||
4. Psychoanalytisches Seelenmodell | 175 | ||
5. Ist Rationalität rational? | 177 | ||
IX. Nationale Besonderheiten | 181 | ||
1. Ständische und nationale Identität | 181 | ||
2. Kantischer Idealismus | 183 | ||
3. Hegels Weltgeist | 186 | ||
4. Folgen | 188 | ||
5. Marx’ idealistischer Materialismus | 191 | ||
6. Angelsächsischer Utilitarismus | 192 | ||
7. Französischer Positivismus | 193 | ||
X. Wandel der Sozialstruktur – Wandel der Denkmittel | 196 | ||
1. Klassenlage und soziale Integrationsform | 196 | ||
2. Gebrauchseigenschaften soziozentrischer und dezentrierender Denkmittel | 197 | ||
3. Krise der sozialen Integrationsform und Krisendenken | 200 | ||
Literaturverzeichnis | 205 | ||
Sach- und Personenverzeichnis | 216 |