Die Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl
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Die Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl
Das betriebliche Interesse an der Weiterbeschäftigung von Leistungsträgern, an einer ausgewogenen Personalstruktur und wegen weiterer Belange sowie dessen Berechtigung gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 KSchG
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 313
(2012)
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Dr. Malte Wienker wurde am 22. Mai 1981 in Hannover geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School in Hamburg sowie der National University of Singapore. Während seines Promotionsstudiums an der Humboldt-Universität zu Berlin arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Berliner Büro der Sozietät Gleiss Lutz. Seit 2010 ist er Rechtsanwalt im Hamburger Büro der Sozietät Hogan Lovells International LLP. Dort ist er als Experte im Bereich Arbeitsrecht tätig.Abstract
Die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung schützt die sozial schwächsten Arbeitnehmer. Ausnahmen werden durch § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG ermöglicht. Der Arbeitgeber kann insbesondere Leistungsträger aus der Sozialauswahl herausnehmen, genauso kann er Altersgruppen bilden, um eine ausgewogene Personalstruktur im Betrieb zu sichern. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist das unternehmerische Bedürfnis nach dieser Regelung groß. Aufgrund der rigiden Handhabung durch das BAG entfaltet sie in der Praxis jedoch kaum Wirkung.Malte Wienker beleuchtet die Anwendungs- und Problemfelder der Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl. Er setzt sich grundlegend mit der Rechtsprechung des BAG auseinander und analysiert die Schwierigkeiten für die Praxis. Anschließend zeigt er alternative Lösungsmöglichkeiten für die denkbaren Fallgruppen auf. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines Stufen-Modells zur Herausnahme von Leistungsträgern. Zuletzt unterbreitet er einen Vorschlag für eine Neuformulierung der Vorschriften zur Sozialauswahl.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Erstes Kapitel: Einleitung | 15 | ||
§ 1 Einführung in die Thematik | 15 | ||
§ 2 Anlass der Untersuchung | 16 | ||
I. Historische Entwicklung der letzten Jahre | 17 | ||
II. Problemaufriss | 18 | ||
§ 3 Ziele der Untersuchung und Gang der Darstellung | 20 | ||
Zweites Kapitel: Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl | 21 | ||
§ 4 Tatbestand des § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG | 21 | ||
I. Vorgehensweise | 21 | ||
II. Betriebliches Interesse | 22 | ||
1. Bestimmung des betrieblichen Interesses | 22 | ||
a) Anzulegender Maßstab | 23 | ||
aa) Struktur der Vorschrift | 23 | ||
(1) Die Überlegung Dorndorfs | 23 | ||
(2) Die Argumentation von Preis und Bütefisch | 24 | ||
(3) Bewertung | 24 | ||
bb) Betriebliches Interesse und Unternehmerfreiheit | 26 | ||
(1) Betriebszweck und Unternehmenszweck | 26 | ||
(2) Die Freiheit unternehmerischer Entscheidungen | 29 | ||
(a) Verfassungsrechtliche Begründung der Unternehmerfreiheit | 29 | ||
(b) Weitere Aspekte | 31 | ||
(aa) Unternehmerische Risikübernahme | 31 | ||
(bb) Praktische Erwägungen | 32 | ||
(c) Schlussfolgerung | 33 | ||
cc) Begrenzung der Unternehmerfreiheit durch die Verfassung | 35 | ||
(1) Einschränkung wegen der Arbeitnehmergrundrechte | 35 | ||
(2) Einschränkung wegen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums | 37 | ||
dd) Zwischenergebnis | 38 | ||
b) Geltendmachung durch Arbeitnehmer | 39 | ||
aa) Grundsatz | 39 | ||
bb) Ausnahme bei Selbstbindung des Arbeitgebers | 41 | ||
(1) Prinzipielle Selbstbindung des Arbeitgebers | 41 | ||
(2) Selbstbindung nur in Fällen des venire contra factum proprium | 44 | ||
(3) Keine Selbstbindung des Arbeitgebers | 45 | ||
(4) Stellungnahme | 45 | ||
