Gesinnung und Straftat
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Gesinnung und Straftat
Besinnung auf ein rechtsstaatliches Strafrecht
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 237
(2012)
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Dr. Frauke Timm studierte Rechtswissenschaften mit einer dreisemestrigen Zusatzqualifikation im Pharmarecht an der Philipps-Universität Marburg. Seit 2009 ist sie dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kriminalwissenschaften tätig. Ihre Promotion schloss sie 2011 ab. Seit März 2011 absolviert sie den juristischen Vorbereitungsdienst in Marburg.Abstract
Auf der Basis staats- und straftheoretischer Erwägungen erzielt die Untersuchung das Ergebnis der notwendigen Gesinnungsabstinenz des Strafrechts. Die Gesinnung als alleiniger Ausdruck potentieller Gefährlichkeit der Person darf im Strafrecht, das der $aReaktion$z auf rechtlich zu missbilligendes Verhalten dient, keine Berücksichtigung finden. Konsequent werden jedwede Gesinnungselemente sowohl aus der Strafbegründung als auch der Strafzumessung ausgeschieden. Im geltenden Rechtssystem bietet sich indes das Bild verstärkt gefahrenabwehrrechtlicher Ausrichtung des Strafrechts, das mehr auf böse Hintergedanken schielt, als dass es Reaktionen auf rechtlich zu missbilligendes Verhalten bereitstellt. Die Arbeit tritt dieser Negativentwicklung entgegen und unternimmt den Versuch, durch die Vergegenwärtigung rechtsstaatlicher Prinzipien den Weg in ein diese Grenzen wahrendes Strafrecht einzuleiten.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 13 | ||
A. Terminologische Vorfragen und individuelle Verantwortlichkeit für die Gesinnung | 18 | ||
I. Freie Entstehung der Gesinnung im Individuum | 19 | ||
II. Ergänzung: Freie Entstehung der Gesinnung unter dem Blickwinkel der Freudschen Psychoanalyse | 23 | ||
III. Bindungswirkung der Gesinnung | 24 | ||
IV. Moment der Dauer als Merkmal der Gesinnung | 26 | ||
V. Exkurs: Gesinnung und Gewissen | 28 | ||
VI. Verantwortlichkeit für die eigene Gesinnung angesichts der Determinismusdebatte | 29 | ||
VII. Neurowissenschaften auf Abwegen? | 34 | ||
VIII. Fazit der terminologischen Vorklärung: Definition der Gesinnung | 37 | ||
B. Stellenwert der Gesinnung in einer freiheitlichen Grundordnung | 38 | ||
I. Strafrecht ist nicht Polizeirecht | 38 | ||
II. Gesinnung im Strafrecht einer freiheitlichen Grundordnung | 40 | ||
1. Aufgabe und Legitimation von Strafe | 40 | ||
a) Trennung von Verhaltens- und Sanktionsnorm als notwendige normative Grundvoraussetzung | 41 | ||
aa) Strafe wehrt die Gefahr eines Normgeltungsschadens ab | 43 | ||
bb) Kritik an der generalpräventiven Straftheorie | 45 | ||
cc) Auswertung der Kritik an der generalpräventiven Straftheorie | 47 | ||
dd) Strafe ist geltungssichernde ausgleichende Ahndung des Verhaltensnormverstoßes | 52 | ||
ee) Strafe als geltungssichernde ausgleichende Ahndung verzichtet nicht auf das Strafübel | 58 | ||
ff) Kritik an der Straftheorie der geltungssichernden ausgleichenden Ahndung | 62 | ||
b) Legitimität von Verhaltensnormen | 64 | ||