(a) Fall 1: Quantitativ unbestimmtes betriebliches Interesse | 45 | ||
(aa) Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Kündigungsrecht | 46 | ||
(bb) Unzulässige Zweckmäßigkeitskontrolle? | 50 | ||
(cc) Beschränkung auf Fälle des venire contra factum proprium? | 51 | ||
(dd) Zwischenergebnis | 55 | ||
(b) Fall 2: Quantitativ bestimmtes betriebliches Interesse | 55 | ||
cc) Zwischenergebnis | 60 | ||
c) Ergebnis zur Bestimmung des betrieblichen Interesses | 61 | ||
2. Kriterien für ein betriebliches Interesse | 62 | ||
a) Individuelle Sachgründe | 62 | ||
aa) Allgemeine Anforderungen | 62 | ||
(1) Extrafunktionale Qualifikationen und Abgrenzung zur Vergleichbarkeit | 62 | ||
(2) Zukünftig erforderliche Qualifikationen | 66 | ||
(3) Sonstiges | 66 | ||
bb) Kenntnisse | 66 | ||
(1) Beispiele | 67 | ||
(2) Weiterbildung zum Leistungsträger | 68 | ||
cc) Fähigkeiten | 70 | ||
(1) Beispiele | 71 | ||
(2) Künftige Übernahme von Führungsaufgaben | 72 | ||
(3) Anforderungen an den Nachweis | 75 | ||
dd) Leistungen | 76 | ||
b) Weitere Sachgründe für eine individuelle Herausnahme | 78 | ||
aa) Nicht geeignete Sachgründe | 79 | ||
(1) Vertragsgerechtes Verhalten und fehlerfreie Arbeitsleistung | 79 | ||
(2) Geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten | 82 | ||
(3) Unterschiedliche Dauer der Arbeitszeit | 85 | ||
(4) Eingruppierung in unterschiedliche Entgeltgruppen | 85 | ||
(5) Erfindungen des Arbeitnehmers | 86 | ||
bb) Geeignete Sachgründe | 86 | ||
(1) Höhere Personalkosten | 86 | ||
(2) Getätigte Aufwendungen für Fortbildung und/oder Umschulung | 88 | ||
(3) Vermeidung sonst anfallender Einarbeitungszeiten | 88 | ||
(4) Bereitschaft zu auswärtigen Einsätzen oder Notdiensten | 89 | ||
(5) Unruhe in der Belegschaft | 90 | ||
(6) Gesellschaftsrechtliche Stellung | 90 | ||
(7) Ruhendes Arbeitsverhältnis | 91 | ||
(8) Abkehrwille eines schutzbedürftigeren Arbeitnehmers | 92 | ||
(9) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot | 92 | ||
c) Strukturelle Sachgründe | 93 | ||
aa) Massenentlassungen und Entlassungen Einzelner | 94 | ||
bb) Sicherung einer Personalstruktur | 96 | ||
cc) Ausgewogenheit einer Personalstruktur | 98 | ||
(1) Maßstab | 99 | ||
(2) Ausgewogenheit und Unausgewogenheit | 100 | ||
(3) Sonderfall: Besonders günstige Personalstruktur | 101 | ||
dd) Altersstruktur | 103 | ||
(1) Bisher zulässige Altersgruppenbildung | 105 | ||
(2) Altersgruppenbildung und AGG | 108 | ||
(a) Ausgangspunkt: § 2 Abs. 4 AGG vs. RL 2000/78/EG | 108 | ||
(b) Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Mangold/Helm | 110 | ||
(c) Zwischenzeitliche Klärung durch das BAG | 113 | ||
(3) Altersgruppenbildung und RL 2000/78/EG | 116 | ||
(a) Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Age Concern England | 117 | ||
(b) Die Reaktion deutscher Arbeitsgerichte | 118 | ||
(c) Das Erfordernis sozialpolitischer Belange | 121 | ||
(d) Altersgruppenbildung und sozialpolitische Belange | 122 | ||
(4) Ergebnis zur Gruppenbildung | 124 | ||
ee) Weitere Strukturerwägungen | 124 | ||
(1) Leistungsstruktur | 127 | ||
(2) Verhaltensstruktur | 131 | ||
(3) Krankheitsbedingte Fehlzeiten | 131 | ||
(4) Zusammensetzung nach dem Geschlecht | 133 | ||
(5) Anteil (Schwer-)Behinderter | 135 | ||
(6) Gewerkschaftlicher Organisationsgrad | 136 | ||
(7) Sonstige | 136 | ||
d) Betriebliche Ablaufstörungen als kollektiver Sachgrund | 138 | ||
e) Ergebnis zu den Kriterien | 139 | ||
III. Begrenzung über das Merkmal „berechtigt“ | 141 | ||
1. Die Rechtsprechung des BAG | 141 | ||
a) Herausnahme von Leistungsträgern | 141 | ||
aa) Entwicklung der Rechtsprechung | 141 | ||
bb) Abwägungsrechtsprechung | 142 | ||
b) Individuelle Herausnahme aus anderen Gründen | 144 | ||
c) Betriebliche Ablaufstörungen | 144 | ||
d) Sicherung einer bestehenden Personalstruktur | 145 | ||
aa) Rechtsprechungsübersicht | 145 | ||
bb) Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO | 147 | ||