aa) Legitimer Zweck und Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes | 64 | ||
bb) Maßgeblichkeit der Adressatenperspektive | 67 | ||
cc) Verhaltensnormen als Schnittmenge von Recht und Moral | 68 | ||
c) Legitimität von Sanktionsnormen und konkreter Sanktionsanordnung | 71 | ||
d) Legitimer Stellenwert spezifischer Fehlverhaltensfolgen | 74 | ||
e) Zusammenfassung zu Aufgabe und Legitimation von Strafe | 76 | ||
2. Gesinnungsabstinenz des Strafrechts einer freiheitlichen Grundordnung | 76 | ||
a) Exkurs: Stellenwert der Gesinnung in der kantischen Rechtsphilosophie | 76 | ||
b) Legitimität von Verhaltensnormen, die die Gesinnung verbieten | 79 | ||
c) Keine abweichende Bewertung angesichts eines „Grundrechts auf Sicherheit“ | 88 | ||
d) Legitimität von Sanktionsnormen, die gesinnungsreglementierende Verhaltensnormen schützen | 88 | ||
e) Legitimität strafzumessungsrechtlicher Einbeziehung der Gesinnung | 89 | ||
aa) Auch Strafschärfung ist ein separates (weiteres) Übel | 90 | ||
bb) Abweichender Stellenwert der Tätergesinnung in der Strafzumessung aufgrund unterschiedlicher straftheoretischer Fundierung | 91 | ||
(1) Spielraumtheorie und Kritik | 92 | ||
(2) Unterscheidung des theoretischen Fundaments von Strafe und Strafzumessung | 94 | ||
f) Ausnahme bei bestimmten, besonders gefährlichen Gesinnungen? | 99 | ||
3. Exkurs: Gefühlsschutz als Legitimationsgrund der Bestrafung des Einzelnen aufgrund seiner Gesinnung? | 107 | ||
4. Zusammenfassung des Stellenwerts der Gesinnung im Strafrecht einer freiheitlichen Grundordnung | 110 | ||
III. Gesinnung im Polizeirecht einer freiheitlichen Grundordnung | 111 | ||
1. Theoretisches Fundament des Polizeirechts | 111 | ||
a) „Straftheorie“ der Individualprävention | 112 | ||
b) Kritik und Richtigstellung | 115 | ||
c) Legitimer Stellenwert individualpräventiver Erwägungen im Polizeirecht | 118 | ||
2. Stellenwert der Gesinnung im Polizeirecht | 122 | ||
a) Gesinnung ist Ausdruck potentieller Gefährlichkeit der Person | 122 | ||
b) Vereinbarkeit mit einer freiheitlichen Grundordnung | 124 | ||
c) Polizeiliche Maßnahmen gegenüber dem vollverantwortlichen Gesinnungstäter: Kapitulation des Modells der Verhaltensmotivation durch rechtliche Verhaltensnormen? | 126 | ||
aa) Feindstrafrecht als Retter des Normenmodells? | 129 | ||
bb) Selbstwiderspruch des Gesinnungstäters als Grund fortdauernder Legitimation des Normenmodells | 139 | ||
3. Zusammenfassung des Stellenwerts der Gesinnung im Polizeirecht | 141 | ||
IV. Zusammenfassendes Ergebnis zur Gesinnung in einer freiheitlichen Grundordnung | 142 | ||
C. Gesinnung als Element der Straftat? | 143 | ||
I. Die Straftatelemente sind alleinige Kategorien der Strafzumessung | 146 | ||
II. Allgemeine Straftatkategorien | 150 | ||
III. Gesinnung als Element des Unrechts | 153 | ||
1. Grundsätzliche Graduierbarkeit des Verhaltensunrechts aufgrund subjektiver Komponenten | 153 | ||
2. Grenze der Graduierbarkeit: Die Gesinnungstat bedeutet keine gesteigerte Infragestellung des Rechts | 157 | ||
a) Maximalmaß des Verhaltensnormverstoßes bei Infragestellung des Rechts ohne Milderungsgrund | 157 | ||