cc) Übertragbarkeit der Abwägungsrechtsprechung | 147 | ||
dd) Schlussfolgerung | 148 | ||
e) Zusammenfassung | 150 | ||
2. Reaktion im Schrifttum und weitere Vorgehensweise | 150 | ||
Drittes Kapitel: Kritische Würdigung der BAG-Rechtsprechung | 153 | ||
§ 5 Abwägungsrechtsprechung | 153 | ||
I. Beispiel | 153 | ||
II. Auslegung des § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG | 156 | ||
1. Wortlaut | 156 | ||
a) Gegenüberstehende Auffassungen | 156 | ||
b) Bewertung | 157 | ||
2. Entstehungsgeschichte | 158 | ||
a) Die beiden Gesetzesfassungen | 158 | ||
b) Entwurfsbegründungen | 161 | ||
aa) Stärkung betrieblicher Belange | 162 | ||
bb) Erhöhung der Rechtssicherheit | 164 | ||
c) Kenntnis des Gesetzgebers von der Abwägungsrechtsprechung | 165 | ||
d) Zwischenergebnis | 167 | ||
3. Systematik | 168 | ||
a) Das Verhältnis von § 1 Abs. 3 S. 1 zu § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG | 168 | ||
aa) Regel-Ausnahme-Prinzip | 168 | ||
bb) Strikte Trennung zwischen S. 1 und S. 2 | 170 | ||
b) Parallele zu § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG | 172 | ||
c) Zwischenergebnis | 173 | ||
4. Telos | 173 | ||
a) Ausgangsschwierigkeit: Der Vergleichsmaßstab der Abwägung | 174 | ||
b) Feststellung des Differenzwertes | 176 | ||
c) Unberechenbarkeit der Abwägung | 178 | ||
aa) Gewichtung von individuellen Sachgründen | 178 | ||
bb) Gewichtung von Betriebsablaufstörungen | 179 | ||
cc) Komplizierter, mehrstufiger Vorgang | 181 | ||
dd) Einseitige Verteilung der Darlegungs- und Beweislast | 182 | ||
d) Domino-Effekt bei Fehlen eines Punkteschemas | 182 | ||
e) Schwächung des betrieblichen Interesses | 185 | ||
III. Ergebnis und weiteres Vorgehen | 186 | ||
§ 6 Rechtsprechung zur Sicherung einer bestehenden Personalstruktur | 186 | ||
I. Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG | 187 | ||
1. Wortlaut und gesetzgeberische Intention | 187 | ||
2. Praktikabilität der Vorgehensweise | 188 | ||
II. Ergebnis und weiteres Vorgehen | 192 | ||
Viertes Kapitel: Möglichkeiten der Risikoverringerung | 193 | ||
§ 7 Individuelle Vertragsgestaltung | 193 | ||
§ 8 Privilegierung durch Auswahlrichtlinien, § 1 Abs. 4 KSchG | 194 | ||
§ 9 Privilegierung durch Namenslisten, § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG | 196 | ||
§ 10 Ergebnis und Schlussfolgerung | 200 | ||
Fünftes Kapitel: Vorschläge für eine praktikable Rechtsprechung | 201 | ||
§ 11 Alternative zur Abwägungsrechtsprechung | 202 | ||
I. Modifizierung der Darlegungs- und Beweislast | 202 | ||
II. Wirtschaftliche Gesichtspunkte | 204 | ||
III. Generelle Interessenabwägung | 205 | ||
1. Gesetzliche Missbilligung und Umgehung der Sozialauswahl | 206 | ||
2. Qualitative Begrenzung | 206 | ||
a) Kriterien | 207 | ||
b) Bewertung | 208 | ||
3. Quantitative Begrenzung | 209 | ||
a) 15%-Schwelle | 209 | ||
b) Bewertung | 210 | ||
4. Stufen-Modell | 214 | ||
a) Drei Stufen | 215 | ||
b) Betriebsgrößenabhängiger Prozentsatz | 217 | ||
aa) Betriebsgröße | 219 | ||
bb) Schwellenwerte | 219 | ||
cc) Ausnahme für kleine Bezugsgrößen in Großbetrieben | 221 | ||
c) Grad der Beeinträchtigung | 222 | ||
aa) Rechtsunsicherheit durch unbestimmte Rechtsbegriffe | 223 | ||
bb) Nützlichkeit | 225 | ||
cc) Erhebliche Vorteilhaftigkeit | 226 | ||
dd) Erforderlichkeit | 227 | ||
d) Beispiel | 227 | ||
e) Konsequenz für die Prüfungsreihenfolge | 229 | ||
f) Rechtsverbindlichkeit des Stufen-Modells | 229 | ||
§ 12 Alternative Rechtsprechung zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur | 230 | ||
I. Natürliches Interesse an der Beibehaltung der Personalstruktur | 230 | ||
II. Im Regelfall keine besondere Darlegungslast | 231 | ||
III. Im Ausnahmefall Darlegung konkreter Nachteile | 233 | ||
IV. Prüfungsreihenfolge und Rechtsverbindlichkeit | 234 | ||
Sechstes Kapitel: Gesetzesvorschlag | 236 | ||
Siebentes Kapitel: Ergebnisse | 239 | ||
Literaturverzeichnis | 243 | ||
Sachwortverzeichnis | 261 |