b) Gründe zur Milderung des Maximalmaßes des Verhaltensnormverstoßes | 161 | ||
c) Keine Milderung aufgrund einer anerkennenswerten Gesinnung | 163 | ||
d) Hintergrund der Graduierungsbestrebungen: Potentielle Gefährlichkeit des Gesinnungstäters | 164 | ||
e) Fazit | 165 | ||
3. Dennoch: Steigerung der Infragestellung des Rechts bei anstößiger Gesinnung – die Auffassung Wolfgang Frischs | 166 | ||
4. Ideeller Unrechtsbegriff oder Beeinträchtigung des Rechtsgutsträgers? – Zum Unrechtsverständnis Tatjana Hörnles | 172 | ||
IV. Gesinnung als Element der Schuld | 178 | ||
1. Täterschuldbegriffe und Schuld als unrechtliche Gesinnung | 179 | ||
2. Wertwidrige Gesinnung als gesteigerte Herabsetzung des gegenseitigen Anspruchs auf Anerkennung – Das Schuldverständnis Brigitte Kelkers | 184 | ||
3. Schuldminderung bei anstößiger Gesinnung | 190 | ||
a) Schuldminderung aufgrund eingeschränkter Normbefolgungsfähigkeit | 191 | ||
b) Schuldminderung aufgrund eingeschränkter Unrechtseinsicht | 193 | ||
V. Zusammenfassendes Ergebnis zur Gesinnung als Element der Straftat | 197 | ||
VI. Schlussfolgerung für das Verhältnis der Tötungsdelikte | 198 | ||
VII. Hasskriminalität als neue Erscheinungsform gesinnungsgeleiteter Taten – Notwendigkeit einer strafrechtlichen Sonderdogmatik? | 207 | ||
D. Auf den Spuren eines unzulässigen Gesinnungsstrafrechts | 215 | ||
I. Legitimität von „Gesinnungsmerkmalen“ im Strafrecht | 216 | ||
1. Unzulässigkeit echter Gesinnungsmerkmale | 217 | ||
2. Sogenannte „Gesinnungsmerkmale“ als Konkretisierung des spezifischen Verhaltensnormverstoßes | 218 | ||
3. Verbleibende Kritik an Merkmalen, die den individuellen Verhaltensnormverstoß konkretisieren | 222 | ||
II. Strafrecht im Vorfeld der Rechtsgutsverletzung | 224 | ||
1. Notwendige Differenzierung gegenüber dem Themenkomplex des „Risikostrafrechts“ – Kritik der Frankfurter Schule | 224 | ||
2. Begrenzung des eigenen Untersuchungsgegenstandes auf die Unzulässigkeit der Anerkennung des Menschen als Risiko im Strafrecht | 230 | ||
3. Kennzeichen versteckt spezialpräventiver Vorschriften | 233 | ||
4. Ausgewählte Problemkreise der Vorfeldinkriminierung | 236 | ||
a) Strafbarkeit des untauglichen Versuchs | 242 | ||
aa) Subjektiv oder objektiv? | 242 | ||
bb) Sieh’, das Gute liegt so nah! | 243 | ||
cc) Konsequenzen für die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs | 244 | ||
dd) Strafbarkeit des untauglichen Versuchs beim begehungsgleichen Unterlassen | 246 | ||
b) Strafbarkeit der Verbrechensverabredung gem. § 30 Abs. 2 Var. 3 | 247 | ||
III. Gesinnungsstrafrecht in der Strafzumessung | 250 | ||
1. Weitere Problembereiche: Einschlägige Vorstrafen bzw. Vortaten, Rückfallschärfung | 250 | ||
2. Vereinbarkeit der Ergebnisse zur (fehlenden) Strafzumessungsrelevanz von Gesinnungen bzw. des Vorlebens des Täters mit § 46 Abs. 2 | 256 | ||
IV. Zusammenfassung zu den Spuren unzulässigen Gesinnungsstrafrechts im geltenden Strafrecht | 259 | ||
E. Vom Verhältnis von Freiheit und Sicherheit | 262 | ||
Literaturverzeichnis | 268 | ||
Sachwortverzeichnis | 295 |